Das Wasserstoff-Dossier I

energie | wasser-praxis Das Wasserstoff-Dossier I Beiträge aus der DVGW energie | wasser-praxis der Jahre 2021–2023

Vorwort 2 energie | wasser-praxis Das Wasserstoff-Dossier I

Liebe Leserinnen und Leser, Deutschland steht vor der großen He- rausforderung, bis 2045 klimaneutral zu werden. Für die Unternehmen der Gaswirtschaft bedeutet dies, bisherige Geschäftsmodelle mittelfristig hinter sich zu lassen. Vor allem aber bedeutet es, uns mit Blick auf ein klimaneutrales Energiesystem der Zukunft zu transformieren: die Erzeugung, den Import, den Transport, die Verteilung und den Vertrieb neuer Gase. Unter neuen Gasen verstehen wir erneuerbare und dekarbonisierte Gase wie Biogas, Wasserstoff und seine Derivate. Damit die Transformation bis 2045 gelingt, muss sie beschleunigt werden. Dafür ist es unabdingbar, den Transformationspfad so abzusichern, dass eine möglichst resiliente und sozialverträgliche Energiewende erfolgen kann. Wir müssen demnach gemeinsam dafür Sorge tragen, dass wir mit Energiepreiskrisen, Herausforderungen für die Versorgungssicherheit und Rückschritten bei der Absenkung von Treibhausgasemissionen umgehen können. Gasförmige Energieträger sind daher entscheidend für das Erreichen der Klimaneutralität und für eine nachhaltig gesicherte Energieversorgung. Folglich ist es notwendig, nicht nur den Ausbau der Erzeugungskapazitäten klimaneutraler Gase dynamisch voranzutreiben, sondern auch deren Import. Insbesondere mit Wasserstoff steht ein Energieträger bereit, der den Weg hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft in allen Bereichen ebnen kann. Um seine Nutzung und denMarkthochlauf einer Wasserstoffwirtschaft zügig voranzutreiben, sind innovative Lösungen notwendig. Der DVGWhat dies sehr frühzeitig erkannt und seine Wasserstoff-Expertise immer weiter ausgebaut. Generell verfügt die Gaswirtschaft über wesentliche Erfahrungen aus der Umstellung der L-Gas-Gebiete auf H-Gas und von Stadtgas auf Erdgas. Die DVGW-Innovationsforschung mit ihrer Vielzahl von Transformationsstudien und darüberhinausgehende zahlreiche Demonstrations- und Pilotvorhaben sind Enabler von Technologien und Standards, die als Basis für eine zukunftsfähige und sozialverträgliche Ausgestaltung eines nachhaltigen und resilienten Energiesystems fungieren können. Mehr noch: Der DVGW baut sein Wissen kontinuierlich aus, er erprobt Lösungen für die Transformation und führt bereits jetzt erste Geschäftsmodelle in die Praxis ein. Beispielsweise wurde im April 2022 das Know-how der Institute des DVGW-Forschungsnetzwerkes im neu gegründeten H2-Kompetenzverbund der deutschen Energiewirtschaft gebündelt und Anfang 2023 das Software-Produkt VerifHy in den Markt gebracht, das ein Gasverteilnetz untersuchen und wasserstofftaugliche Netzeinbauteile und Komponenten vorschlagen kann, um das Gesamtsystem komplett H2-ready zu machen. Eine Vielzahl dieser Schritte, Entwicklungen und Perspektiven im Hinblick auf die Transformation unseres Energiesystems haben wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren im Rahmen von Fachbeiträgen, Studienergebnissen und Projektskizzen in der DVGW energie | wasser-praxis (ewp) dokumentiert und veröffentlicht. Auch das ein oder andere erhellende Interview war dabei. Die Fülle der Beiträge haben wir nun zum Anlass genommen, nahezu alle ewp-Veröffentlichungen der Jahre 2021 bis 2023 zum enorm vielfältigen Themenkomplex „Wasserstoff“ zu bündeln, zu clustern und sie in Form eines zweibändigen Kompendiums im Rahmen der Reihe „ewp Dossier“ erneut zu veröffentlichen. Ziel ist, die Vielfalt der Forschungsaktivitäten, die Bandbreite der Projekte und Demonstrationsvorhaben und die Dynamik der Entwicklung hin zu einem molekülbasierten nachhaltigen Energiesystem anhand einer Systematik sichtbar zu machen. Der vorliegende erste Band enthält daher Beiträge der Cluster „Forschung, Entwicklung & Organisation“ und „Normung & Regulatorik“. Der im September 2023 erscheinende zweite Band beinhaltet Beiträge der Cluster „Praxis“ und „Roadmap Gas 2050“. Zudem finden sich ergänzende Interviews in beiden Bänden. Alle Beiträge des Kompendiums geben den Wissensstand des ursprünglichen Veröffentlichungszeitpunktes wieder. Sie sind Ausdruck und Beleg des Engagements zahlreicher Menschen für eine ökologische, ökonomische und sozialverträgliche Transformation unserer Energiewelt. Grünen Gasen wie Wasserstoff gehört die Zukunft. Sie werden fossiles Erdgas in absehbarer Zeit komplett ablösen – und alle Marktteilnehmer haben die Möglichkeit, an den Chancen und Vorteilen einer Wasserstoffwirtschaft zu partizipieren. Sicher ist: Die Klimaziele und die gesetzlichen Vorgaben zur CO2Reduktion können wir nur mit der Gasinfrastruktur als Schlüsselelement erreichen. Die Speicherung erneuerbarer Energieträger als grüne Gase und die sektorenübergreifende Bereitstellung sind die wirksamsten Beiträge, die Deutschland zur weltweiten Treibhausgasneutralität leisten kann. Ihr Gerald Linke von: Prof. Dr. Gerald Linke DVGW-Vorstandsvorsitzender Wasserstoff gehört die Zukunft! 3 energie | wasser-praxis Das Wasserstoff-Dossier I E D I T O R I A L

