DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 2/2024

energie | wasser-praxis 02/2024 www.energie-wasser-praxis.de energie | wasser-praxis 02 Wasserstoff | Transport Prüfkennzeichen bescheinigt Eignung für Wasserstoff Energie | Wende Kommunale Wärmeplanung nach dem Baukastenprinzip Wasser | Versorgung Vorkommen von Kleintieren in der Trinkwasserverteilung 75. Jahrgang | Februar 2024 | ISSN 1436-6134 IT-Sicherheit für die Betreiber kritischer Infrastrukturen B3S WA waldwasser Akademie Moos Wir bilden aus zum/zur Starttermin: 13.05.2024 Geprüften Wassermeister/in an der Wasserversorgung Bayerischer Wald Körperschaft d. ö. Rechts Waldwasserallee 1 D-94554 Moos Inhaltlich Verantwortlicher gemäß §6 MDStV Hermann Gruber

B1 Technik Wasserwirtschaft Wasserbedarf Wassergewinnung Wasseraufbereitung Wasserförderung Wasserspeicherung Wasserverteilung Bauabwicklung B2 Organisation +Personal Kostenwesen Arbeits-, Umwelt- und Gesundheitsschutz Personalführung und Personalentwicklung Recht A Grundlegende Qualiikation Wirtschaft Information Kommunikation Zusammenarbeit im Betrieb Mathematik Physik und Chemie Aufbau Lehrgang Geprüfte/r Wassermeister/in Die Ausbildung in Moos ndet an einem der modernsten Wasserwerksstandorte Europas statt Die zunehmende Digitalisierung der Wasserversorgung wird praxisnah durch den Einsatz der waldwasserSoftware vermittelt Die Prüfung wird von der (Bayerischen Verwaltungsschule) abgenommen www.waldwasser.eu Sie wollen mehr erfahren? 24 Wochen Ausbildung in 2 Jahren Kontakt waldwasser: Frau Weidgans Telefon: 09938/91923-125 Diana.Weidgans@waldwasser.eu waldwasser Akademie Moos

energie | wasser-praxis 02/2024 www.energie-wasser-praxis.de energie | wasser-praxis 02 Wasserstoff | Transport Prüfkennzeichen bescheinigt Eignung für Wasserstoff Energie | Wende Kommunale Wärmeplanung nach dem Baukastenprinzip Wasser | Versorgung Vorkommen von Kleintieren in der Trinkwasserverteilung 75. Jahrgang | Februar 2024 | ISSN 1436-6134 IT-Sicherheit für die Betreiber kritischer Infrastrukturen B3S WA

Trau dich! Du bist besser vorbereitet, als du denkst. Foto: Juri - stock.adobe.com www.dwa.info/tsm DWA TSM Abwasser Stauanlagen Gewässer  Arbeits- und Betriebsabläufe optimieren  Schwachstellen erkennen  Arbeitssicherheit und Gefahrenprävention  Rechtssicherheit  Unterstützung der technischen Selbstverwaltung  Reduzierung unnötiger Kosten Sprechen Sie uns an! Frau Nina Müller +49 2242 872-136 tsmdwa.de www.dwa.info/tsm Technisches Sicherheitsmanagement 2024 © Tom Bayer - adobestock.com

Wasserstoff im Netz – es ist möglich! Liebe Leserinnen und Leser, ich bin davon überzeugt, dass grüner Wasserstoff elementar für ein dekarbonisiertes Energiesystem sein wird – denn er liefert Strom, wenn kein Wind weht und die Sonne nicht scheint, und er stellt sauberes Gas für Industrien bereit, die ihre Prozesse nicht elektrifizieren können. Aufgrund des zunächst knappen Angebots des Energieträgers sowie des aktuellen Diskussionsstands in der Politik sollten Anwendungsfälle für grünen Wasserstoff zunächst priorisiert werden. Mit dem erfolgreichen Abschluss unseres „H2-20“-Projekts im sachsen-anhaltischen Schopsdorf haben wir gemeinsam mit DVGW, EBI und GWI gezeigt, dass Wasserstoff im Gasverteilnetz möglich ist. Wir haben gleichzeitig auch den Nachweis erbracht, dass eine H2-Beimischung bis 20 Volumenprozent für Bestandsgeräte ohne Veränderung der Geräteeinstellung möglich ist. Unser Gasverteilnetz ist für die Beimischung ebenfalls ohne technische Anpassungen geeignet. Die Ergebnisse des Projekts bilden aus unserer Sicht die Grundlage für die Aufnahme der Wasserstoffbeimischung in das DVGW-Regelwerk. Neben den technischen Belegen zur Machbarkeit der Beimischung von Wasserstoff in örtlichen Verteilnetzen haben wir mit unserem Schopsdorf-Projekt insbesondere auch die Akzeptanz für den Energieträger erhöht – und zwar sowohl bei den Anwendern als auch in der breiteren Öffentlichkeit. Zwar gab es während der Vorbereitung des Projekts auch Bedenken und Widerstände bezüglich der Beimischung. Wir konnten jedoch durch gute Argumente und einen einwandfreien technischen Betrieb davon überzeugen, dass es keinen Grund zur Sorge gibt. Weiterhin hat das Projekt großes öffentliches wie auch mediales Interesse erregt und wurde insbesondere auch im Rahmen der Gaskrise als Leuchtturm für den Weg in eine dekarbonisierte und unabhängige Energieversorgung gesehen. Hierauf sind wir als Unternehmen stolz und möchten an den guten Ergebnissen weiter anknüpfen. Bezüglich der Transformation unseres Gasnetzes sehe ich ebenfalls positive Entwicklungen: Lange Zeit gab es beim Thema Wasserstoff ein „Henne-Ei-Problem“. Durch den Entwurf der Bundesregierung zum Wasserstoff-Kernnetz wurde nun entschieden, dass der Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur auch ohne heute bereits existierendes Angebot und Nachfrage beginnen soll. Ein wesentlicher Bestandteil des Entwurfs ist, dass das Kernnetz möglichst auf bestehender Gasinfrastruktur aufgebaut werden soll, worin ich einen großen Beitrag zur Nachhaltigkeit sehe. Die Transformation des Erdgas- hin zum Wasserstoffnetz wird inkrementell erfolgen, sodass für eine lange Übergangsperiode beide Infrastrukturen parallel funktionsfähig sein müssen. Das künftige Wasserstoffnetz baut also auf dem heutigen Erdgasnetz auf, welches technisch mit angemessenem Investitionsaufwand auf den Transport von 100 Prozent Wasserstoff ertüchtigt werden kann. Die Transformation der Gasnetze beginnt im Gashochdrucknetz. Ich sehe deshalb eine mögliche Transformation des Mittel- und Niederdrucknetzes als zeitlich nachgelagert. Mögliche Potenziale für Wasserstoff im örtlichen Verteilnetz sollten aus meiner Sicht regional differenziert im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung gemeinsam mit den Kommunen eruiert werden. Ihr Frank Schwermer von: Frank Schwermer Geschäftsführer Netztechnik, Avacon Netz GmbH 3 energie | wasser-praxis 02/2024 ED I TOR I AL

