DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 4/2023

www energ e-wasser-prax s de Asset | Management Potenziale digitaler Tools in der Wasserversorgung Roadmap | Gas Umstellung eines fiktiven Gasverteilnetzes auf Wasserstoff Human | Ressource Personalmanagement im Rahmen der Digitalisierung 74 Jahrgang | Apr 2023 | ISSN 1436-6134 energie | wasser-praxis e D e de tschen snetze F t f r den Tr nsport von

www.energie-wasser-praxis.de Asset | Management Potenziale digitaler Tools in der Wasserversorgung Roadmap | Gas Umstellung eines fiktiven Gasverteilnetzes auf Wasserstoff Human | Ressource Personalmanagement im Rahmen der Digitalisierung 74. Jahrgang | April 2023 | ISSN 1436-6134 energie | wasser-praxis 04 Die deutschen Gasnetze. Fit für den Transport von

DVGW Service & Consult GmbH www.dvgw-sc.de l Die DVGW verifHy HydrogenREADY-Database ist die zentrale Plattform zur schnellen und komfortablen Überprüfung der Wasserstoffeignung Ihrer Gasnetze und damit der verwendeten Produkte, Komponenten und Materialien. Verify it! Datenbank & Projekt-Lead DVGW Service & Consult GmbH Frank Birnmeyer · Geschäftsführer www.dvgw-sc.de · frank.birnmeyer@dvgw-sc.de Know-How / Quality Gate DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH Gert Müller-Syring · Geschäftsführer www.dbi-gruppe.de · gert.mueller-syring@dbi-gruppe.de Mehr Informationen unter: www.verifhy.de @ adobestock/tippapatt

Mit fundiertem Know-how gut gerüstet in das Frühjahr! Liebe Leserinnen und Leser, wer hätte letzten Herbst gedacht, dass wir für die kalte Jahreszeit genug Energie zum Heizen und für die Produktion von Gütern haben würden? Nun sind die Wintermonate vorbei – und wir können optimistisch ins Frühjahr starten. Deutschland bezog einenGroßteil seines Gasbedarfs aus Russland. Nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und dem Ende der Erdgaslieferungen stand die Politik gemeinsammit der Versorgungswirtschaft vor der Aufgabe, eine riesige Lücke zu schließen –möglichst ohne Einbußen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Dies ist zweifelsfrei mit Bravour gelungen. Wie geht es nun weiter? Klar ist, dass Deutschland die Energiewende schaffen muss. Diese ist vor allem auch eine Wärmewende. Ohne den Gebäudesektor mit Millionen von Heizungen auf klimaschonende Energien umzustellen, kann diese Transformation nicht gelingen. Politische Entscheidungsträger setzen derzeit alles auf die elektrische Wärmepumpe als „One-fits-for-all“-Lösung – ungeachtet dessen, dass unzählige Bestandsgebäude erst einmal aufwendig modernisiert werdenmüssten. Tatsache ist hingegen, dass in der Wärmewende ohne Moleküle schlichtweg nichts geht und grüne Gase, insbesondere Wasserstoff, von Anfang an mitgedacht werden müssen: bei Erzeugung, Transport, Verteilung und Anwendung. Im DVGW setzen wir uns dafür ein, dass unser mit Verteilnetzbetreibern entwickelter Transformationsplan zur Umstellung der Gasversorgung auf klimaneutrale Gase auf die Erfüllung der 65-ProzentErneuerbare-Regel angerechnet wird. Heizungen, die an ein transformatives Gasnetz angeschlossen werden und aus Biomethan- und Wasserstoffanteilen Wärme erzeugen, gehört die Zukunft. Forschungsarbeiten belegen, dass der Großteil der Komponenten und Materialien für den Einsatz von Wasserstoff bereit ist bzw. mit wenig Aufwand dafür vorbereitet werden kann. Dieses