DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 1/2023

energie | wasser-praxis 01/2023 www energ e-wasser-prax s de energie | wasser-praxis e Energ ewende | Werkzeug Ermittlung von H₂-Bedarfen für Versorgungsgebiete und Regionen Wasser | Versorgung Bewertungsmodell für Resilienz von Versorgungssystemen Datenbank | DVGW VerifHy bietet WasserstoffWissen für Netzbetreiber 74 Jahrgang | Januar 2023 | ISSN 1436-6134 E S I L I E N Z n der W sserw rtsch ft st rk n her sfordernden Ze ten mit dem Scout VGS 4500 Schütz GmbH Messtechnik www.schuetz-messtechnik.de

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energie | wasser-praxis 01/2023 www.energie-wasser-praxis.de energie | wasser-praxis 01 Energiewende | Werkzeug Ermittlung von H2-Bedarfen für Versorgungsgebiete und Regionen Wasser | Versorgung Bewertungsmodell für Resilienz von Versorgungssystemen Datenbank | DVGW VerifHy bietet Wasserstoff- Wissen für Netzbetreiber 74. Jahrgang | Januar 2023 | ISSN 1436-6134 R E S I L I E N Z in der Wasserwirtschaft: stark in herausfordernden Zeiten

EIN PROGRAMM DES WIR FÖRDERN INNOVAT IVES DENKEN. Alle Informationen zu den Elementen des Young Professional Programms findest Du unter: www.dvgw.de/ypp DVGW – DEUTSCHER VEREIN DES GAS- UND WASSERFACHES e. V. Josef-Wirmer-Straße 1–3//53123 Bonn ypp@dvgw.de Netzwerk Mentoring Weiterbildung Mitgestaltung VOM STUDIUM IN DEN JOB? ENTDECKE DIE VORTEILE DES YOUNG PROFESSIONAL PROGRAMMS IN DER ENERGIE UND WASSERBRANCHE YOUR WAY TO START NOW

der Beginn eines neuen Jahres wird traditionell von guten Wünschen und festen Vorsätzen begleitet. Das ist gut so, auch wenn nicht alleWünsche in Erfüllung gehen und nicht jedem Vorsatz Taten folgen. Denn Wünsche zu haben und Ziele zu formulieren, setzt positive Energien frei. Und diese benötigen wir auch im neuen Jahr zur Bewältigung der vor uns liegenden Aufgaben. Auf der Wasserseite richten sich unsere Erwartungen auf das Inkrafttreten der NationalenWasserstrategie. Der Wassersektor benötigt dringend eine verbindliche Handlungsagenda mit politischer Rückendeckung. Die Versorgungsunternehmen müssen seit mehreren Jahren mit einem – in manchen Regionen deutlich spürbaren – Rückgang des Wasserdargebotes einen zeitweise deutlich gestiegenen Wasserbedarf decken. Nochmeistern sie diesen Spagat und bestehen den Stresstest aus eigener Kraft. Aber weitere Herausforderungen wie zunehmende Nutzungskonflikte, die alternde Infrastruktur und weiter steigende Schadeinträge stellen die Branche vor Herausforderungen, die sie allein nicht bewältigen kann. Auf der Wunschliste ganz oben rangieren daher wirksame Maßnahmen seitens der Politik zum Schutz der Wasserressourcen, zum flächendeckenden Entnahmemonitoring und zur Konkretisierung des Vorrangs der Trinkwasserversorgung. Hierzu erarbeiten wir gerade Handlungsempfehlungen in einer sogenannten Roadmap 2030 zusammenmit der DWA. Ein erster Meilenstein ist die Vision 2100, das Leitbild einer wasserbewussten Gesellschaft, das wir Anfang dieses Jahres der Öffentlichkeit vorstellen werden. Wichtig wird in diesem Jahr auch die deutsche Trinkwasserverordnung: Erstmals seit 20 Jahren tritt im Frühjahr eine komplett überarbeitete Fassung in Kraft, die in vielen Punkten den Anforderungen an ein modernes Trinkwassermanagement gerecht wird. Der DVGW hat richtungweisende Impulse in die Überarbeitung eingebracht. Zur Ausgestaltung der ebenfalls erwarteten Artikel-8-Verordnung des Bundesumweltministeriums bietet der DVGW seine Expertise an. Viele Wünsche blieben 2022 auch in Bezug auf die Regulatorik unserer Energieversorgung unerfüllt. Mit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte zunächst die Sicherung unserer Versorgung oberste Priorität. Dazu werden ab 2023 auch erste LNG-Terminals beitragen. Die Regierenden haben unverzagt gehandelt – Erdgas und bald auch Flüssigerdgas werden kurzfristig stabile Säulen der Energieversorgung sein. Verpasst hat die Politik jedoch Nachhaltigkeitsoptionenmit klimafreundlichen Gasen: Die Herabstufung von Grüngasheizungen gegenüber elektrischenWärmelösungen imRahmen der 65-Prozent-EE-Vorgabe für neue Heizungen oder die Richtlinien zur Bundesförderung für effiziente Gebäude bremsen dieWärmewende und die Transformation der Gasverteilnetze aus. Das vomBundeswirtschaftsministeriumgeforderte Unbundling von Erdgas- und Wasserstoffnetzen sowie dessen jüngster Vorschlag zur Teilverstaatlichung der Gasnetze sind Gift für die Wasserstoff-Wirtschaft. Sie fügen kommunalem Eigentum Schaden zu und behindern zukunftsgerichtete Investitionen. Unser Wunsch ist, dass die Politik dies erkennt und Kurskorrekturen vornimmt. Es ist jetzt dringend an der Zeit, dass die Wasserstoffstrategie 2.0 eine Regulatorik definiert, die den Energieträger marktfähig macht. Hierzu haben wir unsere Position mit konkreten Handlungsempfehlungen dargelegt und werden auch 2023 unsere Stimme erheben. An diesen undweiteren Aufgaben arbeitenwir mit aller Kraft und Zuversicht – und hoffen auf Ihre Unterstützung auch imneuen Jahr. „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“ Gemäß dem Sinnspruch des Dichters Hermann Hesse wünschen wir Ihnen, dass sich Ihre Wünsche und guten Vorsätze für das neue Jahr beruflich wie privat zumindest großenteils erfüllen. Ihr Gerald Linke und Wolf Merkel Liebe Leserin, lieber Leser, 3 energie | wasser-praxis 01/2023 E D I T O R I A L

