DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 5/2023

www energ e-wasser-prax s de energie|wasser-praxis F termed en PFAS s kom n gement Flexibilität Digitale Tools A fbere t ngsstoffe Verursacherprinzip Novellierung Grenzwerteverschärfung Fachliche Begleitung PFAS herprinzip F termed en Fachliche Begleitung Novellierung Verurs Flexibilitä Digitale Tools 74 Jahrgang | Ma 2023 | ISSN 1436-6134 e Energ e | Wende Die kommunale Wärmeplanung als Prüfstein der Energiewende Wasser | Hyg ene Vermeidung von Fehlinterpretationen bei der Probennahme Gas | Beschaffenhe t Messungen an Gasbeschaffenheitsmessgeräten d e ne e Tr nkw sserverordn ng r nt f r s beres Tr nkw sser DIE ZUKUNFT IST GRABENLOS! Für die Sanierung von Trinkwasserleitungen

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www.energie-wasser-praxis.de energie|wasser-praxis 05 Filtermedien PFAS Risikomanagement Flexibilität Digitale Tools Aufbereitungsstoffe Verursacherprinzip Novellierung Grenzwerteverschärfung Fachliche Begleitung PFAS herprinzip Filtermedien Fachliche Begleitung Novellierung Verurs Flexibilitä Digitale Tools 74. Jahrgang | Mai 2023 | ISSN 1436-6134 Energie | Wende Die kommunale Wärmeplanung als Prüfstein der Energiewende Wasser | Hygiene Vermeidung von Fehlinterpretationen bei der Probennahme Gas | Beschaffenheit Messungen an Gasbeschaffenheitsmessgeräten die neue Trinkwasserverordnung Garant für sauberes Trinkwasser:

Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. www.dvgw.de l SAVE THE DATE Merken Sie sich jetzt schon den 28. September 2023 für die DVGW-Mitgliederversammlung vor! Weitere Informationen folgen. Wir freuen uns auf Sie!

Die neue Trinkwasserverordnung: viel Licht, wenig Schatten Liebe Leserinnen und Leser, die Novellierung der Trinkwasserverordnung wurde vom DVGW intensiv begleitet und unterstützt; u. a. haben wir verschiedene Forschungsprojekte gefördert, die viele Fragen zur Umsetzung der Europäischen Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht beantwortet haben. Einige Ergebnisse aus den Forschungsvorhaben sind in die neue Trinkwasserverordnung eingeflossen. Vorab ein Lob an den Verordnungsgeber: Die Verordnung ist insgesamt gut lesbar und gut strukturiert. Der DVGW begrüßt, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik auch in der neuen TrinkwV ihren hohen Stellenwert behalten. Mehr noch: Die explizite Nennung des DVGW-Regelwerks in der Begründung unterstreicht die große Bedeutung als praxisorientierte Vollzugshilfe für Behörden und Betreiber und stärkt die Verbindlichkeit in der Umsetzung. Der DVGW begrüßt darüber hinaus die Überführung von Regelungen aus der ehemaligenListeder Aufbereitungsstoffe gemäß §11 TrinkwV in den Verordnungstext und die neu aufgenommene Ausnahmeregelung für Aufbereitungsstoffe bei knapp verfügbaren Ressourcen und gestörten Lieferketten. Dies gibt uns in Krisenzeiten mehr Flexibilität, eine sichere Trinkwasserversorgung weiter gewährleisten zu können. Die Aufnahme von Filtermedien in die Definition der Aufbereitungsstoffe schließt eine Regelungslücke, allerdings fordert der DVGW eine Übergangszeit auch für zentraleWasserversorgungsanlagen, die auf Grundlage der alten TrinkwV geplant und aktuell im Bau sind, da diese Anlagen ohne Übergangsfrist formal nicht mehr zulässig sind. Die Verschärfung des Grenzwertes für Arsen wird durch die durch den Bundesrat verlängerte Frist etwas abgemildert, sie ist in Anbetracht der aktuellen Zeiträume für Planungs- und Genehmigungsverfahren aber immer noch herausfordernd. Zu den neu eingeführten Parametern, auf die dieWasserversorgungsunternehmen das Trinkwasser untersuchen müssen, gehören beispielsweise PFAS. Diese Ewigkeitschemikalien werden nicht vollständig abgebaut. Sie reichern sich in der Umwelt und imKörper vonMensch und Tier an und können dort zu toxikologischen Schäden führen. Wasserversorger müssen PFAS ggf. mit hohem technischem Aufwand herausfiltern; manche Versorgungsunternehmen investieren jetzt schon zweistellige Millionenbeträge, die letztlich von den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu tragen sind. Eine echte Lösung für das PFAS-Problem in der Umwelt kann es nicht durch eine End-of-Pipe-Lösung geben. Stattdessen muss nun endlich eine europaweite oder besser noch weltweite Reglementierung bis hin zu Verboten für PFAS greifen. Ihre Herstellung und Anwendung müssen auf wenige essenzielle Zwecke beschränkt sein, die Vermeidung dieser Stoffe muss bereits an der Quelle der Verschmutzung erfolgen. Der DVGW begrüßt, dass mit dem umfassenden Risikomanagement einWerkzeug eingeführt wird, mit dem Gefährdungen für die jeweilige Wasserversorgung systematisch zu erfassen und durch sinnvolle maßgeschneiderte Untersuchungen und Maßnahmen zu beherrschen sind. Der Vollzug der neuen Regelungen wird den Aufwand sowohl für die Betreiber als auch für die beteiligten Behörden deutlich erhöhen. Die Empfehlung des Bundesrates zu einer Delegationsmöglichkeit und die Möglichkeit einer Beleihung oder Vorprüfung durch externe, fachlich qualifizierte und zertifizierte Stellen werden vom DVGW ebenfalls positiv gesehen. Zur Umsetzung des umfassenden Risikomanagements sind digitale Tools für die Durchführung, gerade für kleine und mittlere Unternehmen, sinnvoll und hilfreich. Eine bundesweit einheitliche Schnittstelle für die Dokumentation und die spätere Meldung nach Brüssel unterstützt Betreiber und Gesundheitsämter bei ihren Pflichten. Zu diesen Tools sollten die Leitplanken als Dokumentationsvorlagen vom Bundesministerium für Gesundheit vorgegeben werden, die Entwicklung der Tools dagegen dem Markt überlassen bleiben, der effiziente und innovative Lösungen anbieten kann, wie z. B. das TRiM®online und das etablierte Technische Sicherheitsmanagement (TSM). Damit bietet der DVGW eine praxisorientierte Unterstützung auf Basis seines umfassenden Regelwerkes an, die an die Vorgaben der TrinkwV angepasst ist und Schnittstellen zu den Behörden bieten wird. Dies unterstützt die Digitalisierung sowohl in den Behörden als auch bei den Betreibern, entlastet sie bei ihrer Arbeit und vereinheitlicht das Risikomanagement. Die Einführung des Risikomanagements und die weitere Umsetzung der TrinkwV werden durch Schulungen, Veranstaltungen und Intensivseminare sowie eine Artikelreihe in dieser Fachzeitschrift unterstützt. Wie bei den Vorgängerverordnungen leistet der DVGW für seineWasserversorger und die zuständigen Behörden eine umfangreiche fachliche Begleitung bei der Umsetzung der neuen TrinkwV – im Sinne einer nachhaltigen und sicheren Wasserversorgung für uns alle. Ihr Wolf Merkel von: Dr. Wolf Merkel DVGW-Vorstand Wasser 3 energie | wasser-praxis 05/2023 E D I T O R I A L