Inhaltsverzeichnis E D I T O R I A L 3 | Wasserstoff gehört die Zukunft! F O R S C H U N G , E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N 8 | Neues Messsystem für Erdgas und Wasserstoff – schnell und genau (02/2021) Dr. Carsten Bolwien 14 | Leitfaden für Power-to-Gas-Anlagen: Erfolgreicher Abschluss des Projektes „PORTAL GREEN“ (03/2021) Felix Künkel, Dr. Manuela Jopen, Clemens Heitsch, Pascal Ziegeroski, Marlon Koralewicz, Jens Hüttenrauch, Anja Wehling, Josephine Glandien, Chi Yan Tang 20 | Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohre und Formteile untersucht – Wasserstoffintegrität belegt (06+07/2021) Andreas Redmann 24 | Klimaneutralität im Wohngebäudebereich – Bottom-up-Analyse zeigt Wege zur Zielerreichung (10/2021) Annegret-Claudine Agricola, Kathrin Graf, Eric Niemann 28 | Lebensdaueranalyse: Wenn Pipelines Wasserstoff statt Erdgas transportieren (10/2021) Dr. Johanna Steinbock, Jan Sachse, Dr. Albert Großmann 32 | Technologische und ökologische Bewertung von Optionen zur Dekarbonisierung der Gasversorgung (11/2021) Charlotte Große, Jenny Sammüller, Michael Kühn, Michael Griesbach 36 | Wasserstoff im Wärmemarkt – Champagner oder Grundnahrungsmittel? (11/2021) Dr. Christoph Gatzen, Lino Sonnen 42 | Transformation der Gasverteilnetze der MITNETZ GAS für Wasserstoff (12/2021) Jens Hüttenrauch, Christopher Knorr, Jonas Sperlich, Maik Hoffmann, Thomas Wilke, Jürg Ziegenbalg 48 | Grundlagenforschung für die Dreiphasen-Methanisierung als Teil der Power-to-Gas-Prozesskette (04/2022) Janina Leiblein, Friedemann Mörs, Dr. Frank Graf, Prof. Dr. Thomas Kolb 54 | Verfahrenstechnische Auswirkungen einer Einspeisung von Wasserstoff auf eine Verdichterstation (04/2022) Johanna Göllner 58 | Die unterirdische Speicherung von Wasserstoff: Einfluss der Mikrobiologie (06+07/2022) Thomas Wencker 62 | HySteel-Metastudie des DWV: Grüner Wasserstoff ist essenziell für emissionsarme Stahlerzeugung (06+07/2022) Clemens Orlishausen Impressum Herausgeber: DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. Technisch-wissenschaftlicher Verein Josef-Wirmer-Straße 1−3 53123 Bonn Tel.: 0228 9188-5 Fax: 0228 9188-990 E-Mail: info@dvgw.de Internet: www.dvgw.de Verlag und Vertrieb: wvgw Wirtschafts- und Verlagsgesellschaft Gas und Wasser mbH Geschäftsführer: Stephan Maul, M. A. Josef-Wirmer-Straße 3 53123 Bonn Tel.: 0228 9191-40 Fax: 0228 9191-498 E-Mail: anzeigen@wvgw.de Internet: www.wvgw.de Schriftleiter: Prof. Dr. Gerald Linke Redaktion: Marcel Pannes (verantwortlich) Martin Schramm Wiebke Hillen Gezeichnete Artikel stellen die Ansicht des Verfassers dar, nicht unbedingt die der Schriftleitung und der Redaktion. Industrieberichte unterliegen nicht der Verantwortung der Redaktion. Für un- verlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen. Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, des auszugsweisen Nachdrucks, der fototechnischen Wiedergabe und der Übersetzung, liegen beim Verlag. Bankverbindung: Sparkasse KölnBonn, IBAN: DE95 3705 0198 0033 3333 37 Commerzbank Bonn, IBAN: DE29 3804 0007 2112 2600 00 Erfüllungsort und Gerichtsstand: Bonn Quelle Titelbild: anusorn nakdee/iStock.com www.blauer-engel.de/uz195 · ressourcenschonend und umweltfreundlich hergestellt · emissionsarm gedruckt · aus 100 % Altpapier LF8 ID-Nr. 23146987 4 energie | wasser-praxis Das Wasserstoff-Dossier I I N H A LT

70 | Ergebnisse der Studie „Wasserstoff speichern – so viel ist sicher“: Gas- und Wasserstoffspeicher sind elementarer Bestandteil der zukünftigen Energieversorgung (08/2022) Sebastian Bleschke 76 | Vergleich von Systemvarianten zur Wasserstoffbereitstellung aus Offshore-Windkraft: Vorteil Pipeline (08/2022) Helge Barlen, Torsten Lach 82 | Unfälle an Wasserstofftankstellen: eine retrospektive Analyse zurückliegender Schadensereignisse (12/2022) Prof. Dr.-Ing. Uwe Arens, Mattis Zegers 88 | Kurzstudie zu Prozesswärme im industriellen Mittelstand: ohne Wasserstoff keine Klimaneutralität (02/2023) Lars Baumgürtel, Wolfgang Jung, Stephan Rath , Timo Schenkhorst N O R M U N G & R E G U L AT O R I K 94 | Power-to-Gas-Anlagen: Gelbdruck des DVGW-Arbeitsblattes G 220 veröffentlicht (01/2021) Dr. Klaus Steiner, Finn Grohmann 100 | Qualifizierung von Gashochdruckleitungen für den Transport von Wasserstoff (02/2021) Dr. Michael Steiner, Dr. Ulrich Marewski, Christian Engel 108 | Anwendung des DVGW-Regelwerkes auf die leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Wasserstoff – Entwicklung des Merkblatts G 221 (08/2021) Dr. Klaus Steiner, Andreas Schrader 116 | Wasserstoff-Ökosysteme: Herausforderungen, Lösungen und Chancen für Unternehmen durch den Einstieg in den Gasmarkt der Zukunft (09/2021) Dr. Arne Dammer, Dr. Marcel Fiebrandt, Dr. Alexander Heim, Florian Kuckhoff, Benedikt Stratmann, Lucas Weidlich 122 | Nationale Strategien, länderübergreifende Zusammenarbeit und zwischenstaatliche Partnerschaften: Internationales Commitment für Wasserstoff wächst weiter (09/2021) Dr. Carsten Rolle, Maira Kusch 128 | Die Bedeutung des DVGW-Sachverständigenwesens für die technische Selbstverwaltung der Betreiber von Energienetzen der Gas- und Wasserstoffversorgung (12/2021) Martin Winkeler, Andreas Schrader, Martin Stucht, Bernhard Wening 136 | Umstellung von Netzabschnitten auf Wasserstoff nach dem DVGW-Merkblatt G 221: ein Vorschlag für ein Programmablaufdiagramm – Teil 1 (01/2022) Dr. Klaus Steiner, Dieter Drews, Andreas Schrader 144 | Umstellung von Netzabschnitten auf Wasserstoff nach dem DVGW-Merkblatt G 221: ein Vorschlag für ein Programmablaufdiagramm – Teil 2 (02/2022) Dr. Klaus Steiner, Dieter Drews, Andreas Schrader 5 energie | wasser-praxis Das Wasserstoff-Dossier I

150 | Grüner Wasserstoff: Auf verpflichtende Zertifizierung der Nachhaltigkeit vorbereitet? (03/2022) Michael Landspersky 154 | Rahmenbedingungen für ein technologieoffenes Marktdesign für erneuerbare Gase (03/2022) Toni Reinholz 160 | Technische Sicherheit und Regelwerk in Wasserstoffnetzen (08/2022) Dr. Klaus Steiner 166 | Wasserstoff entfesseln: Welchen Rahmen braucht der Markthochlauf? (09/2022) Annegret-Claudine Agricola, Simon Byrtus, Tim Langenhorst, Lioba Thomalla 172 | Gefahrstoff Wasserstoff: Gefährdungsbeurteilung in Gasanlagen (10/2022) Dr. Klaus Steiner 180 | Stichprobenhafte Überprüfung von Stahlwerkstoffen für Gasleitungen und Anlagen zur Bewertung auf Wasserstofftauglichkeit (04/2023) Dr. Ulrich Marewski, Dr. Michael Steiner I N T E R V I E W S 188 | „Wir werden einen Zusammenbruch des Energiesystems erleben, wenn wir zu rasch aus dem Energieträger Erdgas aussteigen!“ (06+07/2021) Sommerinterview mit Prof. Dr. Gerald Linke und Werner Diwald 198 | „Es ist volkswirtschaftlich sinnvoll, Wasserstoff im Wärmemarkt einzusetzen!“ (09/2021) Interview mit Florian Feller 202| „Mit der Klimaschutz-Modellregion Sauerland entsteht das Energiesystem der Zukunft!“ (05/2022) Interview mit Dr. Andreas Breuer 206| „H2-Start-ups benötigen keine standardisierten Accelerator-Programme, sondern individuelles Venture Building und eine robuste Finanzierung mit langem Atem!“ (05/2022) Interview mit Dr. Klemens Gaida 6 energie | wasser-praxis Das Wasserstoff-Dossier I I N H A LT