I N H A LT Titel Quelle: POKPAK/stock.adobe.com 11 Dreharbeiten an der Wilhelmshavener Anbindungsleitung (WAL) 14 Objektivierung von präventiven und korrektiven Instandhaltungsentscheidungen 58 Werkzeug für die Ermittlung potenzieller Wasserstoffbedarfe 68 Neues aus der DVGW-Vereinsarbeit 86 Wir machen was mit … 14 3 | EDITORIAL 6 | NACHRICHTEN TECHNIK 14 | Objektivierung von präventiven und korrektiven Instandhaltungsentscheidungen – Teil 2 • Werner Friedrichs, Erik Geiß, Jonas Becker INTERVIEW 20 | „Die größte Herausforderung für Wasserversorgungs- unternehmen wird es sein, eine auf die eigenen Rahmen- bedingungen angepasste Fokussierung vorzunehmen!“ • Die Redaktion im Gespräch mit Dr. Hermann Löhner, Geschäfts- und Werkleiter der Fernwasserversorgung Franken ORGANISATION & MANAGEMENT 26 | Bewertung von Klimaresilienz in der Trinkwasserversorgung • David Hoffmann, Johan-Friedrich Kirchner, Jörg Walther 32 | Prävention statt Reaktion – systematische Ansätze für eine sichere Wasserversorgung • Martin Offermann, Holger Stegger, Sebastian Sturm 38 | Auf dem Weg zu einer ganzheitlichen Weiterentwicklung der Unternehmenskultur • Prof. Dr. Mark Oelmann, Dr. Markus Reimann, Sven Hery INTERVIEW 44 | „Mit VerifHy ist ein für die Gasnetzbetreiber passgenaues Produkt entstanden!“ • Die Redaktion im Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Linke, Frank Birnmeyer und Gert Müller-Syring über die neue VerifHy-Datenbank des DVGW FORSCHUNG & ENTWICKLUNG 51 | Wasserstoff im zukünftigen Energiesystem – eine systemische Analyse • Wolfgang Köppel, Prof. Dr. Martin Wietschel, Dr. Till Gnann, Dr. Tobias Fleiter, Benjamin Lux, Pia Manz, Dr. Matthias Rehfeldt, Daniel Speth, Dr. Jan Steinbach, Dr. Benjamin Pfluger 58 | Ermittlung potenzieller Wasserstoffbedarfe für Versorgungsgebiete und Regionen – Werkzeug für die Entscheidungsfindung • Dr. Heiko Dunkelberg 58 11 Resilienz in der Wasserversorgung Ab Seite 14 68 86 4 energie | wasser-praxis 01/2023

TECHNISCHE REGELN & NORMEN 64 | Hygiene in der Wasserversorgung • Dr. Karin Gerhardy 64 | Auswertung der messtechnischen Prüfung im Rahmen der Wareneingangsprüfung von Wasserzählern nach DVGW-Arbeitsblatt W 406 • Christoph Theelen 65 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 65 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 68 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN 84 | DVGW-Veranstaltungsvorschau für Januar und Februar 2023 ARBEITS | welten 86 | Wir machen was mit Strom BILDUNGS | welten 88 | Wissensvermittlung Wasserstoff: Der H₂-Markthochlauf braucht heute Fachkräfte (Teil 1) • Andrea Appel, Michael Schanz, Marc Bovenschulte, Stefan Garche, Anja Heilmann, Ursula Hoffmann, Peter Preuss, Thomas Kunz, Kathrin Pilz-Lansley, Simon Reichenwallner, Alexander Mack 91 | PRAXIS & PRODUKTE SERVICE 93 | Rohrleitungsbauunternehmen 94 | Bezugsquellen 98 | Impressum 5 energie | wasser-praxis 01/2023 www.dvgw-ebi.de l GASKURSUS 2023 Der Gaskursus ist Teil des Fortbildungsprogramms des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW). Er dient der Weiterbildung und soll neuen und fachfremden Mitarbeitern der Versorgungsunternehmen die Einarbeitung in gasfachliche Themen erleichtern. Erfahrene technische Fach- und Führungskräfte sowie Mitarbeiter, die in ihren Unternehmen für die Gasversorgung verantwortlich sind, erhalten hier Einblick in aktuelle gasfachliche Themen. Der Gaskursus findet vom 27. bis 31. März 2023 in Karlsruhe statt. Anmeldung und Informationen zur Veranstaltung finden Sie unter: www.dvgw-ebi.de

STANDPUNKT » Energieversorgungssicherheit im Spannungsfeld von Bezahlbarkeit und Umweltschutz « Ein Kommentar von Maira Kusch, Büroleiterin der Geschäftsstelle des Weltenergierat – Deutschland in Berlin Das Thema Versorgungssicherheit ist imVergleich zur Umweltverträglichkeit und der Bezahlbarkeit der Energieversorgung in Deutschland in den letzten Jahren immer mehr in den Hintergrund getreten. Dies spiegelt sich auch in den Ergebnissen des World Energy Trilemma Index wider, der vor Kurzem vom World Energy Council veröffentlicht wurde. Der seit 2010 jährlich erscheinende Index bewertet und vergleicht die Entwicklungen von Ländern weltweit mithilfe des Zieldreiecks aus Energiesicherheit, Energiegerechtigkeit undNachhaltigkeit. Er misst dabei die Verwundbarkeit von Energiesystemen anhand von Faktoren wie Energiepreisen, -importen und -speichermöglichkeiten sowie anhand politischer Indikatoren wie z. B. Rechtsstaatlichkeit. Die jüngsten Index-Ergebnisse zeigen, dass Deutschlands starke Abhängigkeit von Energieimporten in Höhe von über 70 Prozent zu einer Schwächung seiner Energiesicherheit geführt hat. Das Energiedreieck ist nicht in Balance. Die Folgen der hohen Importabhängigkeit von insbesondere russischemGas wurdenDeutschland imZuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine 2022 schmerzlich vor Augen geführt. Die Unterbrechung der russischen Energielieferungen in die Europäische Union (EU) hatte gleichzeitig VERANSTALTUNGSTIPPS 24.–26. Januar 2023, online Crashkurs: Wasserstoff-­ Expertise in drei Tagen Der Crashkurs bietet Interessierten die Möglichkeit, alle Aspekte von Wasserstoff entlang des roten Fadens derWertschöpfungskette kennenzulernen und nachzuvollziehen. Begleitet mit praktischen Anwendungsbeispielen von Expertinnen und Experten aus der Branche werden die Bereiche Produktion, Distribution, Speicherung und Anwendung betrachtet. Zur Einordnung stehen auch der politische und rechtliche Rahmen und die Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten im Fokus. www.dvgw-kongress.de/crashkurs-wasserstoff 8. März 2023, online DVGW-Arbeitsblatt GW 120 ImRahmen der Informationsveranstaltung „Aktuelle Anforderungen an die digitale Netzdokumentation DVGWArbeitsblatt GW 120“ werden die neuen Rahmenbedingungen und Anforderungen anhand von Beispielen aus der Praxis erläutert. Zudem stehen technische Lösungen zur Umsetzung des DVGW-Arbeitsblattes GW 120 in die Praxis auf der Agenda der Veranstaltung. www.dvgw-kongress.de/ digitale-netzdokumentation 23. März 2023, online Die neue Trinkwasserverordnung Im Frühjahr 2023 wird die revidierte EU-Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht umgesetzt. Neben einer Neustrukturierung enthält sie nicht nur eine Erweiterung um die Themen Risikomanagement und Kompetenzen der Gesundheitsämter, sondern auch neue Qualitätsparameter und Informationspflichten s. Erfahren Sie bei der Auftaktveranstaltung alles Wichtige rund um die Neuerungen und tauschen Sie sich mit den Expertinnen und Experten aus. Weitere DVGW-Veranstaltungen zu dem Thema werden folgen. www.dvgw-kongress.de/trinkwasserverordnung Quelle: Weltenergierat – Deutschland e. V. 6 energie | wasser-praxis 01/2023 N A C H R I C H T E N