I N H A LT 0 5 / 2 0 2 3 14 Titel Quelle: wvgw 10 Erster Teil von Infrastrukturtrasse im Ahrtal eröffnet 14 Besonderheiten und Herausforderungen der kommunalen Wärmeplanung 38 Zur Leistungsfähigkeit der Wassergewinnung bei Niedrigwasserereignissen 86 Ich mach was mit … Die neue TrinkwV Ab Seite 3 3 | EDITORIAL 6 | NACHRICHTEN TECHNIK 14 | Kommunale Wärmeplanung: ein Prüfstein der Energiewende • Thomas Wencker 20 | Wie Verantwortliche Fehlinterpretationen von Probennahmen vermeiden • Dr. Peter Arens 25 | Hygiene in der Trinkwasserinstallation: Probleme, Ursachen, Lösungen • Dr. Janine Wagner ORGANISATION & MANAGEMENT 30 | Zur Anpassung von Wasserpreismodellen vor dem Hinter- grund aktueller Herausforderungen (Teil 1) • Christoph Czichy, Siegfried Gendries, Prof. Dr. Mark Oelmann FORSCHUNG & ENTWICKLUNG 38 | Untersuchung zu den Auswirkungen von Niedrigwasserereignissen auf die Gewinnungskapazitäten eines Wasserversorgungsunternehmens am Rhein • Dr. Björn Droste, Stefan Kamphausen, Pegah Kamkar 46 | Nitrifikations- und Ureaseinhibitoren – rechtlicher Rahmen und wasserwirtschaftliche Einordnung • Dr. Richard Beisecker, Theresa Seith, Dr. Christine Kübeck, Ursula Karges, Dr. Sondra Klitzke, Dr. Karsten Nödler, Sebastian Sturm 54 | Darstellung der Ergebnisse von Messungen an Gasbeschaffenheitsmessgeräten mit Erdgasen und Methan-Wasserstoff-Gemischen • Eren Tali, Sabine Feldpausch-Jägers, Dr.-Ing. Frank Burmeister 10 86 38 4 energie | wasser-praxis 05/2023

Beilagenhinweis: Einem Teil dieser Ausgabe liegt eine Beilage der MEORGA GmbH bei. TECHNISCHE REGELN & NORMEN 68 | DVGW-Arbeitsblatt W 551-8: Ankündigung zur Erarbeitung und Aufruf zur aktiven Mitarbeit • Christoph Theelen 68 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 69 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 72 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN 84 | DVGW-Veranstaltungsvorschau für Mai und Juni 2023 ARBEITS | welten 86 | Ich mach was mit Trinkwasser BILDUNGS | welten 88 | Rückblick auf das 10. Kolloquium der Bildungsgremien (Teil 1) SERVICE 93 | Rohrleitungsbauunternehmen 94 | Bezugsquellen 98 | Impressum 5 energie | wasser-praxis 05/2023 DVGW Kongress GmbH www.dvgw-kongress.de/ asset-management l Themen l Digitalisierung und Netzdokumentation lKonzepte für kleine und mittlere Wasserversor- gungsunternehmen lInfrastrukturfinanzierung lVon Geo-Daten zur künstlichen Intelligenz lInspektionstechnologien Asset Ma nagemen t in der Wa sserverso rgung 12. – 13. Juni 2023 , Bonn © adobestock.de / ThomBal Jetzt anm elden!

Prozesswärme im industriellen Mittelstand Initiative Klimahafen Gelsenkirchen legt Policy Paper zur Dekarbonisierung vor F Mehr Tempo bei der Regulierung, eine unternehmensscharfe Abschätzung des mittelständischen Wasserstoffbedarfes in allen Branchen und ein beschleunigter Ausbau der Infrastruktur für grünen Strom und grünen Wasserstoff, um eine frühe Anbindung auch mittelständisch geprägter Prozesswärmecluster zu ermöglichen: Das sind die Hauptforderungen der Initiative Klimahafen Gelsenkirchen, zusammengefasst in einem Mitte April 2023 vorgelegten Policy Paper. Die Forderungen des Policy Papers basieren auf den Ergebnissen der im Dezember 2022 veröffentlichten KurzMit demGebäudeenergiegesetz in seiner jetzigen Form straft die Bundesregierung Bürgerinnen und Bürger sowie den deutschen industriellen ittelstand in nie gekanntem Ausmaß ab. Es ist eine Ohrfeige für Millionen von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Unternehmen, die zukünftig klimafreundliche Gase als Heizenergie oder für Fertigungsprozesse nutzen wollen. Die Pläne der Bundesregierung gehen an der Lebenswirklichkeit in Deutschland sowie den Anforderungen an die betriebliche Praxis vorbei. Das Gebäudeenergiegesetz erweckt in der vorliegenden Form den Eindruck, als müsse es als Steigbügel herhalten, um durch die Hintertür eine Vollelektrifizierung der Energieversorgung einzuleiten. Anders ist es nicht zu erklären, dass für die längst begonnene, dringend benötigte Anpassung der Infrastruktur zur Nutzung von Biomethan undWasserstoff derart hohe Hürden aufgebaut werden: So muss das gesamte Gasnetz schon bis Ende 2034 vollständig mit klimaneutralem Wasserstoff betrieben werden – und nicht erst 2045. Die Gasnetzbetreiber sind gezwungen, schon Anfang 2024 einen Transformationsplan für klimaneutrale Gase vorzulegen, während die Wärmenetzbetreiber dafür bis Ende 2026 Zeit haben. Zusätzlich soll die Durchleitung von Biomethan im Gasnetz nach 2034 de facto verboten werden. Dem Heizen mit Biomethan wird dadurch jede Chance versagt – trotz des erheblichen inländischen Erzeugungspotenzials, das zusammen mit dem von Wasserstoff reichen würde, um den deutschen Wärmemarkt komplett zu versorgen. Die Ampelregierung konterkariert mit ihrem derzeitigen Handeln den ursprünglich sich zu eigen gemachten Ansatz, Technologieoffenheit zuzulassen. Unter diesen Umständen wird kein Gasnetzbetreiber die Transformation zuWasserstoff einleiten und bereits getätigte Anstrengungen einstellen. Damit wird der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft vollständig im Keim erstickt und sehenden Auges ein riskanter Weg in die zukünftige Energieversorgung genommen. Die Konsequenzen reichen weit über den Gebäudebestand hinaus: Ohne eine Transformation der Gasnetze können auch die Industrie und der Mittelstand nicht flächendeckend mit klimaneutralem Gas beliefert werden. Eine Deindustrialisierung und weitgehende Abwanderung bedeutender Wirtschaftssektoren wären die Konsequenz. Das Gesetz muss im parlamentarischen Verfahren dringend nachgebessert werden. Nur wenn allen technologischen Optionen, die auf eine Senkung der CO2-Emissionen einzahlen, die Türen geöffnet werden, kann der Heterogenität des Gebäudebestands und den Bedürfnissen von Industrie und Mittelstand Rechnung getragen werden. P STANDPUNKT Die Ampelregierung konterkariert mit ihrem derzeitigen Handeln den Ansatz, Technologieoffenheit zuzulassen! Ein Kommentar des DVGW-Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Gerald Linke zum Gebäudeenergiegesetz der Bundesregierung 6 energie | wasser-praxis 05/2023 N A C H R I C H T E N