INHALT 02/2024 Titel Quelle: wvgw 20 Datengestütztes Prognosemodell ermöglicht Vorhersage zu Brunnenzustand 34 Neuer Ansatz zur Standardisierung der kommunalen Wärmeplanung 46 Versorgungsunternehmen im Kampf gegen Cyber-Angriffe 78 Ich mach was mit Maschinen 3 | EDITORIAL 6 | NACHRICHTEN TECHNIK 16 | H2ready für Inliner • Andreas Bilsing 20 | Datengestützte Prognosemodelle für die Leistungsfähigkeit von Förderbrunnen • Dr. Mathias Riechel, Cyril Roth, Dr. Siri Hoppenau, Karen Hüske, Jürgen Sander, Dr. Ratko Posta, Hans-Hendrik Huber, Michael Rustler INTERVIEW 28 | „Der IRA wird uns helfen, unsere eigenen Probleme anders anzupacken!“ • Die Redaktion im Gespräch mit Dr. Carsten Rolle vom Weltenergierat – Deutschland e. V. ORGANISATION & MANAGEMENT 34 | Wärmenetze nach dem Baukastenprinzip: Ein Ansatz zur Standardisierung der kommunalen Wärmeplanung • Nils Lemmerich, Dr. Benedikt Dahlmann, Dr. Oliver Opel 42 | Der neue B3S WA – Edition 2023: Eine Übersicht über die Neuerungen • Christian Cichowski, Daniel Fricke, Heiko Jepp, Rolf Tenner 46 | Versorgungsunternehmen im Kampf gegen Cyber-Angriffe • Manfred Godek FORSCHUNG & ENTWICKLUNG 52 | Über Auswirkungen verschiedener Klimamodellensembles auf Klimafolgenabschätzungen des Wasserhaushalts in Deutschland • Prof. Sabine Attinger, Dr.-Ing. Andreas Marx, Friedrich Boeing, Prof. Dietrich Borchardt, Prof. Georg Teutsch 56 | Kleintiere in der Trinkwasserverteilung – Vorkommen und Umsetzung des DVGW-Arbeitsblattes W 271, Teil 3: Bewertung des Vorkommens der Meio- und Mikroinvertebraten • Dr. Ute Michels, Dr. Günter Gunkel, Michael Scheideler 34 78 46 IT-Sicherheit in der Versorgungswirtschaft Ab Seite 42 4 energie | wasser-praxis 02/2024 75. Jahrgang | Februar 2024 | ISSN 1436-6134 IT-Sicherheit für die Betreiber kritischer Infrastrukturen B3S WA 20

Beilagenhinweis: Einem Teil dieser Ausgabe liegt eine Beilage der MEORGA GmbH bei. TECHNISCHE REGELN & NORMEN 62 | Ermittlung von Widerstandsbeiwerten für Form- und Verbindungsstücke in der Trinkwasserinstallation • Christoph Theelen 62 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 62 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 64 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN 76 | DVGW-Veranstaltungsvorschau für Februar und März 2024 5 energie | wasser-praxis 02/2024 ARBEITS | welten 78 | Ich mach was mit Maschinen BILDUNGS | welten 80 | Abschluss des Neuordnungsverfahrens für umwelttechnische Berufe: Entwicklungspfad von Fachkräften hin zu Umwelttechnologinnen/-technologen erfolgreich vollzogen 83 | PRAXIS & PRODUKTE SERVICE 85 | Stellenanzeigen 86 | Bezugsquellen 90 | Impressum www.dvgw-ebi.de lGASKURSUS 2024 Der Gaskursus ist Teil des Fortbildungsprogramms des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW). Er dient der Weiterbildung und soll neuen und fachfremden Mitarbeitern der Versorgungsunternehmen die Einarbeitung in gasfachliche Themen erleichtern. Erfahrene technische Fach- und Führungskräfte sowie Mitarbeiter, die in ihren Unternehmen für die Gasversorgung verantwortlich sind, erhalten hier Einblick in aktuelle gasfachliche Themen. Der Gaskursus findet vom 08. bis 12. April 2024 in Karlsruhe statt. Anmeldung und Informationen zur Veranstaltung finden Sie unter: www.dvgw-ebi.de

DVGW-Vorstand Dr. Wolf Merkel zu Beratungen über agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung „Gewässerbelastungen durch die Landwirtschaft müssen weiter reduziert werden“ F Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand Wasser, äußert sich zu den parlamentarischen Beratungen über den agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung: „Landwirtschaftliche Betriebe haben neben der wichtigen Funktion der Sicherstellung unserer Ernährung eine große Verantwortung beim Schutz unserer Umwelt. Hier gilt es, die Trinkwasserressourcen besser zu schützen, indem die Landwirtschaft Gewässerbelastungen aus Stickstoffüberschüssen sowie chemischen Pflanzenschutzmitteln weiter reduziert.“ In der aktuellen Düngeverordnung sieht Merkel keine alleinige Wende. Denn bislang fehle ein Wirksamkeitsmonitoring, sodass nicht gesichert sei, ob die Umwelt von der Verordnung profitiere. Auch die Stoffstrombilanzverordnung geht Merkel nicht weit genug: „Die darin festgelegten Obergrenzen für Nährstoffüberschüsse sind viel zu hoch, um Gewässer wirksam zu schützen. Hier müssen die zulässigen Düngemengen für die landwirtschaftlichen Betriebe deutlich abgesenkt werden.“ Eine Verschärfung des Düngerechts hält Merkel für sinnvoll. Von der Reduktionsstrategie für chemische Pflanzenschutzmittel (PSM) der Bundesregierung erhofft sich der DVGWVorstand Wasser konkrete Maßnahmen, die den Einsatz von PSM und die damit für die Trinkwasserressourcen verbundenen Einträge senken. Die Bemühungen um eine nachhaltigere Anwendung von Pflanzenschutzmitteln auf europäischer Ebene sind zunächst gescheitert. „Umso wichtiger ist es nun, zeitnah einen Fahrplan auf nationaler Ebene vorzulegen, der auch die Belange des Gewässerschutzes umfassend berücksichtigt“, erklärt Merkel. P F Die Initiative AquaVentus fordert anlässlich der Vorstellung eines neuen Project-Showcast-Films den Start einer Auktion für das Nordseegebiet SEN-1. Dies sei eine zentrale Voraussetzung für den Wasserstoff-Markthochlauf. Die Ausschreibung des Gebietes biete die einmalige Chance, geeignete Flächen mit einem leistungsfähigen Auktionsdesign zur Produktion von grünem Wasserstoff sicherzustellen und dadurch Innovation und Versorgungssicherheit zu garantieren. Laut Jörg Singer, dem Vorsitzenden der Initiative AquaVentus, müsse dies zeitnah und mit einer hinreichenden Planbarkeit für alle Beteiligten geschehen. Er fordert daher vom Bundeswirtschaftsministerium, die Umsetzung anzugehen und die Ausschreibung dahingehend zu gestalten, dass eine leistungsfähige und wirtschaftlich nachhaltige Erzeugung von grünem Wasserstoff auf See möglich wird. Der vorgestellte Film verdeutlicht die bereits erreichten Fortschritte bei der Entwicklung von grünem Wasserstoff auf See. Die Teilprojekte zum Ausbau der Offshore-Elektrolyse in der Nordsee sind seit dem Start von AquaVentus konkret geworden. Dazu zählen AquaPrimus als Demonstration und Testlabor des Vorhabens, AquaCampus, ein europaweit einzigartiges Forschungsareal, sowie AquaDuctus, die Wasserstoff-Pipeline in der Nordsee. Der Film unterstreicht die Rolle von AquaVentus als wichtiger Akteur im Aufbau eines funktionierenden Wasserstoffmarktes. Rund 100 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen rund um die maritime Wertschöpfungskette haben sich in der Initiative zusammengeschlossen. Bis 2035 will AquaVentus insgesamt 10 Gigawatt Leistung aus grünem Wasserstoff in der Nordsee erzeugen. Der Film ist auf YouTube abrufbar: www.youtube.com/ watch?v=H0i2YpsG3Ug P Initiative stellt Project-Showcast-Film zu grünem Wasserstoff aus der Nordsee vor AquaVentus fordert zeitnahe Ausschreibung zum Ausbau der Offshore-Elektrolyse Quelle: glimpseofsweden/iStock.com 6 energie | wasser-praxis 02/2024 NACHRICHTEN