aber auch Auswirkungen auf die Energiesysteme vieler anderer Staaten. Die Bemühungen Europas, russisches Gas zu ersetzen, trieben die Preise für fossile Brennstoffe auf dem internationalenMärkten regelmäßig auf neue Rekordhöhen. Wie der Trilemma-Index deutlich macht, sind die Staaten, je nach Potenzial an natürlichen Ressourcen, geografischen Gegebenheiten und sozioökonomischen Systemen, davon jedoch sehr unterschiedlich betroffen. Die EU-Länder mit dem größten Energieversorgungsrisiko sind Deutschland, Ungarn und Tschechien. Deutschland findet sich zwar, primär aufgrund der guten Ergebnisse in den anderen Dimensionen, nach wie vor unter den Top 10 der globalen Trilemma-Bestenliste. Die Energieversorgungssicherheit schneidet von allen Dimensionen allerdings am schlechtesten ab. Das erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass die Bundesrepublik 2021 der europaweit größte Verbraucher von Erdgas war, das vor allem über Pipelines aus Russland kam. Ungarn importierte sein Gas ebenfalls fast vollständig aus Russland. Auch Tschechien und Finnland bezogen einen Großteil ihres Bedarfs aus russischen Erdgasquellen. Der geringere Erdgasanteil amEnergiemix beider Länder bewirkte jedoch ein geringeres Versorgungsrisiko. Ihre Energiesicherheit verbessern konnten dagegen z. B. Luxemburg – durch eine Diversifizierung der Rohstofflieferanten und der heimischen Energieerzeugung – und Estland, das seine starke Abhängigkeit von Schieferöl graduell reduziert und seine Energieimporte diversifiziert hat. Außerdem fördert Estland den Erneuerbaren-Ausbau und treibt Verbundnetze mit seinen Nachbarländern voran. Beim Blick auf die globale Trilemma-Rangliste 2022 wird deutlich, dass die ersten zehn Plätze erneut von europäischen und OECD-Ländern dominiert werden. Die drei Spitzenreiter sind dabei Schweden, Dänemark und die Schweiz, die in allen drei Dimensionen sehr gut abschnitten. Sie verfolgen allgemein eine Energiepolitik, die auf eine Diversität der Energiequellen setzt und den Einsatz CO2armer Technologien fördert. Auf den weiteren Plätzen folgen das Vereinigte Königreich, Kanada, Österreich, Frankreich, Norwegen, Deutschland, Neuseeland, Slowenien, Estland und die USA. Die aktuelle Energiepreiskrise zeigt besonders deutlich, warum alle drei Dimensionen des Trilemmas stets gemeinsam betrachtet werden sollten. Nur ein ausgeglichener Politikansatz, der Energiesicherheit, Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit parallel verfolgt, ermöglicht Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit bei gleichzeitigem Umweltschutz. Während Deutschland gegenwärtig einen Winter mit erhöhter Unsicherheit hinsichtlich der Energieversorgung erlebt, bei dem die Versorgungssicherheit zu erschwinglichen Preisen im Fokus steht, bleibt deshalb zu hoffen, dass mit Blick auf ein Gleichgewicht der Dimensionen auch die anderen notwendigen Schritte nicht vernachlässigt werden. Dazu zählen der weitere Erneuerbaren-Ausbau, der Aufbau der benötigten Infrastruktur für die Energiewende, die Treibhausgasreduktion und die Etablierung diverser und langfristiger Energiepartnerschaften, die zunehmend erneuerbare Energien und entsprechende Technologien umfassen. P EU-Projekt SafeCREW unter Leitung des DVGW gestartet F Unter der Leitung der DVGWForschungsstelle an der TU Hamburg ist das europäische Verbundprojekt SafeCREW imDezember 2022 gestartet. In den kommenden dreieinhalb Jahren entwickeln insgesamt elf internationale Projektpartner neue Methoden der Überwachung, Qualitätsprüfung, Behandlung und Verteilung des Trinkwassers. Weiterhin sollen Leitfäden zum Trinkwassermanagement und zur integrierten Risikobewertung fürWasserversorger und Behörden entstehen. Wasserversorger erhalten Unterstützung für ein integriertes Risikomanagement, und Regelungsbehörden können auf Basis der generierten Daten die Zulassung sicherer Materialien in den Verteilnetzen umsetzen. Nicht zuletzt wird durch die Forschungsarbeit die Fortentwicklung und Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie sichergestellt. Das SafeCREW-Konsortium wird anhand dreier Fallstudien in Norddeutschland, Italien und Spanien die Charakterisierung derWasserqualität vorantreiben und neue Wasserbehandlungsmethoden sowie ein besseresManagement derWasserverteilnetze entwickeln, damit die hohe Trinkwasserqualität in der EU gesichert bleibt. Dies schließt alle Prozesse von der Quelle über die Aufbereitung bis ins Verteilungsnetz ein. Ein Fokus wird auf der Erforschung bisher unbekannter und der weiteren Charakterisierung bereits bekannter Nebenprodukte der Desinfektion und deren Entstehung liegen. Das SafeCREW-Konsortium besteht aus Forschungsinstituten, europäischen Wasserversorgern, klein- undmittelständischen Unternehmen und dem Umweltbundesamt und wird durch die Europäische Union gefördert. P 7 energie | wasser-praxis 01/2023

Jörg Höhler ist neuer Präsident des DVGW F Jörg Höhler (56) ist neuer DVGWPräsident. Der bisherige DVGW-Vizepräsident löst Michael Riechel (61) ab, der nicht mehr zur Wahl antrat. Im Rahmen einer außerordentlichen Sitzung des DVGW-Bundespräsidiums Ende November 2022 wurde der Staffelstab somit frühzeitig übergeben. Zu Höhlers Nachfolger als DVGW-Vizepräsident wurde Markus Last (53) neu in das Gremium gewählt. Weiterhin gehören dem kleinen Präsidium Dr. Thomas Hüwener (51) als Vizepräsident Gas und Christoph Jeromin (56) als Vizepräsident Wasser an. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe an der Spitze des DVGWund danke für das mir entgegengebrachte Vertrauen. Der DVGWist in den vergangenen Jahren zu einemKey-Player derWasserstoff-Transformation geworden. Gemeinsamhaben wir auch die klimaresiliente Ausrichtung derWasserversorgungmitgestaltet.Weitere verantwortungsvolle Aufgaben liegen vor uns“, sagte Höhler nach seiner Wahl. Der studierte Ingenieur ist in der Branche gut vernetzt und will in seinem neuen Amt die Kommunikation des Verbandesweiter stärken: „Gerade in diesen schwierigen Zeiten sindVerständnis und Verständigung untereinander besonders wichtig. Wir sind stark, wenn wir uns zumSchulterschluss bekennen. Als Präsident werde ich alle Kräfte im Vereinsnetzwerkmobilisieren, damit derDVGW weitere Meilensteine auf dem Weg der Branche in eine zukunftsfeste Energie- und Wasserversorgung erreicht.“ Jörg Höhler ist seit 2009 Vorstandsmitglied der ESWE Versorgungs AGund seit 2017 zugleich Vorstandsmitglied der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG. Dem Präsidium des DVGW gehört er bereits seit dem Jahr 2015 an. Sein Amtsvorgänger Michael Riechel (61) ist Vorstandsvorsitzender der Thüga Aktiengesellschaft und stand seit 2017 an der Spitze des Vereins. „Michael Riechel hat im DVGW und in der deutschen Erdgaswirtschaft viel bewegt“, sagt Jörg Höhler über seinen Vorgänger als DVGW-Präsident. „Seine fachliche Expertise, zusammen mit seinem Blick auf gravierende Veränderungen und Transformationsprozesse unserer Branche in den vergangenen Jahren, sind für unseren Verein ein Gewinn, der gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Dies wird bleiben und unseren Mitgliedern sowie unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein wertvoller Fundus sein. Ich wünsche Michael Riechel im Namen des Präsidiums und Vorstands des DVGW alles Gute für die Zukunft bei weiterhin bester Gesundheit.“ P Quelle: DVGW Neue H2-Publikationsreihe präsentiert aktuellen Stand aus Forschung und Regelwerk „Zeit für einen Stroffwech2el“ – unter diesem Titel startet eine Reihe von DVGW-­ Publikationen, die geballtes Wissen rund um Wasserstoff in kompakter Form enthalten. Seit über zehn Jahren bereits engagiert sich der DVGW in diesem Bereich und seine Forschungsinstitute beschäftigen sich in zahlreichen Projekten mit der Frage, wie und wo Wasserstoff erzeugt, transportiert, verteilt und genutzt werden kann. Auch das Technische Regelwerk wird bereits an die zukünftigen Anforderungen angepasst. Grund genug also, die bisherigen Erkenntnisse aus Forschung und Regelsetzung in übersichtlicher und kompakter Form zu veranschaulichen. Die erste Ausgabe mit dem Titel „Klimafreundliche Gase. Mehr als genug Potenzial“ stellt in Kürze die wesentlichen Ergebnisse der Studie „Verfügbarkeit und Kostenvergleich von Wasserstoff – Merit Order für klimafreundliche Gase in 2030 und 2045“ vor. Die im Auftrag des DVGW von Frontier Economics durchgeführte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Wasserstoff entgegen vieler Annahmen bereits ab dem Jahr 2030 in ausreichender Menge zur Verfügung gestellt werden kann. Den Autoren der Studie zufolge sind die entsprechenden politischen Rahmenbedingungen entscheidend. In drei unterschiedlichen Szenarien wurde berechnet, welche Faktoren die Verfügbarkeit von Wasserstoff beeinflussen und wie sich Angebot und Nachfrage verhalten. Ein besonderes Augenmerk lag hierbei auf den Erzeugungskosten der verschiedenen Herstellungsverfahren, da diese eine entscheidende Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit und den Hochlauf von Wasserstoff spielen werden. Weitere Publikationen der Reihe sind schon in Vorbereitung – u. a. zum „Carbon-Footprint“ der unterschiedlichen Wasserstoffarten, zur H2-Transformation des Gasnetzes und zum Potenzial von Wasserstoff im Wärmemarkt. Die Publikation und weitere Veröffentlichungen zu Wasserstoff finden Sie unter www-h2-dvgw.de. Die Broschüre erhalten Sie auch in Printform über den Shop der wvgw unter shop.wvgw.de/312137. 8 energie | wasser-praxis 01/2023 N A C H R I C H T E N