Quelle: Alexander Limbach/stock.adobe.com 7 energie | wasser-praxis Das Wasserstoff-Dossier I

kraftwerken (BHKW) und Thermoprozess-Anlagen. Damit können Schwankungen der Brenngasqualität verringert, eine effizientere Einspeisung von aufbereitetem Biogas in das Gasnetz ermöglicht und eine verbesserte Nutzung von BHKW erreicht werden. Auch die Emissionen klimaschädlicher und toxischer Gase (wie z. B. Methan und Formaldehyd) durch BHKWwerden damit vermindert. Spektroskopie statt Chromatografie Das Projekt setzt auf einem neuartigen spektroskopischenMesssystem für Erdgase auf, das von der Firma RMA Mess- und Regeltechnik GmbH & Co. KG zusammen mit dem Fraunhofer IPM entwickelt wurde. Kern des Messsystems ist ein Infrarot-Spektrometer, das zum einen innerhalb weniger Sekunden ein SpektrumdesMessgases aufnehmen kann und zum anderen mittels chemometrischer Algorithmen die einzelnen Gaskomponenten quantifiziert. Bei ausreichender Genauigkeit ist ein solches System eine attraktive Alternative zu den heute typischerweise genutzten Gaschromatografen – mit viel längeren Standzeiten, sehr schnellenMesszyklen, einfacherer Bedienung und ohne den Einsatz von Kalibrier- oder Spülgasen. Das beschriebene Messsystem wurde im Hinblick auf Anwendungenmit regenerativ erzeugtenGasen erweitert und optimiert. In anschließenden Langzeittests wurde dann die Eignung des Systems als Gaschromatograf-Alternative Das Projekt „Gas-Effizienz – Schnelle Messtechnik zur effizienten Nutzung regenerativ erzeugter Gase“ wurde im Rahmen des Programms „Innovation und Energiewende“ des Landes Baden-Württemberg durchgeführt und mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Landes Baden-Württemberg gefördert (vgl. Infokasten). Ziel des Vorhabens war die Erforschung, Entwicklung und Erprobung vonMesstechnik zur schnellen Bestimmung der Gaszusammensetzung regenerativ erzeugter Gase von Biogas- oder Power-to-Gas-Anlagen für die Einspeisung ins Gasnetz oder zur Verwendung inBlockheizNeues Messsystem für Erdgas und Wasserstoff – schnell und genau Die schwankende Erdgas-Qualität und die zunehmende Einspeisung regenerativ erzeugter Gase fordern die konventionelle Messtechnik heraus. Gleichzeitig bietet die beschriebene Entwicklung auch Platz für neue Lösungen in der Erdgas-Messtechnik. Im Rahmen des öffentlich geförderten Projekts „Gas-Effizienz“ wurde in diesem Zusammenhang ein spektroskopischer Gasanalysator zur Bestimmung der Erdgas-Zusammensetzung so erweitert, dass auch regenerativ erzeugte Gase bestimmt werden können. Das neue Messsystem hat sich bereits im Dauerbetrieb über acht Monate an einer Power-to-Gas-Einspeisestelle bewährt. von: Dr. Carsten Bolwien (Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM) Abb. 1: Exemplarische Infrarot-Spektren von Methan, Ethan und Kohlendioxid. Die Absorbanzen in Abhängigkeit der Wellenlänge (hier kodiert in einer im Infraroten typischerweise genutzten Frequenz-Skala „Wellenzahlen“) spiegeln die Schwingungsmoden der einzelnen Moleküle wider und stellen einen Fingerabdruck des Gases dar. Die Messung eines Gasgemischs liefert in erster Näherung eine Linearkombination dieser Reinspektren mit den Stoffmengenanteilen als Koeffizienten. Quelle: Fraunhofer IPM Methan Ethan CO2 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 Wellenzahlen in 1/cm Absorbanz 0.14 0.12 0.1 0.08 0.06 0.04 0.02 0 22 energie | wasser-praxis 2/2021 T E C H N I K Ausgabe 02/2021 8 energie | wasser-praxis D Wasserstoff-Dossier I F O R S C H U N G, E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N

gesehen, die zur Bestimmung unterschiedlicher Gase genutzt werden können. So lassen sich z. B. einerseits elektrochemische Sensoren zur Bestimmung von Schwefelwasserstoff oder Sauerstoff installieren, andererseits können aber auch optische Sensoren zur Bestimmung von Methan und Kohlendioxid eingesetzt werden. Alle Sensortypen lassen sich über die zentrale Platine des Messsystems auslesen und digital verarbeiten. Erweiterung auf den Niederdruckbereich Die Messzelle des Basis-Messsystems war auf einen Erdgasdruck von 5 bar absolut ausgelegt.Messungenbei niedrigeremDruck von3 bar oder sogar nur 1 bar sind deshalb nur mit deutlichen Abstrichen bei der Genauigkeit der Gasbestimmungenmöglich, da dieAbsorptionen der Gase proportional zur Gasdichte und damit zum Gasdruck sind. Insbesondere die Absorptionen der höheren Kohlenwasserstoffe wie Pentan und Hexan sind bei geringen Drücken so klein, dass sie kaum aus untersucht. Im Folgenden wird das Messprinzip erläutert und die Ergebnisse dargestellt. Infrarot-Spektroskopie zur Erdgas-Analyse Kern des Messsystems ist ein FourierTransform-Inf rarot-Spektrometer (FTIR). DasMesslicht dieses Spektrometers wird im Wechsel durch eine optische Zelle mit Messgas bzw. durch eine Referenzzelle geführt und dann spektral analysiert. Abbildung1 zeigt exemplarisch die Infrarot-Spektren vonMethan, Ethan und Kohlendioxid, wobei sichdie Infrarot-SpektrenausderWechselwirkung von Licht in dem Wellenlängenbereich mit den Schwingungsmoden der Moleküle ergeben. Letztere sind charakteristisch für jedesMolekül und sind somit eine Art Fingerabdruck zur Identifizierung. Darüber hinaus ist die Höhe der Absorbanz proportional zur Konzentration des Gases in der Mischung, sodass aus einemSpektrumdes Gasgemisches prinzipiell auchdieKonzentrationen der Reingase chemometrisch bestimmt werden können. Die Schwierigkeit steckt allerdings im Detail – insbesondere, wenn eichamtliche Genauigkeiten erreicht werden sollen. Die extreme Bandbreite anKonzentrationen im Erdgas – von Methan im90-Prozent-Bereich bis Pentan und Hexan im Sub-Promille-Bereich – macht eine vergleichsweise aufwendige Kalibrierung nötig und stellt hohe Anforderungen an die Stabilität des Messsystems. Zum jetzigen Zeitpunkt erfasst das spektroskopische System die neun Kohlenwasserstoffe bisC6 (Isomereunterscheiden sich spektral und werden deshalb einzeln erfasst) sowie Kohlendioxid. Stickstoff ist nicht Infrarot-aktiv und wird deshalb indirekt erfasst. Zusatzsensorik für regenerativ erzeugte Gase Die Wasserstoffmessung ist die wichtigste Komponente für die Erweiterung des bestehendenMesssystems. DieHerausforderung dabei: Wasserstoffgas besitzt wie Stickstoff kein Dipolmoment, weshalb das Gas prinzipbedingt nicht spektroskopisch gemessen werden kann. Deshalb wurde zusätzlich einWärmeleitfähigkeitssensor (WLD) in die Probenzelle integriert. DieWärmeleitfähigkeit vonWasserstoff ist um den Faktor sieben größer als die aller anderen Brenngase, sodass der Sensor sehr fein auf Zumischungen reagiert. Im Projektverlauf wurde diese kombinierte Sensorik getestet, kalibriert und schließlich in Langzeittests evaluiert. Um ein flexibles System für weitere, meist anwendungsbezogen interessante Gase zu schaffen, wurde eine Zusatzmesszelle entwickelt, die auch autark und ohne die spektroskopische Messtechnik betrieben werden kann (Abb. 2). Diese Zelle bietet einen Drucksensor (analog zur spektroskopischen Zelle) und zwei schnelle Ventile für Ein- und Auslass, die für eine exakte Druckeinstellung im Innern der Zelle genutzt werden können. Darüber hinaus sind zwei Bohrungen für einfache Standard-Gassensoren vorAbb. 2: Zusatzmesszelle für zwei Sensoren (hier mit CH4- und CO2-Sensoren bestückt) sowie einen Drucksensor. Die Zelle wurde zusätzlich ins Gehäuse des Gasanalysators integriert und über die vorhandene Elektronik ausgelesen. Sie kann entweder zur Erweiterung des spektroskopischen Systems genutzt werden oder als preiswerter Ersatz mit einer Auswahl an passenden Sensoren für spezielle Anwendungen. Quelle: Fraunhofer IPM 23 energie | wasser-praxis 2/2021 9 Das Wasserstoff-Dossier I