GW 130: 16. Mai 2023, online GW 118: 17. Mai 2023, online Digitale Netzdokumentation Die Veranstaltungsreihe bildet die einheitlichen Standards für Versorgungsunternehmen zur Erstellung einer qualitativen digitalen Netzdokumentation ab. Neben der inhaltlichen Darstellung der Merkblätter erfahren Interessierte alles rund um Methoden und Werkzeuge sowie zu Strategien der Qualitätssicherung. www.dvgw-kongress.de/ digitale-netzdokumentation 6.–7. September 2023, Köln gat | wat 2023 Die Leitveranstaltung der Energie- und Wasserwirtschaft findet in diesem Jahr unter demMotto „Stark in die Zukunft!“ in der Koelnmesse statt. Freuen Sie sich auf ein vielfältiges Kongressprogramm, die große Fachmesse und die Abendveranstaltung. Zwei Tage volles Technikprogramm mit zahlreichen Praxisvorträgen zu den Neuerungen aus Regelwerk und Technik bietet das erweiterte „Praktiker Forum“ in der Messe. www.gat-wat.de 26.–28. September 2023, online Wasserstoff-Expertise in 3 Tagen Dieser Crashkurs ermöglicht Ihnen, alle H2-Aspekte entlang des roten Fadens der Wertschöpfungskette kennenzulernen und nachzuvollziehen. Zahlreiche Expertinnen und Experten, insbesondere von Energieversorgern und Netzbetreibern, blicken gemeinsam mit Ihnen auf die Wasserstoff-Potenziale und geben Einblick in ihre Erfahrungen, die politisch- rechtlichen Rahmenbedingungen und Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten. www.dvgw-kongress.de/crashkurs-wasserstoff Verbraucher-App „Trinkwasser Unterwegs“ Jetzt kostenlos den eigenen öffentlichen Trinkwasserbrunnen anmelden! „Du hast Durst? Dann haben wir Trinkwasser für Dich!“ Mit diesem Versprechen und einer nutzerorientierten App setzt die deutsche Wasserwirtschaft den Wunsch des EU-Parlaments um, den Zugang zu Trinkwasser im öffentlichen Raum zu verbessern. Die überarbeitete BDEW-App „Trinkwasser Unterwegs“ weist Verbraucherinnen und Verbrauchern den Weg zu mittlerweile über 680 öffentlichen Trinkwasserbrunnen, an denen man sich kostenlos erfrischen und seine Flasche mit Trinkwasser befüllen kann. Eine Karte zeigt dabei den Standort der registrierten Trinkbrunnen. Die Nutzerinnen und Nutzer können zudem den vom aktuellen Standort aus gesehen nächstgelegenen Brunnen oder gezielt nach Trinkwasserbrunnen in bestimmten Orten und Regionen suchen. Darüber hinaus erhalten sie Informationen zum Betreiber, zu den Nutzungszeiten (viele Trinkbrunnen sind imWinter abgestellt) und manchmal auch zur Geschichte eines Brunnes – ein Gesamtpaket, das gut ankommt. Für Wasserversorger bietet die App den Vorteil, ihr Engagement rund ums Trinkwasser bekannter zu machen und das Bewusstsein für die hohe Qualität ihres Produktes zu schärfen. Interessierte Wasserversorger können ihre öffentlichen Trinkwasserbrunnen kostenlos für diesen mobilen Internet-Service anmelden; Ansprechpartnerin ist Tamara Lange (Tel.: 0228 9191-413, E-Mail: lange@wvgw.de). Ziel ist es, möglichst viele Brunnen deutschlandweit in die App einzubinden, um einen hohen Nutzen für die Verbraucher zu erzielen. Nach einem Relaunch erscheint die Anwendung nun in einem modernen Design und technisch optimiert. Quelle: wvgw mbH studie: Neben der Elektrifizierung mit grünem Strom erweist sich die Umstellung auf grünenWasserstoff in vielen Fällen als valide Option. Als Kernforderung nennt die Initiative die Gewährleistung unternehmerischer Freiheit und einen hohen Grad an Planungssicherheit, um im Mittelstand einen individuellen Transformationspfad unter Einbezug lokaler und unternehmensspezifischer Gegebenheiten zur Dekarbonisierung entwickeln zu können. Dafür sei der parallele Ausbau von Stromnetzen und einer regionalen, öffentlichen Wasserstoffinfrastruktur notwendig. Die so geschaffene Technologieoffenheit ermögliche langfristig technisch und wirtschaftlich bessere Lösungen. Um den Wasserstoffbedarf im Mittelstand trotz seiner Vielfalt an Betrieben, Branchen, Sektoren und Prozessen bei der Fortschreibung regionaler und nationaler Wasserstoffstrategien realistischer als bisher berücksichtigen zu können, sind laut der Initiative flächendeckende Erhebungen notwendig. Erste Fern- und Verteilnetzbetreiber starten hierfür bereits detaillierte Bedarfsabfragen bei ihren Industriekunden. P VERANSTALTUNGSTIPPS 7 energie | wasser-praxis 05/2023