35. Oldenburger Rohrleitungsforum am 30. und 31. März 2023 Was lange währt, wird endlich gut – das werden nicht nur die Veranstalter bei der Planung der 35. Auflage des traditionsreichen Oldenburger Rohrleitungsforums gedacht haben, sondern auch Aussteller und Freunde des etablierten Branchentreffs. Die Macher – allen voran Prof. Thomas Wegener, Vorstandsmitglied des Instituts für Rohrleitungsbau an der FachhochschuleOldenburg e. V. undGeschäftsführer der iro GmbH Oldenburg – freuen sich darauf, dass das Forum nach zwei coronabedingten Absagen 2023 wieder an den Start gehen kann. „Rohrleitungen und Kabel – Kritische Infrastruktur und Versorgungssicherheit“ lautet das Motto der kommenden Veranstaltung, die am 30. und 31. März 2023 erstmals in denWeserEms-Hallen Oldenburg stattfinden wird. Hinzu kommt: Aufgrund der vielen eingereichten Themenvorschläge wurde ein sechster Vortragsstrang konzipiert und das Angebot damit um rund 15 Prozent erweitert. Aus Sicht der iro-Veranstalter ist dies ein folgerichtiger Schritt, der das zweitägige intensive Netzwerkenmit zahlreichen Impulsen weiter anreichert. Erfreulich ist aber auch die Ankündigung, dass tradierte Programmpunkte wie die Diskussion im Café oder der allseits beliebte „Ollnburger Gröönkohlabend“ weiterhin erhalten bleiben. Umzug mit Vorteilen Dass das Forum von der Jade Hochschule an der Ofener Straße in die Weser-Ems-Hallen verlegt werden musste, sieht Thomas Wegener mit einem lachenden und einemweinenden Auge. Seiner Meinung nach birgt der neue Veranstaltungsort eine Fülle von Vorteilen, insbesondere im logistischen und sicherheitstechnischen Bereich. Mehr Fläche, höhere Räume und eine optimierte Luftqualität, dazu großzügige Freiflächen vor denHallen mit ausreichendemPlatz für die dringend benötigten Parkplätze und für die Exponate der Aussteller werden auch den seit Jahren vorhandenen Wünschen von Dauerkunden nach großzügigeren Standflächen gerecht. Die Nachfrage ist nach Auskunft von Wegener jedenfalls gestiegen – erstmals können Anfragen vonUnternehmen auf derWarteliste berücksichtigt werden und die Zahl der Aussteller ist von 370 auf nunmehr 440 gestiegen. Inhaltlich knüpft das Forum an die vorausgegangenen Veranstaltungen an. „Thematisiert werden soll der Umgang der Menschen mit den natürlichen Ressourcen, mit dem Klimawandel, mit dem Wassermangel, aber auch mit der Energiegewinnung und -verteilung“, sagt Thomas Wegener. „Aktuelle Entwicklungen wie der Fachkräftemangel, die Auswirkungen des Ukraine-Krieges und ein kritischer Blick auf die Versorgungssicherheit stehen ebenso im Fokus wie die Darstellung neuer Lieferketten, die Verknüpfung von Gas und Strom sowie der Kabelleitungsbau. Quasi programmübergreifend stellt die Digitalisierung dabei den roten Faden dar.“ P Aller guten Dinge sind drei! Quelle: Weser-Ems Halle Oldenburg GmbH & Co. KG 9 energie | wasser-praxis 01/2023

