DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 4/2024

www energ e-wasser-prax s de Energ e | Wende Strategien für den Import von Wasserstoff nach Deutschland Wasser | Versorgung Anpassung des Berliner Wasserkreislaufs an den Klimawandel W rme | Markt Einsatz von Wasserstoff in der häuslichen Wärmeversorgung 75 Jahrgang | Apr 2024 | ISSN 1436-6134 Einen Schritt voraus in der Methanlecksuche. IR-Messungen von 1 ppm bis 100 Vol%

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www.energie-wasser-praxis.de 04 Energie | Wende Strategien für den Import von Wasserstoff nach Deutschland Wasser | Versorgung Anpassung des Berliner Wasserkreislaufs an den Klimawandel Wärme | Markt Einsatz von Wasserstoff in der häuslichen Wärmeversorgung 75. Jahrgang | April 2024 | ISSN 1436-6134

DVGW Service & Consult GmbH www.dvgw-sc.de l Besuchen Sie die verifHy – Workshops und erfahren Sie alles zu der H2-Datenbank! verifHy Workshops: Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme! 18.04.2024 – Herstellerworkshop – Bonn 24.04.2024 – Gasnetzbetreiber – Leipzig 16.09.2024 – Gasnetzbetreiber – Berlin 07.11.2024 – Herstellerworkshop – Bonn Mehr Informationen unter: www.verifhy.de @ adobestock/tippapatt

3 energie | wasser-praxis 04/2024 ED I TOR I AL Liebe Leserinnen und Leser, das Ziel ist klar definiert: Bereits in wenigen Jahren soll Wasserstoff vor allem in energieintensiven Industriezweigen fossile Brennstoffe ersetzen. Er bietet dabei zahlreiche Vorteile, die so kein anderer Energieträger hat. Aus erneuerbarem Strom gewonnener Wasserstoff kann perspektivisch nicht nur in ausreichenden Mengen hergestellt, sondern bei Bedarf auch unbegrenzt gespeichert und über das bereits bestehende Gasnetz vergleichsweise einfach von A nach B transportiert werden. Besonders groß ist das Einsatzpotenzial von Wasserstoff bei industriellen Prozessen, die sich nicht oder nur schwer elektrifizieren lassen. Anders gesagt: Um die Dekarbonisierung und somit die Klimaschutzziele im Industriesektor zu erreichen, führt an Wasserstoff kein Weg vorbei. Sein Einsatz ist unbestreitbar erforderlich, um Treibhausgas-Emissionen zu minimieren, Arbeitsplätze zu sichern und die deutsche Industrie resilienter zu machen. Mehr noch: Durch nachgelagerte Wertschöpfungsketten deutscher Schlüsselindustrien ist die Nutzung von Gasen für Produktionszwecke auch für den Mittelstand von strategischer Bedeutung. Die industrielle Wertschöpfung in Deutschland hängt demnach entscheidend auch vom gut ausgebauten Gasnetz ab, an das schon heute 1,8 Mio. Industrie- und Gewerbekunden angeschlossen sind. Basierend auf diesen Fakten sind zahlreiche Aussagen des 23-seitigen sogenannten Grünpapiers des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zum Um- und Rückbau des Gasnetzes nur schwer oder sogar überhaupt nicht nachvollziehbar. Eine Stilllegung der Gasverteilnetze hätte dramatische Folgen für die deutsche Energieversorgung. Eine neue Kraftwerksstudie des DVGW zeigt dies ganz deutlich: Dabei wurde untersucht, welche dieser Kraftwerke nicht vom Ferngasnetz, sondern vom Verteilnetz versorgt werden. Betrachtet wurden auch Braunkohle- und Hartkohlekraftwerke, an deren Stelle gedanklich neue gas- oder wasserstoffbetriebene Ersatzkraftwerke gesetzt wurden, um die CO2Emissionen im Strommix weiter zu senken und dennoch eine resiliente Stromversorgung zu garantieren. Diese Szenarien führten zu der Erkenntnis, dass etwa die Hälfte der Kraftwerksleistung nur über das Gasverteilnetz erreichbar ist. Wer Deutschland dekarbonisieren will, benötigt die Gasnetze – und das neue Wasserstoff-Regelwerk! B

Im Umkehrschluss bedeutet dies: Das Wasserstoffkernnetz, das mit seinen rund 10.000 km Länge bekanntlich sogar viermal kleiner als das deutsche Erdgasfernnetz ausfällt, erreicht noch weniger Kraftwerksstandorte. Ohne die Umwidmung weiterer großer Teile des heutigen Erdgasverteilnetzes auf den neuen Energieträger Wasserstoff und ohne seine Verknüpfung mit dem Kernnetz würde also keine gesicherte Stromversorgung Deutschlands möglich sein. Hierzulande gingen die Lichter aus! Auch für die über BHKW versorgten Nahwärmenetze geht nichts ohne die Verteilnetze. Und schließlich hängen an ihnen nicht nur mehr als 50 Prozent der privaten Wärmekunden, sondern der Löwenanteil der deutschen Industrie. In diesem Kontext ist die Sicht der kommunalen und industriellen Kunden von zentraler Bedeutung. Aus einer 2023 durchgeführten Befragung der Initiative „H2vorOrt“ geht hervor, dass 95 Prozent der rund 1.000 für den Gasnetzgebietstransformationsplan befragten Kommunen mit dem Einsatz von klimaneutralen Gasen wie Wasserstoff planen. Die Mehrheit sieht diese klar als wichtigen Baustein der Energiewende. Auch in der Industrie ist das Interesse groß: Von knapp 2.000 befragten Großkunden setzen mehr als drei Viertel auf Wasserstoff. Insgesamt 29 Prozent der Kunden wollen den Wasserstoff bereits bis zum Jahr 2030, weitere 30 Prozent erwarten die Umstellung in den 2030er-Jahren. Dem DVGW kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle zu: Der Einsatz von Wasserstoff erfordert veränderte und neue technische Sicherheitsstandards und Anforderungen; nicht nur bei Bau und Betrieb von Gasanlagen, sondern auch an das ausführende Personal. Dem trägt der DVGW als anerkannter und im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) fest verankerter Regelsetzer mit seinen nun veröffentlichten H2-Regelwerks-Modulen Rechnung. Dabei kommt dem DVGW zugute, dass er sich sowohl in der Regelwerksarbeit als auch im Forschungsbereich seit über einem Jahrzehnt intensiv mit dem Thema Wasserstoff auseinandergesetzt hat. Im Ergebnis sind bereits heute weite Teile des gasbezogenen DVGW-Regelwerkes H2-ready, womit der Weg hin zu einem eigenständigen Wasserstoff-Regelwerk geebnet wurde. Entsprechend ist das H2-Regelwerk mit all seiner fachlichen Expertise auch unser Zeichen an die Politik: Die Gaswirtschaft ist bereit für Wasserstoff! Jetzt liegt es an der Bundesregierung, für einen zügigen H2-Markthochlauf zu sorgen. Dazu wurden mit der Nationalen Wasserstoffstrategie zwar erste Grundlagen geschaffen, doch die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen lassen immer noch Klarheit in der Regulatorik vermissen. Doch ohne mehr Klarheit und Verbindlichkeit bei gleichzeitigem Abbau von Hemmnissen – und hier ist das oben genannte BMWK-Grünpapier eher kontraproduktiv – sind Investitionen für die Stadtwerke und Versorgungsunternehmen kaum vor- und darstellbar. Erst wenn sich dies ändert, lässt sich der schleppende Fortschritt bei Planung und Ausbau der Infrastrukturen für den Transport und die Verteilung von Wasserstoff beschleunigen und auf die ebenfalls wichtige Verteilnetzebene ausdehnen. Dass die Branche bei den richtigen Anreizen mitzieht, zeigen die erkennbaren Fortschritte beim Bau des von der Bundesregierung vorangetriebenen Wasserstoffkernnetzes. Ihr Gerald Linke ED I TOR I AL 4 energie | wasser-praxis 04/2024