51 neue Trinkbrunnen zur EURO 2024 Bewerbungsphase ist gestartet Quelle: Bruno Kelzer F Unter dem Motto „EURO 2024 nachhaltig: ein Spiel – ein Trinkbrunnen“ startet der Verein a tip: tap e. V. im Rahmen der Fußballeuropameisterschaft der Herren in Deutschland eine vom Bundesumweltministerium geförderte Kampagne zur Steigerung der Bekanntheit von Trinkbrunnen. Bis zum 4. März 2024 können sich Städte, Gemeinden und Wasserversorger auf einen von 51 Trinkbrunnen bewerben. Trinkbrunnen sollen ins Rampenlicht gerückt und Menschen für Leitungswasser begeistert werden. „Mit der Trinkbrunnen-Kampagne leisten wir einen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit nicht nur zur EM, sondern auch darüber hinaus“, erklärt Elena Beutler aus dem Vorstand des gemeinnützigen Vereins a tip: tap (ein Tipp: Leitungswasser). Das Interesse ist groß: Bis zum Start der Bewerbungsphase am 22. Januar 2024 waren bereits über 400 Interessensbekundungen eingegangen. Trinkwasser muss für alle Menschen verfügbar sein. Mit Blick auf den voranschreitenden Klimawandel sind Trinkbrunnen ein wichtiges Element in Sachen Hitzeschutz. Besonders wohnungslose und ältere Menschen sind im Sommer durch die Risiken von Flüssigkeitsmangel gefährdet. Die Kampagne soll über die Europameisterschaft hinaus Städte und Gemeinden dazu animieren, die Verfügbarkeit von Trinkwasser und Trinkbrunnen in ihre Hitzeaktionspläne aufzunehmen. Denn eine einfache und effektive Möglichkeit, den Risiken von extremer Hitze entgegenzuwirken, besteht darin, Menschen in der Öffentlichkeit einfachen Zugang zu Trinkwasser bereitzustellen. Der Zugang zu Trinkwasser in der Öffentlichkeit hat mehrere Vorteile. Zum einen: viel trinken können, um die Hitze besser zu bewältigen. Zum anderen fördert die Bereitstellung von Trinkwasser aber auch das Bewusstsein für den nachhaltigen Umgang mit Wasser und reduziert dadurch den Verbrauch von Einwegplastikflaschen. Durch den Zugang zu kostenlosem Trinkwasser werden die Menschen ermutigt, ihre eigene wiederverwendbare Flasche mitzubringen und den Bedarf an Plastikflaschen zu verringern. A tip: tap e. V. verbindet die Trinkwasser-Kampagne mit dem Ereignis der Fußballeuropameisterschaft, das erfahrungsgemäß viel Aufmerksamkeit generiert. Die UEFA EURO 2024 soll die nachhaltigste Fußballeuropameisterschaft aller Zeiten werden. Das nimmt der gemeinnützige Verein zum Anlass, um den Konsum von Leitungswasser in Sportvereinen zu fördern und so dazu beizutragen, ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit zu erreichen – auch über das Turnier hinaus. Die 51 Städte, Gemeinden und Wasserversorger, die die Förderung gewinnen, erhalten pauschal 15.000 Euro für Anschaffung, Bau, Wartung und den mindestens fünfjährigen Betrieb eines Trinkbrunnens. Die zehn Gastgeberstädte der EURO 2024 können bei Erfüllung der Kriterien fest mit einem Trinkbrunnen rechnen. Bei mehr als 51 qualifizierten Bewerbungen werden die Trinkbrunnen verlost und gemäß Bevölkerungszahl auf die 16 Bundesländer aufgeteilt. Die Trinkbrunnen-Kampagne wird von a tip: tap e. V. in Kooperation mit dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund, dem Verband kommunaler Unternehmen und der Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft durchgeführt. Weitere Informationen zur Trinkbrunnen-Kampagne und das Formular zur Bewerbung finden sich unter: www.euro-trinkbrunnen.de P 7 energie | wasser-praxis 02/2024

Markthochlauf von Nutzfahrzeugen mit Brennstoffzellen und grünem Wasserstoff DWV-Fachkommission HyMobility veröffentlicht Umweltanalyse zur H2-Mobilität F Die Fachkommission HyMobility des Deutschen Wasserstoff-Verbandes e. V. (DWV) hat am 16. Januar 2024 die Ergebnisse ihrer aktuellen Umweltanalyse vorgestellt. Die von der Fachkommission in Auftrag gegebene Kurzstudie wurde von der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik (LBST) durchgeführt und befasst sich mit dem Markthochlauf von Nutzfahrzeugen mit Brennstoffzellen und grünem Wasserstoff. Das Ergebnis ist deutlich: Die Klimaschutzziele bis 2030 können der Analyse zufolge nur unter Einbeziehung des Nutzfahrzeugsektors erreicht werden; hier ist die erste Wahl der Technologie die Brennstoffzelle und die Nutzung von grünem Wasserstoff. Die Studie analysierte verschiedene Elektrifizierungsszenarien, die politische Ziele und Regulierungen simulieren – darunter auch solche, die derzeit in Kraft sind oder zwischenzeitlich aufgehoben wurden. Dabei wurden die Ergebnisse der ursprünglichen Studie überprüft und aktualisiert. Die dabei gemachten Erkenntnisse zeigen, dass die CO₂-Minderung in den untersuchten Szenarien im Vergleich zum Jahr 2023 lediglich 15 bis 33 Prozent beträgt und damit deutlich unter den für die Erreichung der Klimaschutzziele erforderlichen 49 Prozent liegt. Die Studie betont die entscheidende Rolle der Dekarbonisierung des schweren Nutzfahrzeugsegments, da eine Sattelzugmaschine CO₂-Emissionen in Höhe von 40 bis 50 Pkw verursacht. Projektleiter Sebastian Kobbelt sagt in diesem Zusammenhang: „Mit den neuen Studienergebnissen können wir klar aufzeigen, wie es um die verbindlichen Klimaziele im Verkehrssektor steht: Die Ziele werden für 2030 deutlich verfehlt. Für einen schnellen Markthochlauf benötigen wir in Deutschland allein in den nächsten drei Jahren zwischen 25.000 und 50.000 klimafreundliche schwere Nutzfahrzeuge. Wir fordern erneut ein entschlossenes Handeln der Politik, um den ordnungspolitischen Rahmen für einen emissionsarmen Straßenverkehr zu schaffen, in dem neben batterieelektrischen Fahrzeugen auch die Brennstoffzelle eine Schlüsseltechnologie darstellt.“ Die Fachkommission HyMobility appelliert in diesem Zusammenhang an die Politik, zügig die regulatorischen Voraussetzungen für einen investitionssicheren Markthochlauf von Brennstoffzellen-Lkw zu ergreifen, um zuverlässig die erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor sicherzustellen. P 8 energie | wasser-praxis 02/2024 NACHRICHTEN VERANSTALTUNGSTIPPS 12.–13. März 2024, online Resilienz und Versorgungssicherheit in der öffentlichen Wasserversorgung Die zweitägige Veranstaltung präsentiert Praxisbeispiele, wie Versorger mit resilienten Systemen auch in Extremsituationen eine zuverlässige Trinkwasserversorgung gewährleisten. Erfahren Sie, wie sich Wasserversorgungsunternehmen auf künftige Extremwetterlagen vorbereiten, autarke Energieversorgung anstreben und digitale Präventionslösungen nutzen. www.dvgw-kongress.de/resilienz- wasserversorgung 12. März 2024, online Prüfung von Energieanlagen auf Explosionssicherheit gemäß BetrSichV Nach der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), §§ 15, 16 und Anhang 2, Abschnitt 3, Nrn. 4.1 und 5.1, sind Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen vor der erstmaligen Inbetriebnahme, nach prüfpflichtigen Änderungen und wiederkehrend mindestens alle sechs Jahre auf Explosionssicherheit zu prüfen. Diese Veranstaltung vermittelt kompakt die Anforderungen an die Prüfung von Energieanlagen der Gasversorgung. www.dvgw-kongress.de/explosionsschutz 13. März 2024, online H₂-Sicherheit Wasserstoff ist „zündfreudig“ und flößt Respekt ein – dabei ist sein Einsatz genauso sicher wie der von Öl oder Erdgas. Kenntnisse der sicherheitsrelevanten Faktoren rund um die Anwendung des gasförmigen Elementes helfen bei der Gefahrenvorbeugung. Lernen Sie in diesem Seminar die physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff kennen, das Materialverhalten bei seinem Einsatz und die damit einhergehenden Gefahrenquellen. www.dvgw-kongress.de/h2-sicherheit