preiswertes Messsystem aus, das die Schwankungen der Gasqualität misst und eine Regelung vonMotoren oder Brennern ermöglicht. Für diesen Fall wurden die im Rahmen des Projektes entwickelten Teile des Messsystems so modular geplant, dass alle Teile flexibel eingesetzt werden können. Beispielsweise kann die entwickelte Zusatzmesszelle (Abb. 2) in verschiedenen Varianten von elektrochemischen und optischen Sensoren bestückt werden, der Wärmeleitfähigkeitssensor wiederum lässt sich in beiden Messzellen betreiben und alle Sensoren können über verschiedene Schnittstellen mit der Systemplatine ausgelesen werden. So könnte ein System nur mit Zusatzmesszelle, bestückt mit optischen Methan- und Kohlendioxidsensoren sowie dem Wärmeleitfähigkeitssensor, eine sehr schnelle, kleine und preiswerte Lösung zur Messung der Methanzahl zur Steuerung von Erdgasmotoren darstellen. Die mit den einzelnen Komponenten durchgeführten Langzeittests ermöglichen darüber hinaus eine gute Beurteilung der Stabilität und der erreichbaren Messgenauigkeiten, um die Einsatzfähigkeit einer Sensorkombination für spezielle Anwendungen imVorfeld beurteilen zu können. dem Rauschen des Infrarot-Spektrometers herauskommen. Durch eine Verlängerung des optischenWegs des infraroten Lichts durchdas Gas kann die verringerte Absorption wieder ausgeglichenwerden. ImRahmendes Projektes wurde solch eine Zelle mit einem verdreifachten optischen Weg konstruiert, gefertigt und anschließend für insgesamt drei unterschiedliche Drücke (5 bar, 3 bar und 1,5 bar) in aufwendigenMessreihen kalibriert. Die Formvon Gasabsorptionen ändert sich mit dem Druck und macht eine druckabhängige Kalibrierung nötig. Umhier eine umfassende Datenbasis zu schaffen, wurden über mehrere Monate erste Langzeitversuche im Gaslabor des Fraunhofer IPM an mehr als zwanzig unterschiedlichen Prüfgasenmit genau bekannter Zusammensetzung durchgeführt und in der Folge eine chemometrische Kalibrierung für diese Drücke entwickelt. Entwicklung eines vereinfachten und preiswerten Messsystems Für viele Anwendungen – insbesondere bei Erdgas-Verbrauchern wie BHKW-Betreibern oder Nutzern von Power-to-Gas-Anlagen – reicht unter Umständen ein einfaches und Abb. 3: Messgerät des Fraunhofer IPM (Gehäuse mit Kühlrippen im unteren Bildteil), installiert am Erdgas-Bypass des Fraunhofer ISE. Das Messgerät ist in einem explosionsgeschützten Koffergehäuse platziert, alle elektrischen Leitungen werden aus dem Bypass-Container herausgeführt. Quelle: Fraunhofer IPM 24 energie | wasser-praxis 2/2021 T E C H N I K 10 energie | wasser-praxis D Wasserstoff-Dossier I F O R S C H U N G, E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N

das spektroskopische System in der vorliegenden Ausführung auch bei Drücken von unter 3 bar Genauigkeiten erreicht, die eine eichamtliche Zulassung ermöglichen und damit vergleichbar zu Gaschromatografen sind. Die relativ starken Schwankungen der Gasqualität demonstriert die Abbildung 5 mit einem Zoom-in in die Methanbestimmung. Im Vergleich zu den Tagesmittelwerten treten Schwankungen in der Zusammensetzung des Dauertests und Vergleich mit dem Stand der Technik Die neu entwickeltenMesssysteme wurden zunächst in Langzeittests imGaslabor des Fraunhofer IPMcharakterisiert. Diese Dauermessungen lieferten frühzeitig Rückmeldungen zu den ersten Prototypen und konnten zum Aufbau eines optimiertenGesamtsystems genutzt werden. Dieses wurde dann am Erdgas-Bypass des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE installiert (Abb. 3), die an der Stelle im Probebetrieb Wasserstoff aus einem Elektrolyseur in das Erdgasnetz der badenova einspeisen können. Die räumlichen und sicherheitstechnischen Einschränkungen ließen keine Möglichkeit zur Installation eines Referenz- oder Prüfgas-Systems zu, sodass das Systemüber acht Monate ohne jegliche Neukalibrierung betriebenwurde. Das Infrarot-Spektrometer und der Wärmeleitfähigkeitssensor führten in diesem Zeitraum insgesamt rund 125.000 Messungen durch, die Zusatzsensoren mit höherer Messfrequenz sogar 705.000 Messungen. Die Ergebnisse der spektroskopischen Analyse stimmen auch über den langen Zeitraum sehr gut mit den Daten des Erdgaslieferanten überein. Abbildung 4 zeigt exemplarischdie Ergebnisse für Methan, Ethan und Propan über den gesamten Zeitraum von acht Monaten imVergleich zu den Tagesmittelwerten der Messung mit demGaschromatografen. Das Projektteam geht zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass Abb. 4: Mit dem Gasanalysator bestimmte, exemplarische Konzentrationen von Methan, Ethan und Propan über den gesamten Zeitraum von acht Monaten, aufgetragen in Stoffmengenanteilen in Promille. Die blaue Kurve zeigt die Messwerte des RMAGasanalysators, die jeweilige rote Kurve die Tagesmittelwerte des Gasversorgers. Quelle: Fraunhofer IPM Abb. 5: Zoomin in die Methanbestimmung aus Abbildung 4. Man erkennt gegenüber den Tagesmittelwerten relativ starke Schwankungen im Prozentbereich in der Erdgasqualität, die insbesondere bei kritischen Prozessen eines Erdgasverbrauchers Potenzial für eine angepasste Regelung bieten. Quelle: Fraunhofer IPM 25 energie | wasser-praxis 2/2021 11 Das Wasserstoff-Dossier I