Mit drei maßgeschneiderten H2-Modulen unterstützen wir Sie beim sicheren und effizienten Einsatz von Wasserstoff. Gesamtausgabe Für Sicherheit und Effizienz in der leitungsgebundenen Wasserstoffversorgung Wasserstoff-Regelwerk H2 Modul Erzeugung Für eine sichere und effiziente Wasserstofferzeugung Wasserstoff-Regelwerk H2 H2 Modul Industrie Für die sichere und effiziente Wasserstoffversorgung der Industrie Wasserstoff-Regelwerk Wählen Sie das H2-Modul, das zu Ihnen passt! Für mehr Informationen besuchen Sie: shop.wvgw.de oder fragen Sie unseren Kundenservice: Tel.: +49 228 9191-40 E-Mail: info@wvgw.de Das WasserstoffRegelwerk ist da!

INHALT 04/2024 Titel Quelle: Laura Pashkevich/stock.adobe.com, henryn0580/stock.adobe.com 18 Planung und Umsetzung beim Rückbau aufgelassener Quellfassungen 40 Zur Zukunft der Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland 52 Gründung des Jungen DVGW steht unmittelbar bevor 68 Ich mach was mit … Wasserstoff-Regelwerk des DVGW Ab Seite 3 3 | EDITORIAL 8 | NACHRICHTEN TECHNIK 18 | Rückbau aufgelassener Quellfassungen (Teil 2) Prof. Dr. Christoph Treskatis ORGANISATION & MANAGEMENT 24 | Anpassung des Wasserkreislaufs in Berlin an den Klimawandel – Herausforderungen, Hemmnisse und Erfahrungen Prof. Dr. Christoph Donner, Dr. Carin Sieker, Dr. Gesche Grützmacher, Dr. Ruth Bittner, Dr. Gunnar Lorenzen INTERVIEW 28 | „Eine Trassenplanung im Pipelinebereich kann ich mir als KI-Anwendungsfall gut vorstellen!“ • Die Redaktion im Gespräch mit Rechtsanwalt Dr. Michael Neupert über die Möglichkeiten und Grenzen von Künstlicher Intelligenz in der Energie- und Wasserwirtschaft SPEZIAL 34 | Wasserstoff in der häuslichen Anwendung – Standortbestimmung für die zukünftige Gebäudebeheizung (Teil 1) Kai-Uwe Schuhmann, Holger Stange, Dennis Klein, Christian Wiedenhöft, Andreas Strauß 40 | Die Zukunft der KWK wird zur Gegenwart: Der Content Switch hat begonnen, der Modal Switch ist in Sicht Thomas Wencker 44 | Wasserstoff: Welche Importstrategie für Deutschland? Prof. Dr. Martin Wietschel 48 | Produkte und Unternehmen 40 18 52 68 6 energie | wasser-praxis 04/2024

TECHNISCHE REGELN & NORMEN 50 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 50 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 52 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN 66 | DVGW-Veranstaltungsvorschau für April und Mai 2024 ARBEITS | welten 68 | Ich mach was mit Umwelt BILDUNGS | welten 70 | Gemeinsam für die Zukunft aufstellen: Sektor- übergreifendes Netzwerk wasserplus OWL • Irem Yavuz, Prof. Dr.-Ing. Jörg Felmeden 74 | PRAXIS & PRODUKTE SERVICE 78 | Bezugsquellen 82 | Impressum 7 SALZ STATT SALZSÄURE! Transportchlorung im Wasserwerk ohne Gefahrstoffe Ob zur permanenten Absicherung der Trinkwasserqualität oder nur für den Notfalleinsatz: INNOWATECH Anolyte macht ® gefährliche Chemikalien überflüssig. INNOWATECH Anolyte im Wasserwerk ® bietet unschlagbare Vorteile: weitere Informationen INNOWATECH Aquadron® produziert pH-neutrales Anolyte just in time www.innowatech.de + + + + + + + besteTrinkwasserqualität bis zum Verbraucher geringe Wirkstoffzugabe, nachhaltige Wirksamkeit reduzierte Biofilm-Bildung, auch im Hochbehälter auch zur Flächendesinfektion (Leitungen, Behälter…) Verzicht auf Chlordioxid,Chlorbleichlauge,Chlorgas Umgang mit Gefahrstoffen entfällt Einstufung als nicht wassergefährdend energie | wasser-praxis 04/2024

VERANSTALTUNGSTIPPS 23.–24. April 2024, online 4. Technikforum Wasserstoff Elementare Themen einer deckenden Wasserstoffversorgung aller Sektoren sind die Beschaffung und Transportwege, CO2-neutrale Herstellungsverfahren und die Finanzierung des Hochlaufs. An zwei Tagen geht es um den Aufbau der Infrastruktur, Wasserstofferzeugung und -speicherung, Anwendungstechnik, den Wasserstofftransport und seine Verteilung. Neu in diesem Jahr: Ein ganzer Themenblock widmet sich dem Derivat Ammoniak und seiner Bedeutung für den Wasserstoffhochlauf. www.dvgw-kongress.de/ technikforum-wasserstoff 7.–8. Mai 2024, Bonn Asset-Management in der Wasserversorgung Das Asset-Management ermöglicht eine umfassende Analyse der gesamten Trinkwasserinfrastruktur, um die Nutzungsdauer von Anlagen und Leitungen zu maximieren und gleichzeitig das Risiko von Versorgungsausfällen oder Schäden zu reduzieren. Die Notwendigkeit eines nachhaltigen Asset-Managements liegt in der Anpassung an die komplexen Rahmenbedingungen wie den Klimawandel, die Demografie und Digitalisierung, sowie zur Bewältigung struktureller Aufgaben, wie beispielsweise einer alternden Infrastruktur. www.dvgw-kongress.de/asset-management 15. Mai 2024, online Metasystematik zur Netzauskunft DVGW-Merkblatt GW 115 Die Anforderungen an den Prozess der Netzauskunft sind in den letzten Jahren gestiegen. Mit Blick auf die große Anzahl an Netzbetreibern der Energie- und Wasserversorgung als auch der Telekommunikation in der Bundesrepublik wird schnell ersichtlich, dass diese Menge an Anfragen nur mit modernen Technologien zeitnah und effizient bearbeitet werden kann. Das Merkblatt GW 115 beschreibt die Rahmenbedingungen zur Gestaltung eines digitalisierten Prozesses für Auskunftsanfragen unter Anwendung einer Metasystematik. www.dvgw-kongress.de/ digitale-netzdokumentation Tschüss gat | wat, hallo DVGW Kongress! F Moderner, komprimierter, fokussierter: Aus der jahrelang als „gat | wat“ bekannten Leitveranstaltung der Energie- und Wasserwirtschaft wird der „DVGW Kongress“. Die Umfirmierung basiert auf der Erkenntnis, dass sich die Bedeutung der Veranstaltung für die Branche immens weiterentwickelt hat. Was als reine Aussprachetagung Ende der 1940er-Jahre begann, ist zu einer mit vielfältigen Angeboten und einer hohen Fachthemendichte gespickten Konferenz geworden. Die Fokussierung auf das reine Kongressformat bedingt, dass es – wie bereits 2022 in Berlin – zukünftig keine begleitende Ausstellung mehr geben wird. Die bisherigen Aussteller und Praktiker finden jedoch bereits jetzt auf anderen DVGWVeranstaltungen eine Heimat. Der DVGW hat ganz bewusst sein Engagement bei in der Branche bekannten und geschätzten Messen wie der IFAT in München und dem Oldenburger Rohrleitungsforum (iro) deutlich verstärkt, um diesen Zielgruppen ein passendes Angebot zu unterbreiten. „Neue Technologien, Produkte und Dienstleistungen sind unverzichtbar für klimaschonende und resiliente Versorgungssysteme. Die Innovationskraft unserer Branche wird der DVGW der Fachwelt mittels einer zielgerichteten Beteiligung und zukünftig noch weiter verstärkter Präsenz auf Branchenleitmessen in unterschiedlichen Regionen Deutschlands und Europas zugänglich machen“, erläutert Dr. Wolf Merkel, Vorstand Wasser des DVGW. Prof. Gerald Linke, DVGW-Vorstandsvorsitzender, ergänzt: „Das erforderliche Rüstzeug für die Transformation unserer Energie- und Wasserversorgung liefern der Wissenstransfer und Erfahrungsaustausch zu Regelsetzung, Forschung und betrieblicher Praxis. Themenwahl und Struktur des DVGW-Kongress 2024 bieten unserer Branche hierfür die erforderliche Breite und die gebotene Zeit zur Diskussion von Lösungswegen unter Fachleuten einerseits und im politischen Dialog andererseits.“ Das positive Feedback zum erfolgreichen Kongress 2022 in Berlin habe gezeigt, dass dieses Format begrüßt werde, so Linke. Die zukünftige Flaggschiff-Veranstaltung steht daher unter der Prämisse: kurze Wege, zahlreiche Orte zum Networking, ein modernes Erscheinungsbild und ein vielfältiges Vortrags- und Dialogangebot. P +INFORMATIONS-PLUS Der DVGW Kongress 2024 findet am 17. und 18. September 2024 in Berlin statt. Ausführliche Vorberichte, Programmankündigungen und Anmeldemöglichkeiten finden Sie in den nächsten Heftausgaben und unter www.dvgw-kongress.de/2024. 8 energie | wasser-praxis 04/2024 NACHRICHTEN