Knowhow, das der DVGW aus der Praxis seiner Mitglieder und der Forschung bezieht, wird derzeit in eine NormungsRoadmap überführt. Sie ist gewissermaßen der Routenplaner für eine technisch sichere, qualitativ hochwertige und effiziente Fahrt in die Wasserstoff-Welt – nicht nur im Heizungssektor. Wohin geht die Reise bei unserem Wasser? Gerade erst hat der Weltwassertag öffentlichkeitswirksam verdeutlicht, dass Wasser als eine der wichtigsten Ressourcen überhaupt mehr Aufmerksamkeit und Schutz benötigt. Auch hier müssen wir die Wende schaffen – eine Wasserwende. Der Klimawandel übt immer mehr Einfluss auf die Verfügbarkeit und den Verbrauch kostbarer WasserRessourcen aus: Hitze- und Trockenphasen werden ausgeprägter und dauern länger; Wasser-Nutzungen, z. B. der Landwirtschaft, werden intensiver, Nutzungskonkurrenzen nehmen zu. Zwar wird es hierzulande auch bei knapperen Ressourcen und steigendem Bedarf aller Voraussicht nach genügend Trinkwasser geben; das ist aber kein Grund für ein „weiter so“. Mit praxisnaher Forschung im Rahmen seines Zukunftsprogramms Wasser und dem Start der Arbeiten zu einer Roadmap 2030 betreibt der DVGWaktiv Vorsorge für eine zukunftsfähige und klimaresiliente Wasserversorgung. Ziel ist es, Stressoren für die Wasserversorgung mit validen Prognosen und Werkzeugen besser begegnen zu können, Nutzungskonflikte gar nicht erst entstehen zu lassen bzw. zu entschärfen. Die Politik hat den Handlungsbedarf ebenfalls erkannt und gerade die „Nationale Wasserstrategie“ verabschiedet. Wichtig auf dem Transformationsweg sind auch smarte Technologien, wie sie die Hannover Messe Industrie zeigt. Als internationales Schaufenster präsentiert sie neueste Entwicklungen und Produkte für nahezu alle Branchen. Darunter sind auch Innovationen aus Forschung und Technik, die auf dem Weg in eine zukunftsfeste Versorgung mit Energie und Wasser unverzichtbar sind. Ergreifen Sie während der Messe die Gelegenheit zum Austausch mit dem DVGW. Lassen Sie uns den Weg in eine neue Energie- und Wasserwelt gemeinsam beschreiten, und nutzen wir das Know-how unserer Branchen. Denn: Wir sind gut gerüstet. Ihr Jörg Höhler von: Jörg Höhler Präsident des DVGW e. V. 3 energie | wasser-praxis 04/2023 E D I T O R I A L

I N H A LT 0 4 / 2 0 2 3 Titel Quelle: DVGW 14 Zur Wasserstofftauglichkeit von Stahlwerkstoffen für Gasleitungen 46 Sicherung von Dükern mithilfe von Spezialmatten aus Unterwasserbeton 50 Personalmanagement in Versorgungsunternehmen im Zuge der Digitalisierung 78 Ich mach was mit … 46 Wasserstofftransport im deutschen Gasnetz Ab Seite 14 3 | EDITORIAL 6 | NACHRICHTEN -SPEZIAL 14 | Stichprobenhafte Überprüfung von Stahlwerkstoffen für Gasleitungen und Anlagen zur Bewertung auf Wasserstofftauglichkeit • Dr. Ulrich Marewski, Dr. Michael Steiner 22 | Von Erdgas zu Wasserstoff – Umstellung eines fiktiven Verteilnetzes auf Wasserstoff: Ergebnisse des DVGW-Forschungsprojekts „Roadmap Gas 2050“ • Michael Wupperfeld, Jonas Sperlich 30 | Die Rolle von Biomethan im zukünftigen deutschen Gasnetz • Anica Mertins, Mathias Heiker, Prof. Dr. Tim Wawer, Prof. Dr. Sandra Rosenberger 36 | Praxis & Produkte TECHNIK 40 | Einrichtung und Betrieb des kathodischen Korrosionsschutzes an Wasserleitungen aus Stahl • Anton Wadenstorfer 46 | Zur Sicherung von Minderdeckungen von Rohrleitungen in Gewässern • Dr.-Ing. habil. Steffen Päßler ORGANISATION & MANAGEMENT 50 | Handlungsfelder des Personalmanagements im Zuge der Digitalisierung • Astrid Helzel FORSCHUNG & ENTWICKLUNG 54 | DigiTools-AM: Potenziale der Nutzung digitaler Tools und Instrumente im Asset-Management • Peter Lévai, Andreas Hein, Dr. Martin Wagner, Tobias Martin 14 50 78 4 energie | wasser-praxis 04/2023