Erdgases auf, welche Änderungen von mehreren Prozent innerhalb von Minuten mit sich bringen können. Ein schnelles Messsystem kann für kritische Verbraucherprozesse (wie z. B. Thermoprozessanlagen) die Möglichkeit bieten, eine Prozessregelung auf dieser Basis durchzuführen und damit die Produktqualität sicherzustellen und den Ressourcenverbrauch zu optimieren. Darüber hinaus waren Testmessungen zur Einspeisung von Wasserstoff sehr erfolgreich: Der Wärmeleitfähigkeitssensor lieferte sowohl im Labor als auch imFeld über Monate sehr genaue und rauscharme Signale, die nur von einer vergleichsweise geringen Drift überlagert sind. Abbildung 6 zeigt exemplarisch das Signal des Sensors bei einer kurzzeit igen Wasserstof feinspeisung, aus dem die H2-Konzentration sehr genau bestimmt werden kann. Insbesondere bei Anwendungen, die eine zwischenzeitlicheNeukalibrierung des Sensors mithilfe der spektroskopischen Daten erlauben – wie beispielsweise Power-to-Gas-Anlagen –, erreicht der Sensor Genauigkeiten deutlich unterhalb von 0,1 Prozent Wasserstoff undkommt damit auch für eichamtliche Anwendungen infrage. Zusammenfassung und Ausblick Das hier beschriebene Messsystem aus Infrarot-Spektrometer und kombinierter Zusatz-Sensorik lieferte über acht Monate verlässliche und zum eingesetzten Referenz-Gaschromatografen vergleichbare Ergebnisse, selbst wenn keine Neukalibrierung des Systems mit Prüfgasen möglich war. Die integrierte Referenzierung auf eine Zelle mit Stickstoff gleicht dabei die Drifts des spektroskopischen Systems aus und ermöglicht den Langzeit-Betrieb ohne Spül- und Referenzgase. Potenzielle Drifts des Wärmeleitfähigkeitssensors zur Bestimmung des Wasserstoffgehalts lassen sich dagegen bei Power-to-GasAnwendungen sehr gut über zeitliche Referenzierungen auf Perioden ohne H2-Einspeisung abfangen, sodass hier Das Projekt „Gas-Effizienz – Schnelle Messtechnik zur effizienten Nutzung regenerativ erzeugter Gase“ ist ein im Rahmen des Programms „Innovation und Energiewende“ des Landes Baden-Württemberg durchgeführtes und mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Landes Baden-Württemberg gefördertes Forschungsprojekt, das zusammen mit den folgenden Partnern aus der Industrie durchgeführt wurde: • RMA Mess- und Regeltechnik GmbH & Co. KG • badenova, vertreten durch die Tochtergesellschaften bnNETZE GmbH und badenova WÄRMEPLUS GmbH & Co. KG • HTCO GmbH • Klotter Elektrotechnik GmbH • LogiDataTech systems GmbH & Co. KG Ziel des Vorhabens war die Erforschung, Entwicklung und Erprobung von Messtechnik zur schnellen Bestimmung der Gaszusammensetzung regenerativ erzeugter Gase von Biogas oder Power-to-Gas-Anlagen für die Einspeisung ins Gasnetz oder zur Verwendung in Blockheizkraftwerken (BHKW) und Thermoprozess-Anlagen. Damit können Schwankungen der Brenngasqualität verringert, eine effizientere Einspeisung von aufbereitetem Biogas in das Gasnetz ermöglicht und eine verbesserte Nutzung von BHKW erreicht werden. Auch die Emissionen klimaschädlicher und toxischer Gase werden damit vermindert. Mehr zum Projekt finden Sie unter www.ipm.fraunhofer.de/de/gf/gastechnologie-spektroskopie/anw/umwelt/brennwertbestimmung/gas-effizienz.html Projektbeschreibung INFORMATIONEN Abb. 6: Daten des Wärmeleitfähigkeitssensors während einer Wasserstoff-Einspeisung im Februar 2020, im Vergleich zur berechneten Wärmeleitfähigkeit aus den spektroskopischen Daten (oben). Das Infrarot-Spektrometer erfasst keinen Wasserstoff, weshalb die Differenz von gemessener Wärmeleitfähigkeit und berechneter Wärmeleitfähigkeit für eine Bestimmung des Wasserstoffs genutzt werden kann. Damit ergibt sich eine Zumischung von 1,2 % H2 im Maximum. Quelle: Fraunhofer IPM 26 energie | wasser-praxis 2/2021 T E C H N I K 12 energie | wasser-praxis D Wasserstoff-Dossier I F O R S C H U N G, E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N

nern für die ausgezeichnete Zusammenarbeit. Dank gilt darüber hinaus dem Fraunhofer ISE für die Bereitstellung der Messmöglichkeit an der Power-to-Gas-Einspeisestelle und für die Unterstützung der Messungen. W ebenfalls Genauigkeiten im Promillebereich möglich sind. Die potenziell hohe Messfrequenz des Systems bietet die Möglichkeit, kritische Prozesse eines Erdgasverbrauchers (z. B. Thermoprozessanlagen) auf Basis der Gaszusammensetzung zu regelnund sodie Prozesseffizienz zu steigern, RessourceneinzusparenunddieProduktqualität zu optimieren. Je nach Anforderung an Schnelligkeit, Genauigkeit, Kalibrierungsintervalle und Preis kann die Ausstattung des Systems angepasst undauf dieMessaufgabeoptimiertwerden. Darüber hinaus lässt sich die Anzahl der bestimmbaren Gase für beliebige Anwendungen erweitern, sodass beispielsweise auchAufgaben in der Prozessmesstechnik der chemischen Industrie abgedeckt werden können. Danksagung Das Projektteamdankt den Fördergebern, dem Land Baden-Württemberg und demEFRE-Programmder EuropäischenUnion, für die Förderung des Vorhabens sowie den VerbundpartDr. Carsten Bolwien ist Projektleiter in der Abteilung Gas- und Prozesstechnologie am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM in Freiburg. Kontakt: Dr. Carsten Bolwien Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM Georges-Köhler-Allee 301 79110 Freiburg Tel.: 0761 8857-191 E-Mail: carsten.bolwien@ipm.fraunhofer.de Internet: www.ipm.fraunhofer.de Der Autor 27 energie | wasser-praxis 2/2021 Nutzen Sie die Vorteile des digitalen Planwerks und vertrauen Sie auf die Kompetenz eines erfahrenen Dienstleisters, der zu den Pionieren der digitalen Rohrnetzüberprüfung gehört. Q-02846-17-1-1 DIN EN ISO 9001:2015 zer fiziert nach ISO 9001:2015 Schütz GmbH Messtechnik · Einsteinallee 5 · D-77933 Lahr, Schwarzwald · Tel: +49 (0) 78213280100 info@schuetz-messtechnik.de · www.schuetz-messtechnik.de Oberirdische Überprüfung von Gasrohrnetzen