Spitzenverbände erarbeiten gemeinsam konkrete Handlungsempfehlungen Roadmap 2030 – DVGW und DWA betreiben Vorsorge für zukunftsfähige Wasserwirtschaft F DerDVGWund die DeutscheVereinigung fürWasserwirtschaft,AbwasserundAbfall (DWA) wollen gemeinsamkonkrete Handlungsempfehlungen für eine zukunftsfähige Wasserwirtschaft erarbeiten. Sie unterzeichneten dazu am 7. Dezember 2022 einen Vertrag zur Entwicklung einer Roadmap 2030, deren Kernelemente konkrete Maßnahmen- und Forderungskataloge sowie ein Fortschrittsmonitoring sein werden. Der Branche sollen praxisorientierte Handlungsempfehlungen für alle Bereiche der Wasserwirtschaft – Trinkwasserversorgung, Siedlungswasserwirtschaft, Hochwasservorsorge und Gewässerschutz – zur Verfügung gestellt werden. Nach Angaben der Verbände reiche das Spektrum der Roadmap 2030 von einer hohen Resilienz gegenüber dem Klimawandel, einem vorausschauenden Wassermanagement zur Vermeidung von Nutzungskonflikten bis hin zur Anpassung an den demografischenWandel. Die konsequente Anwendung des Verursacherprinzips, die Nutzung aller digitalen Möglichkeiten und eine gezielte Forschung und Entwicklung seien zentrale Kriterien der Roadmap 2030. Erster Meilenstein auf dem Weg zur Roadmap sei die „Vision 2100“, das Leitbild einer wasserbewussten Gesellschaft für das Jahr 2100, die DVGW und DWA Anfang dieses Jahres vorstellen wollen. P Handlungs- und Rechtsicherheit für kleine Wasserversorger DVGW und Gemeindetag Baden-Württemberg verbessern den Zugang zum Regelwerk F In Baden-Württemberg gibt es derzeit insgesamt 1.325 Wasserversorgungsunternehmen (WVU). Knapp 950 dieser Unternehmen versorgen eine Gemeinde mit maximal 8.000 Einwohnern. Vor allem für diese kleinerenWVU ist die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unter Wahrung der dafür notwendigen Personalqualifikation eine immer größer werdende Herausforderung. Zur Unterstützung erleichtert nun eine Kooperation zwischen dem DVGWund demGemeindetag Baden-Württemberg den Zugang zum DVGW-Regelwerk. Die Kooperation ermöglicht allen Mitgliedsunternehmen des Gemeindetages eine deutlich einfachere und kostengünstigere DVGW-Mitgliedschaft. Einzige Voraussetzung: eine Wasserabgabe von maximal 300.000 m³ pro Jahr. Zu den Vorteilen einer DVGW-Mitgliedschaft zählen u. a.: • Teilhabe am wichtigsten praxisbezogenen Kompetenz-Netzwerk der deutschenWasserwirtschaft • Schulungen und TSM-Überprüfungen zum Mitgliederpreis • kostenloser Bezug der Fachzeitschrift „DVGW energie | wasser-praxis“ • Unterstützung bei der Personalsuche über das Berufsweltenportal www.berufswelten-energiewasser.de Zusätzlich ermöglicht die DVGW-Mitgliedschaft über den Gemeindetag den Kauf des OnlineModuls „Trinkwasserversorgung für kleineWasserversorger“ imUmfang von aktuell 39 technischen Regeln zum rabattierten Sonderpreis von 252,00 Euro/Jahr. Damit erhält das WVU eine Auswahl der wichtigsten Regeln aus demDVGWRegelwerk Wasser, die für den Betrieb von kleinen Wasserversorgungen unverzichtbar sind. P Weitere Informationen zu dem zeitlich begrenzten Angebot, das entsprechende Bestellformular und den Antrag auf Mitgliedschaft finden Sie auf der Webseite der DVGW-Landesgruppe Baden-Württemberg unter www.dvgw.de/derdvgw/landesgruppen/landesgruppe-badenwuerttemberg. INFORMATIONEN 10 energie | wasser-praxis 01/2023 N A C H R I C H T E N

Kick-off zum neuen TikTok-Kanal des rbv YouTuber tomatolix dreht Pipelinebau-Video an der WAL FDerYouTubertomatolix hat imAuftrag des Rohrleitungsbauverbandes (rbv) die Arbeiten zum Bau der Wilhelmshavener Anbindungsleitung (WAL) imZuge der Fertigstellung des schwimmenden LNG-Terminals mit der Kamera einen Tag lang begleitet und vielfältige Impressionen eingefangen. Sein Fazit fällt positiv aus: „Es ist beeindruckend, wie viele Menschen und Maschinen beteiligt sind, um ein so großes Projekt umzusetzen.“ Das Video gehört zum Kick-off des neuen Leitungsbau-TikTok-Kanals, der im Frühjahr 2023 an den Start geht und mehr Sichtbarkeit für das Berufsbild des Rohrleitungsbauers schaffen soll. Der rund 12Minuten lange Clip ist im Internet unter www.pipeline31.de abrufbar und soll u. a. verdeutlichen, dass die Branche hochinteressante berufliche Perspektiven bietet. „Für das tomatolix-Video haben wir uns bewusst für einen Dreh an der WAL entschieden, weil kaum ein anderes Projekt des Leitungsbaus derzeit ein so hohes Maß an Aufmerksamkeit genießt wie dieses“, erläutert rbv-Hauptgeschäftsführer Dieter Hesselmann. „Hier sind einige unserer Mitgliedsunternehmen mit Hochdruck amBau der Anbindungsleitungen für die imNorden Deutschlands neu zu errichtenden LNG-Terminals beteiligt. DieWAL macht Deutschland unabhängiger. Sie wird wasserstofftauglich sein und ist daher auch für die Energiewende entscheidend“, so Hesselmann weiter. Aus Sicht des rbv macht der Dreh am Prestige-Projekt den Leitungsbau auf einzigartige Weise sichtbar. Unter dem Damoklesschwert Fachkräftemangel sei es unabdingbar, zukünftigen Fachkräften zu zeigen, wie wichtig die Tätigkeiten der im Leitungsbau arbeitenden Menschen sind, um sie für eine Berufslaufbahn in dieser Branche zu gewinnen. „Junge Menschen blicken heute bei ihrer Berufswahl auch gerne auf die Sinnhaftigkeit ihres beruflichen Handelns“, betont auch rbv-Präsident Dr. Ralph Donath. „Damit sind sie imLeitungsbau genau richtig, denn all das, was unsere Branche tut, bietet den Menschen hierzulande einen hohen Nutzen.“ Auf kaum eine andere Branche sei das Brennglas der Zukunft derzeit so stark gerichtet wie auf den Leitungsbau. „Zudem bietet der Leitungsbau gut bezahlte, krisensichere und abwechslungsreiche Jobs!“ Leitungsbau goes TikTok Auf dem neuen TikTok-Kanal des rbv wird in Zukunft ein junger Markenbotschafter des Leitungsbaus unterwegs sein und in verschiedenen Videos zeigen, dass die Arbeit im Leitungsbau nicht nur spannend und wichtig ist, sondern auch lohnend und krisensicher. „Unser neuer rbv-TikTok-Kanal ist die Weiterführung unserer Initiative #pipeline31 und der nächste folgerichtige Schritt unserer Social-Media-Aktivitäten“, erläutert Geschäftsführer Hesselmann. P Quelle: rbv Quelle: rbv 11 energie | wasser-praxis 01/2023