TECHNISCHE REGELN & NORMEN 62 | Gärproduktverwertung in Wasserschutzgebieten • Dr. Daniel Petry 62 | Qualifizierungsplan für Sachkundige für Gasfüllanlagen • Kai-Uwe Schuhmann 63 | Qualifizierungsplan für Sachkundige von freiverlegten Gasleitungen auf Werksgelände • Kai-Uwe Schuhmann 63 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 63 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 66 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN 76 | DVGW-Veranstaltungsvorschau für April und Mai 2023 ARBEITS | welten 78 | Ich mach was mit Stromnetzen BILDUNGS | welten 80 | Wie Sie Ihre Karriereseite in der Google-Suche sichtbarer machen • Heike Gruber SERVICE 84 | Stellenmarkt 85 | Rohrleitungsbauunternehmen 86 | Bezugsquellen 90 | Impressum Beilagenhinweis: Dieser Ausgabe liegt eine Beilage der Union Instruments GmbH bei. 5 energie | wasser-praxis 04/2023 Untersucht die wasserwirtschaftlichen Systeme im Kontext des Klimawandels Wasserwirtschaft im Wandel Zeigt Szenarien zukünftiger Klimaentwicklungen und Auswirkungen auf Untersucht die Anpassungsmöglichkeiten wasser- wirtschaftlicher Infrastrukturen an den Klimawandel Bietet ein Management-Schema zur Anpassung an zukünftige Szenarien Jetzt bestellen unter shop.wvgw.de

VERANSTALTUNGSTIPPS 19.–20. April 2023, Bonn Sicherheit in der Netzsteuerung Das Marktumfeld für Netzbetreiber hat spätestens seit Beginn dieses Jahres noch mehr an Komplexität gewonnen. In der Tradition vorangegangener Kongresse in Zusammenarbeit mit dem technischen Komitee „Dispatching“ im DVGWgeht diese Präsenzveranstaltung in Bonn verstärkt auf Erfahrungsberichte zur Krisenvorsorge Gas ein und widmet sich auch den Herausforderungen aus der Kundenperspektive. www.dvgw-kongress.de/ sicherheit-netzsteuerung 19. April 2023, online Die neue Trinkwasserverordnung Die Anpassungen an die neue deutsche Trinkwasserverordnung wurden in den vergangenen zwei Jahren intensiv diskutiert. Im Frühjahr 2023 wird diese nun verabschiedet. Der DVGW behandelt alle Aspekte der neuen Trinkwasserverordnung in einer Informationsreihe im Frühjahr und Sommer 2023, beginnend mit der Auftaktveranstaltung am 19. April und einem hochkarätig besetzten Programm. www.dvgw-kongress.de/ trinkwasserverordnung 9.–10. Mai 2023, online 3. Technikforum Wasserstoff Unter der Schirmherrschaft von Till Mansmann, dem Wasserstoffbeauftragten der Bundesregierung, gibt das 3. TechnikforumWasserstoff einenÜberblick über den aktuellen Stand der Entwicklung entlang der gesamten Prozesskette. Mit Fokus auf die Realisierbarkeit des Wasserstoffeinsatzes in allen Sektoren geht es an zwei Tagen um die zahlreichenMöglichkeiten der H2-Erzeugung und Speicherung, umden Transport, die Verteilung und die Umstellung der Netze, bis hin zum großen Feld der Anwendungstechnik. Neue IWW-Studie veröffentlicht Klimawandel und Grundwasserneubildung – welche Rolle spielt die Vegetation? F Durch den Klimawandel bedingte Veränderungen in der Vegetation werden kaum einen Einfluss auf die