über die bestehendeGasinfrastruktur demWärmemarkt, der Rückverstromung, der Mobilität oder der Industrie zur Verfügung. Bislang wird eine erfolgreiche Etablierung am Markt allerdings durch aufwendige Planungs- undGenehmigungsverfahren erschwert. Diese Verfahren Die Power-to-Gas(PtG)-Technologien sind einwichtiger Baustein, umdie Klimaschutzziele in Deutschland und in Europa zeitnah zu erreichen. Klimafreundliche Gase wie grüner Wasserstoff oder Methan können mit diesen Technologien erzeugt werdenund stehendann Leitfaden für Power-to-Gas-Anlagen: Erfolgreicher Abschluss des Projektes „PORTAL GREEN“ Die Planung, Genehmigung und Inbetriebnahme von Power-to-Gas-Anlagen stellt Anlagenbetreiber aktuell vor große Herausforderungen. Zwar ist das Verwaltungs- und Genehmigungsrecht von technischen Anlagen langjährig etabliert; dessen Anwendung auf Power-to-Gas-Anlagen ist sowohl für die Planer und Betreiber als auch für die zuständigen Behörden bislang noch ein unübersichtliches Terrain. Nur schwer zu kalkulierende Zeit- und Kostenkomponenten sind die Folge. Es fehlt in diesem Zusammenhang an klaren Leitlinien und umfassendem Wissen zum aktuellen Stand der Technik und den anzuwendenden Regeln. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte Forschungsprojekt „PORTAL GREEN“ (Förderkennzeichen: 03ET6135) schafft nun Abhilfe: Im Rahmen des Projekts haben die beteiligten Akteure einen zweiteiligen Leitfaden erarbeitet, der sowohl für die Genehmigungsprozesse als auch für technische Aspekte bei Errichtung, Inbetriebnahme und Betrieb von Power-to-Gas-Anlagen ausführliche Hilfestellungen bietet. von: Felix Künkel (DVGW e.V.), Dr. Manuela Jopen, Clemens Heitsch, Pascal Ziegeroski (alle: GRS gGmbH), Marlon Koralewicz (BUW), Jens Hüttenrauch, Anja Wehling, Josephine Glandien (alle: DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH) & Chi Yan Tang (Uniper) Quelle: Uniper Power-to-Gas-Pilotanlage im brandenburgischen Falkenhagen: Die Planungs- und Genehmigungsverfahren sind für Anlagenbetreiber wie auch für Behörden häufig noch unbekanntes Terrain. 28 energie | wasser-praxis 3/2021 Ausgabe 03/2021 14 energie | wasser-praxis D Wasserstoff-Dossier I F O R S C H U N G, E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N

• Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz [1] • Baugenehmigungsverfahren [2] • Planfeststellungs-/Plangenehmigungsverfahren [2] • weitere Verfahren (UVP, GasHDrLtgV) Im ersten Schritt gilt es, die anzuwendenden Verfahren zu bestimmen und darunter das höherrangige zu identifizieren. Durch die sogenannte Konzentrationswirkung sind in diesem höherrangigenVerfahrenweitereGenehmigungen aus anderen Rechtsbereichen bereits mit eingefasst. Die für das höherrangige Verfahren zuständige Behörde erteilt nur eine einzige Genehmigung, in der alleweiterenVerfahren enthalten sind, und ist für diese konzentrierten Verfahren der Hauptansprechpartner für den Antragsteller. Dadurch wird der gesamte Prozess für den Anlagenplaner vereinfacht. In Abbildung 1 ist das Prinzip der Konzentrationswirkung detaillierter dargestellt. Benötigt die Anlage „nur“ eineBaugenehmigung, soentfaltet diese keine Konzentrationswirkung. Dieser Fall kommt allerdings nur für kleinere Anlagen in Betracht, dieH2 bzw. CH4 nicht imindustriellen Umfang erzeugen. sind ein aktuell wenig standardisiertes und für die Mehrzahl der Beteiligten neues Feld, aus demsich großeUnsicherheiten für die Zeit- und Kostenplanung der Anlagen ergeben. Vor diesem Hintergrund hat das Projektteam, bestehend aus der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit gGmbH (GRS; Konsortialführer), demDVGW, der Gas- und Umwelttechnik GmbH (DBI), der BergischenUniversität Wuppertal (BUW) und Uniper, seit Januar 2018 einen praxisnahen Leitfaden entwickelt, der sich mit genehmigungsrechtlichen wie auch technischenAspekten bei der Errichtung, Inbetriebnahme und dem Betrieb von PtGAnlagen befasst. Das vomBundeswirtschaftsministerium (BMWi) geförderte Projekt (Gesamtbudget: 1,3 Mio. Euro) wurde nun nach dreijähriger Laufzeit Ende 2020 erfolgreich abgeschlossen. Das Ergebnis ist ein umfangreiches zweiteiliges Werk, welches als Anleitung, Hilfestellung, Orientierung undHandreichung zudendargestellten Themen dient. Die Schwerpunkte liegen dabei zum einen auf den Genehmigungsprozessen (genehmigungsrechtlicher Leitfaden) und zumanderen auf den zubeachtenden technischen Aspekten bei Errichtung, Bau und Betrieb (technischer Leitfaden) von PtG-Anlagen. Beide Leitfadenteile berücksichtigen Besonderheiten durch den Anschluss an verschiedene Nutzungszweige. Hierzu gehören die Einspeisung ins Erdgasnetz, der Anschluss anWasserstofftankstellen und Industrieanlagen sowie die Rückverstromung. Genehmigungsrechtlicher Leitfaden Der genehmigungsrechtliche Leitfaden beschreibt die aktuelle Situation des Genehmigungsverfahrens und bietet dem Leser eine Entscheidungshilfe bei der Wahl des einschlägigen Genehmigungsverfahrens. Weiter wird darauf eingegangen, wie der Genehmigungsprozess typischerweise abläuft, welche Unterlagen zu erstellen und einzureichen sind und welche Prüfungenmitunter schon vor der Einreichung des Antrags durchgeführt werden müssen. Um Interessierten den Einstieg in das und den Umgangmit demkomplexenThema zu erleichtern, wird zu Beginn des Leitfadens ein grober Überblick über die verschiedenen möglichen Verwaltungsverfahren gegeben. Dazu zählen: Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren Immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren nach BImSchG Einstufung nach 4. BImSchV UVP-Vorprüfung/UVP-Pflicht (UVPG) Anzeigepflicht nach GasHDrLtgV Baugenehmigung (BauGB/LBO) Genehmigungspflichtige Einleitung von Abwasser (WHG) Prüfung naturschutzrechtlicher Belange (BNatSchG) PFV BImSchG BauR Welches ist das höherrangige Verfahren? 1. Konzentrationswirkung PFV 2. Konzentrationswirkung BImSchG Erlaubnis nach BetrSichV 3. Konzentrationswirkung BetrSichV BetrSichV Abb. 1: Bestimmung des höherrangigen Verfahrens: Das Planfeststellungsverfahren (PFV, blauer Kasten) umfasst alle anderen Verfahren und Prüfungen. Das gleiche Prinzip trifft auf den grünen und orangenen Kasten zu, die jeweils im Zuge des höherrangigen Verfahrens von der zuständigen Behörde koordiniert werden. Quelle: DBI 29 energie | wasser-praxis 3/2021 15 Das Wasserstoff-Dossier I