Forschungsprojekt DIWA gestartet Auf dem Weg zu einem autonomen Frühwarnsystem für die Wasserqualität F Klimawandel, veränderte Landnutzung und Schadstoffeinleitungen bedrohen die Gewässerqualität. Das im Herbst 2023 gestartete Forschungsprojekt „Digitale vernetzte und interaktive Wasserqualitätsüberwachung“ (DIWA) entwickelt vor diesem Hintergrund ein kombiniertes Monitoring verschiedenster Qualitätsparameter und zielt damit auf ein innovatives Frühwarnsystem ab. Denn erst durch das Verständnis der komplexen Vorgänge, die die Wasserqualität bedingen, können angepasste, zukunftsweisende und nachhaltige Schutz- und Anpassungsmaßnahmen entwickelt werden. Extremereignisse wie Starkregen, Trockenperioden und die durch sie hervorgerufenen speziellen Dynamiken der Wasserqualität (z. B. Algenblüten) haben meist keine lange Vorlaufzeit. Daher ist dringend ein Monitoring nötig, das online und vor Ort Daten sammelt. Für die Online- und Vor-Ort-Analyse gibt es schon jetzt eine Vielzahl von Sensorsystemen für Wasserqualitätsparameter. Ziel des Projekts DIWA ist es, die bereits vorhandenen Sensorsysteme zum Algenwachstum, zum physikalisch-chemischen Gewässerzustand, zur Hydrodynamik und zur Wetterbeobachtung sowie Online-Messungen zur hygienisch-mikrobiologischen Wasserbeschaffenheit digital zu vernetzen. Im Hinblick auf das im Jahr 2022 durch Algen ausgelöste Fischsterben in der Oder soll zusätzlich ein Sensor für Goldalgen entwickelt werden. Zudem werden Wasserqualitätsparameter aus Satellitendaten einbezogen, um räumliche Muster zu erkennen. Im Rahmen des Projekts werden punktuell, linear und räumlich im Gewässer aufgenommene sowie historische Daten digital verknüpft und mit einer Abflussvorhersage gekoppelt. Aus der Vernetzung der Daten soll ein auf künstlicher Intelligenz basierendes Frühwarnsystem zur Wasserqualität entwickelt werden. Das TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser beschäftigt sich im Projekt insbesondere mit Online-Systemen zur Erfassung mikrobiologischer Parameter. P Die Wahnbachtalsperre bei Siegburg (Nordrhein-Westfalen) Quelle: TZW: DVGW-Technologiezentrum Wasser 9 energie | wasser-praxis 02/2024 dvgw-kongress.de/ digitale-netzdokumentation l Veranstaltungstermine lAktuelle Anforderungen an die digitale Netzdokumentation · GW 120 19. März 2024, online lQualitätssicherung in der Netzdokumentation · GW 130 20. März 2024, online lErteilung von Netzauskünften · GW 118 14. Mai 2024, online lMetasystematik zur Netzauskunft · GW 115 15. Mai 2024, online © iStockphoto.com / Rawpixel Digitale Netzdokumentation Jetzt informieren! DVGW Kongress GmbH

Quelle: Bettina Röder-Moldenhauer/evm Umstellung von L- auf H-Gas sieben Jahre nach Projektbeginn erfolgreich abgeschlossen Mammutprojekt sichert die Gasversorgung in der Region Mittelrhein langfristig F Das bisher größte Infrastrukturprojekt der Unternehmensgruppe Energieversorgung Mittelrhein (evm-Gruppe) wurde nach sieben Jahren erfolgreich abgeschlossen: Die Umstellung des Erdgasnetzes von L- auf H-Gas sichert die Gasversorgung in der Region langfristig. Vor zehn Jahren informierte die Open Grid Europe (OGE) als Betreiberin des Gasfernleitungsnetzes die evm-Gruppe über die notwendige Erdgasumstellung. Hintergrund war, dass die Erdgasförderung in den Niederlanden schrittweise eingestellt werden sollte. Von dort wurden größere Mengen an L-Gas in das Fernleitungsnetz eingespeist. Nun strömt stattdessen H-Gas aus Norwegen und anderen Bezugsländern durch das Netz der Energienetze Mittelrhein (enm). Sämtliche gasbetriebene Geräte mussten auf die neue Gasqualität anProjektleiter Andreas Weiland (2. v. r.) und weitere Beteiligte des Projekts Erdgasumstellung in einer der Gasstationen gepasst werden, da H-Gas einen höheren Brennwert hat. Umfangreiche Vorarbeiten und ein genauer Zeitplan waren für die erfolgreiche Umstellung nötig. Das Netzgebiet wurde in drei große Teilbereiche unterteilt. In jedem Haushalt musste geprüft werden, welche Gasgeräte vorhanden sind. Anhand der Daten konnten Experten dann ermitteln, wie das jeweilige Gerät auf H-Gas angepasst werden muss. Neuere Geräte passen sich selbstständig an die Gasqualität an. Für Erdgasheizungen musste in den meisten Fällen eine neue Düse eingebaut werden. In wenigen Ausnahmefällen musste die ganze Anlage ausgetauscht werden, da eine Anpassung aufgrund des Alters oder des Zustandes nicht möglich war. Vor der finalen Umstellung nahmen die Netzplanungsexperten der enm detaillierte Berechnungen vor und führten Probebetriebe durch. Geschäftsführer Hendrik Majewski sagt: „Unsere Spezialisten hatten alles so perfekt vorbereitet, dass die einzelnen Umstellungen ohne Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in unserer Region durchgeführt werden konnten.“ Für das Mammutprojekt waren neben dem 20-köpfigen Kernteam der evmGruppe rund 100 weitere Mitarbeiter des Unternehmens sowie mehrere Hundert Mitarbeiter von 15 Dienstleistern im Einsatz, die sich um die Erhebung und Anpassung der rund 220.000 Endgeräte der Kunden, um die Qualitätssicherung, den Kundenkontakt und vieles mehr kümmerten. P H2DIREKT: Blaupause für das Heizen mit reinem H2 F Die H2-Einspeiseanlage des Forschungsprojekts H2DIREKT in Hohenwart im bayerischen Landkreis Pfaffenhofen wurde im September letzten Jahres in Betrieb genommen. Teile des Gasnetzes der Unternehmen Thüga, Energie Südbayern und Energienetze Bayern wurden im Anschluss in einem Testgebiet auf 100 Prozent Wasserstoff umgestellt. In der Region werden nun bereits in dieser Heizperiode zehn Kunden mit reinem Wasserstoff versorgt – eine Blaupause für eine klimafreundliche Energieversorgung. Die Westfalen AG liefert den benötigten grünen Wasserstoff per Lkw nach Hohenwart. In der Einspeiseanlage wird der Druck des Wasserstoffs reduziert und in den entsprechenden Netzabschnitt eingespeist. Der Kooperationspartner Vaillant stellt die H2-fähigen Brennwertthermen. Vom Forschungsinstitut DVGW-EBI gab es zuvor grünes Licht für alle im Verteilnetzbereich verbauten Komponenten. Auch alle Komponenten in den Heizungsräumen der Haushalte sind H2-tauglich. Als Teil des Forschungsprojekts werden Regularien für die Messung von Wasserstoff aufgestellt. Das Messkonzept ist vom Eichamt bzw. vom Landesamt für Maß und Gewicht für den Feldtest freigegeben. H2DIREKT ist Teil des TransHyDE-Projekts „Sichere Infrastruktur“ und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. P 10 energie | wasser-praxis 02/2024 NACHRICHTEN

