DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 4/2023

Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine wird in der EU das Ziel verfolgt, die Importe fossiler russischer Energieträger deutlich zu reduzieren. Ein wesentlicher importierter Energieträger, russisches Erdgas, lässt sich technisch durch Biomethan (also zu Erdgasqualität aufbereitetes Biogas) substituieren. Im REPowerEU-Programm der EU wird das Ziel beschrieben, bis zum Jahr 2030 die europäische Biomethanproduktion auf jährlich 35 Mrd. m³ zu erhöhen, was mehr als eine Verzehnfachung der produzierten Biomethanmenge (Stand 2021: ca. 3 Mrd. m³) bedeuten würde. Basierend auf dieser Motivation wurde das Potenzial zur Erzeugung von Biomethan in Deutschland untersucht. Limitierender Faktor ist hier insbesondere die Verfügbarkeit nachhaltiger Biosubstrate ohne Konkurrenz zur Ernährungssicherheit. Im Jahr 2022 wurden 11 Terawattstunden (TWh) Biomethan in Deutschland hergestellt, was einem deutschen Erdgasbedarf von 1.003 TWh gegenübersteht, also lediglich einem Anteil von 1 Prozent entspricht. Würden alle bestehenden Biogasanlagen auf die Produktion von Biomethan umgestellt werden, so könnte eine Energiemenge von 80 TWh bereitgestellt werden. Erschließt man darüber hinaus weitere nachhaltige Potenziale, könnte die Biomethanproduktion auf insgesamt 110 TWh erhöht werden, was einem Anteil von 11 Prozent des aktuellen Bedarfes gleichkommt [1]. Biomethan bietet also ein vergleichsweise eingeschränktes Potenzial, Erdgas langfristig zu substituieren. Auch in einem treibhausgasneutralen Energiesystem der Zukunft wird es Energiebedarfe geben, die nicht oder nur schwer elektrifizierbar sind. Hierzu zählen insbesondere bestimmte Industrieanwendungen sowie der Schiff- und Flugverkehr. Für diese Anwendungen werden in der Zukunft erneuerbare Gase benötigt. Der allgemeine Diskurs sieht für die Deckung dieser Bedarfe insbesondere grünen Wasserstoff vor, aber auch Biomethan kann einen Beitrag zur Deckung liefern. Ein wesentlicher Vorteil bei der Erzeugung von Biomethan ist die Möglichkeit, dieses in das bestehende Erdgas einzuspeisen. Diese Verteilung von Biomethan über das Erdgasnetz steht zukünftig jedoch in Konkurrenz zu der Umstellung des Gasnetzes auf die Verteilung von Wasserstoff. Nutzungspfade Biogas Die gekoppelte Strom-Wärme-Erzeugung in Blockheizkraftwerken (BHKW) durch Biogasanlagen wird seit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 gefördert. Betreiber erhalten für einen Zeitraum von 20 Jahren eine Einspeisevergütung. Aktuell stehen viele Anlagenbetreiber vor der Frage nach einem profitablenWeiterbetrieb nach Auslaufen aus dieser Förderung. Neben der Weiterführung des aktuellen Verwertungsweges besteht die Möglichkeit, Biogas zu Biomethan oder biogenem Wasserstoff aufzubereiten (Abb. 1). Von den aktuell ca. 9.800 bestehenden Biogasanlagen in Deutschland erzeugen etwa 9.500 Anlagen gekoppelt Strom und Wärme [2]. Viele Jahre wurde die Stromerzeugung im Grundlastbetrieb gefördert, seit dem EEG 2012 liegt der Fokus vermehrt auf der Nutzung der erzeugten Wärme. Darüber hinaus wird seit dem EEG 2012 explizit die flexible Stromerzeugung und -einspeisung gefördert. Abb. 1: Biogasnutzungspfade mit aktuellen Energiemengen (Stand: Mai 2022) B Quelle: [1] 31 energie | wasser-praxis 04/2023

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