hang die Einordnung der Elektrolyse unter der Nr. 4.1.12 Anlage 1 der 4. BImSchV durchaus umstritten ist. Die Hintergründe und kritischen Argumentationen dazu, auf die beispielsweise in [3] hingewiesen werden, sind ebenfalls Teil des genehmigungsrechtlichen Leitfadens. Sind die anzuwendenden Verfahren ausgewählt und das höherrangige Verfahren bestimmt, so gilt es im weiteren Verlauf die einzelnenGenehmigungsarten gezielter unter die Lupe zu nehmen. Die dafür benötigten Informationen sind im genehmigungsrechtlichen Leitfaden ausführlich dargestellt. Im Einzelnen wird neben dem konkreten Ablauf der Verfahren auch auf die jeweils einzureichenden Unterlagen eingegangen. Außerdem gibt der Leitfaden allgemeine Hinweise zur Erstellung des Antrags auf vorzeitigen Baubeginn, geht auf die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ein und stellt die aktuellen Diskussionen zum industriellen Umfang dar. Behandelt werden auch diejenigenGenehmigungsverfahren, die mitunter nicht von der Konzentrationswirkung erfasst werden, sowie diejenigen Rechtsbereiche, die materiell-rechtlich (inhaltlich) geprüft werden, jedoch aufgrund der Konzentrationswirkung keiner separaten Genehmigung unterliegen. Wie eingangs erwähnt, wird Nicht jedes der genannten Verfahren ist dabei unbedingt relevant. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes Verfahren angewendet wird oder nicht, hängt größtenteils von technischen Parametern ab und obliegt letztlich der zuständigenGenehmigungsbehörde. Es ist deshalb unbedingt zu empfehlen, das anzuwendende Genehmigungsverfahren für das geplante Projekt frühzeitigmit der zuständigenGenehmigungsbehörde abzustimmen. Nach den im Projektverlauf gesammelten Erfahrungen kommt das Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) am häufigsten zur Anwendung. Für die Entscheidung, wann einePtG-AnlagenachBImSchGgenehmigungspflichtig ist, und für dieweitereDifferenzierung der Verfahrensart in diesemRahmen sind zum einen die vorhandenen Lagermengen der erzeugten Gase (H2 bzw. CH4) ausschlaggebend und zumanderen die Frage, ob eine Erzeugung im industriellen Maßstab vorliegt (Anlage 1 Nr. 4.1.12 der 4. BImSchV). Nach diesen Parametern kann dann unterschieden werden, ob einvereinfachtes oder ein förmliches Verfahren nach demBImSchGerforderlich ist und ob sich die Anlage aufgrund der Lagermengen im Bereich des Störfallbetriebs befindet. An dieser Stelle sei allerdings auch darauf hingewiesen, dass insbesondere die Frage nach dem „industriellen Maßstab“ und in diesem ZusammenDVGW ENWG BetrSichV GasHDrLtgV Arbeitsmittel ATEX-Betrieb Druckbehälter Niederspannung Druckgeräte ATEX-Produkt Maschinen VDE VDI EU-Verordnung Bindendes Recht EU-Richtlinie Vorgabe für nationale Umsetzung Deutsches Gesetz ggfs. nach EU-RL Verordnung zum deutschen Gesetz zur Ausführung des Gesetzes ProdSG ArbSchG 1.-14. ProdSichV BiostoffV GefStoffV ChemG TRBA TRGS TRBS DGUV RohrFLtgV EMV Produktsicherheit Chemikalien EMVG TRFL ArbStättV LärmVibrationsArbSchV TRLV ASR Technische Regeln von Ministeriums-Ausschüssen zur Ausführung von Verordnung und Gesetz Berufsgenossenschaftliche Vorschriften und technische Regeln und Normen anerkannter privatwirtschaftlicher Institutionen Akkreditierung und Marktüberwachung Pers. Schutzausrüstung Netzkodex für Lastanschluss Bauprodukte Einstufung von Stoffen Elektrizitätsbinnenmarkt Messgeräte RoHS Ökodesign Outdoor Funkanlagen Ortsbew. Druckgeräte EVPG MessEG FuAG EVPGV ElektroStoffV 32. BImSchV Arbeitsschutz Umgebungslärm EMFV DIN BImSchG TA Lärm Lärm Vibration EMF 26. BImSchV Abb. 2: Hierarchischer Überblick über relevante Gesetze, Verordnungen und Regelwerke Quelle: GRS 30 energie | wasser-praxis 3/2021 O R G A N I S A T I O N & M A N A G E M E N T 16 energie | wasser-praxis D Wasserstoff-Dossier I F O R S C H U N G, E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N

scheiden sich damit auch die Zuständigkeitsbereiche zwischen der Energieaufsicht und der für überwachungsbedürftige Anlagen zuständigen Gewerbeaufsicht. Weiterhin sind bestimmte Energieanlagen von der Überwachungsbedürftigkeit bzw. Erlaubnispflicht ausgenommen.Der Leitfaden geht an dieser Stelle detailliert auf die einzelnen Anlagentypen ein und gibt Entscheidungshilfen für die Einordnung der jeweiligen Anlage. Über die Entscheidung des Anlagentypen hinaus ist die Frage darüber, ob der Anlagenbetreiber gleichzeitig der Hersteller der PtG-Anlage ist, entscheidend. Für beide Fälle sind die jeweils relevanten Aufgaben und Pflichten ausführlich imLeitfaden dargestellt. Als Anlagenbetreiber zählen aus Sicht des Arbeitsschutzes hierzu beispielsweise die Einstufung von Stoffen und Gemischen in Gefahrenklassen, die Gefährdungsbeurteilung sowie Brand- und Explosionsschutz. Ist der Anlagenbetreiber gleichzeitig der Hersteller der Anlage, so ergeben sich aus Sicht der Produktsicherheit zusätzliche Anauch der Einfluss des Anschlusses von PtGAnlagen an bestimmte Nutzungsarten auf das Genehmigungsverfahren im Leitfaden ausführlich betrachtet. Technischer Leitfaden Der technische Leitfadenhat das Ziel, einemögliche Anwendung derzeit bestehender technischer Regelwerke und rechtlicher Anforderungen, die nicht explizit an PtG-Anlagen angepasst sindunddaher entsprechend interpretiert werden müssen, aufzuzeigen. Er richtet sich dabei zwar in erster Linie an Anlagenbetreiber und -hersteller. Einige der dargestellten Aspekte, wie beispielsweise die Einordnung der jeweiligen Anlagentypen, können aber auch für Behördenvertreter hilfreich sein. Genausowie für die genehmigungsrechtlichen Belange gibt es auch für die technischenAspekte bei der Errichtung, Inbetriebnahme und dem Betrieb von PtG-Anlagen eine Vielzahl von europäischen RichtlinienundVerordnungen, nationalenGesetzen und Verordnungen sowie technischen Regelwerken, die es zu beachten gilt. Der technische Leitfaden gibt deshalb hierzu gleich zu Beginn eine Übersicht über die wesentlichen Vorschriften (Abb. 2). EU-Richtlinien gelten imGegensatz zu EU-Verordnungennicht unmittelbar, sondernmüssen in jeweils nationales Recht umgesetzt werden. Viele der in Abbildung 2 gezeigten EU-Richtlinien werden durch das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) unddas Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sowie die jeweils unterlagerten Verordnungen umgesetzt. Diesen Gesetzen und Verordnungen wiederum können technische Regelwerke zugeordnet werden, die für die jeweiligen Themen zu beachten sind. Äquivalent zum genehmigungsrechtlichen Leitfaden gilt auchhier: Nicht jedes der dargestelltenThemen ist zwingend für eine geplante PtG-Anlage relevant. Um zu bestimmen, welche der Gesetze, VerordnungenundtechnischenRegelwerkezurAnwendungkommen,mussdieFragegeklärtwerden, ob es sich bei der Anlage um eine Energieanlage im Sinnedes Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) [4] und/oder eine überwachungsbedürftige bzw. erlaubnispflichtige Anlage nach Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [5]handelt.DieKlärung dieser Frage hat nicht nur Einfluss auf die anzuwendenden Regelwerke und die an die Anlage gestellten Anforderungen, sondern es entMit der Planung und Errichtung von POWER TO GAS-ANLAGEN haben wir uns auf dem Markt der „grünen“ Wasserstofftechnologie erfolgreich etabliert. Die Energiewende und die Verantwortung gegenüber unserer Umwelt sind auch für unsere Unternehmensgruppe einwichtiges Zukunftsthema. ANLAGENBAU www.pfaffinger.com/anlagenbau H2 PASSAU LEIPZIG BERLIN STUTTGART 31 energie | wasser-praxis 3/2021 17 Das Wasserstoff-Dossier I