BDEW-Kongress am 14. und 15. Juni in Berlin F „Wir sichern Energie“ – unter diesem Motto findet am 14. und 15. Juni 2023 der BDEW-Kongress in der STATION-Berlin statt. Gemeinsammit hochkarätigen Referentinnen und Referenten und rund 1.500 Teilnehmenden, sowohl aus der Branche als auch aus Industrie, Politik, Wissenschaft und NGOs, werden zahlreiche aktuelle Themen der Energiewirtschaft diskutiert. Zur Frage „Wie sehen strategische Antworten auf die Energiekrise aus?“ wird nicht nur Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck Stellung nehmen, sondern auch die französische Energieministerin Agnès Pannier-Runacher. Beide diskutieren anschließend mit ENGIE-CEO Catherine MacGregor und BDEW-Präsidentin Dr. Marie-Luise Wolff. Der Krieg in der Ukraine hat die Welt nachhaltig verändert. Aber was bedeutet diese „Zeitenwende“ konkret? Darüber spricht BDEW-PräsidentinWolff auch mit Bundeskanzleramtschef Wolfgang Schmidt über die „Zeitenwende“ und inwieweit der Krieg in der Ukraine die Welt verändert hat. Die US-Botschafterin Dr. Amy Gutmann, der RWE-Vorstandsvorsitzende Dr. Markus Krebber und der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sprechen am zweiten Kongresstag über das Verhältnis zwischen der EU und den USA, nachdem die USA Europa kürzlich mit dem Inflation Reduction Act unter Druck gesetzt haben. Weiterhin haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, im Rahmen von insgesamt 16 Themensessions praxisorientierte Impulse für ihre tägliche Arbeit mitzunehmen. Zahlreiche Ausstellungsstände, lebhafte Marktplätze und ruhigere Loungebereiche auf über 10.000 Quadratmetern runden das Networking-Angebot ab. P +INFORMATIONS-PLUS Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten gibt es unter www.bdew-kongress.de. Erstmalig in den Weser-Ems-Hallen Erfolgreiches 35. Oldenburger Rohrleitungsforum F Das Team des Instituts für Rohrleitungsbau (iro) als Veranstalter und Organisator rieb sich bei dem großen Ansturm auf das 35. Oldenburger Rohrleitungsforum, das erstmals in den Weser-Ems-Hallen stattfand, vor Freude die Augen: Nach zwei Corona-bedingten Absagen haben sich mehr als 4.000 Besucher aus dem In- und Ausland, 440 Aussteller, 155 Referenten und Moderatoren und 61 Ehrengäste getroffen, um sich zwei Tage lang intensiv über „Rohrleitungen und Kabel – kritische Infrastruktur und Versorgungssicherheit“ auszutauschen. Ein dementsprechend positives Fazit zog Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der Fachhochschule Oldenburg e. V. und Geschäftsführer der iro GmbH Oldenburg: „Der erste Eindruck war überwältigend. Alle Beteiligten haben sich nicht nur auf die neuen Rahmenbedingungen eingelassen, sondern es geschafft, viel von dem über Jahrzehnte gewachsenen, ganz speziellen Charme an den neuen Veranstaltungsort zu übertragen.“ Das neue Konzept scheint aus Sicht der Organisatoren als eine solide Plattform für die kommenden Veranstaltungen tragfähig zu sein: Mehr Fläche, höhere Räume und eine optimierte Luftqualität sowie großzügige Freiflächen vor den Hallen mit ausreichendem Platz für die dringend benötigten Parkplätze und die Exponate der Aussteller – das kam bei den Teilnehmenden gut an. „Erstmals konnten wir den seit Jahren vorhandenen Wünschen von Dauerkunden nach großzügigeren Standflächen gerecht werden und Anfragen von Unternehmen auf der Warteliste berücksichtigen“, so Wegener weiter. Das habe u. a. dazu geführt, dass die Zahl der Aussteller von 370 auf 440 gestiegen sei. Ebenso habe sich erfreulicherweise die Zahl der Referenten erhöht. Grund genug, sich auf das 36. Oldenburger Rohrleitungsforum zu freuen, welches am 8. und 9. Februar 2024 erneut in den WeserEms-Hallen stattfinden wird. P Neuer Veranstaltungsort, mehr Fläche: Rund 4.300 m2 standen den 440 Ausstellern in den Messehallen zur Verfügung. Quelle: iro/Michael Stephan 8 energie | wasser-praxis 05/2023 N A C H R I C H T E N

Der DVGW auf Hannover Messe Industrie „Eine Struktur für Wasserstoff jeglicher Couleur aufbauen“ F Im Rahmen seiner Präsenz auf der Hannover Messe Industrie, die vom 17. bis 21. April 2023 stattgefunden hat, war der DVGW auch an einer Panel-Diskussion zu Erzeugung und Transport von Wasserstoff beteiligt. Der DVGW-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Gerald Linke erörterte gemeinsam mit Kurt Christoph von Knobelsdorff (CEO der NOWGmbH), Dr. Tobias Bischof-Niemz (Leiter des Bereichs „Neue Energielösungen“ bei der ENERTRAG) und Thorsten Herbert (Director Market Development bei NEL Hydrogen), wie der klimafreundliche Umbau der Industrie in Deutschland mit Wasserstoff gelingen kann. Einig waren sich die Diskutanten darin, dass die ordnungspolitischen Rahmenbedingungen noch alles andere als ideal sind. Hoffnungen werden gesetzt auf den Delegated Act, in dem sich die EU auf Grundsätze der Behandlung von Wasserstoff einigen will. Er muss allerdings vom Parlament noch bestätigt werden. Auf technologischer Seite sei man vorbereitet, erklärte Gerald Linke: „Der Pipeline ist es egal, ob Erdgas oder Wasserstoff transportiert wird. Lediglich einzelne Komponenten müssen angepasst werden. Die damit verbundenen Investitionssummen in Höhe von rund 45 Mrd. Euro für das Transportnetz und etwa 7 Mrd. für das Verteilnetz sind vergleichsweise niedrig, wenn man die Gesamtkosten der Energiewende betrachtet.“ Im Zuge der Umstellung des Erdgasnetzes auf Wasserstoff wird es künftig Leitungen geben, die reinenWasserstoff transportieren, z. B. im Hamburger Hafen, wo er direkt aus Norwegen angelandet wird. Es wird aber auch Netze mit Wasserstoff-Beimischungen geben. Diese Gasnetze sind nach Aussage von Gerald Linke eine Senke für Wasserstoff, der bilanziell einzelnen Kunden z. B. für deren klimaneutrale Produktion zugeordnet werden kann. Eine natürliche Nische für Wasserstoff sieht Linke im Schwerlastverkehr. „Wenn schwere Lasten per Schiff oder Lkw zu transportieren sind, greifen Gesetze aus der Physik, nicht aus der Politik. Das heißt: Wasserstoff muss nach wissenschaftlichen Kriterien bewertet werden.“ Blauer Wasserstoff könne eine bessere Energiebilanz haben als grüner. Entscheidend sei, mit welcher Technologie er erzeugt werde. „Es geht jetzt um einen Spurt, für den wir viel Wasserstoff brauchen. Das kann nicht mit grünem allein zu bewerkstelligen sein“, so Linke. Klar war allen Diskutanten auch, dass Deutschland ein Importland bleiben wird. „Wir können nicht energieautark werden. Aktuell importieren wir 90 Prozent der Energie. Deutschland allein verbraucht ein Viertel des europäischen Energiebedarfs zur Warenproduktion. Wir brauchen weiterhin die Importe“, so Linke. Er plädierte dafür, Pipelines mit blauem Wasserstoff als Basis zu befüllen und grünenWasserstoff „einzusammeln“. Das Verhältnis kehre sich im Laufe der Zeit dann um. „Wir müssen eine Struktur für Wasserstoff jeglicher Couleur aufbauen; das gilt auch für die politischen Farben“, betonte Linke. „Je schneller wir die Elektrolyse aufbauen, desto besser. Wenn wir aber mit diesem Zielbild nur die Karotte vor der Nase haben und sie nie erreichen, plädiere ich für die bunte Welt.“ P Prof. Dr. Gerald Linke (2. v. l.) bei der Panel-Diskussion Quelle: DVGW 9 energie | wasser-praxis 05/2023

Eröffnung des ersten Teils der neuen resilienten Infrastrukturtrasse im Ahrtal Oben Radweg, unten Trinkwasserleitungen – daneben Datenautobahn und Energiewende-Netz Nach der Flutkatastrophe 2021 haben der Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr und das rheinland-pfälzische Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität als Partner eine besondere Infrastrukturtrasse im Ahrtal realisiert. Am Mittwoch, dem 12. April 2023, wurde das erste, insgesamt 10 km lange Teilstück zwischen Insul und Ahrbrück samt Radweg freigegeben. Der Ort für die offizielle Inbetriebnahme bei Dümpelfeld war bewusst gewählt, ist er doch die Verbindungsstelle zwischen den beiden Verbandsgemeinden Adenau und Altenahr. Zudem soll hier in unmittelbarer Nähe die Energiefabrik Ahrtal (EFAhr) entstehen. Die Rheinland-Pfälzische Umwelt- und Klimaschutzministerin Katrin Eder zeigte sich vor Ort von dem Ergebnis angetan: „Mit demNeubau der zerstörten Trinkwasserversorgung wird eine wichtige Lebensader für das Ahrtal wiederhergestellt. Ich freue mich sehr, dass die vom Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr entwickelte und von meinem Übergabe des Förderbescheides im Rahmen der Einweihung der neuen Infrastrukturtrasse in Dümpelfeld (v. l.): Theo Waerder (Werkleiter Zweckverband Eifel-Ahr), Cornelia Weigand (Landrätin Kreis Ahrweiler), Katrin Eder (Umweltministerin des Landes Rheinland-Pfalz) und Wolfgang Treis (Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord) Quelle: SWB/ W. Dreschers 10 energie | wasser-praxis 05/2023 N A C H R I C H T E N