INES-Mitgliederkreis erweitert sich Die USG-Blexen GmbH wird 16. INES-Mitglied F Die Initiative Energien Speichern e. V. (INES) hat zum Jahresbeginn die USG-Blexen GmbH als neues Mitglied aufgenommen. Dadurch erweitert sich der Kreis der INES-Mitglieder um ein Unternehmen, das bislang Untergrundspeicher zur Lagerung von Erdöl und Mineralölprodukten betreibt. Die USG-Blexen GmbH hat jedoch bereits konkrete Maßnahmen zur Entwicklung eines Wasserstoffspeichers eingeleitet und erfüllt damit die Voraussetzungen für eine INES-Mitgliedschaft. Das Projekt „Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland“ des Bundeswirtschaftsministeriums beschreibt den Bedarf für Wasserstoffspeicher von politischer Seite. Das beauftragte Forschungskonsortium weist einen Bedarf an Wasserstoffspeichern zwischen 64 und 105 Terawattstunden (TWh) aus, um die Treibhausgasneutralität im Jahr 2045 zu erreichen. Die INES-Studie „Wasserstoff speichern – soviel ist sicher“ hat ergeben, dass aus den heute zur Gasspeicherung eingesetzten Poren- und Kavernenspeichern eine Wasserstoffspeicherkapazität von 32 TWh entwickelt werden könnte. Der Bedarf der zukünftig benötigten Wasserstoffspeicherkapazität wird also bei Weitem nicht gedeckt. Die Entwicklung von Wasserstoffspeicherkapazitäten ist sehr zeitaufwendig. Daher muss eine Umsetzung der Energiewende auch die erforderlichen Zeiträume zur Umwidmung und zum Neubau von Wasserstoffspeichern berücksichtigen. Nach einer INES-Analyse dauert die Umwidmung eines Gasspeichers auf Wasserstoff ca. sechs bis neun Jahre, während ein Speicherneubau zehn bis elf Jahre in Anspruch nimmt. Um die erforderlichen Wasserstoffspeicherkapazitäten zur Umsetzung der Energiewende bereitzustellen, wirkt nun die USG-Blexen GmbH bei INES mit, die bislang Untergrundspeicher zur Lagerung von Erdöl und Mineralölprodukten betreibt. Das Unternehmen hat bereits konkrete Maßnahmen eingeleitet, um einen Wasserstoffspeicher zu entwickeln. Die Beitrittsperspektive für Ölspeicherbetreiber, die Wasserstoffspeicher entwickeln, wurde bei einer INESMitgliederversammlung im November 2023 beschlossen. So sollen Gas- und Ölspeicherbetreiber enger zusammenarbeiten können. Bisher kamen die INES-Mitglieder ausschließlich aus dem Bereich der untertägigen Gasspeicherung. P Normungsroadmap Wasserstoff gibt konkrete Handlungsempfehlungen zum Wasserstoffhochlauf F Die Projektpartner der Wasserstoff-Normungsroadmap haben erstmals konkrete Handlungsempfehlungen veröffentlicht, die den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien unterstützen. Diese umfassen die Themenfelder Infrastruktur, Anwendung, Qualitätsinfrastruktur, Sicherheit, Zertifizierung und Weiterbildung. Die Empfehlungen enthalten nicht nur konkrete Vorschläge zur Anpassung bestehender Regelwerke, sondern auch eine Übersicht zur Erstellung bislang fehlender Dokumente. Die Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen stützt sich auf die bereits veröffentlichte Bestandsanalyse und gibt konkrete Lösungsvorschläge. „Mit den Handlungsempfehlungen zeigen wir erstmals systematisch auf, wie sich die technische Regelsetzung für Wasserstofftechnologien entwickeln muss“, so die Projektleitung Lydia Vogt vom Deutschen Institut für Normung e. V. (DIN) und Dennis Klein vom DVGW. „Als Nächstes werden wir die Empfehlungen priorisieren und in die bestehenden Gremien der technischen Regelsetzung überführen, damit die Bedarfe dort umgesetzt werden.“ Die Handlungsempfehlungen tragen dazu bei, den Auf- und Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland maßgeblich zu unterstützen. Veröffentlichung der Roadmap im Sommer 2024 Weitere Handlungsempfehlungen, etwa für die Bereiche Erzeugung und Derivate, werden von den Projektpartnern im zweiten Quartal 2024 veröffentlicht. Im Juli folgt dann die Vorstellung der Normungsroadmap Wasserstofftechnologien, in der neben den Bedarfen und Handlungsempfehlungen zusätzlich auch die Hintergründe, Herausforderungen und Aussichten des Wasserstoffhochlaufs beschrieben werden. Parallel gehen aus dem Projekt laufend Umsetzungsprojekte für die technische Regelsetzung hervor. Diese erhalten eine gesonderte Förderung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, das als Fördermittelgeber fungiert. Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter www.normungsroadmap-h2.de P 11 energie | wasser-praxis 02/2024

