DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 1/2023

Bewertung von Klimaresilienz in der Trinkwasserversorgung Klima- und Wetterextreme werden in Zukunft zunehmen und die Rahmenbedingungen für die Errichtung und den Betrieb städtischer Infrastruktursysteme verändern. Offen ist bislang jedoch, wie gut Unternehmen auf derartige Ereignisse vorbereitet sind. Ein im Rahmen des BMBF-Verbundprojektes Flexitility entwickeltes Resilienzbewertungsmodell soll infrastrukturbetreibenden Unternehmen helfen, sich einen Überblick über die Resilienz ihres Versorgungssystems zu erarbeiten. Entlang von Kriterien und Antworten auf Fragen werden dabei robuste Strukturen, aber auch Schwachpunkte erkennbar. Dargelegt wird dies am Beispiel der Trinkwasserversorgung. von: David Hoffmann, Johan-Friedrich Kirchner & Jörg Walther (alle: Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg) Das Wetter verändert sich und wird zunehmend extremer. Für das Jahr 2021 beispielsweise geben der Deutsche Wetterdienst und der Extremwetterkongress Hamburg eine Zunahme von Hitzewellen imRahmen der Aktualisierung des Faktenpapiers zu Extremwetterereignissen an [1]. Und auch das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) prognostiziert in diesem Zusammenhang eine Zunahme von Trockenperioden und Starkregen in europäischen Sommern [2]. Im Forschungsprojekt „Flexible Utility – Mit sozio-technischer Flexibilisierung zu mehr Klimaresilienz und Effizienz in der städtischen Infrastruktur“ (kurz: Flexitility) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wurde vor diesem Hintergrund die Zielstellung formuliert, Flexibilität als Prinzip in der städtische Versorgungsinfrastruktur zu etablieren, umeinen besseren Umgang mit Risiken, verursacht durch den Klimawandel, aufzuzeigen. Dabei entwickelten die Forschungspartner Lösungsansätze und bewerteten deren Umsetzbarkeit und Erfolg. Letzteres macht eine Bewertungsmethode erforderlich, die es ermöglicht, den abstrakten Begriff der Klimaresilienz1 greif- und damit messbar zu machen und gleichzeitig den Beitrag von vorher erarbeiteten Flexibilitätsoptionen (FlexOpt) und -strategien (FlexStrat) zur Klimaresilienz zu überprüfen. Es bedarf einer Methode, die z. B. aufbauend auf dem betrieblichen Risikomanagement die „Verletzlichkeit“ des Versorgungssystems gegenüber nicht planmäßig berücksichtigten Versorgungssituationen zu erkennen hilft. Mit demWissen sollen (extrem-) wetterbedingte Versorgungseinschränkungen oder Systemausfälle der städtischen Infrastrukturversorgung herausgezögert oder nach Möglichkeit ganz vermieden werden. Die Untersuchung der Fähigkeiten hinter dem Begriff ermöglicht es, Rahmenbedingungen für die Bewertung abzustecken und aufzuzeigen. Wichtige Impulse liefern Feldmaier et al. [3], indem sie sechs Fähigkeiten (Lernen, Transformieren, Anpassen, Widerstehen, Antizipieren, Wiederherstellen) als Grundbausteine der urbanen Resilienz definieren. Darauf aufbauend erfolgte eine Operationalisierung dieser Begriffe. In demZusammenhang war zu klären, in wessen Verantwortungsbereich Maßnahmen zur Feststellung und Stärkung der Resilienz fallen. Das Bewertungsmodell ist imGrundkonzept für alle Infrastrukturen angelegt, die Durcharbeitung erfolgte anhand der hier vorgestellten Trinkwasserversorgung. Wer hat die Klimaresilienz der Trinkwasserversorgung in der Hand? Die Rahmenbedingungen für die kommunale Trinkwasserversorgung werden vereinfacht durch die drei Akteure Versorgungsunternehmen, Kommune/Governance und Verbraucherinnen/ Verbraucher und Eigentümerinnen/Eigentümer bestimmt (Abb. 1). Das Versorgungsunternehmen übernimmt die Trinkwasserversorgung als Teil der Daseinsvorsorge und agiert als Betreiber der Infrastruktur. 1 Der Begriff „(Klima-) Resilienz“ bezeichnet die Fähigkeit eines Systems, nach einer von außen agierenden Einwirkung in den Ursprungszustand zurückzukehren oder ihr widerstehen zu können. Bestenfalls lernt das System aus diesen Wirkungen und passt sich kurz- bis langfristig an die neuen Bedingungen an. 26 energie | wasser-praxis 01/2023 O R G A N I S AT I O N & M A N A G E M E N T

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