RISKplus ab Sommer 2024 auf dem Markt Softwaretool für das Risikomanagement in der Trinkwasserversorgung F Das Softwareprodukt RISKplus soll Wasserversorger bei ihrem Risikomanagement unterstützen. Unter Einbindung eines WebGIS bietet das Tool viele Funktionen, die die Bearbeitungen im Einzugsgebiet erleichtern. Im Sommer 2024 kommt das Produkt auf den Markt. Bis November 2025 müssen Wasserversorger eine Beschreibung und Bewertung der Einzugsgebiete ihrer Wassergewinnungsanlagen vorlegen. Als Hilfestellung haben das TZW und die Disy Informationssysteme GmbH die Software RISKplus entwickelt. Das Produkt soll bei allen Schritten zur Umsetzung des Risikomanagements nach TrinkwEGV unterstützen und eine Dokumentation erstellen, die den behördlichen Vorgaben entspricht. Das Tool ermöglicht die Gefährdungsanalyse, Risikoabschätzung und -beherrschung und bietet einige weitere Funktionen, die bei der Risikobewertung des Einzugsgebietes helfen. P Risikomanagement mit der Software RISKplus ab Sommer 2024 möglich Quelle: BongkarnGraphic/shutterstock.com BMWK übernimmt Schirmherrschaft für Auszeichnung „Energie-Kommune des Monats“ F Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz übernimmt die Schirmherrschaft für die Auszeichnung „Energie-Kommune des Monats“. Seit mehr als 15 Jahren wird die Auszeichnung von der Agentur für Erneuerbare Energien e. V. (AEE) an Kommunen verliehen, die herausragende Leistungen im Bereich der Energiewende erbringen. Die Herausforderungen zur Planung und Umsetzung der Energiewende sind für Kommunen sehr groß und erfordern häufig hohe Akzeptanzarbeit in der Region. Die ausgezeichneten Kommunen regen mit ihren kreativen und innovativen Ideen und Projekten zur Nachahmung an. Dieses Engagement verdient Wertschätzung und Rückendeckung. Seit 2008 vergibt die AEE die Auszeichnung an Kommunen, die sich durch Initiativen, Bürgerbeteiligungen und Partnerschaften für die Energiewende engagieren. So wird die Aufmerksamkeit auf Herausforderungen und Erfolge gelenkt. Über die Schirmherrschaft von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und seinem Haus freut sich die AEE besonders. „Sein Engagement ist ein wichtiges Zeichen für die Kommunen und zeigt, dass Dialog und Austausch mit den Energiewende-Kümmernden vor Ort wichtig sind, die Arbeit der Kommunen gesehen und unterstützt wird“, erläutert AEE-Geschäftsführer Dr. Robert Brandt. Alle Energie-Kommunen des Monats finden Sie online unter www.unendlich-viel-energie.de/projekte/ energie-kommunen. P Neue Membran für Elektrolyseure F Wasserstoff ist für die Speicherung grüner Energie unabdingbar. Grüner Wasserstoff wird mithilfe erneuerbarer Energie aus Wasser gewonnen. Dies geschieht in einem Elektrolyseur. Besonders geeignet zum Einsatz mit erneuerbaren Stromquellen sind sogenannte PEM-Elektrolyseure, die auch mit der schwankenden Stromzufuhr betrieben werden können. Das Problem: Sie benötigen die knappen Edelmetalle Iridium und Platin als Katalysatoren. Eine neue Technik kommt jetzt jedoch ohne die teuren Metalle aus: Ein koreanisches Team hat einen PEM-Elektrolyseur entwickelt, für dessen Katalysator stattdessen Ruthenium, Silizium und Wolfram eingesetzt werden. Der Testbetrieb hat ergeben, dass die neue Membran auch in stark korrosiven, sauren Umgebungen stabil ist. Eine wenige Nanometer dünne Wolframschicht schützt die Struktur aus Ruthenium und Silizium. Die Membran in bisherigen Elektrolyseuren umfasst beinahe die Hälfte der Materialkosten. Die neue Technik lässt also auf erhebliche Preissenkungen für einsatzfähige Elektrolyseure hoffen. P 9 energie | wasser-praxis 04/2024