Strategisches Wassermanagement im Zuge des Strukturwandels Bund und Länder bringen Grundwassermodell Lausitz auf den Weg F Der Bund und die Länder Brandenburg und Sachsen wollen sich gemeinsam um ein Grundwassermanagement in der Lausitz kümmern. Als länderübergreifendes Steuerungs- und Kontrollinstrument ist dazu ein Simulationsmodell geplant, wie das sächsische Umweltministerium in Dresden Mitte Januar mitteilte. Das Modell „trägt wesentlich dazu bei, die Folgen des Braunkohleabbaus zu bewältigen und den Strukturwandel, auch unter den künftigen Anforderungen durch den Klimawandel zu unterstützen“, hieß es. „150 Jahre Braunkohleförderung in der Lausitz haben ihre Spuren nicht nur in der Landschaft, sondern auch insbesondere im Wasserhaushalt hinterlassen. Um die Folgen besser einschätzen zu können, ist das Vorhaben der Grundstein für ein nachhaltiges Wassermanagement in der Lausitz“, wird Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) in der Mitteilung zitiert. Neben einer nachhaltigen Wasserversorgung der Region wolle man auch das Wassermanagement für Industrieansiedlungen verbessern. Nach den Worten von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sollen mithilfe des Modells Maßnahmen geplant und umgesetzt werden, um den Wasserhaushalt in der Region nach Ende des jahrzehntelangen Bergbaus wiederherzustellen und dauerhaft zu stabilisieren. Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) zeigte sich überzeugt, dass sich das Grundwasser in der Lausitz wieder erholen kann. Herausforderungen des Klimawandels blieben allerdings bestehen. Eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung sowie ein bewusster und sparsamer Umgang mit Wasser würden immer mehr an Bedeutung gewinnen. „Der Braunkohlenbergbau hat den natürlichen Wasserhaushalt der Lausitz schwerst gestört. Zudem überlagern sich die Bergbaufolgen und die Klimakrise. Wasser als Lebensgrundlage für Mensch und Natur ist keine gegebene Selbstverständlichkeit mehr. Hier müssen wir dringend handeln“, betonte der sächsische Umweltminister Wolfram Günther (Grüne). Zugleich sei Wasser ein harter Standortfaktor. „Wirtschaft braucht Wasser. In der Lausitz hängt davon auch das Gelingen des Strukturwandels ab.“ Das Projekt wird von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe koordiniert und vom Umweltbundesamt sowie den Fachbehörden in Brandenburg und Sachsen fachlich begleitet. Das Modell soll bis Ende 2027 fertig sein. Die Kosten belaufen sich auf rund neun Mio. Euro, die zu 70 Prozent vom Bund und zu 30 Prozent von beiden Ländern finanziert werden. Das Vorhaben sieht die Entwicklung eines Grundwasserströmungsmodells vor, das Fließpfade, Fließgeschwindigkeiten und Grundwassermengen berechnet. Es baut auf den verfügbaren geologischen und geophysikalischen Daten auf. Das Simulationsmodell setzt sich insgesamt aus einem geologisch-hydrogeologischen Strukturmodell, einem Grundwasserströmungsmodell sowie einem Bodenwasserhaushaltsmodell zusammen. Dabei wird zunächst das Strukturmodell durch die zuständigen Fachbehörden in Brandenburg und Sachsen erarbeitet. Die Bergbauunternehmen in der Lausitz werden fachlich eingebunden und ihre bereits bestehenden Regionalmodelle berücksichtigt. P Entwässerungsbrunnen eines Tagebaus im Lausitzer Braunkohlerevier: Die jahrzehntelange Förderung von Braunkohle hat auch im Wasserhaushalt der Region signifikante Spuren hinterlassen. Quelle: LEAG/Rainer Weißflog 12 energie | wasser-praxis 02/2024 NACHRICHTEN

Gutachten sieht großes Potenzial für heimische Wasserstoffproduktion in Sachsen-Anhalt F 75 Prozent seines Bedarfs an grünem Wasserstoff könnte Sachsen-Anhalt im Jahr 2045 selbst erzeugen, sofern die Voraussetzungen stimmen. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktuelles Gutachten des Kölner Beratungshauses r2b energy consulting. Die Autoren gehen von einem jährlichen Zuwachs an Wertschöpfung von 1,5 Mrd. Euro und rund 27.000 zusätzlichen Arbeitskräften in dem ostdeutschen Bundesland aus. „Die Studie belegt, dass sich Sachsen-Anhalt zu einer führenden Region für die Erzeugung und Nutzung von klimaneutral erzeugtem Wasserstoff entwickeln kann, wenn wir weiterhin die richtigen Weichen stellen“, sagt Landesenergieminister Armin Willingmann bei der Vorlage des Gutachtens. Als zentrale Voraussetzung hierzu sieht er den beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien, der künftig für die Produktion von grünem Wasserstoff nötig ist. Zudem werde es von entscheidender Bedeutung sein, den weiteren Aufbau der Netz- und Speicher-Infrastrukturen zu unterstützen. Auch Investitionen in den Aufbau von Produktionskapazitäten seien wichtig. Das Gutachten prognostiziert, dass der Wasserstoffbedarf in dem Bundesland von aktuell 10 Mrd. Kilowattstunden (kWh) auf 23 Mrd. kWh bis zum Jahr 2045 ansteigen wird. Insbesondere energieintensive Unternehmen, die ihre Produktion nicht direkt mit erneuerbaren Energien elektrifizieren können, zählen zu den Verbrauchern – wie etwa die Chemie-, Glas-, Zement- und Stahlindustrie. Dem Gutachten zufolge könnte 75 Prozent des grünen Wasserstoffs im Jahr 2045 in Sachsen-Anhalt wirtschaftlich profitabel erzeugt werden könnten. Weitere 25 Prozent ließen sich aus anderen Ländern importieren. Minister Willingmann versicherte, den Ausbau des bundesweiten Wasserstoff-Kernnetzes in seinem Bundesland konsequent vorantreiben zu wollen. „Das Land wird hier in den kommenden Jahren mehr als 58 Mio. Euro investieren, weitere 130 Mio. Euro kommen vom Bund“, so der Politiker. Zudem unterstütze das Ministerium Wasserstoff-Projekte mit Förderprogrammen. Hierbei verwies der Minister auf das Anfang des Jahres gestartete Programm Sachsen-Anhalt ZUKUNFTSENERGIEN, mit dem Investitionen privater und öffentlicher Unternehmen in die intelligente Kopplung der Energiesektoren mit 115 Mio. Euro unterstützt werden. Das 170-seitige Gutachten Strategische Umsetzung der Landeswasserstoffstrategie des Landes Sachsen-Anhalt ist über die Internetseite des Ministeriums für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt abrufbar. P Norwegen auch 2023 Deutschlands wichtigster Gaslieferant F Auch im Jahr 2023 war Norwegen der wichtigste Erdgaslieferant für Deutschland: Rund 43 Prozent der insgesamt importierten 968 Terawattstunden (TWh) Erdgas kamen im vergangenen Jahr aus dem Land. Es folgten die Niederlande (26 Prozent) und Belgien (22 Prozent). Die seit Dezember 2022 in Betrieb genommenen LNG-Terminals liegen auf Platz vier. Nach Angaben der Bundesnetzagentur (BNetzA) wurden 69 TWh Erdgas über die drei in Betrieb befindlichen Terminals importiert. Wichtigstes Herkunftsland des LNG sind die USA mit 84 Prozent, es folgen Trinidad und Tobago mit fünf Prozent sowie Norwegen und Angola mit jeweils vier Prozent. Dies geht aus dem Jahresbericht „Energieversorgung 2023“ des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervor. Die Gesamtmenge des importierten Erdgases ging 2023 im Vergleich zum Vorjahr um rund 33 Prozent zurück (2022: 1.437 TWh). Keine Rolle mehr spielte der Import russischer Gasmengen. Der Trend des rückgängigen Gasverbrauchs setzte sich auch 2023 fort. Im Vergleich zum Vorjahr sank der Gesamtverbrauch um fünf Prozent auf rund 810 TWh. 2021 lag der Wert noch bei 1.023 TWh. Rund 41 Prozent des gesamten deutschen Gasverbrauchs entfiel auf Haushalt und Gewerbe, 59 Prozent auf die Industrie. Einen großen Einfluss auf den Gasverbrauch hatten auch 2023 die milden Wintertemperaturen. Im Mittel lagen die Temperaturen im vergangenen Jahr bei 0,58 °C über dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021. Besonders der Dezember war mit 4 °C Durchschnittstemperatur wärmer als in den Jahren 2018 bis 2021 und lag damit 0,8 Grad über dem Vergleichswert. Die gesetzlichen Vorgaben für die Befüllung der Gasspeicher wurden 2023 sehr früh erreicht. Bereits im Juli 2023 waren die Speicher zu 85 Prozent gefüllt und am 25. September 2023 bereits zu 95 Prozent. Gegenwärtig (Stand: 25.01.2024) sind die Gasspeicher zu rund 80 Prozent gefüllt. Der Wert stelle laut BNetzA eine „sehr gute Basis für die restlichen Wintermonate“ dar. Der Füllstand der Gasspeicher bleibt aber auch 2024 weiterhin ein relevantes Thema, das viel Beachtung erfahren wird. P 13 energie | wasser-praxis 02/2024