Grundwasserneubildung haben. Dies ist das überraschende Ergebnis eines Forschungsprojekts, das am IWW Zentrum Wasser zusammen mit der Universität Hohenheim durchgeführt wurde. Hintergrund ist, dass der globale Wandel die Physiologie von Pflanzen, derenWasserverbrauch und damit den Bodenwasserhaushalt erheblich beeinflussen wird. Viele Pflanzen reduzieren z. B. ihren Wasserverbrauch durch steigende Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre, während sie gleichzeitig eine längere Wachstumsperiode und größere Blattflächen erfahren. Größere Blattflächen bedeuten mehr Transpiration der Pflanzen und damit eine stärkere Zehrung des Bodenwassers. Allerdings werden größere Niederschlagsmengen im Winter den Bodenwasserhaushalt und damit das Pflanzenwachstum im Frühjahr begünstigen, während sinkende sommerliche Niederschlagsmengen vermehrt zu Trockenstress im Spätsommer führen werden. ImGegensatz zu früheren Studien wurde nun der Einfluss aller dieser sich teils überlagernden Prozesse auf die Sickerwasserbildung erstmals in einer umfassenden Studie am Niederrhein untersucht. Dabei zeigte sich, dass der Anteil des Niederschlags, der bis zum Grundwasser versickert, bis zum Ende des Jahrhunderts im langjährigen Mittel nahezu gleichbleibt, unabhängig von der Stärke des Klimawandels. Da die verwendeten Klimaprognosen eine geringfügige Zunahme der Jahresniederschlagsmengen für das untersuchte Einzugsgebiet bis zum Ende des Jahrhunderts vorhersagen, kann damit erwartet werden, dass auch die gesamte Grundwasserneubildung leicht ansteigen wird. „Für die Zukunft kann also erwartet werden, dass die durchschnittliche Grundwasserneubildung durch Niederschläge ausreichen wird, um die derzeitigen Raten der Grundwasserentnahme für die öffentliche Wasserversorgung und die Bewässerung aufrechtzuerhalten“, so Studienleiter Thomas Riedel vom IWW Zentrum Wasser. Somit könnte der Agrarsektor in der untersuchten Region zu einem „Gewinner der globalen Erwärmung“ werden, falls der Anbau von Nutzpflanzen in anderen Regionen Europas während der Vegetationsperiode zunehmend unter Trockenheit leiden wird. P +INFORMATIONS-PLUS Die vollständige Publikation mit dem Titel „Near constant groundwater recharge efficiency under global change in a central European catchment“ finden Sie unter dem folgenden Link: http://dx.doi.org/10.1002/hyp.14805 6 energie | wasser-praxis 04/2023 N A C H R I C H T E N

ENERGIETAGE 2023 in Berlin „Energiewende: jetzt! gemeinsam!“ F Unter dem Motto „Energiewende: jetzt! gemeinsam!“ finden vom 3. bis 5. Mai (digital) und vom 22. bis 23. Mai 2023 (Präsenz in Berlin) die ENERGIETAGE in Berlin statt. Die nach Aussage der Organisatoren „Leitveranstaltung der Energiewende in Deutschland“ diskutiert aktuelle energie- und klimapolitische Weichenstellungen, technische Chancen und gesellschaftliche Aspekte – mit dem Ziel, die Energiewende gemeinsam mit allen Akteuren in die schnelle Umsetzung zu bringen. Die ENERGIETAGE umfassen rund 100 einzelne Veranstaltungen. Sie verschaffen den Teilnehmenden ein umfassendes energie- und klimapolitisches Update, das von mehr als 300 Referentinnen und Referenten präsentiert wird. Das Themenspektrum reicht dabei von Klimaneutralität im Gebäudebereich bis zum Ausbau der erneuerbaren Energien, vom Fachkräftemangel bis zum Strommarktdesign, von der Wärmewende bis zur