Studie des Nationalen Wasserstoffrats sieht Wasserstoff als Teil einer erfolgreichen Wärmewende „Eine ,One-Size-Fits-All-Lösung‘ existiert für den Wärmemarkt nicht“ FEine aktuelle Fraunhofer-Studie imAuftrag des Nationalen Wasserstoffrates (NWR), dem obersten Beratergremium der Bundesregierung im Bereich Wasserstoff, kommt zum Ergebnis, dass alle klimaneutralen Energieträger, darunter auchWasserstoff, imWärmemarkt benötigt werden, um eine klimaneutrale Energieversorgung bis 2045 zu erreichen. Der NWR hatte imHerbst 2021 zwei Institute der Fraunhofer-Gesellschaft mit der Analyse und Bewertung unterschiedlicher Dekarbonisierungspfade für den Wärmemarkt beauftragt. Im Rahmen der Ergebnispräsentation der Bottom-up-Studie Ende November 2022 betonte Katharina Reiche, Vorsitzende des NRW, dass die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung „zu den größten Herausforderungen auf dem Weg zur Klimaneutralität gehört.“ Es gelte, effiziente und nachhaltige Lösungen zu schaffen, die gleichzeitig auch sozial fair sind. Reiche erklärte: „Die Wärmewende findet lokal statt. Jede Kommune, jede Gemeinde, jeder Stadtteil ist anders. Für die Beurteilung unterschiedlicher Lösungsansätze braucht es daher eine belastbare Datengrundlage.“ Die Studie stellte sich der Aufgabe, auf Basis lokaler Gegebenheiten an den vier Fallbeispielen Burg bei Magdeburg (Sachsen-Anhalt), Fellbach (Baden-Württemberg), Mainz (RheinlandPfalz) und Westerstede (Niedersachsen) Pfadoptionen für eine effiziente Dekarbonisierung des Wärmesektors zu zeigen. Insbesondere die Rolle des Wasserstoffs in einer klimaneutralen Wärmeversorgung bis 2045 sollte hierzu untersucht werden. „Eine ‚One-Size-Fits-All-Lösung‘ existiert für den Wärmemarkt nicht. Transformationspfademüssen alle wesentlichen Technologien als mögliche Lösungsoption beinhalten, um für die lokal sehr unterschiedlich ausgeprägten Versorgungsaufgaben unter Einbeziehung aller Gesichtspunkte zu bestmöglichen Lösungen zu gelangen“, sagte Sebastian Herkel, Leiter der Abteilung Energieeffiziente Gebäude bei Fraunhofer ISE. Dies müsse mit verpflichtenden kommunalenWärmeplanungen angegangen werden. Nach Aussage der Forschenden ist der Weg bis 2030 zunächst in allen Szenarien sehr ähnlich: Er ist auf der einen Seite durch einen starken Hochlauf der Fotovoltaik- und Wärmepumpenleistungen geprägt, auf der anderen Seite durch den Beginn des Wasserstoffhochlaufs für die industrielle Anwendung und die zentraleWärmeerzeugung. Dies unterstrich auch Dr. Jörg Bergmann, Leiter der Arbeitsgruppe „Infrastruktur undWärme“: „Mit Wasserstoff wird die Energiewende sicherer und bezahlbarer.“ Es sei wichtig, nun sehr schnell große Mengen an günstigem Wasserstoff verfügbar zu machen; nicht nur für die Großindustrie, sondern auch für die an das Verteilnetz angeschlossenen Industrie- und Gewerbebetriebe sowie die (Fern-)Wärmeversorgung. „Dafür benötigen wir umgehend eine leistungsfähigeWasserstoffinfrastruktur inDeutschland“, forderte Bergmann. Die Bottom-up-Studie verdeutlicht zudem die Komplexität des Wärmemarktes bei lokaler Betrachtung und betont die Notwendigkeit von Vor-Ort-Analysen. Die Dekarbonisierungspfade der untersuchten Versorgungsgebiete variieren abhängig von den lokalen Gegebenheiten. Nach Ansicht der Studienautoren kann die kommunale Wärmeplanung als zentrales Instrument diese Erkenntnis würdigen und damit relevante Einflussfaktoren für denWärmemarkt adressieren. Bei der Erstellung von kommunalenWärmeplänen sollten den Forschenden zufolge einheitliche Rahmenbedingungen zu technischen und ökonomischen Randbedingungen als Vorgaben fixiert und regelmäßig aktualisiert werden. Beim DVGW sieht man sich durch die Ergebnisse der Studie bestätigt: „Der Einsatz von Wasserstoff in der kommunalenWärmeplanung INFORMATIONS-PLUS Kurz- und Langfassung der „Bottom- up-Studie zu Pfadoptionen einer effizienten und sozialverträglichen Dekarbonisierung des Wärmesektors“ können online unter www.wasserstoffrat.de heruntergeladen werden. Quelle: ri/pixabay.com 12 energie | wasser-praxis 01/2023 N A C H R I C H T E N

ist ein notwendiger Hebel für die Klimaneutralität Deutschlands“, erklärte Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW. „Vor Ort werden wir künftig einen Mix aus strom- und gasgeführter Wärmeversorgung sehen. Dafür brauchen wir grüne Moleküle – einerseits, um das Stromnetz zu entlasten und andererseits, um erneuerbare Energien in großenMengen durchs Land zu transportieren und über längere Zeiträume zu speichern.“ Das heutige Erdgasnetz sei größtenteils wasserstofftauglich, so Linke. „Mit Investitionen in Höhe von rund 50 Mrd. Euro können wir seine komplette H2-Readiness erreichen.“ Auch Florian Feller, Vorsitzender der Initiative H2vorOrt, sieht in den Resultaten die Bestätigung dessen, was sich bereits im Ergebnisbericht 2022 des Gasnetzgebietstransformationsplans (GTP) gezeigt habe: „Die Energiewende muss zur Situation vor Ort passen und dafür sorgen, dass neben Klimaneutralität auch weiterhin ein hohesMaß an Versorgungssicherheit gewährleistet ist.“ P Importprojekt ermöglicht H₂-Import aus Schweden ab 2026 FDas Projekt Northern Green Crane wird eines der ersten großskaligen Vorhaben sein, mit dem ab dem Jahr 2026 grüner Wasserstoff in industriellem Maßstab aus Schweden in die Niederlande und nach Deutschland importiert werden kann. Das Vorhaben soll dabei die LOHC-Technologie (LiquidOrganic Hydrogen Carrier) nutzen und wird sowohl die Energiesicherheit in Europa erhöhen als auch zu den ambitionierten Plänen der Europäischen Kommission beitragen. Durch die Nutzung der bestehenden Flüssigkraftstoff-Infrastruktur kann Northern Green Crane bis zu 8.000 t grünen Wasserstoff pro Jahr liefern. Es legt den Grundstein für künftige groß angelegte Importe mittels LOHC aus Schweden und anderen Ländern, die Zugang zu kostengünstigen Quellen für grünenWasserstoff bieten. So schafft Northern Green Crane die Voraussetzungen für eine Dekarbonisierung von Industrie und Mobilität. Mit der Produktion von grünemWasserstoff in Schweden erschließt das Projekt neue Quellen für grünen Wasserstoff und stärkt die Abnahmestandorte in Deutschland und den Niederlanden. Schweden zeichnet sich durch sein großes Potenzial an erneuerbaren Energien, insbesondere aus Wasser- undWindkraft, aus und erfüllt so alle regulatorischen Voraussetzungen für grünen Wasserstoff. Darüber hinaus kann Northern Green Crane die lokale Wärmeversorgung dekarbonisieren, indem die überschüssige Wärme der LOHC-Hydrieranlage in ein Wärmenetz eingespeist wird. Realisiert wird das Projekt in Schweden durch die Speicherung von grünemWasserstoff in einem sogenannten Liquid Organic Hydrogen Carrier (Trägermaterial: Benzyltoluol) mit einer Hydrieranlage. Diese verfügt über eine Einspeicherkapazität von 24 t Wasserstoff pro Tag. Mit rund 40 Schiffsladungen im Jahr wird das mit Wasserstoff beladene LOHC von Schweden in die Niederlande transportiert. In Rotterdamwird die Hälfte des Wasserstoffs dann in einer neuen Dehydrierungsanlage mit einer Kapazität von 12 t Wasserstoff pro Tag freigesetzt, um die Industrie im Hafen und im Hinterland zu versorgen. Die andere Hälfte des LOHC soll per Binnenschiff über die Ems nach Lingen transportiert werden. Dort wird der Wasserstoff in einer weiteren geplanten Dehydrierungsanlage aus dem LOHC freigesetzt, von der örtlichen Industrie genutzt sowie in eine Wasserstoffpipeline im Rahmen der GET H2-Initiative eingespeist. Das Projekt schafft damit ein einzigartiges Wasserstoffnetz, das Erzeuger kostengünstigen grünenWasserstoffs mit industriellen Abnehmern in ganz Europa verbindet, darüber hinaus die Importaktivitäten beschleunigt sowie die ambitionierten europäischen Dekarbonisierungsziele unterstützt. P Fakten- und Routengrafik zum Projekt Northern Green Crane Quelle: Hydrogenious LOHC Technologies 13 energie | wasser-praxis 01/2023

Die gezeigte Rohrgehäusepumpe lieferte die Daten, anhand derer die Praktikabilität der Methode überprüft wurde. Quelle: RheinEnergie AG T E C H N I K 14 energie | wasser-praxis 01/2023

