DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 1/2023

Dass es Wasserstoffs für das Gelingen der Energiewende bedarf, ist inzwischen verbreiteter Konsens. Wo dieser hergestellt und eingesetzt werden soll – Stichwort zentrale oder dezentrale Erzeugung, Import oder Eigenerzeugung, Farben des Wasserstoffs –, ist hingegen noch nicht vollends klar. Ob in der Mobilität, der Industrie oder in der Raumwärme: Viele Fragen sind noch offen und zahlreiche Optionen noch nicht beleuchtet. Was aber klar ist: Ohne einen langfristigen, stabilen Bedarf an Wasserstoff wird auch der Aufbau eines Wasserstoffökosystems, sei es nun zentral oder dezentral, nicht nachhaltig gelingen. Die wichtigste Frage, die daher immer im Raum steht, lautet: Habe ich einen signifikantenWasserstoffbedarf inmeinemBetrachtungsraumbzw. wie sieht das zukünftige Potenzial aus? Sofern hier nicht offensichtliche Großabnehmer, z. B. aus der Stahl- oder Zementindustrie, in räumlicher Nähe liegen, wird es herausfordernd. Zu Recht stellen sich dann viele Stadtwerke, kommunale Unternehmen oder auch Kommunen und andere Körperschaften die Frage, ob die Grundbedingung für den Aufbau eines Wasserstoffsystems überhaupt vorliegt und ein Befassen mit der Thematik sinnvoll ist. Ein Werkzeug, welches bei der Beantwortung der grundsätzlichen Frage nach dem vorliegenden und perspektivischen Bedarf unterstützen kann, wurde nun durch das Fraunhofer IEE in Kooperation mit den Städtischen Werken aus Kassel entwickelt. Die systematische und skalierfähige Methodik erlaubt es, über einen niederschwelligen Einstieg und überwiegend frei verfügbare Daten den regionalen aktuellen wie auch perspektivischenWasserstoffbedarf für die Sektoren Mobilität und Industrie zu ermitteln. Methodik DieMethodik desWerkzeugs wurde so konzipiert, dass sie einfach, adaptier- und skalierbar ist sowie hauptsächlich über frei zugängliche Daten funktioniert. Für die Prognosen wird auf den aktuellen Stand der Entwicklungen in Politik und Wirtschaft gesetzt und sie sind frei modifizierbar. Eine Validierung der Erkenntnisse wurde über eine Umfrage vorgenommen. Grundsätzlich basiert die Methodik auf dem Baukastenprinzip, wobei einzelne Betrachtungsbereiche dabei nach Bedarf zu- oder ausgeblendet werden können. Im Falle der für Kassel relevanten Studie wurden beispielsweise die beiden Bereiche Mobilität und Industrie/Gewerbe fokussiert betrachtet. Gleichwohl ist perspektivisch aber auch eine Berücksichtigung des Wärmesektors oder vonWasserstoff als Speichermedium oder zur Rückverstromung möglich. Um neben der Betrachtung des Status quo auch eine Prognose des zukünftigen Bedarfes abgeben zu können, wurden Langfristszenarien hinterlegt, Ermittlung potenzieller Wasserstoffbedarfe für Versorgungsgebiete und Regionen – Werkzeug für die Entscheidungsfindung Bei der Gestaltung der Energiewende mit Wasserstoff stellt sich für die beteiligten Akteure und Stakeholder immer auch die Frage: Welchen Bedarf hat meine Region oder mein Versorgungsgebiet heute und in Zukunft? Ein neues Werkzeug, welches das Fraunhofer IEE in Kooperation mit den Städtischen Werken aus Kassel entwickelt hat, kann hier Abhilfe schaffen und unter Zuhilfenahme weitestgehend frei zugänglicher Datenquellen potenzielle Wasserstoffbedarfe in verschiedenen Versorgungsgebieten ermitteln. Der Beitrag stellt das Werkzeug vor und erläutert, wie es Entscheidungsträger bei der Abschätzung des zukünftigen H2-Bedarfs unterstützen kann. von: Dr.-Ing. Heiko Dunkelberg (Städtische Werke AG, Kassel) 58 energie | wasser-praxis 01/2023 F O R S C H U N G & E N T W I C K L U N G

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