Klimakommunikation. Zu den Mitveranstaltern zählen die Bundesministerien für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Darüber hinaus sind zahlreiche politische Verbände und Unternehmen beteiligt. Vertreten sind auch diverse Thinktanks und wissenschaftliche Institutionen (u. a. Fraunhofer-Institute, Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ) mit eigenen Veranstaltungen bei den ENERGIETAGEN 2023. Auf dem Präsenzteil der ENERGIETAGE wird es für die Teilnehmenden außerdem zahlreiche Networking-Möglichkeiten geben, um sich mit anderen Akteuren auszutauschen und zu vernetzen. Die begleitende Fachmesse präsentiert zudem technische Highlights. Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenfrei. Die Anmeldung ist ab sofort unter www.energietage.de möglich. P Quelle: Rolf Schulten Aktuell, innovativ, technologieoffen DBI-Fachforum Wasserstoff-Technologien am 16./17. Mai in Hamburg FMit derVerabschiedung der NationalenWasserstoffstrategie im Juni 2020 hat der Countdown für die Entwicklung zukunftsweisender Wasserstofftechnologien begonnen. Antworten auf in diesem Kontext zentrale Fragen wie „Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand? Wo wird Wasserstoff bereits eingesetzt?“ sowie zukünftige technologieoffene und innovative Anwendungs- undNutzungsmöglichkeiten von Wasserstoff stehen im Mittelpunkt des DBI-Fachforums „Wasserstoff-Technologien“ am 16. und 17. Mai in Hamburg. Den Teilnehmenden bietet sich im Rahmen von zwei abwechslungsreichen Tagen ein Überblick über den aktuellen Entwicklungsstand und laufende Wasserstoffprojekte. Der erste Veranstaltungstag widmet sich der Frage nach der aktuellen Verfügbarkeit von Wasserstoff und möglichen Importstrategien. Darüber hinaus stehenMöglichkeiten zur Anwendung und Nutzung vonWasserstoff imFokus. Damit verbunden ist auch eine Exkursion durch den Hamburger Hafen der Firma HHLA Hamburger Hafen und Logistik AG. Auch der zweite Veranstaltungstag fokussiert das Thema Wasserstoff als Baustein. Im Mittelpunkt stehen die Eigenschaften von Wasserstoff in exklusiven Filmaufnahmen im Rahmen des Vortrags „H₂ in der Praxis – Explosiv &Exklusiv verfilmt“. Zudem diskutieren die Referierenden zum Thema: „Kapazität vs. Bedarf – reicht uns grüner Wasserstoff?“ Weitere Informationen zur Veranstaltung und das Programm finden Sie auf der Website der DBIGruppe unter www.dbi-gruppe.de. P 7 energie | wasser-praxis 04/2023

DVGW-Wassertreff Hof am 26. und 27. April 2023 Branchentreff und regionale Leitveranstaltung in der Freiheitshalle Die Freiheitshalle in Hof wird vom 26. bis 27. April 2023 erneut zum Treffpunkt für die Entscheidungsträger der Wasserbranche aus der Region. Die DVGW-Landesgruppen Mitteldeutschland und Bayern laden zum viertenMal zumExpertenforummit begleitender Fachausstellung ein. Die zweitägige Fachkonferenz adressiert aktuelle und kontroverse Themen der Trinkwasserwirtschaft, die Wasserversorger bewegen. Während hochkarätige Referentinnen und Referenten aus Praxis und Forschung berichten, präsentieren renommierte Aussteller ihre Produkte. Dem Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmenden wird eine Menge Raum geboten – sowohl in den Pausen in der Ausstellung als auch bei der populären Hofer Wassernacht am ersten Veranstaltungstag. Gemäß dem Motto „Ab dem dritten Mal ist es Tradition!