Berliner ENERGIETAGE 2024 Lösungen für die Energiewende in Deutschland F Kürzungen im Bundeshaushalt, gesellschaftliche Konflikte und eine weitere Zuspitzung der Klimakrise – die Liste der energie- und klimapolitischen Herausforderungen ist lang. Die ENERGIETAGE 2024 treten der allgemeinen Krisenstimmung mit dem Motto „Lösungen für die Energiewende in Deutschland“ entgegen. Die Veranstaltung findet vom 16. bis 18. April digital sowie am 15. und 16. Mai in Berlin statt. Etwa 100 Veranstaltungen beleuchten die aktuellen energie- und klimapolitischen Diskurse, stellen technische Innovationen und damit auch politische, technische und gesellschaftliche Lösungsansätze vor. Präsentiert von mehr als 400 Referentinnen und Referenten bekommen die Teilnehmenden so ein umfassendes energie- und klimapolitisches Update. Das Themenspektrum reicht von energie- und klimapolitischen Rahmenbedingungen bis zu Praxisforen für die kommunale Wärmeplanung, vom Ausbau der erneuerbaren Energien bis zum Strommarktdesign und der Kraftwerksstrategie, von Finanzierungsmodellen bis zur Energiewende- und Klimakommunikation. Alle relevanten Akteure aus den Themenfeldern Energiewende und Klimaschutz beteiligen sich mit eigenen Veranstaltungen an den ENERGIETAGEN. Zu den Mitveranstaltern zählen Bundesministerien (BMWK, BMWSB, BMUV), politische Verbände (z. B. BDEW, GdW, BEE, VKU, DUH) sowie Akteure aus der Energiewirtschaft wie Vattenfall Wärme, Berlin AG, ENGIE Deutschland GmbH und GASAG AG. Mehrere Thinktanks und wissenschaftliche Institutionen (z. B. Agora Energiewende, Öko-Institut, Fraunhofer-Institut) runden die ENERGIETAGE mit ihren Veranstaltungen ab. Die ENERGIETAGE vereinen in ihrem Hybridformat effiziente digitale Informationsvermittlung mit interaktiven Präsenzveranstaltungen. Letztere bieten zahlreiche Networking-Möglichkeiten und die Gelegenheit, auf der Fachmesse Innovationen und Highlights aus der Praxis zu entdecken. P +INFORMATIONS-PLUS Weitere Informationen und kostenfreie Anmeldung unter www.energietage.de Spannende Diskussionsrunden bei den Berliner ENERGIETAGEN 2024 Energiewende in Deutschland Quelle: Anne Freitag/ENERGIETAGE 10 energie | wasser-praxis 04/2024 NACHRICHTEN

Mehr Versorgungssicherheit für Deutschland Schwimmendes LNG-Terminal in Stade angekommen F Mitte März hat das schwimmende LNG-Terminal „Energos Force“ den Industriehafen Stade-Bützfleth erreicht. Nach einem mehrwöchigen Testbetrieb soll das Schiff bis zu fünf Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr in das deutsche Gasnetz einspeisen und damit die Versorgungssicherheit stärken. Die „Energos Force” wird von der Deutschen Energy Terminal GmbH (DET) betrieben und ist das dritte von vier geplanten schwimmenden LNG-Terminals. Laut Geschäftsführer Dr. Peter Röttgen kann das neue LNG-Terminal nach der Testphase bis zu fünf Mio. Haushalte für ein Jahr mit Gas versorgen. Der schnelle Einsatz der Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) mit Zugang zur Nordsee „konnte dank intensiver Zusammenarbeit aller beteiligten Technologiepartner und Behörden“ realisiert werden. Für Industrie- und Gewerbebetriebe biete das schwimmende Importterminal Planungssicherheit. Die DET vermarktet und betreibt die staatlich initiierten schwimmenden Regasifizierungsterminals mit Zugang zur Nordsee im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Über die FSRU wird verflüssigtes Erdgas wieder in gasförmigen Zustand versetzt und anschließend in das deutsche Gasnetz eingespeist. Nach den drei FSRU in Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven soll noch in diesem Jahr das vierte schwimmende LNG-Terminal in Wilhelmshaven in Betrieb genommen werden. P Das schwimmende LNG-Terminal „Energos Force“ am Industriehafen Stade-Bützfleth Quelle: DET WassArena: Neues Veranstaltungsformat des DVGW F Der DVGW ruft ein neues Veranstaltungsformat ins Leben: Am 25. April dieses Jahres findet zum ersten Mal die WassArena in Berlin statt und lädt zu Informationsaustausch und Diskussion ein. Die Fragestellungen zum Thema Wasser und Wasserversorgung sind vielfältig: Wie sieht eine ökonomische und ökologische Wasserversorgung aus? Wie bleibt Wasser nachhaltig und in hoher Qualität verfügbar? Wie wird es verteilt, gerecht, effizient, bezahlbar und wer definiert die Regeln? Experten und Vertreterinnen aus Politik, Praxis, Wissenschaft und Zivilgesellschaft treten mit Zahlen, Daten, Fakten, Ideen und Argumenten in der WassArena auf. Am 25. April ist das Thema in der WassArena „Water Reuse – notwendig oder überflüssig?“ Mit Blick auf die Herausforderungen und Auswirkungen des Klimawandels tritt zunehmend das Konzept der Wasserwiederverwendung in den Fokus. Water Reuse wird aber nicht von allen Akteuren als passende Lösung angesehen. In der ersten WassArena sollen die unterschiedlichen Positionen sichtbar gemacht und mit den Gästen erörtert werden. P +INFORMATIONS-PLUS Weitere Informationen unter www.dvgw.de/leistungen/ berufsbildung-veranstaltungen-des-dvgw/wassarena 11 energie | wasser-praxis 04/2024

Dachzeile Headline Zeile 1 Headline Zeile 2 mit Subline in einer Zeile Lorem ipsum dolor sit Vom 20. bis 22. Februar 2024 haben 923 Aussteller aus 30 Nationen ihre Lösungen für die Energieversorgung von morgen in der Messe Essen präsentiert. Etwa 30.000 Fachbesucherinnen und -besucher aus Energiewirtschaft, Industrie und Politik nutzten die E-world energy & water als NetworkingPlattform und besprachen aktuelle energiewirtschaftliche Themen. Wertvolle Impulse lieferten dabei ca. 340 Vortragende. Die diesjährige E-world verzeichnete eine große Präsenz der Marktführer, eine hohe Internationalität und ein umfassendes Angebot, das an allen drei Messetagen gut besucht war. Wichtiges Thema bei der E-world war die Energiewende: Aussteller präsentierten ihre Speichertechnologien und Ideen für den großflächigen Einsatz von Fotovoltaik. Auch die Nutzung von Wasserstoff war ein Thema an vielen Messeständen. Zudem stellten Unternehmen digitale Lösungen vor, um alle Komponenten, verschiedenen Energieträger, Produzenten und Verbraucher miteinander zu verbinden. Auch der Einsatz von KI spielt hierbei eine immer größere Rolle. Die Transformation der Branche ist und bleibt das bestimmende Thema, das in vielen Veranstaltungen sowie in Gesprächen an Messeständen diskutiert wurde. So beleuchtete auch die Eröffnungspressekonferenz am ersten Messetag den Ausbau erneuerbarer Energien und die benötigten Speicherkapazitäten sowie die Notwendigkeit von Wasserstoff als Brückentechnologie. Als Format für die Nachwuchsgewinnung brachte der Career Day in diesem Jahr 700 Nachwuchskräfte mit Unternehmen aus der Energiebranche zusammen. Schülerinnen und Schüler, Studierende sowie Young Professionals konnten sich auf der E-world mit Unternehmensvertreterinnen und -vertretern vernetzen und einen Einblick in die Karrierewege der Energiewirtschaft gewinnen. P Rückblick auf die E-world 2024 Impulse für die Transformation der Energiewirtschaft ↑ Die Ausstellung der E-world war an allen drei Messetagen gut besucht. → Wichtige Impulse für die Transformation der Energiebranche lieferten die Vorträge auf der E-world. Quelle: Armin Huber Quelle: Armin Huber 12 energie | wasser-praxis 04/2024 NACHRICHTEN