Haus unterstützte Idee einer ganzheitlichen Infrastrukturtrasse hier konsequent umgesetzt wird.“ Diese Vorgehensweise reduziere die Kosten, schaffe ein Höchstmaß an Synergien und biete zusätzliche Möglichkeiten für den angestrebten hochwasserresilienten Wiederaufbau der kommunalen Infrastruktur, so Eder. Mitgebracht hatte die Ministerin außerdem einen weiteren Förderbescheid zumWiederaufbau in Höhe von 10 Mio. Euro. Andy Becht, Staatssekretär des Rheinland-Pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, ergänzte: „Die sehr schnelle Fertigstellung dieser komplexen und großen Baumaßnahme zeigt die enorme Leistungsfähigkeit der regionalen Unternehmen nach der Flut. Selbst sehr große Materialmengen des Rohrmaterials kommen direkt aus Rheinland-Pfalz. So bleibt dieWertschöpfung in unserem Land.“ Von der Fertigstellung des Radweges werde auch der wiederaufkeimende Tourismus im Ahrtal profitieren. Die gemeinsame Abstimmung zwischen Zweckverband und Landesbetrieb Mobilität trage dabei große Früchte, so Becht. Von Dorsel bis Marienthal verläuft auf einer Länge von 40 km eine „Lebensader“ für die Trinkwasserversorgung in den Verbandsgemeinden Adenau und Altenahr mit ihren knapp 30.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Transportleitung des Zweckverbandes Wasserversorgung Eifel-Ahr begleitet den 90 km langen Fluss somit auf fast der Hälfte seines Weges von der Nordeifel zum Rhein und wird von Fachleuten „Tallinie“ genannt. Nach der Flut im Juli 2021 waren weite Teile der Tallinie komplett zerstört. Mittlerweile hat der Zweckverband die Tallinie bereits auf einer Länge von weit mehr als 20 km wiederhergestellt. Der gesamte Wiederaufbau soll noch in diesem Jahr weitestgehend abgeschlossen sein. Die Planungen wurden intensiv mit den weiteren Maßnahmen- und den jeweiligen Straßenbaulastträgern abgestimmt, um Synergien zu nutzen, Kosten zu senken und Beeinträchtigungen für die Bürgerinnen und Bürger während der Bauzeit zu minimieren. Dabei sollten möglichst viele Gewerke gemeinsam verlegt und schließlich in einer hochwasserresilienten Bauweise realisiert werden. Bei der Erneuerung der Tallinie wurde dieser Ansatz des Verbandes gemeinsammit demMinisterium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität noch weiter gefasst. So werden zusätzlich Abwasserdruckleitungen für das Abwasserwerk der Verbandsgemeinde Altenahr und Leerrohre für Glasfaser- und Steuerleitungen verlegt. UmChancen zu schaffen für Projekte der Energiewende, wurden außerdem Gashochdruck- und -mitteldruckleitungen integriert, die das Ahrtal mit klimaneutraler Energie (wie z. B. Biomethan, Biogas oder Wasserstoff) versorgen könnten. Die Infrastrukturtrasse bietet deshalb erhebliche synergetische Vorteile imHinblick auf Kosten, Zeitersparnis und Zukunftsfähigkeit. Darüber hinaus wird auf dem Abschnitt von Schuld bis Altenahr direkt ein Ahrtalradweg mitgebaut. Dies geschieht in enger Abstimmung mit dem Landesbetrieb Mobilität und den Ortsgemeinden. Eingriffe in die Natur werden so deutlich minimiert. Das Ziel einer nachhaltigen und zugleich zukunftssicheren Energieversorgung im Kreis Ahrweiler verfolgt auch Cornelia Weigand, Landrätin und Verbandsvorsteherin des Zweckverbands: „Wir benötigen eine sichere Energieversorgung, die zugleich von nachhaltigen Technologien getragen wird. Ziel des Kreises ist es, den Energiebedarf perspektivisch CO₂-neutral zu decken. Dafür muss die notwendige Infrastruktur geschaffen werden.“ Leitungen für Biomethan, Biogas und vor allemWasserstoff seien ein wichAbb. 1: Parallel verlaufende Leitungen der neuen Infrastrukturtrasse Quelle: SWB B energie | wasser-praxis 05/2023 11

tiger Schritt in diese Richtung. „Wir sind es den nachfolgenden Generationen schuldig, nachhaltig mit den Ressourcen umzugehen und unseren Beitrag zu leisten, dem fortschreitenden Klimawandel Einhalt zu gebieten. Das entspricht auch den Zielsetzungen der Bundes- und Landesregierung“, soWeigand. Auch Energieexperten wie Prof. Jens Neumeister und Prof. Stefan Döring, beide Dozenten der Hochschule Trier, sehen im Aufbau einer Infrastruktur für grüne Gase im Ahrtal eine zukunftsweisende Möglichkeit, die Energiewende lokal in den Gemeinden umzusetzen und damit eine stabile und sichere Energieversorgung zu gewährleisten. Biogas könnte aus der geplanten Faulgasanlage am Standort der Kläranlage Dümpelfeld in das Netz eingespeist werden. Geplant ist zudem, mithilfe einer angrenzenden Biogasanlage auch Bioabfall, der in der Region anfällt, zu Biogas zu machen. Erste potenzielle Zusagen von Winzergenossenschaften und aus der LandwirtINTERVIEW Wir planen ein zukunftsweisendes Projekt für eine regionale und klimaneutrale Wärme- und Stromerzeugung Drei Fragen an Theo Waerder, Werkleiter des Zweckverbandes Wasserversorgung Eifel-Ahr und Geschäftsführer der SWB Regional GmbH sowie der Versorger-Allianz 450, zur Entstehung und Umsetzung der Energiefabrik Ahrtal Redaktion: Herr Waerder, wie ist die Idee der Energiefabrik Ahrtal entstanden? Theo Waerder: Auslöser waren das Jahrhunderthochwasser am 15. Juli 2021 im gesamten Ahrtal und die damit einhergegangenen verheerenden Zerstörungen der Infrastruktur. Damals fielen in sehr kurzer Zeit über 100 Liter Regen pro Quadratmeter. Dadurch wurde die sogenannte Tallinie, die von Dorsel bis Marienthal rund 40 km entlang der Ahr verläuft und eine der bedeutendsten Wassertransportleitungen in den Verbandsgemeinden Adenau und Altenahr war, massiv beschädigt. Als Folge waren insgesamt 26 der 49 Orte in unserem Versorgungsgebiet von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten. Wir haben dann alle gemeinsam angepackt und Provisorien in Betrieb genommen. Das heißt: Wir haben Wasserhochbehälter permanent mit Wassertransportfahrzeugen befüllt, wir haben Brunnen neu gebohrt, Fließgewässer aufbereitet und neue Transportleitungen verlegt, um die Menschen wieder mit Trinkwasser zu versorgen. Als das alles geschafft war, standen wir aber vor der Frage, wie wir den gesamten Wiederaufbau planen. Dabei war klar: So wie bisher konnte es nicht weitergehen. Darüber hinaus wurde von politischer Seite der Wunsch an uns herangetragen, das Ahrtal zu einer Modellregion für eine nachhaltige Energieerzeugung zu machen. Im Zuge des Wiederaufbaus entsteht nun also nicht nur eine hochwasserresiliente Infrastrukturtrasse, mit der die Wasserversorgung im gesamten Verbandsgebiet zukünftig sicherer ist, sondern mit der Energiefabrik Ahrtal auch eine regionale, regenerative und nachhaltige Möglichkeit, Energie vor Ort zu erzeugen und damit auch unabhängiger von Energieimporten zu werden. Redaktion: Wie sieht die Infrastrukturtrasse im Detail aus? Waerder: Die im Ahrtal vor der Flut verbauten Infrastrukturleitungen waren imWesentlichenmit Zement ausgekleidete duktile Gussrohre. Die Zementschicht, die eigentlich der Vermeidung von Rostschäden dient, hat bei der Flut aber das ausgetretene Heizöl und den kontaminierten Schlamm aufgesaugt. Eine Reinigung und damit die Nutzung noch vorhandener, unbeschädigter Rohre war nicht mehr möglich. Umderartig massive Schäden in Zukunft zu vermeiden, greifen wir bei der Neuverlegung auf Kunststoffrohre aus HDPE 100mit Schutzmantel zurück. Diese Druckrohre halten wir dank ihrer Materialeigenschaften für eine äußerst sichere und langlebige Lösung. Im Falle weiterer Verschmutzungen lassen sich PE-Rohre überdies leicht reinigen und damit wiederverwenden. Darüber hinaus bot sich uns die einmalige Chance, die Infrastrukturtrasse Quelle: Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr 12 energie | wasser-praxis 05/2023 N A C H R I C H T E N