eine Vielzahl an Gesetzes- und Literaturverweisen und geben demLeser damit die Möglichkeit, die Rechtslage nachzuvollziehen, sichggf. eine eigene Meinung zu bilden bzw. tiefergehend zu einzelnen Fragestellungen zu recherchieren. W Literatur [1] Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG, Stand: 8. April 2019. [2] Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), Stand: 21. Juni 2019. [3] Bringewat: Rechtsfragen bei der Zulassung von Elektrolyseurprojekten, Offenes juristisches Informationsprojekt jurOP, 2017. [4] Energiewirtschaftsgesetz – EnWG, Stand: 5. Dezember 2019. [5] Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV; Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln, Stand: 30. April 2019. forderungen und Pflichten (wie z. B. ein entsprechendes Konformitätsbewertungsverfahren und die Risikobeurteilung). Darüber hinaus betrachtet der Leitfaden spezifische Anforderungen an Komponenten, Bauteile und Systeme von PtG-Anlagen, welche sowohl für die Herstellung als auch den Betrieb der Anlage relevant sein können; hierzu zählen z. B. Elektrolyseure, Methanisierungsanlagen oder der Anschluss an das Stromnetz. Welche Komponenten und Systeme darüber hinaus im Rahmen des Leitfadens betrachtet werden, ist außerdem in einer entsprechenden Referenzanlage dargestellt, die sowohl die Systemgrenzen festlegt als auch die angeschlossenen Nutzungszweige beinhaltet. Auf die spezifischen Anforderungen für die behandeltenNutzungszweigewird dabei separat eingegangen. Abschließend sind imLeitfadenneben einer Gesamtübersicht der Aufgaben und Pflichten ein zeitlicher Ablauf sowie eine Übersicht über die jeweils durchzuführenden Prüfungen gegeben. Praxisnähe als Arbeitsgrundsatz Da es das Ziel des Projektes war, dem Anwender eine nützliche und praxistaugliche Hilfestellung an die Hand zu geben, hatte während des gesamten Projektverlaufs die Einbindung von erfahrenenExperten einenhohen Stellenwert. Um einen kontinuierlichen Austausch zu gewährleisten, wurden im Projektzeitraum insgesamt sechs Partizipationsworkshops veranstaltet, auf denen bis zu 70 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verbänden und Behördenmiteinander diskutierten. Dabei wurden neben Fragestellungen rund um genehmigungsrechtlicheund technische Aspekte von PtG-Anlagen auch immer wieder der Arbeitsstand und Fokus des entstehenden Dokuments unter die Lupe genommen. Außerdem führten die Projektverantwortlichen über die Workshops hinaus im Projektverlauf mehrere Umfragen unter Betreibern vonPtG-Anlagendurch, umeineÜbersicht zumStatus quo der Anlagenlandschaft in Deutschland, den jeweiligen Anlagenkonstellationen und den durchgeführten Genehmigungsverfahren zu erhalten. Zugleich und begleitend fanden Einzelinterviews mit verschiedenen Experten zu spezifischen FragestellungenundThemenbereichen statt. Die beiden Leitfadenteile selbst wurden als praxisnahe Hilfestellung für den Leser um einige Referenzfälle ergänzt, die die Einordnung der eigenen Anlage erleichtern sollen. Trotz der Bemühungen des PORTAL-GREEN-Konsortiums, verschiedene Konstellationen aufzunehmen und darzustellen, verbleiben immer Unsicherheiten. Beide Leitfadenteile enthalten deshalb Felix Künkel, Dr. Manuela Jopen, Clemens Heitsch, Pascal Ziegeroski, Marlon Koralewicz, Jens Hüttenrauch, Anja Wehling, Josephine Glandien und Chi Yan Tang gehören zum Projektkonsortium von PORTAL GREEN. Kontakt: Felix Künkel DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V. Technisch-wissenschaftlicher Verein Josef-Wirmer-Str. 1–3 53123 Bonn Tel.: 0157 80687359 E-Mail: felix.kuenkel@dvgw.de Internet: www.dvgw.de Die Autoren Die erarbeiteten Leitfadenteile stehen auf der Projektseite des DVGW sowie den jeweiligen Webseiten der Projektpartner zum kostenfreien Download zur Verfügung. Darüber hinaus wurde der genehmigungsrechtliche Leitfaden als DVGW-Information GAS Nr. 26 und der technische Leitfaden als DVGW-Information GAS Nr. 27 in das Regelwerk des DVGW integriert. So wird nicht nur sichergestellt, dass das erarbeitete Wissen zukünftig fester Bestandteil des täglichen Handwerkszeugs der Prozessbeteiligten wird, sondern auch, dass beide Teile regelmäßig aktualisiert werden, um dem aktuellen Stand der Technik zu entsprechen. Leitfaden zum freien Download verfügbar INFORMATIONEN 32 energie | wasser-praxis 3/2021 O R G A N I S A T I O N & M A N A G E M E N T 18 energie | wasser-praxis D Wasserstoff-Dossier I F O R S C H U N G, E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N

www.h2-dvgw.de Das DVGW-Regelwerk: Bereit für Wasserstoff. Noch Fragen? Wir helfen Ihnen gerne! wvgw-Kundenservice: +49 228 9191-40 E-Mail: info@wvgw.de oder shop.wvgw.de Wasserstoff im wvgw-Shop • DVGW-Regelwerke • DIN-Normen • Forschungsberichte Alle Produkte können Sie jederzeit direkt als PDF-Download kaufen und sofort nutzen. shop.wvgw.de/DVGW-Regelwerk/

wurde. Die Hauptbestandteile dieses Stadtgases warenWasserstoff (H2)mit rund50Volumenprozent (Vol.-%),Methan (CH4)mit rund20Vol.-%, Stickstoff (N2) mit rund 15 Vol.-% und Kohlenstoffmonoxid (CO)mit rund 10 Vol.-%. Erst ab der zweitenHälfte des 20. Jahrhunderts erfolgWasserstoff ist in leitungsgebundenen Infrastrukturenkeinunbekannter Player. Sowurden öffentliche Gasnetze in Europa bereits abMitte des 19. Jahrhundertsmit sogenanntemStadtgas betrieben– einemBrenngas, das zumeist in städtischer Regie durch Kohlevergasung hergestellt Quelle: Gerodur MPM Kunststoffverarbeitung GmbH & Co. KG Verlegung von Kunststoffrohren für die Gasversorgung mittels Kabelpflug: Die Gasinfrastruktur hat erhebliches Potenzial, in Zukunft relevante Mengen an grünem Wasserstoff zu speichern und zu transportieren. Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohre und Formteile untersucht – Wasserstoffintegrität belegt Als Energieträger der Zukunft soll grüner Wasserstoff zur Dekarbonisierung des Wärme-, Mobilitäts- und Industriesektors beitragen. Um dieses Potenzial gerade im Gebäudebereich optimal zu nutzen, gilt es aktuell die in Gasverteilnetzen eingesetzten Werkstoff-, Rohr- und Bauteillösungen auf deren Wasserstoffintegrität hin zu bewerten, damit diese Netze auch zukünftig weiter genutzt und perspektivisch ausgebaut werden können. Vor diesem Hintergrund hat die Kunststoffrohr-Industrie eine Vielzahl internationaler Testfeld- und Pilotinstallationen initiiert, um den Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohrleitungen zu untersuchen. Auf Grundlage der derzeit vorliegenden Studien und Veröffentlichungen ist davon auszugehen, dass Rohre und Formteile aus den Werkstoffen PE 80, PE 100, PE 100-RC und PA-U12 unter den untersuchten Randbedingungen für den Transport von Wasserstoff geeignet sind. von: Andreas Redmann (Kunststoffrohrverband e. V.) 22 energie | wasser-praxis 6/7 2021 Ausgabe 06+07/2021 0 energie | wasser-praxis Da Wasser toff-Dossier I F O R S C H U N G , E N T W I C K L U N G & O R G A N I S AT I O N

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