DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 1/2023

Unternehmen, die in gefestigten und wenig volatilen Märkten tätig sind, zeichnen sich oftmals durch stark gegliederte Organisationsstrukturen aus: Es gibt durchstrukturierte, fast an militärische Hierarchien erinnernde Organisationsformen mit eindeutigen Berichtswegen, Service-Level-Agreements zwischen einzelnen Bereichen und definierte Kompetenzfelder mit formalisierten Arbeitsprozessen. Diese Art der Unternehmensorganisation hat sicherlich den großen Vorteil der Eindeutigkeit, Klarheit und Nachvollziehbarkeit. Sie kann jedoch auch zu einer mangelnden Flexibilität und Agilität führen – insbesondere dann, wenn es zu Umbrüchen und Verwerfungen imehemals stabilen Marktumfeld oder zu technischen Revolutionen kommt. Umbrüche und Veränderungen Dieser Situation sieht sich aktuell auch die Ver- und Entsorgungswirtschaft ausgesetzt. Die Themen Digitalisierung, Klimawandel und Energiekrise stellen die Unternehmen der Branche vor Herausforderungen in bislang ungeahntemAusmaß. Gleiches gilt für die Entwicklungen, die mit dem demografischen Wandel einhergehen und die Unternehmen in den nächsten Jahren mit voller Wucht erreichen werden: Wie sichere und übergebe ich das Wissen derer, die in den nächsten Jahren aus demBerufsleben ausscheiden? Wie attrahiere ich engagierte, gut ausgebildete, junge Mitarbeitende, die Spaß an sich verändernden Aufgabenfeldern haben? Wie stelle ich sicher, dass diese auch demVersorger verbunden bleiben und sich nicht nach kurzer Zeit beruflich umorientieren? Wie reagiere ich auf den Wunsch nach höherem Homeoffice-Anteil und wie fördere ich gleichsam die Identifikation mit demUnternehmen? Wie kreiere ich in einer Zeit, in der in zunehmend geringeremMaße alle Wertschöpfungsprozesse im Unternehmen bearbeitet werden, eine Atmosphäre des Unternehmerischen, des Mitdenkens und des Agilen? Und wie nehme ich ältere, verdiente Mitarbeitende mit, nehme ihnen Angst vor Veränderung, animiere sie zu einer Weiterentwicklung des Unternehmens und zur Förderung neu ins Unternehmen eintretender Mitarbeitenden? Unternehmenskultur nicht mehr passend Werden diese Fragen als relevant gesehen und ernst genommen, so liegt es nahe, die bisherige Verfasstheit des Unternehmens zu hinterfragen. Siemag in der Vergangenheit zwar perfekt zu dem Auf dem Weg zu einer ganz- heitlichen Weiterentwicklung der Unternehmenskultur Unternehmen der Ver- und Entsorgungswirtschaft sehen sich den vielfältigsten Herausforderungen gegenübergestellt. Von einem vergleichsweise stabilen Unternehmensumfeld aus kommend, spricht heute vieles dafür, die althergebrachte Unternehmenskultur zu überdenken und im Sinne einer Steigerung der organisationalen Resilienz weiterzuentwickeln. Die Praxis zeigt hier bisweilen aufgeregte Einzelschritte, die Unternehmensleitung und Mitarbeitende jedoch eher voneinander entfremden, als dass sie das Unternehmen auf eine zukunftsfähige Bahn bringen. Am Beispiel der Stadtwerke Menden1 wird beschrieben, wie ein in sich schlüssiger Weg aussehen könnte, der bei den Ausgangswerten der Mitarbeitenden aufsetzt, diese Mitarbeitenden aber durch miteinander abgestimmte Ansätze wertschätzend mitnimmt. Dabei ist es weniger Ziel dieses Artikels, für den konkreten „Mendener Weg“ zu werben, als vielmehr eine ganzheitliche Strategie zur Weiterentwicklung der Unternehmenskultur anzuraten. von: Prof. Dr. Mark Oelmann (Hochschule Ruhr West/MOcons GmbH & Co. KG), Dr. Markus Reimann (coresilience consult) & Sven Hery (Hochschule Ruhr West) 1 Die Autoren bedanken sich bei Bernd Reichelt, Alessa Näpel und Matthias Lürbke für die Erlaubnis, Erfahrungen der Stadtwerke Menden in diesem Artikel verwenden zu dürfen. Die Arbeit mit den Kolleginnen und Kollegen ist stets inspirierend. 38 energie | wasser-praxis 01/2023 O R G A N I S AT I O N & M A N A G E M E N T

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