Festakt für EWE-Zukunftsleitung F Die EWE-Zukunftsleitung ist seit Ende Januar fester Bestandteil des deutschen Gasnetzes. Bei einem Festakt am 18. März wurde das Projekt nun im ostfriesischen Jemgum, dem Endpunkt der Leitung, gewürdigt. Zugegen war dabei auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Die EWE-Leitung wurde gebaut, um dem Ausfall der russischen Gaslieferungen vorzubeugen. In nur 22 Monaten wurde die 70 km umfassende Gasleitung geplant, gebaut und technisch fertiggestellt. An das LNG-Terminal in Wilhelmshaven angebunden, versorgt die Leitung über vier Mio. Haushalte im Nordwesten Deutschlands mit Gas. Ab dem Jahr 2028 kann sie außerdem Bestandteil des Wasserstoff-Kernnetzes werden – eine grüne Perspektive ist für die Zukunftsleitung daher gesichert. Der nächste Schritt wäre dann die Verknüpfung mit dem niederländischen Wasserstoffnetz. Beim Festakt hob Ministerpräsident Weil die schnelle Umsetzung des Projektes als „großartige Gemeinschaftsleistung“ hervor. Der EWE-Vorstandsvorsitzende Stefan Dohler erklärte, dass das Unternehmen die Energiewende weiter vorantreiben wird und sieht in der erfolgreichen und schnellen Umsetzung nur den ersten Schritt zu einem europäischen Wasserstoffnetz. Niedersachsens Energie-, Umwelt- und Klimaschutzminister Christian Meyer bezeichnete den Nordwesten Niedersachsens als Hotspot grüner Energieversorgung, der neben der gut ausgebauten Windenergie-Infrastruktur nun auch noch den Transport und die Speicherung grüner Gase sicherstellt. Die EWE-Zukunftsleitung ist eines der schnellsten und größten Infrastrukturprojekte Deutschlands. Die ErdgasPipeline wurde für den LNG-Import gebaut. Sie verbindet die LNG-Infrastruktur in Wilhelmshaven u. a. mit den Erdgasspeichern in Nüttermoor und Jemgum im Landkreis Leer. P Attraktive Werbeartikel shop.wvgw.de v. l.: EWE-Vorstandsvorsitzender Stefan Dohler, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Niedersachsens Energieminister Christian Meyer Quelle: EWE 13 energie | wasser-praxis 04/2024

Fachsprachemangel Sprachwissenschaftlerin hebt Fachwortschatz Fachwortliste in den Redaktionsräumen der ewp Quelle: wvgw mbH ZAHL DES MONATS … sind die deutschen Klimaemissionen im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 gesunken – das ist der größte Rückgang seit 1990. Nach Angaben des Umweltbundesamtes, das die Zahlen erhoben hat, sind ein gestiegener Anteil erneuerbarer Energien, ein Rückgang der fossilen Energieerzeugung und eine gesunkene Energienachfrage bei Wirtschaft wie auch Verbrauchern für den Rückgang verantwortlich. Besonders auffällig: Während im Verkehrssektor praktisch keine Veränderungen zum Vorjahr erkennbar waren, sind im Sektor Energiewirtschaft die Treibhausgas-Emissionen um rund 51,8 Mio. t CO₂-Äquivalente bzw. 20,1 Prozent gesunken. Mit dem ungewöhnlich starken Rückgang sind nach Angaben des Umweltbundesamtes die nationalen Klimaziel bis 2030 wieder in greifbare Nähe gerückt. F Bonn, 1. April 2024: Jedes Jahr wählen sie das „Fachwort des Jahres“ und veröffentlichen einen fachsprachlichen Jahresrückblick. Erstmals 1971 und seit 1977 regelmäßig kürt die Gesellschaft für deutsche Fachsprache (GfdF) damit Wörter, die das wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Leben eines Jahres oder einer Epoche fachsprachlich in besonderer Weise geprägt haben. Doch damit könnte schon bald Schluss sein! In der Tat fällt es den Jurorinnen und Juroren der GfdF zunehmend schwer, Fachwörter zu nominieren, die dem eigenen Anspruch gerecht werden. Fachexperten kennen und nutzen immer weniger Fachvokabular. In Folge lesen sich fachliche Texte auch für Fachfremde immer verständlicher. DER SPIEGEL schreibt provokant von einem Fachsprachemangel, der auf rasante Weise die Kommunikation in fast allen Fachgebieten zunehmend zu simplifizieren droht. Hilfe in der Not kommt jetzt ausgerechnet aus dem Kommunikationsbereich der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft, wo Redakteurinnen und Redakteure maßgeblich an der jahrzehntelangen „vereinfachten Darstellung komplexer Zusammenhänge“ beteiligt waren. Im Rahmen des Redigierprozesses von Fachbeiträgen entstanden so Listen von längst vergessen geglaubten Fachwörtern, die nun gerettet und auch auf andere Fachgebiete übertragen werden sollen. „Als ich die Redaktionsräume der ewp-Redaktion betrat und die zum Teil schon verblichenen Fachwörterlisten an der Wand sah, war mir sofort klar, dass ich auf einen Fachwortschatz gestoßen bin, der seinesgleichen sucht“, so Dr. Mari Eke, fachliche Leiterin der GfdF über ihren Zufallsfund. „Fachbegriffe wie Pfahlfußverformung, Schwalbenschwanzblattfederbügel, Thermorüssel oder das längst vergessen geglaubte Pilgerschrittverfahren sind Krönungen der fachbegrifflichen Wortwahl. Sie zurück in ihren eigentlichen Kontext und darüber hinaus zu bringen, ist der Traum eines jeden Fachsprachenwissenschaftlers“, erläutert sie. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll nun die Sicherung, Restaurierung und Archivierung der Originalbegriffe an den Redaktionswänden starten. Mit einer fachlichen Nutzung des auf deutlich über 200 Fachbegriffe zählenden Wortschatzes auch in anderen Fachgebieten wird dann voraussichtlich gegen 2030 zu rechnen sein. Spätestens ab 2031 dürften dann auch wieder genug Fachwörter für das „Fachwort des Jahres“ im Umlauf sein. P Um 10,1 Prozent . . . NACHRICHTEN 14 energie | wasser-praxis 04/2024

Vorreiterrolle für die Energiewende Gasnetz Hamburg sucht Dienstleister für den Bau des Wasserstoff-Industrienetzes F Der Netzbetreiber Gasnetz Hamburg startet in Kürze mit dem Bau des Hamburger Wasserstoff-Industrienetzes HH-WIN. Dazu sucht das Unternehmen Fachbetriebe aus dem Tief- und Rohrleitungsbau, die durch ihre Mitarbeit eine Vorreiterrolle in der Energiewende einnehmen. Im Frühjahr 2024 schreibt Gasnetz Hamburg Bauleistungen in den Bereichen Tiefbau, Rohrleitungsbau und Spezialtiefbau sowie Anlagenbau aus. Die EU-weiten Ausschreibungen laden Fachfirmen ein, an Deutschlands erstem großen Wasserstoff-Verteilnetz mitzuwirken und dadurch die Dekarbonisierung der Industrie voranzutreiben. Zusätzlich können die Unternehmen Erfahrungen auf dem Zukunftsmarkt Wasserstoff sammeln und sich Referenzen für ihr zukünftiges Geschäft sichern, erklärt Jonathan Buzin von Gasnetz Hamburg. Das Wasserstoffnetz HH-WIN soll mit zunächst 60 km Länge einen Großteil der Industrieunternehmen südlich der Elbe mit grünem Wasserstoff versorgen. Gasnetz Hamburg bereitet die klimaneutrale Energieversorgung gemeinsam mit der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft vor. Dabei entsteht die Infrastruktur genau dort, wo der Wasserstoffbedarf am größten und der Nutzen für den Klimaschutz am höchsten ist: im Hamburger Hafen. In weiteren Ausbaustufen soll das Wasserstoffnetz dann auch Industriestandorte im Nordwesten, Süden und Osten Hamburgs erreichen. P Gemischtes Doppel Lesen Sie die DVGW energie | wasser-praxis nicht nur in gedruckter Form, sondern auch digital! Egal, ob auf dem heimischen Bildschirm oder unterwegs via Tablet und Smartphone: Abonnenten und DVGW-Mitglieder können kostenlos auf das E-Paper zugreifen. Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten finden Sie unter epaper.energie-wasser-praxis.de! Die führende Fachzeitschrift der deutschen Energie- und Wasserbranche + immer als E-Paper mit dabei. energie | wasser-praxis Gemischtes Doppel Lesen Sie die DVGW energie | wasser-praxis nicht nur in gedruckter Form, sondern auch digital! Egal, ob auf dem heimischen Bildschirm oder unterwegs via Tablet und Smartphone: Abonnenten und DVGW-Mitglieder können kostenlos auf das E-Paper zugreifen. Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten finden Sie unter epaper.energie-wasser-praxis.de! Die führende Fachzeitschrift der deutschen Energie- und Wasserbranche + immer als E-Paper mit dabei. energie | wasser-praxis 15 energie | wasser-praxis 04/2024