schaft zur möglichen Belieferung mit Tresterrückständen oder Bioabfällen liegen bereits vor. „Die Energiefabrik Ahrtal (EFAhr) ist keine Utopie mehr, sondern realistisch umsetzbar“, sagt Theo Waerder, Werkleiter des Zweckverbandes Wasserversorgung Eifel-Ahr. Die Idee, Energie aus der Region für die Region zu schöpfen, werde zudemmitgetragen von den ProjektpartnernWestenergie und der Energieversorgung Mittelrhein AG (EVM). „Wir müssen aus der Katastrophe unsere Lehren ziehen und sie beim Wiederaufbau nutzen. Ein ‚weiter wie bisher‘ darf es deshalb nicht geben.“ Der Aufbau einer zukunftssicheren und nachhaltigen Energie- und Wasserversorgung sei ein wichtiger Schritt in Richtung Umwelt- und Klimaschutz. „Der ZweckverbandWasserversorgung Eifel-Ahr will durch sein Vorgehen und Handeln hier einen konkreten Beitrag leisten“, so Waerder. P mit weiteren Leitungen zu versehen. Es kommen daher auch Gasrohre für Hoch- und Mitteldruck, Glasfaserleerrohre, weitere Leerrohre und in Abschnitten auch Rohre für die Abwasserentsorgung mit in den Leitungsgraben. Wichtig dabei ist die Topografie des Ahrtals: Wo immer möglich, haben wir die Gräben möglichst weit entfernt von der Ahr gezogen. Und dort, wo das nicht möglich war, haben wir Stützmauern und Betonwannen gebaut oder den Boden verkälkt, um eine größtmögliche Resilienz der Trasse zu gewährleisten. Redaktion: Was ist der Kern der Energiefabrik Ahrtal? Waerder: Zentraler Anker ist der Ausbau der bestehenden Kläranlage in Dümpelfeld. Dieser war ohnehin zwingend, weil die Flut zwei andere Kläranlagen in Altenahr und Mayschoß komplett zerstört hat. Neu hinzu kommt nun eine Klärgasfaulung, mit der sich Biomethan gewinnen lässt. Außerdem ist dort eine Biogasanlage geplant, die mit Grünabfällen und Rückständen aus dem Weinbau und den Forstgebieten sowie mit weiteren regionalen Bioabfällen versorgt wird. Wir planen außerdem den Bau eines Elektrolyseurs, der Überstrommengen in Wasserstoff und Sauerstoff umwandelt. Der Sauerstoff soll dann zur Unterstützung der biologischen Reinigung in der Kläranlage eingesetzt werden, während der Wasserstoff mit dem Kohlendioxid aus Klärgasfaulung und Biogasanlage in einer Methanisierungsanlage zu weiterem Biomethan umgewandelt wird. Alle Beteiligten wollen dieses Projekt und sind von der Sinnhaftigkeit überzeugt. Die Kläranlage in Dümpelfeld ist der ideale Standort, um das Ahrtal mit regenerativer Energie versorgen können. Anders gesagt: Wir planen hier nicht nur ein zukunftsweisendes Projekt für eine regionale und klimaneutrale Wärme- und Stromerzeugung, sondern auch Deutschlands größtes zusammenhängendes Grüngasnetz. Abb. 2: Schematische Darstellung der Energie- fabrik Ahrtal Quelle: Zweckverband Wasserversorgung Eifel-Ahr Fors wir sch f Sol r- nd Windp rks L ndwir sch f /Weinb Bio-Me h n-T nks ellen Kl r nl ge Lok le W rmene ze Bio bf lle emeinden Energief brik BHKW S rom, W rme, CO€ S ers off (Elek rolƒse) Biog s (F l rm) Abw sser Bio-Me h n BioAbf lle Bio-Me h n Nebenprod k e/ S bs r e r‡ner S rom  rprod k /Biod‡nger 13 energie | wasser-praxis 05/2023