“ bildet ein agiles Kooperationsnetzwerk von Institutionen, Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Behörden aus der Wasser- und Umweltbranche das Fundament für die beliebte Veranstaltung in Hof, das seinem nationalen und internationalen Ruf als „Kompetenzstandort Wasser“ damit erneut gerecht wird. Zudem unterstützt die Stadt Hof den DVGWWassertreff aktiv: Oberbürgermeisterin Eva Döhla wird die Konferenzbesucherinnen und -besucher persönlich begrüßen. „Der letzte Sommer 2022 mit seinen langen Dürreperioden hat uns gezeigt, dass auch in Deutschland die Trinkwasserversorgung noch stärker in den Fokus gestellt werden muss – neben den weltweiten Problemen eines adäquaten Zugangs zu sauberem Trinkwasser. Überall auf unserem Planeten wird sich die Problematik der Trinkwasserversorgung durch den Klimawandel verschärfen. Hier helfen auch die Kompetenzen von Experten und Unternehmen, technische Lösungen und Innovationen +INFORMATIONS-PLUS Weitere Informationen und Anmeldemög- lichkeiten unter: www.wassertreff-hof.de Die Freiheitshalle in Hof: Treffpunkt der Branche in Mitteldeutschland und Bayern Quelle: Reepunzel Photographie 8 energie | wasser-praxis 04/2023 N A C H R I C H T E N

und der Erfahrungsaustausch auf Kongressen“, so Eva Döhla. Trotz enger finanzieller Spielräume müssten sich auch die Kommunen mit diesen Themen befassen. Am ersten Veranstaltungstag stehen die Sicherheit und Nachhaltigkeit der Wasserversorgung im Fokus. Wasserversorger, Zweckverbände und der DVGW selbst stellen ihre Projekte und Beiträge zu Klimaanpassung und -neutralität vor. Während der Mittagspause präsentieren Studierende der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, der Technischen Universität Dresden, der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Hochschule Hof ihre Forschungsprojekte in kleinen Pitches. Am Nachmittag steht das Thema IT-Sicherheit in Theorie und Praxis im Vordergrund. Die „Zentrale Ansprechstelle Cybercrime“ (ZAC) der Bayerischen Polizei präsentiert interaktive Fallbeispiele zu CyberAngriffen. Der zweite Kongresstag startet mit einem Blick auf den aktuellen Stand der neuen Trinkwasserverordnung; zentral im Fokus steht dabei das Risikomanagement. Anschließend werden in diesem Kontext Fragen rund um die Themen Brunnen und Pumpen, effizienter Brunnenbetrieb, Förderhöhen und Energieeinsparungen beantwortet. Darüber hinaus verbindet der Wassertreff Hof Theorie und Praxis. Über 60 regional und überregional angesiedelte Unternehmen aus der Wasserwirtschaft präsentieren in der begleitenden Fachausstellung Produkte und Dienstleistungen rund um eine sichere und nachhaltige Wasserversorgung. Bühnenprogramm und begleitende Fachausstellung finden beide imGroßen Haus statt. So ist eine enge Verzahnung zwischen Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmern und ausstellenden Unternehmen gegeben – ein passender Rahmen für Informations- und Erfahrungsaustausch, persönliches Networking und konkrete Branchenlösungen. Der Wassertreff richtet sich an Geschäftsführungen, leitende Technikerinnen und Techniker und Angestellte aus Wasserversorgungsunternehmen, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Kommunalbeamtinnen und -beamten, sowie an Branchenunternehmen und Vertreterinnen und Vertreter privatwirtschaftlicher und kommunaler Dienstleister. Rund vier Wochen vor Veranstaltungsbeginn sind die