Deutsche Wasserwirtschaft gründet verbändeübergreifende Arbeitsgruppe Leitfaden zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Arbeit F Im deutschen Wassersektor gehört Nachhaltigkeit faktisch zur DNA: Angefangen beim präventiven Schutz der Trinkwassereinzugsgebiete und Gewässer über Ver- und Entsorgungssicherheit zu fairen Preisen bis hin zur klimafreundlichen Energiegewinnung aus Klärschlamm spielt das Thema in nahezu allen Bereichen eine zentrale Rolle. Nichtsdestotrotz kommen auf die Branchenunternehmen neue Herausforderungen in Sachen Nachhaltigkeit zu. Angesiedelt im „European Green Deal“ der Europäischen Union, geht es dabei um nicht weniger als eine nachvollziehbare Unternehmenssteuerung in Richtung Nachhaltigkeit und eine ebensolche Neuausrichtung des Kapitalmarktes. Nachhaltigkeitsleistungen sollen künftig (gleichwertig zu finanziellen Aspekten) zur Beurteilung von Unternehmen herangezogen werden. Umsetzung findet dieser Ansatz in verschiedenen Richtlinien: in der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), in der Taxonomy-Regulation, in der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) bei den Banken und im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz auf deutscher bzw. in der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) auf europäischer Seite. Alle genannten Regelungen haben eines gemeinsam: Es geht um sehr konkrete Weiterentwicklungen unternehmerischen Handelns – von Emissionsminderungen zugunsten des Klimaschutzes, über die Reduktion von Schadstoffeinträgen in die Umwelt, die sozialen Aspekte in Bezug auf die eigenen Mitarbeitenden bis hin zur Mitverantwortung bei Menschenrechtsfragen entlang der Lieferketten. Die Unternehmen sind dabei zunächst unterschiedlich betroffen. Viele der großen und mittleren Unternehmen sind in der CSRD und damit auch in der Taxonomie direkt berichtspflichtig. Doch auch kleinere Unternehmen werden sich mit den Anfragen von Lieferpartnern oder auch bei Kapitalaufnahmen mit den Anforderungen der Banken mit ihrer Nachhaltigkeitsleistung beschäftigen müssen. Wer sich schon einmal mit den unter der CSRD festgelegten europäischen Nachhaltigkeitsberichtstandards (engl.: European Sustainability Reporting Standards, kurz: ESRS) sowie mit der Taxonomie und den darunter gefassten Technical Screening Criteria befasst hat, der lernt sehr schnell, dass das prinzipiell sinnvolle Ziel einer verbesserten Nachhaltigkeitssteuerung durch ein nicht einfach zu durchschauMachbarkeitsstudie im Hessischen Ried Mehr Trinkwasser aus dem Rhein F Die trockenen Sommer der letzten Jahre haben die Trinkwasserversorgung im Rhein-Main-Gebiet bedroht. Eine Machbarkeitsstudie hat deshalb untersucht, wie es möglich wäre, noch mehr Wasser aus dem Rhein als Trinkwasser aufzubereiten. Dazu gibt es drei Möglichkeiten – bei allen sollen ca. fünf Mio. Liter Wasser pro Stunde aufbereitet werden. Dies entspricht der doppelten Menge der aktuellen Kapazitäten. Eine der Möglichkeiten wäre der Ausbau des Brauchwasserwerkes in Biebesheim. Andere Varianten wären der Bau eines weiteren Brauchwasserwerkes im nördlichen Ried oder eines Uferfiltratwasserwerkes im südlichen Ried. Die Machbarkeitsstudie wurde vom Wasserverband Hessisches Ried durchgeführt und hat die technischen Maßnahmen zur Deckung des wachsenden Wasserbedarfs untersucht. Im Ergebnis wurde außerdem bestätigt, dass zusätzlich infiltriertes Brauchwasser die Grundwasserqualität nicht nachteilig verändern wird. Im nächsten Schritt stehen nun Gespräche zwischen dem Wasserverband, dem Land und den öffentlichen Wasserversorgern auf dem Plan. Dabei soll unter anderem der Wasserbedarf für die Region ermittelt werden. P Quelle: fotografci/stock.adobe.com Blick über das Hessische Ried 16 energie | wasser-praxis 04/2024 NACHRICHTEN