Imersten Teil des Fachaufsatzes wurden die Grundlagen der Methode vorgestellt und in einem Praxisbeispiel angewendet. Teil 2 beschreibt nun ein zweites Beispiel und erweitert somit die Möglichkeiten der Objektivierung von präventiven und korrektiven Instandhaltungsentscheidungen. Abgeschlossen wird der Aufsatz durch eine Diskussion der Ergebnisse. Verifizierung der Ergebnisse an Beispiel 2 und Diskussion der Ergebnisse Begriffe wie „Instandhaltung 4.0“, „vorausschauende Instandhaltung“ und „datenbasierte Entscheidungsfindung“ prägen die heutige Arbeitswelt und stellen Wasserversorger vor neue Herausforderungen. Parallel dazu wachsen auch die Anforderungen an die Instandhaltung stetig: Betriebsleiter stehen in der Pflicht, eine effiziente Anlagenbewirtschaftung durchzuführen und Instandhaltungsentscheidungen sowie Erneuerungsmaßnahmen fundiert zu begründen. Um hohe Maschinenzuverlässigkeiten mit einem vertretbaren Investitionsaufwand zu gewährleisten, muss die Instandhaltung in der Wasserproduktion optimiert werden. Die genaue Kenntnis über den aktuellen Zustand, die Verfügbarkeit sowie die Zuverlässigkeit einer Produktionsanlage ist dazu wesentliche Voraussetzung. Daraus ergibt sich die Forderung, den Zustand von Anlagen – bezogen auf den Abnutzungsvorrat einzelner Komponenten – zu erfassen und möglichst genau über die Nutzungsdauer zu dokumentieren, um auf Basis dieser Daten eine objektivierte Instandhaltungsentscheidung treffen zu können. Der erste Teil dieses Fachbeitrags beschreibt die Grundlagen zur Objektivierung von datenbasierten Instandhaltungsentscheidungen. Der entwickelte „Plan-Do-Check-Act“-Zyklus (PDCAZyklus) beschreibt die Vorgehensweise zur Erfassung entscheidungsrelevanter Instandhaltungsdaten. Zur Objektivierung von Zustandsinformationen werden regressionsbasierte Prognosemodelle mittels Microsoft Excel vorgestellt und ganzheitlich erläutert. Die Leserinnen und Leser haben dadurch die Möglichkeit, anhand eigener Anforderungen Instandhaltungsentscheidungen datenbasiert zu treffen. Das Praxisbeispiel verifiziert den Lösungsvorschlag anhand einesWälzlagers in einer Druckerhöhungspumpe imWasserwerk Köln-Weiler und objektiviert den Wälzlagerzustand anhand aufgezeichneter Temperaturwerte über die Betriebszeit. Bei gleichbleibenden Betriebsverhältnissen lassen sich unter Berücksichtigung einer definierten Signal- und Verschleißgrenze in Monaten errechnete Instandhaltungstermine definieren. Zu Beispiel 2: Wälzlagerzustand über Werte der Schwingungsmessung Für ein weiteres Beispiel zur Zustandsobjektivierung mittels Regressionsanalyse werden Messergebnisse des Hüllkurvenspektrums der Offline-Schwingungsmessung zumWälzlager der gleichen Maschine berücksichtigt. Mittels Schwingungsdiagnostik lassen sich Rückschlüsse auf den Zustand von rotierenden Maschinen und Bauteilen ziehen. Bei der Zustandsbestimmung vonWälzlagern können so z. B. Schäden anWälzlagerkomponenten auf Basis Instandhaltungsentscheidungen werden aktuell meist situativ oder auf Basis von Erfahrungswerten des Instandhaltungsmanagements getätigt. Eine konkrete Entscheidungsgrundlage hingegen steht nur in seltenen Fällen zur Verfügung. Im Wasserwerk Köln-Weiler wurde vor diesem Hintergrund eine Methode entwickelt, welche die Instandhaltung der dortigen Wasserproduktion zukunftsorientiert verändert. Durch die Fokussierung auf eine zustandsorientierte Instandhaltung lassen sich Instandhaltungsentscheidungen auf Basis objektivierter Zustandsinformationen treffen. von: Werner Friedrichs (Rheinische Fachhochschule Köln), Erik Geiß & Jonas Becker (beide: RheinEnergie AG) Objektivierung von präventiven und korrektiven Instandhaltungsentscheidungen – Teil 2 Der erste Teil des Fachbeitrags ist in der Ausgabe 12/2022 dieser Fachzeitschrift erschienen. Die Nummerierung der Abbildungen und Tabellen schließt an diesen an. INFORMATIONEN F 15 energie | wasser-praxis 01/2023

definierter Überrollfrequenzen festgestellt werden; weiterhin dient die Methode zur Überprüfung derMaschinenaufstellung. Schiefstellungen, Lockerungen, Anstreifen von rotierenden Bauteilen sowie Unwuchten werden erkannt. Mithilfe einer Hüllkurvenanalyse lassen sich aus den gemessenen und aufbereiteten Frequenzen und deren Ausprägung z. B. Rückschlüsse auf die Art und Ausprägung der Schädigung vonWälzlagerkomponenten schließen. Als Bezugsbereich wird der bandpassgefilterte Summenwert des Hüllkurvenspektrums zwischen 500 und 6.000 Hertz (Hz) – nachfolgend als HK3 bezeichnet – herangezogen. In diesem Bereich werden sowohl die auftretenden Impulse der Defektfrequenzen vonWälzlagerschäden als auch deren harmonische Signale erfasst. Der gewählte Frequenzbereich berücksichtigt damit alle relevanten Schädigungsinformationen des Wälzlagers. Die Messwertaufnahme wurde mit dem SKF Microlog Analyzer GX durchgeführt. Die Werte des Hüllkurvenspektrums und deren Summenwerte wurden durch die zugehörige Auswertesoftware @ptitude Analyst berechnet. Die Aufnahme der Messwerte beginnt nach der Revision der Maschine mit einem neuen Wälzlager. Es wurde ein Messintervall von drei bis vier Messungen pro Jahr mit einem Offline-Beschleunigungsmessaufnehmer eingehalten. Hierbei wurde alle 770 Betriebsstunden ein Messwert aufgezeichnet. In der Tabelle 4 sind die Messzeitpunkte sowie die Summenwerte der Hüllkurve (HK3) zu den jeweiligen Betriebsstunden eingetragen. Im Laufe der Betriebszeit des Wälzlagers wurden insgesamt zwölfMesswerte erfasst. Abbildung der Messwerte im Streudiagramm Die Abbildung 6 zeigt die Summenwerte des Hüllkurvenspektrums, aufgetragen über die jeweiligen Betriebsstunden zum Zeitpunkt der Messwertaufnahme, in einem Streudiagramm. Für die Bestimmung desWälzlagerzustandes auf Basis von Summenwerten des Hüllkurvenspektrums konnten weder aus der Literatur noch durch Herstellerangaben Grenzwerte ermittelt werden. Die NormDIN ISO10816-7 enthält eine Klassifikationstabelle, die dazu dient, den Zustand z. B. von Kreiselpumpen – in Abhängigkeit von der Leistung der Maschine und der gemessenen Amplitudenstärke der Schwinggeschwindigkeit – zu beurteilen [4]. Es reichen bereits kleinste Unwuchten oder das Anstreifen von rotierenden Komponenten zum Erreichen oder sogar Überschreiten der in der Tabelle aufgeführten Grenzwerte. Aus diesem Grund wurde Nummer Messdaten – allgemeine Messinformationen Messwert [–] Bemerkungen Messzeitpunkt Betriebsstunden HK3 Datum Uhrzeit [h] Summe [h] gE 1 neues Wälzlager 22.02.2017 14:10 241 241 1,01 2 03.04.2017 13:39 663 904 1,12 3 21.06.2017 11:07 772 1.676 1,05 4 10.07.2017 15:07 93 1.769 1,14 5 23.08.2017 10:46 145 1.914 1,15 6 08.03.2018 10:41 1.773 3.687 1,27 7 17.05.2018 09:34 804 4.491 1,53 8 27.08.2018 14:19 1.206 5.697 1,86 9 10.12.2018 10:03 1.310 7.007 1,89 10 24.04.2019 14:08 1.263 8.270 1,91 11 01.08.2019 11:58 776 9.046 2,55 12 25.09.2019 14:10 128 9.174 3,21 Wälzlagertausch 06.04.2020 09:19 833 10.007 0,78 Tabelle 4: Messwerte der Schwingungsmessung am Wälzlager der Druckpumpe Quelle: eigene Darstellung 16 energie | wasser-praxis 01/2023 T E C H N I K