Innovative Projekte zur Klimavorsorge und Anpassung an die Folgen des Klimawandels gesucht Bundespreis „Blauer Kompass“ startet in neue Wettbewerbsrunde FDer „Blaue Kompass“ ist in Deutschland die höchste staatliche Auszeichnung für Projekte zur Anpassung an den Klimawandel. Der Preis von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt richtet sich an Kommunen, private und kommunale Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie an Vereine, Verbände und Stiftungen. Ab sofort können sich Projekte wieder für den Bundespreis bewerben – Bewerbungsschluss ist der 22. März 2024. Der „Blaue Kompass“ soll „die vielen hervorragenden Projekte zur Klimaanpassung sichtbar machen, mit denen vor Ort in Kommunen, bei Unternehmen und durch die Zivilgesellschaft den Folgen der Klimakrise begegnet wird“, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke. UBA-Präsident Dirk Messner ergänzt, dass die Anstrengungen zur Anpassung an den Klimawandel erhöht werden müssten: „Daher bedarf es innovativer Projekte, die allen gute Praxisbeispiele zum Nachmachen liefern.“ Als innovative Projekte zur Klimavorsorge und -anpassung gelten z. B. Maßnahmen zum Hitze- oder Arbeitsschutz besonders bei vulnerablen Personen, klimaresiliente Produkt- und Fertigungskreisläufe, innovative Konzepte zum Umgang mit neuen Krankheitserregern und invasiven Arten, der Anbau klimaangepasster Pflanzensorten, renaturierte Moore und Wälder oder naturbasierte Maßnahmen zur Starkregenvorsorge. Die Bewerbung erfolgt in einer der vier Kategorien Kommunen, private und kommunale Unternehmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie Vereine, Verbände, Stiftungen. Die jeweiligen Gewinner erhalten ein Preisgeld in Höhe von 25.000 Euro, eine Auszeichnung sowie Unterstützung in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, beispielsweise in Form eines Kurzfilmes über das Projekt. Zur Bewerbung geht es hier: www.uba.de/blauerkompass P Neue Trinkwasserleitung in Koblenz unter dem Rhein wächst F Der Bau der neuen und unter dem Rhein verlaufenden Trinkwasserleitung von Koblenz-Wallersheim nach Vallendar macht nach einer Mitteilung der Energieversorgung Mittelrhein (evm) große Fortschritte: Nach der Fertigstellung des Tunnelbauwerks zwischen Wallersheim und der Insel Niederwerth hat die beauftragte Firma Rohrbau Herrmann aus Koblenz noch Ende des vergangenen Jahres mit dem Einzug der Wasserleitung begonnen. Diese verläuft unterhalb des Rheins und wird künftig das Herzstück eines neuen Verbundsystems im Neuwieder Becken sein. „Damit stellen wir die Wasserversorgung in der Region auf noch breitere Beine und schaffen ein resilientes System“, erläutert evmSprecher Marcelo Peerenboom. Im Tunnel mit seinen 1,6 m Durchmesser ist nicht nur Platz für die neue Trinkwasserleitung: Die evm hat im Auftrag der Vereinigten Wasserwerke Mittelrhein (VWM) auch insgesamt 13 Leerrohre einziehen lassen, die in Zukunft u. a. für Stromleitungen oder Telekommunikationskabel genutzt werden können. Im Zentrum stehen aber die blauen Rohre, die voraussichtlich ab 2025 Trinkwasser in die Verbandsgemeinde Vallendar transportieren werden. Nach dem Abschluss der Verlegearbeiten werde auch die Baugrube am Rheinufer unweit der örtlichen Kläranlage wieder verschlossen werden. P Quelle: Sascha Ditscher/evm Sie ist das Kernelement des Tunnelbauwerks: Die ca. 45 cm durchmessende Trinkwasserleitung Jetzt mit Ihrem Projekt bewerben! 14 energie | wasser-praxis 02/2024 NACHRICHTEN

Quelle: VNG AG/Torsten Proß Volle Speicher und ausreichende Importkapazitäten Gasmangellage ist kein Thema mehr F Die Gasspeicher sind voll und Importkapazitäten stehen in ausreichendem Maß zur Verfügung: Nach Einschätzung der Initiative Energien Speichern e. V. (INES) gibt es kaum noch Szenarien, die für den verbleibenden Winter einen Gasmangel erwarten lassen – das gilt auch dann, wenn es zu extrem tiefen Temperaturen kommen sollte. Zudem sei die Bundesrepublik auch mit Blick auf den kommenden Winter 2024/2025 bereits heute gut aufgestellt und an der vollständigen Befüllung der Speicher im kommenden Herbst bestehe kein Zweifel mehr, so die Initiative im Rahmen der Vorstellung ihres Januar-Updates am 16. Januar 2024. Das Update zeige, dass aufgrund moderater bis warmer Temperaturen im November und Dezember des letzten Jahres bislang nur Ausspeicherungen in begrenztem Umfang stattgefunden hätten. Die Gasspeicher seien deshalb mit einem überdurchschnittlichen Füllstand von 90 Prozent in den Januar 2024 gestartet. Mit Blick auf das vergangene Jahr 2023 kommt INES zu dem Ergebnis, dass die Gasimporte gegenüber dem Vorjahr (aufgrund des vollständigen Wegfalls russischer Pipeline-Lieferungen ab dem 31. August 2022) nochmal deutlich um 468 Terawattstunden (TWh) gesunken sind, das entspricht einem Rückgang um 32 Prozent. Über das Jahr 2023 hinweg wurde Erdgas im Umfang von 974 TWh nach Deutschland importiert, davon entfielen 70 TWh auf den Import über LNGTerminals. Die innerdeutsche Gasproduktion hat gegenüber dem Vorjahr ebenfalls abgenommen (-6 Prozent) und stellte knapp 40 TWh bereit. Dem insgesamt gesunkenen Gasaufkommen in Höhe von 1.013 TWh stand nur ein leicht gesunkener Gasverbrauch in Höhe von 830 TWh (2022: 878 TWh) gegenüber. Im Wesentlichen haben reduzierte Gas-Exporte das gesunkene Aufkommen aufgefangen: Sie lagen bei 176 TWh und damit um 333 TWh niedriger als im Vorjahr. Auch das vom DVGW entwickelte Speicherreichweiten-Tool weist mit Stand vom 24. Januar 2024 noch einen Füllstand von 77,4 Prozent und eine Gasspeicher-Reichweite aus, die über den 30. April 2024 hinausgeht. P Gasspeicher Bad Lauchstädt der VNG AG: Die deutschen Gasspeicher sind mit einem außergewöhnlich hohen Füllstand in das Jahr 2024 gestartet. 15 energie | wasser-praxis 02/2024