endes Regelwerk umgesetzt werden soll. Weniger glücklich sind zudem Umfang und Komplexität der Berichterstattungspflichten, die in den unterschiedlichen Richtlinien in Teilen thematisch redundant verankert sind. Besonders mittlere und kleinere Unternehmen werden dabei vor die Herausforderung gestellt, den obligatorischen Reportinganforderungen umfänglich nachzukommen. Umgekehrt gilt: Transparenz erleichtert das Handeln von Kunden und Geschäftspartnern, Wettbewerbsverzerrungen können eingedämmt, unternehmerisch verantwortliches Handeln belohnt werden. Auch Unternehmensstrategien lassen sich ableiten. Diesen Nachhaltigkeitsanforderungen wird auch in der Wasserwirtschaft weiter gefolgt werden. Die Unternehmen und Verbände in der bundesweiten Wasserwirtschaft bewerten die Entwicklung in Summe als eine Chance, um Umweltverschmutzung einzudämmen, sich an den Klimawandel anzupassen und die weitere Klimaerwärmung durch die Nutzung erneuerbarer Energien und Effizienzgewinne einzudämmen. Diese Nachhaltigkeitsorientierung weiter auszubauen und in wirksames unternehmerisches Handeln zu übersetzen, wird für die Wasserwirtschaft eine wichtige Triebkraft sein. Um nun als deutscher Trinkwasser- und Abwassersektor die Anforderungen der Berichterstattung gut bewältigen zu können, ist eine verbändeübergreifende Arbeitsgruppe zwischen BDEW, DVGW, DWA und VKU gegründet worden. Ihr Ziel ist es, sowohl die direkt nach CSRD und Taxonomie berichterstattungspflichtigen Unternehmen wie auch kleine und mittlere Versorger bestmöglich zu unterstützen. Dabei soll zunächst eine praxistaugliche Handlungsorientierung zur Umsetzung der verbindlich vorgeschriebenen ESRS gegeben werden, an welcher sich jedes einzelne Unternehmen individuell orientieren kann. Zentrales Element wird dabei die sektorbezogene Wesentlichkeitsanalyse der Themen der Trink- wie Abwasserunternehmen sein, in welcher sich dann viele Unternehmen hoffentlich wiederfinden können. Das so erarbeitete ESRS-Set für die Wasserwirtschaft soll neben weiteren konkreten Handlungsempfehlungen bis zum Jahresende in einen Branchenleitfaden münden, der allen Mitgliedsunternehmen verfügbar gemacht werden soll. Darüber hinaus sind auch weitere Angebote wie Schulungen und Workshops denkbar. Nicht zuletzt hält die Arbeitsgruppe engen Kontakt mit dem Rat für Nachhaltige Entwicklung, der derzeit an einem Reformvorhaben des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) arbeitet. Einige Wasserwirtschaftsunternehmen nutzen den DNK als vergleichsweise einfach zugänglichen Prozessstandard der Nachhaltigkeitsberichterstattung bereits heute. Auch hierüber verspricht sich die Arbeitsgruppe gute Hinweise und nutzbringende Möglichkeiten, um gesetzliche Anforderungen mit vertretbarem Aufwand zugunsten der Wasserwirtschaftsunternehmen verfügbar zu machen. PGrüner Wasserstoff aus Dänemark F Schleswig-Holstein soll bei dem deutschen Vorhaben, bis 2045 klimaneutral zu werden, eine wichtige Rolle spielen: Grüner Wasserstoff soll zukünftig von Dänemark nach Norddeutschland geliefert werden. Bereits im Frühjahr 2023 hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck dazu eine Absichtserklärung mit dem skandinavischen Land unterzeichnet. Ab dem Jahr 2028 soll grüner Wasserstoff über eine Pipeline von Dänemark nach Deutschland strömen. Etwa 50 Unternehmen aus der Energie- und Wasserstoffwirtschaft sollen das Vorhaben des Dachverbandes der dänischen Industrie (Dansk Industri) und des Branchenverbandes der Energiewirtschaft, Green Power Denmark, umsetzen. Der Branchenverband sieht in der deutschen Wasserstoffstrategie große Exportchancen für das Nachbarland. Denn Deutschland wird 50 bis 70 Prozent seines künftigen Wasserstoffbedarfs importieren müssen. Der grüne Wasserstoff soll mittels Hydrolyse mit Strom aus OffshoreWindparks hergestellt werden. Über Gleichstrom-Seekabel soll dazu die Energie gebündelt von der Insel Bornholm und einer noch zu bauenden Energieinsel in der Nordsee an Land geleitet werden. Zunächst sollen sechs Gigawatt, später dann 16 Gigawatt Strom zur Herstellung von grünem Wasserstoff zur Verfügung stehen. Ein erster Großkunde für den grünen Wasserstoff aus Dänemark steht bereits fest: Die Stadtwerke Flensburg wollen ihr Heizkraftwerk auf den klimaneutralen Brennstoff umstellen. Der Wasserstoff aus dem Nachbarland soll jedoch nicht nur in Schleswig-Holstein verbraucht, sondern über das Wasserstoffkernnetz weitergeleitet werden. Im norddeutschen Bundesland soll nämlich zusätzlich eine eigene Wasserstoffproduktion entstehen. Schon 2030 werden 1,5 Gigawatt für die Hydrolyse zur Verfügung stehen, sodass der Bedarf voraussichtlich mit der eigenen Produktion abgedeckt werden kann. Längerfristig soll die Produktion dann stark ansteigen und Wasserstoff in andere Landesteile verteilt werden. P Quelle: BVpix/stock.adobe.com 17 energie | wasser-praxis 04/2024

Rückbauplanung Statt eines geplanten, konsequenten Rückbaus begegnet man in Quellgebieten vielfach ehemals genutzten Quellfassungen, die dem Verfall und der Rückeroberung durch die Natur überlassen wurden (Abb. 1). In solchen Fällen wurde die Wassergewinnung aus qualitativen und quantitativen Gründen vollständig auf andere Anlagen verlagert, oft verbunden mit einem Ablauf, Verzicht oder einer Aufgabe der wasserrechtlichen Entnahmegenehmigung und des zugehörigen Wasserschutzgebietes. Quellfassungsanlagen bestehen in der Regel aus mehreren einzelnen Bauwerksteilen, die über Rohrleitungen miteinander verbunden sind [1]: • Fassungseinrichtung (z. B. horizontale Sickerleitung mit Betonstaumauer, Filterkiesschüttung, Betonabdeckung Rückbau aufgelassener Quellfassungen (Teil 2) Quellen sind in die Lithosphäre und in den hydrologischen Kreislauf eingebettet und stellen seit Menschengedenken die Grundform einer gesicherten standörtlichen Wasserversorgung dar. Das Ausmaß ihrer Resilienz ist die Wiederergänzungsfähigkeit des Quellwasservorkommens gegenüber den saisonalen Bedingungen im Neubildungsgebiet. Signifikant abnehmende neubildungsfähige Niederschläge und längere Trockenperioden führten bis Herbst 2023 in vielen Regionen Deutschlands zu nachlassenden Quellschüttungen. Dieser Beitrag erläutert die planerischen Aspekte eines qualifizierten Rückbaus bereits aufgegebener Quellen. Nachdem sich der erste Teil mit den technischen und rechtlichen Grundlagen eines Rückbaus beschäftigt hat, werden im zweiten Teil die konkrete Planung und Umsetzung eines solchen Vorhabens erläutert. von: Prof. Dr. Christoph Treskatis (Bieske und Partner Beratende Ingenieure GmbH) und Lehmabdichtung oder Quellschacht mit Lehmabdichtung), • Ablaufleitung zum Quellsammelschacht (z. B. Guss-, Beton- oder PE-Rohre), • begehbarer Quellsammelschacht (z. B. Beton- oder PE-Schacht mit einem oder mehreren Quellzuläufen; Schachteinstieg meist von oben), • begehbare Quellfassungsstollen, • Ablaufleitung zum Hochbehälter oder direkt ins Versorgungsnetz, • Grundablassleitung und Überlaufleitung zum nächstgelegenen Vorfluter, • Auslaufbauwerk mit Froschklappe, • Drainageleitungen zur Oberflächenentwässerung, die in einen separaten Revisionsschacht entwässern oder direkt auf die Grundablassleitung angeschlossen sind, • bisweilen befinden sich im Quellgebiet auch noch Speicher- oder Vorlagebehälter, von denen aus Quellwasser direkt ins Versorgungsnetz geleitet wurde. Besonders Quellfassungsbauwerke in abgelegenen Regionen, die nur selten hinsichtlich ihres Bauzustandes kontrolliert und gewartet wurden, weisen häufig einen desolaten Zustand auf, vor allem wenn die Quelle bereits schon länger nicht mehr für die Wasserversorgung genutzt wird (Abb. 2). Im unDer erste Teil des Fachbeitrags ist in der Märzausgabe (3/2024) dieser Fachzeitschrift erschienen. INFORMATIONEN Quelle: C. Treskatis Abb. 1: Aufgelassene Quellfassung mit Baumbewuchs 18 energie | wasser-praxis 04/2024 TECHN I K