nicht die Schwinggeschwindigkeit als Messgröße herangezogen, sondern der Summenwert des Hüllkurvenspektrums. Die Signalgrenze wurde bei einemWert von 3,5 und die Verschleißgrenze bei einemWert von 5,0 festgelegt und sind gelb bzw. rot im Diagramm eingezeichnet. Die verwendeten Werte sind frei definiert und müssen für jede Maschine individuell und iterativ ermittelt und regelmäßig angepasst werden. Gegenüber einer kontinuierlichen Datenaufzeichnung liefert die Offline-Schwingungsmessung nur situativeMesswerte zumZeitpunkt der Messung. Aus diesem Grund kann an dieser Stelle auf das Sortieren der Informationen verzichtet werden. Datenauswertung Ein direkter Vergleich der Abbildung 4 mit Abbildung 6 zeigt einen ähnlichen Verlauf der Abb. 6: Streudiagramm Messwerte Summenwert Hüllkurvenspektrum Tabelle 5: Regressionsgleichungen und Bestimmtheitsmaße der Summenwerte des Hüllkurvenspektrums über die Betriebsstunden Quelle: eigene Darstellung Abb. 7: Polynom Grad 5 Regression – Summenwert Hüllkurvenspektrum Wälzlager Regressionstyp Gleichungen Bestimmtheitsmaße [R²] lineare Regression y = mx + b 0,837 = 83,7 % exponentielle Regression y = a*e^(bx) 0,922 = 92,2 % polynome Regression (Grad 2) y = ax² + bx + c 0,890 = 89,0 % polynome Regression (Grad 3) y = ax³ + bx² + cx + d 0,903 = 90,3 % polynome Regression (Grad 4) y = ax⁴ + bx³ + cx² + dx + e 0,936 = 93,6 % polynome Regression (Grad 5) y = ax⁵ + bx⁴ + cx³ + dx² + ex + f 0,982 = 98,2 % Quelle: eigene Darstellung Quelle: eigene Darstellung F 17 energie | wasser-praxis 01/2023

Messwerte über die Betriebszeit. Auch hier wurden die Datensätze zur Ermittlung der zu erwartenden Restnutzungsdauer mittels Regressionsanalyse untersucht. In Tabelle 5 sind die ermittelten Bestimmtheitsmaße und die Gleichungen den Regressionstypen zugeordnet. Die polynome Regressionsgleichung vomGrad 5 (Abb. 5, Bestimmtheitsmaß (R2) bei 0,982) deckt relativ genau die gemessenen Werte ab. Ebenfalls in diesem Vergleich wurde auf Basis der über die Regressionsanalyse ermittelten Funktionsgleichungen eine Restnutzungsdauerprognose berechnet. Die berechneten Betriebsstundenwerte, an denen die Funktionsgleichungen die Signal- und Verschleißgrenzen erreichen, sind für das ausgewählte Polynom 5. Grades in Tabelle 6 dargestellt. Die Abhängigkeit ist hier komplexer. Für eine adäquate Prognose der Restnutzungsdauer auf Basis der Messwerte und der Summenwerte des Hüllkurvenspektrums muss ein Polynom5. Grades herangezogen werden. Mit dementsprechenden Gleichungsansatz lässt sich für die Maschine das Erreichen der Signalgrenze in ca. 180 Betriebsstunden und das Erreichen der Verschleißgrenze in ca. 591 Betriebsstunden definieren. Analog zur definierten Betriebszeitannahme von ca. 300 Betriebsstunden pro Monat wird die Signalgrenze bereits nach weniger als einem Monat und die Verschleißgrenze nach weniger als zwei Monaten erreicht werden. Diskussion der Ergebnisse und Ausblick Die zustandsbasierte Instandhaltungsmethode stellt eine geeignete Basis für die Bildung von Entscheidungsgrundlagen in der Instandhaltung der Wasserproduktion dar. Gleichwohl führt diese Methode nur unter richtiger Anwendung der verfügbaren Werkzeuge zum Ziel. Die richtige Kombination aus Datengewinnung, Datenaufbereitung und Weiterverarbeitung bildet hierbei den Schlüssel zum Erfolg. Die eingeführte Kombination aus Regressionsanalyse und Extrapolation der Funktionsgleichungen bietet weitere Perspektiven für die Instandhaltung. Mittels technischer Diagnoseverfahren werden zustandsbeschreibende Messdaten erhoben. Bei der Datengewinnung muss der Aufwand gegenüber deren Nutzen gestellt werden und der Gesamtzustand einer Betrachtungseinheit muss im Fokus stehen. Während die Schwingungsdiagnose konkrete Schadensinformationen zu Bauteilen darstellen kann, dient die Temperaturmessung als Gesamtindikator über eine Baugruppe. Für eine OnlineÜberwachung reicht die Temperaturmessung bereits aus, um objektivierte Instandhaltungsentscheidungen über die weitere Vorgehensweise treffen zu können. Für die Datenspeicherung kann eine geeignete, auf Basis der Anlagenstruktur entwickelte Datenbank in einem Instandhaltungs-Managementsystem genutzt werden. In der Datenbank werden die ermittelten Zustandsinformationen objektspezifisch abgelegt und stehen somit strukturiert für die Weiterverarbeitung zur Verfügung. Zur Objektivierung der Zustandsinformationen liegt die Aufgabe darin, funktionale Abhängigkeiten zu erkennen und schließlich durch probate mathematische Funktionen abzubilden. Sofern passende Abhängigkeiten zwischen der zustandsbeschreibenden Information und einer weiteren messbaren Information (wie z. B. BeRegressionstyp Signalgrenze [h] RND* [h] Verschleißgrenze [h] RND* [h] lineare Regression 14.238 5.064 22.106 12.932 exponentielle Regression 11.988 2.815 15.225 6.051 polynome Regression (Grad 2) 11.029 1.855 13.904 4.730 polynome Regression (Grad 3) 10.215 1.042 11.814 2.640 polynome Regression (Grad 4) 9.610 436 10.374 1.200 polynome Regression (Grad 5) 9.354 180 9.765 591 * RND = Restnutzungsdauer Tabelle 6: Restnutzungsdauer Wälzlagerzustand über Summenwertentwicklung des Hüllkurvenspektrums Quelle: eigene Darstellung 18 energie | wasser-praxis 01/2023 T E C H N I K

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