Quelle: Rädlinger primus line GmbH Inliner sind flexible, gewebeverstärkte Kunststoffschläuche, die in zu sanierende Altleitungen eingezogen werden. Zusammen mit den zugehörigen Verbindern bilden diese Schläuche ein System, das in der Lage ist, flüssige und gasförmige Medien zu transportieren und dabei die alte, sanierungsbedürftige Leitung nur noch als Platzhalter zu benutzen. An die Altleitung werden in der Folge keine weiteren Anforderungen mehr gestellt. Während der Einsatz von Inlinern für das Medium Gas heute Stand der Technik ist, liegen für das Medium H₂ bisher noch keine Erfahrungen vor. Die im Weiteren beschriebenen Untersuchungen dienten der Freigabe des Produktes Primus Line G-Liner-System (im folgenden G-Liner genannt) der Firma Rädlinger primus line GmbH für die Verwendung mit dem Medium Wasserstoff. Das G-Liner-System dient der grabenlosen Sanierung von Gasdruckrohrleitungen. Es besteht aus einem Hochdruckschlauch sowie zugehörigen Verbindern H2ready für Inliner Die DBI-Gruppe vergibt mit der Prüfzeichenbescheinigung H2ready eine Bestätigung, dass ein Produkt prinzipiell für den Einsatz im Zusammenhang mit dem Medium Wasserstoff (H₂) geeignet ist. Dies bezieht sich insbesondere auf den Transport von H₂ und H₂-haltigen Gasen in einer Infrastruktur, die zuvor ausschließlich für Erdgas genutzt wurde. Damit diese Prüfzeichenbescheinigung vergeben werden kann, muss zuvor der Nachweis erbracht werden, dass das entsprechende Bauteil in allen Bestandteilen einer H₂-Atmosphäre ausgesetzt werden kann, ohne dass Material und Funktion beeinträchtigt werden. In diesem Fachbeitrag werden die Schritte vorgestellt, die für die erfolgreiche Vergabe des Prüfzeichens H2ready für einen Inliner erforderlich waren. von: Andreas Bilsing (DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH) bzw. Übergangsstücken und wird für verschiedene Rohrdimensionen hergestellt. Der selbsttragende Hochdruckschlauch ist aus drei Schichten aufgebaut und wird in ein bestehendes Altrohr eingezogen, ohne dabei mit ihm verklebt zu werden. Der Anschluss an das bestehende Leitungsnetz erfolgt durch spezielle Verbinder, die sowohl an Stahl- als auch an PE-Rohre angeschlossen werden können; andere Werkstoffe sind ebenfalls möglich. Der Hochdruckschlauch besteht aus drei Schichten (Abb. 1): • einer medienbeständigen Innenschicht aus thermoplastischem Polyurethan (TPU), • einem Aramid-Gewebe sowie • einer verschleißfesten Außenschicht aus Polyethylen (PE). Bei der Anwendung eines G-Liners entsteht im sanierten Rohr ein Ringraum. Die durchgehende Einzugslänge für einen Installationsabschnitt beträgt bis zu 2.500 m. Um die Eignung für H₂ nachzuweisen, muss sichergestellt werden, dass das Produkt G-Liner dauerhaft technisch dicht ist und die verwendeten Werkstoffe unter dem Einfluss von H₂ ihre physikalischen Eigenschaften nicht signifikant verändern. Die technische Dichtheit resultiert aus der Dichtheit der Verbinder des G-Liners und der Gaspermeation durch den G-Liner. Die TA Luft [1] nennt keinen Grenzwert für reinen Wasserstoff, deshalb orientiert sich das Kriterium für H2ready am Grenzwert für den Helium-Lecktest der VDI 2440 [2]. Dort wird auf einen Grenzwert nach [3] von 1,78 x 10-4 mbar·l·s−1 verwiesen. Für H2ready wird ein Grenzwert 1,0 x 10-4 mbar·l·s−1 angenommen. In der Praxis wird das Ziel „blasenfreies Bauteil“ im Wasserbad bei diesem Wert erreicht. Werte mit dem Exponenten „-3“ erreichen keine Blasenfreiheit. Die Permeation durch die Gewebeschichten des G-Liners wird nach [4] bestimmt. Zur Beurteilung der H₂-Tauglichkeit der Werkstoffe wurden die CSA [5] und die NORSOK [6] herangezogen (Tab. 2). Es wurden die Bedingungen und Schritte zur Erteilung von H2ready festgelegt. Dabei wurden folgende Schritte vorgesehen: • Messung der Gasdurchlässigkeit für H₂ und Bestimmung des Permeationskoeffizienten an Materialproben, • Prüfung der Dichtheit an Funktionsmustern sowie Abb. 1: G-Liner mit Verbinder 16 energie | wasser-praxis 02/2024 TECHN I K

Quelle: DBI • die Untersuchung der H₂-Verträglichkeit der verwendeten Materialien. Messung der Gasdurchlässigkeit an Materialproben Die Messung der Permeation an Materialproben wurde an einem Plattenmessstand durchgeführt. Dabei wurden Materialproben aus einem Inliner geschnitten, zwischen zwei Messkammern eingespannt und einseitig mit H₂ beaufschlagt. Die Gasmenge, die durch die Materialprobe permeierte, wurde mittels Gaschromatografie bestimmt. Das Ergebnis ist in Tabelle 1 dargestellt, die Abbildung 2 zeigt eine Materialprobe. Durch die Messung der Gasdurchlässigkeit von Materialproben konnten die Permeation der TPU-Schicht und ein Gesamtkoeffizient bestimmt werden. Damit ist es möglich, die Gasmengen, die als Verluste den Inliner verlassen, zu berechnen. Diese Mengen gelangen in den Ringraum zwischen Inliner und Altrohr und von dort aus in die Umgebung. Auf der Grundlage dieser Berechnungen ist es möglich, die Explosionsgefahr zu beurteilen und konstruktive Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die ermittelten Durchschnittswerte für die Gasdurchlässigkeit ließen sich durch die Messungen am Funktionsmuster verifizieren. Funktionsmuster Um ein realistisches Bild von der Funktion des G-Liners beim Transport von H₂ zu erhalten, wurden vom Auftraggeber zwei identische Funktionsmuster (Abb. 3) zur Verfügung gestellt. Diese Muster bestanden aus einem beidseitig geschlossenen Rohrkörper (entspricht dem Altrohr), in denen der G-Liner mit den zugehörigen Verbindern integriert war. Diese Inliner waren 1 m lang und hatten einen Außendurchmesser von 125 mm. Mit diesen Funktionsmustern wurden Dichtheitsuntersuchungen und Bestprüfungen vorgenommen. Als Ziel der Untersuchungen galt der Nachweis der H₂-Dichtheit für die verwendete Verbindungstechnologie mit den Anschlussteilen als Systemgrenzen zu bestehenden Anlagen. Ebenso galt es, den verbleibenden Ringraum zwischen Inliner und Bestandsrohr hinsichtlich der Permeation B Abb. 2: Materialprobe, bestehend aus Innenbeschichtung, Gewebe und PE-Schicht Abb. 3: Funktionsmuster (schematische Darstellung) Quelle: DBI Material Gasdurchlässigkeit D [cm³ (i.N.) /(m²·h·bar)] Permeationskoeffizient P [cm³ (i.N.) mm / (m²·h·bar)] Innenbeschichtung (TPU) mit Aramid-Gewebe 5,01 10,7 Innenbeschichtung (TPU) mit Aramid-Gewebe und Außenbeschichtung (PE) 2,7 15,9 Tab. 1: Ergebnisse der Permeationsmessungen Quelle: DBI von H₂ zu untersuchen. Dabei wurden die möglichen Betriebstemperaturen berücksichtigt. Die technische Dichtheit des Systems für den Betriebsdruck bis 16 bar konnte nachgewiesen werden. Alle Prüfungen wurden mit 100 Prozent H₂ durchgeführt. Abschließend erfolgte noch eine Berstprüfung an einem mit H₂ gesättigtem Prüfmuster zur Bewertung der Stabilität des Systems nach längerer H₂- Einwirkung. Für diese Prüfung wurde der Prüfkörper mit Wasser befüllt und der Wasserdruck kontinuierlich erhöht. Der ermittelte Berstdruck des verwendeten G-Liners lag bei 152 bar – und damit deutlich über dem Mindestberstdruck von 140 bar. Damit konnte gezeigt werden, dass keine Beeinträchtigung des Berstverhaltens des G-Liners durch die Druckbeaufschlagung mit H₂ nachweisbar ist. Die Prüfungen an 17 energie | wasser-praxis 02/2024

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