Seit den ersten Gehversuchen der Energiewende in den 1990er-Jahren waren Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie (Wind, Solar, Biogas etc.) meist die Ergebnisse engagierter Einzelkämpfer. Gerade bei diesen ersten Projekten haben Technologieanbieter und auch die Anwender viel Lehrgeld zahlen müssen, denn die Projekte unterliegen mit ihren oftmals hohen Flächenverbräuchen und dem Bedarf von Netzanschlüssen verschiedensten Gesetzgebungen. So müssen z. B. Wegerechte beantragt, Emissionen von Schall, Geruch und Lärm beachtet und natürlich auch städtebauliche Belange im Umfeld von Siedlungsgebieten beachtet werden. Daher haben sich viele dieser Projekte eher in dünner besiedelten Landstrichen angesiedelt. In dichter besiedelten Gebieten, wie zusammengefassten Gemeinden bis hin zu Großstädten und mittelalterlichen Stadtkernen, hat über viele Jahre hingegen nur in Einzelfällen eine Weiterentwicklung der Energieversorgung stattgefunden (z. B. in Flensburg, Lemgo und Dresden). Es ist auch nicht besonders einfach, wenn auf der einen Seite Denkmalschutz und auf der anderen Seite Baustelleneingriffe in alltägliches Leben eine allzu große Umbautätigkeit hemmen. Vor diesemHintergrund hat der Gebäudebestand in Deutschland einen beachtlichen Sanierungsstau vor sich aufgebaut. Sanierungsstau: Die zentrale Herausforderung der kommunalen Wärmeplanung Die Deutsche Energieagentur (dena) hat in ihrem im Herbst des vergangenen Jahres veröffentlichten Gebäudereport 2023 die neuen Zahlen zum Klimaschutz im Gebäudebestand zusammengestellt. Demnach gibt es derzeit etwas mehr als 43 Mio. Wohneinheiten in Deutschland, wovon sich die Anzahl an Ein- und Mehrfamilienhäusern die Waage hält. Die genannten Wohneinheiten sind in ca. 19,4 Mio. Wohngebäuden zu Kommunale Wärmeplanung: ein Prüfstein der Energiewende In der Debatte um die Energie- und Wärmewende ist eine neue Diskussion aufgetaucht. Viele Jahre schlummerte dieses Schwergewicht im Energiesystem unter der Oberfläche der öffentlichen Aufmerksamkeit und wurde von anderen Debatten überdeckt. Mit der Preisspirale am Energiemarkt und dem Zwang, die eigenen Verbräuche und die damit verbundenen Emissionen zu hinterfragen, wurde der Blick nun mehr als nachhaltig auf Rathäuser und Gemeinden in ganz Deutschland gelenkt. Unter dem Stichwort „kommunale Wärmeplanung“ (kWP) verbirgt sich heute unter Umständen nicht weniger als ein Totalumbau der kommunalen Energieversorgung. Der folgende Beitrag befasst sich mit der Ausgangslage und geht auf die Besonderheiten und Herausforderungen der kommunalen Wärmeplanung ein. von: Thomas Wencker (ASUE im DVGW e. V.) Abb. 1: Blick vom Berliner Fernsehturm über die deutsche Hauptstadt: ca. 16 Mio. Heizungen müssen bis 2045 auf klimaneutrale Energieträger umgestellt werden. 14 energie | wasser-praxis 05/2023 T E C H N I K

finden. Und in diesen Wohngebäuden sind laut dena im Jahr 2020 zu etwas mehr als 80 Prozent Gas- oder Öl-basierende Heizungen eingebaut gewesen – dies entspricht etwa 16 Mio. Heizungen, die bis zum Jahr 2045 auf klimaneutrale Energieträger umgestellt oder aber ersetzt werden müssen. Diesen Zahlen steht leider der Lebenszyklus von Gebäuden entgegen: Die durchschnittliche Heizung hält in Deutschland mehr als 20 Jahre und bis ein Dach saniert werden muss, vergehen gerne mal 50 Jahre. Bis zum Jahr 2045 sind es aber nur noch 22 Jahre. Also müssten jedes Jahr mehr als 720.000 Häuser entweder saniert und mit einer möglichst klimaneutralen Heizung ausgestattet oder aber abgerissen und entsprechend den aktuellen Gesetzgebungen neu gebaut werden. Dies entspräche einer Sanierungsrate von ungefähr 3 Prozent pro Jahr. Vor dem aktuellen Hintergrund des Fachkräftemangels und dem Anfang 2023 verkündeten und mit den massiv gestiegenen Preisen begründeten Baustopp beim Neubau von Wohnungen durch die Vonovia sind aber selbst Sanierungsraten von über 1 Prozent mit großer Unsicherheit belegt. Stand heute können wir keinesfalls davon ausgehen, dass der Gebäudebestand bis 2045 in die Effizienzklassen A und B überführt werden kann. Gesetzliche Vorgaben für die kWP Den hierdurch bedingten sozialen Herausforderungen (potenzieller Anstieg der Wohnkosten, fehlende Finanzmittel für energetische Sanierung) wird nun unter dem Stichwort kommunale Wärmeplanung (kWP) begegnet. Schon im Jahr 2020 hat Baden-Württemberg eine kWP über die Landesgesetzgebung in seinen Kommunen mit mehr als 20.000 Einwohnern vorgeschrieben. Die Wärmeplanung besteht grundsätzlich aus der Erstellung eines Wärmeplans, umfangreicher Öffentlichkeitsbeteiligung, einem Beschluss demokratisch gewählter Vertreter und der anschließenden Umsetzung. Inzwischen haben die beiden Bundesländer Thüringen und Schleswig-Holstein mit ähnlichen Gesetzgebungen nachgezogen und auch andere Bundesländer sind aktuell dabei, entsprechende Regelungen zu entwickeln. Gleichzeitig gibt es auf Bundesebene seit einiger Zeit Bestrebungen, zusätzlich ein entsprechendes Bundesgesetz¹ (WPG) zu erstellen. In diesem Prozess hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Ende Juli 2022 ein Diskussionspapier für die Umsetzung einer flächendeckenden kWP vorgestellt und Länder, Kommunen sowie weitere Stakeholder umKommentierung gebeten. Auch der DVGWhat den Vorschlag bewertet und Änderungsvorschläge eingebracht [1]. Ein zuletzt für das Frühjahr 2023 angekündigter Referentenentwurf ist bisher ausgeblieben, sodass eine mögliche Bundesregelung unabsehbar ist. Inhaltlich ist nach derzeitigem Stand bekannt, dass die Verpflichtung zur kWP laut KWPG für Kommunen ab einer Größe von 10.000 bis 20.000 Einwohnern gelten soll – eine genaue Fixierung steht aus. Die Wärmepläne sollen in ihrer Innen- Abb. 2: Übersicht über die Kernfragen bei der kWP-Bestandsanalyse B Quelle: der Autor Quelle: ASUE im DVGW e. V. ¹ Das Wärmeplanungsgesetz befand sich zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Fachbeitrags noch in der Erstellung beim zuständigen Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Der vorliegende Text spiegelt folglich die Sachlage zum Stand Mitte April 2023 wider. 15 energie | wasser-praxis 05/2023