günstigsten Fall können Schachtdeckel so weit korrodiert sein, dass sie beim Betreten durchbrechen. Ebenso können Schachtbauwerke oder Fassungsstollen aufgrund von Hangbewegungen oder Setzungen so weit in ihrer Statik geschwächt sein, dass ein sicheres Betreten nicht mehr gewährleistet ist. Bei Schächten, die aus übereinander gesetzten Schachtringen bestehen, lassen sich bisweilen Hangbewegungen durch die Versatzbeträge der Betonringe an den Schachtfugen quantifizieren. Werden die Versatzbeträge zu groß, kann Bodenmaterial über die Fugen in den Schacht eindringen, was wiederum Setzungen am Schachtrand mit besseren Wasserwegsamkeiten und damit eine Beschleunigung des Bauwerksverfalls zur Folge haben kann. Gemäß dem DVGW-Arbeitsblatt W 127 lässt sich auch aus den Bauordnungsvorschriften und individuellen wasserrechtlichen Genehmigungen bei Quellfassungen eine Verpflichtung zum Rückbau baulicher Anlagen ableiten, sofern durch defekte Bauwerke Gefährdungen für Menschen und das Grundwasser entstehen können [1]. Dies betrifft vor allem Quellfassungen, die dauerhaft außer Betrieb genommen wurden. Da eine Quellrückbaumaßnahme neben einer Gefahrenabwehr primär eine Aufwertung der ökologischen Verhältnisse im Quellfassungsbereich sowie ggf. auch in den unterliegenden Flächen einschließlich des Quellbaches zum Ziel hat, sind bei den Planungen die jeweiligen länderspezifischen naturschutz- und wasserrechtlichen Belange zu berücksichtigen. Die wichtigste Prämisse, die es bei jedweder Rückbautätigkeit an einer Quellfassungseinrichtung zu berücksichtigen gilt, lautet: Das Wasser aus einer Quellfassung muss immer und dauerhaft ungehindert abfließen können. Praktische Ausführung Detaillierte Ausführungen zum technischen Rückbau von Quellfassungen finden sich beispielsweise im „Aktionsprogramm Quellen in Bayern, Teil 3: Maßnahmenkatalog für den Quellschutz“ des Bayerischen Landesamtes für Umwelt [2]. Hinweise zum Rückbau einer flachen Quellfassung mit faunistisch-ökologischen Bestandsaufnahmen des Quellumfeldes finden sich auch in [3]. Anleitungen zur Kartierung und ökologischen Bewertung von Quellen als Grundlage für geplante Rückbau- und Renaturierungsmaßnahmen beschreibt [4]. Für den Rückbau von nicht mehr genutzten, maroden oder einsturzgefährdeten Quellsammelschächten kommen im Prinzip zwei Möglichkeiten in Betracht [1]: • Rückbau der oberirdischen Sammelschachtbauteile mit ebenerdiger Verfüllung des im Untergrund verbleibenden, restlichen Schachtes. • Komplette Entfernung des Sammelschachtbauwerkes und der Rohrleitungen mit ebenerdiger Verfüllung der Baugrube. Ein einfaches Zustöpseln der Ablaufleitung in der Hoffnung, das Quellwasser wird schon irgendwie seinen Weg ins Freie finden, kann fatale Folgen haben. Wenn die Quellfassung technisch optimal gefasst wurde, dann ist das Quellfassungsbauwerk in der Regel komplett mit einem Lehmschlag eingehaust und die Fassungseinrichtung liegt auf der grundwasserstauenden Schicht. Wird das Ablaufrohr verschlossen, staut sich innerhalb des Quellfassungsbauwerkes und im anschließenden Gebirge das Grundwasser so weit auf, bis der Wasserdruck ausreicht, um das Bauwerk zu zerstören [1]. Ähnlich wie bei einem Dammbruch sucht sich das Grundwasser dann unter hohem Druck seinen Weg nach außen, wodurch es je nach Quellschüttung und anstehender Geologie zu unkontrollierten Ausschwemmungen, Kolkbildungen, Setzungen oder im ungünstigsten Fall, z. B. nach Stark- oder Dauerregen, zu Hangrutschungen kommen kann. Ein Aufstau des Grundwassers innerhalb der Fassungseinrichtung sowie im anschließenden Gebirge muss daher grundsätzlich vermieden werden. Ebenso muss durch die Rückbaumaßnahme sichergestellt werden, dass wasserstauende Schichten weder verletzt noch durchstoßen werden. Wie beim Bau und der Sanierung von Quellfassungen sollten deshalb auch für den Rückbau von Quellfassungsbauwerken nur fachkundige Spezialfirmen, die über ein grundlegendes Verständnis der geohydraulischen Verhältnisse in Quellgebieten verfügen, eingesetzt werden. Wenn die Ausleitung des Quellwassers nach den Rückbaumaßnahmen über den bestehenden Grundablass erfolgen soll, müssen bei beiden zuvor genannten Rückbauvarianten die Quellzulaufleitungen innerhalb des im Boden verbleibenden Schachtes oder innerhalb der vom Schacht beräumten Baugrube auf die Grundablassleitung angeschlossen werden. Diese Anschlussarbeiten sind innerhalb des zu erhaltenden Teils des Schachtbauwerkes in der Regel wesentlich einfacher als in der offenen Baugrube durchzuführen. Aufgrund des permanent zuströmenden Quellwassers muss bei einem B Quelle: C. Treskatis Abb. 2: Aufgelassener Quellsammelschacht mit Wasserableitung in einem Graben 19 energie | wasser-praxis 04/2024

Komplettabbruch des Schachtbauwerkes innerhalb der Baugrube eine Wasserhaltung mittels Pumpen erfolgen, damit kein Erdreich in die Grundablassleitung eingeschwemmt wird. Innerhalb des Schachtes kann dagegen die Verrohrung bei laufendem Quellwasser meist problemlos eingebaut werden, wobei ggf. Trennwände innerhalb des Schachtes gekappt oder beseitigt werden müssen. Bei mehreren Quellzuläufen kann sich die Anbindung an das bestehende Grundablassrohr etwas schwierig gestalten, vor allem wenn der Quellschacht eng bemessen ist. Neben dem Einbau mehrerer Y-Stücke besteht auch die Möglichkeit, die Zulaufrohre bis zur Grundablassleitung zu verlängern und den „Anschluss“ über einen kleinen Betonschacht (vergleichbar einem Quellschacht) zu gewährleisten [1]. Ist das Grundablassrohr in den Schachtboden integriert oder liegt ebenerdig mit dem Schachtboden, können z. B. auch Betonhalbschalen oder U-Profile über die Zulaufrohre und das Grundablassrohr gestülpt werden, um einen Verbindungskanal herzustellen. Die Enden dieses „Kanals“ müssen gut mit einer Betonplombe verschlossen werden, damit später das Verfüllmaterial nicht in die Leitungen eingeschwemmt werden kann. Allerdings ist am Schachtboden eine kleine Ablauföffnung zur Grundablassleitung vorzusehen, damit Schwitzwasser oder Niederschlagswasser aus dem Schachtbauwerk ungehindert ablaufen kann. Abb. 3: Abriss des Schachtbauwerkes einer alten Quellfassung mit schwerem Gerät ber kann ggf. auch bindigeres Bodenmaterial eingebaut werden. Die obersten 0,5 bis 1,0 m des Schachtbauwerkes sollten in der Regel komplett entfernt werden, um einen gleichmäßigen Bodenanschluss an das umgebende Gelände zu gewährleisten. Um zu verhindern, dass feinkörniges Bodensubstrat in den Verfüllbereich eingeschwemmt wird, kann ein Sandgegenfilter (Stärke ca. 0,1 m) und eine Lehmabdichtung (Stärke ca. 0,1 m) ca. 0,3 bis 0,4 m unter Gelände eingebaut werden, wobei die Lehmdichtung gut an die Baugrubenwände anbinden sollte. Darüber kann bindiges Bodenmaterial und eine Humuslage oder Bodensubstrat aus der unmittelbaren Umgebung aufgebracht werden. Die gleiche Vorgehensweise gilt prinzipiell auch bei einem kompletten Rückbau des Schachtbauwerkes, wobei es sich hierbei allerdings um eine deutlich Verfüllung Die Verfüllung der im Untergrund verbleibenden Schachtteile kann bis über die Verrohrungsleitungen mit Füllkies (z. B. Korngröße 4 bis 8 mm) erfolgen, der setzungsfrei einzubauen ist. DarüAbb. 4: Beispiele „überdeckter Grundablässe“ rückgebauter Quellen Quelle: C. Treskatis Quelle (beide): C. Treskatis 20 energie | wasser-praxis 04/2024 TECHN I K

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