und Außenwirkung zudem ein hohes Maß an rechtlicher Verbindlichkeit haben, damit die Umsetzung der Wärmewende tatsächlich beschleunigt wird und besser koordiniert erfolgt. Sie sollen das zentrale Planungs- und Steuerungsinstrument für die Wärmewende vor Ort sein und auf ordnungs- und planungsrechtliche Vorgaben wie z. B. das Gebäudeenergiegesetz (GEG), das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) oder das Baurecht sowie unmittelbar auf Förderinstrumente (wie insbesondere die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW)) einwirken. Die kommunale Wärme- planung vor Ort Was machen nun Bürgermeister und Gemeinderäte mit demWissen über diese Planungsaufgabe? Aus Kreisen von Wärmeplanern und Erstellern von Machbarkeitsstudien ist zu vernehmen, dass es derzeit die größte Herausforderung ist, in den Kommunen fachlich Verantwortliche für diesen Themenbereich zu finden. An dieser Stelle stellt sich die Frage, warummit der kWP bislang vielerorts noch nicht begonnen wurde. Die Kommunalpolitik beschäftigt sich weniger mit den großen, gesamtübergreifenden Themen einer Gesellschaft; vielmehr stehen lokale Diskussionspunkte (wie Öffnungszeiten von Kitas, Entscheidungen über einen Straßenbelag in einem Neubaugebiet oder die Ausstattung des Bauhofes mit Fahrzeugen) im Vordergrund. Für städtebauliche Langfristmaßnahmen ist immer weniger Raum, je kleiner eine Kommune ist. Dem gegenüber steht eine im ersten Eindruck unfassbare Vielfalt an technischen Möglichkeiten zur Umsetzung einer kWP: Fotovoltaikanlagen können auf vielen Dächern grünen Strom verfügbar machen, sofern die Sonne von einem wolkenfreien Himmel scheint. Ein nahegelegener Wald kann möglicherweise Biomasse liefern, um im Winter zu heizen. Vielleicht liegt sogar ein See, ein Fluss oder eine größere Abwasserleitung in der Nähe, aus denen mit einer Wärmepumpe Energie entnommen werden kann. Gleichzeitig drängt möglicherweise ein lokales Unternehmen darauf, mit demGasnetzbetreiber hinsichtlich einer Transformation des Gasnetzes hin zu Wasserstoff ins Gespräch zu gehen, da viele Hochtemperaturprozesse nicht vollständig von einem molekularen Energieträger zu lösen sind. Der von DVGW und VKU initiierte Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP) unterstützt in diesem Zusammenhang mit Plandaten und Zukunftsszenarien [2]. In dieser teilweise sehr engagiert geführten Diskussion stehen viele Kommunen auf verlorenemPosten, da der technische Sachverstand zur Beurteilung der jeweiligen Technologien schlichtweg fehlt. Gleichzeitig ist das Personal knapp und explizit hierfür ausgebildete Ingenieure und Techniker sind selten von öffentlichen Arbeitgebern zu überzeugen. Der Praxisleitfaden kommunale Wärmeplanung Aus diesemGrund und eingedenk dieser Ausgangslage haben sich AGFW und DVGW zusammengetan und einen Praxisleitfaden kommunale Wärmeplanung erarbeitet, der im Dezember 2022 vorgestellt wurde [3]. Anhand dieses LeitAbb. 3: Kommunales Wärmewerk mit Solarthermie, Fotovoltaik, Holzhackschnitzeln und Blockheizkraftwerk 16 energie | wasser-praxis 05/2023 T E C H N I K

fadens erhalten gemeindliche Aufgabenträger einen Werkzeugkasten an die Hand, mit dem die lokale kWP begonnen werden kann. In dem Leitfaden wird die kWP als informelle Planung auf Gemeindeebene und zentraler Baustein der Energiewende vor Ort definiert. Dabei liegt ein großer Schwerpunkt auf der Berücksichtigung zukünftiger Klimaneutralität bei gleichzeitiger Beachtung der Versorgungssicherheit. Kommunalen Hauptakteuren dient die kWP als strukturelle und organisatorische Leitplanke für jede zukünftige WärmepIanung. Damit die kWP als zukunftsfähiges Konzept für eine klimaneutrale Wärmeversorgung kapazitäts- und ressourcenschonend umgesetzt werden kann, ist eine intensive Abstimmung zwischen den wesentlichen Akteuren einer Gemeinde, also neben der Verwaltung u. a. den Versorgungsunternehmen und der Wohnungswirtschaft, vor Ort notwendig. Aus dieser Grundidee ergibt sich schon der erste Schritt einer jeden kWP: In einer Bestandsanalyse muss zunächst detailliert eruiert werden, wo im betrachteten Gebiet welche Gebäude und welches Unternehmen wie viel und welche Art von Energie benötigen oder vielleicht sogar übrighaben. Natürlich tritt hier mit Ein- und Mehrfamilienhäusern, Dienstleistern und Industrieunternehmen eine umfassende Bandbreite von Objekten zu Tage, sodass stets eine vielschichtige Situation von Ansprüchen und Anforderungen auftreten wird. An die Bestandsanalyse schließt sich direkt eine Potenzialanalyse an. Hier können die gefundenen Bedarfe schon mit relativ einfachen Mitteln mit den detektierten Potenzialen, also Energiequellen, ins Verhältnis gesetzt werden. Je nachdem, wie diese Verhältniszahlen aussehen, entscheidet sich zu diesem frühen Stadium, inwieweit die lokal verfügbaren erneuerbaren Energien aus Wind, Sonne, Biomasse und Umweltwärme genutzt werden können. In einer tiefgründigen und fachkundig ausgeführten Energieplanung werden dann Zielszenarien entwickelt, über die später in den demokratisch gewählten Foren einer Gemeinde abgestimmt werden kann. Am Ende steht eine Handlungsstrategie, die in einem gewissen Detaillierungsgrad den Weg einer Gemeinde hin zum klimaneutralen Betrieb im Jahr 2045 darstellt. Die Netzfrage Es steht außer Frage, dass in der kWP zunächst das Finden lokal verfügbarer erneuerbarer Energien im Vordergrund steht. Inhalt vieler Diskussionen ist zurzeit die Frage, was genau passiert, wenn die lokalen erneuerbaren Energien eben nicht ausreichen, um Bürger, Unternehmen und alle anderen zu jeder Zeit und in jeder Situation sicher mit Strom und Wärme zu versorgen. Reicht die Verknüpfung mit Wärmenetzen, um durch Glättung von Verbrauchsspitzen und das Vorhalten größerer Wärmemengen durch auftretende Dunkelflauten zu kommen? Werden paneuropäisch wirksame Stromnetze Realität, sodass zu jedem Zeitpunkt an einer beliebigen Stelle des Netzes grüne Energie gesammelt und zu einem beliebigen Verbrauchsort transportiert werden? Oder wird die Transformation des Gasnetzes gelingen, sodass zukünftig klimafreundlich nutzbarer Wasserstoff zusammen mit regional eingesetztem Biogas bzw. Biomethan zu Nutzern in jedemWinkel Deutschlands gebracht werden kann? Der Maschinenraum der kWP wird an jedem Ort Deutschlands unterschiedlich aussehen. Die Werkzeuge, die zur Ausstattung des Maschinenraums nötig sind, sind schon heute verfügbar und marktfähig. Grüner Strom lässt sich mit Fotovoltaik, Windenergieanlagen und auch Biogasanlagen erzeugen. Elektrisch angetriebeneWärmepumpen sind im Neubau von Einfamilienhäusern inzwischen gesetzt, auch wenn sie mit den im Winter in die Knie gehenden Luftwärmeübertragern eine nicht unerhebliche Belastung für das Stromnetz darstellen können. Über Wärmenetze lassen sich auch größere Aggregate, wie leicht auf Wasserstoff umstellbare Blockheizkraftwerke oder auch Gasturbinen, einsetzen. Wenn eine niedrig temperierte Abwärmequelle (z. B. Elektrolyseure, Rechenzentren) vorliegt, können auch Großwärmepumpen oder Sorptionsanlagen diese heute oft ungenutzt an die Umgebung abgegebene Energie erschließen. Zusätzlich sind diese zwischen Erzeugern und Verbrauchern installierten Wärmenetze eine Option, um verschiedenste erneuerbare Wärmequellen (wie Umweltwärme aus Wasser, Erdreich oder sogar tiefer Geothermie sowie Solarthermie) einzubinden. B Quelle: der Autor 17 energie | wasser-praxis 05/2023

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