Standflächen nahezu ausverkauft. P Online-Plattform „Digital-Lotse Wasser“ Hochmoderne Digitalisierungslösungen für die Wasserwirtschaft F Mit der neuen Online-Plattform www.digital-lotsewasser.org will die Hochschule Hof moderne Digitalisierungslösungen für die deutschsprachige Wasserwirtschaft erfassen und bekanntmachen. Nach Meinung der Forschenden werden in der Versorgungswirtschaft aktuell lediglich rund 10 Prozent der verfügbaren digitalen Hilfen eingesetzt. Der Grund für die mangelnde Akzeptanz der Technik liege dabei oft schlicht in fehlenden Informationen über verfügbare Lösungen, Funktionen und Vorteile. Die von der Hochschule Hof entwickelte Plattform „Digital-Lotse Wasser“ hat zum Ziel, dieses Informationsdefizit nachhaltig zu beseitigen. Die Webseite bietet eine umfassende Datenbank für Digitalisierungslösungen imWassersektor, die es Kommunen, Forschenden und Anbietenden erleichtert, die benötigten Informationen zu finden. „Unsere Datenbank ist nach Kategorien, Anwendungen, Technologien, Anbietern und bewährten Verfahren gegliedert und bietet einen klaren Überblick über den aktuellen Stand der Digitalisierung im Wassersektor“, so Projektleiter Prof. Günter Müller-Czygan (Foto). Neben der Datenbank bietet der „Wasser-Lotse“ auch Zugang zu den wichtigsten Forschungsergebnissen aus den an der Hochschule Hof abgeschlossenen Metastudien WaterExe4.0 und DigiNaX. „Diese wurden durchgeführt, um die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren der Digitalisierung in der Wasserwirtschaft zu verstehen. Sie geben wertvolle Einblicke in die Gründe für die derzeitige Zurückhaltung bei der Einführung digitaler Lösungen und die Erfolgsfaktoren bei bereits durchgeführten Projekten“, so Müller-Czygan. Weiterhin steht auf der neuen Plattform auch die Verknüpfung der Branche im Mittelpunkt: Nutzerinnen und Nutzer, Forschende und Dienstleistungsbetriebe finden die Möglichkeit, sich zu vernetzen und ihre Arbeit einem breiteren Publikum vorzustellen. Zur Beteiligung eingeladen sind alle, die in der deutschsprachigen Wasserwirtschaft arbeiten und sich für die Vorteile der Digitalisierung interessieren. Um eine eigene digitale Lösung zu präsentieren, ist eine Anmeldung unter www.digital-lotsewasser.org notwendig. Damit wird man ein aktiver Teil einer Gemeinschaft, die sich für die Digitalisierung im Wassersektor einsetzt. Den Verantwortlichen zufolge soll die Plattform soll in Zukunft beständig erweitert und verbessert werden. P Quelle: Hochschule Hof 9 energie | wasser-praxis 04/2023

IERD-Projekt zeigt neue Wege der klimaneutralen Stromerzeugung F Mit dem Ausstieg aus Atom und Kohle geht in der Stromerzeugung gesicherte Leistung verloren. Damit droht Gefahr für die Versorgungssicherheit. Gleichzeitig wird der Strombedarf in Deutschland bis 2030 rapide steigen, in der Spitzenlast von heute 80 Gigawatt auf dann 130 Gigawatt. Gründe dafür sind z. B. die zunehmende Digitalisierung, hohe Wachstumsraten bei der E-Mobilität und der prognostizierte Anstieg strombetriebener Wärmepumpen in der Wärmeversorgung. Dieser steigende Strombedarf sorgt dafür, dass auch die jederzeit gesicherte und abrufbare Erzeugungskapazität wachsen muss – oder aber auf anderer Ebene hohe Einsparpotenziale gefunden und genutzt werden müssen. AmVolkacher Institut für Energiewirtschaftliches Redesign (IERD) hat man sich des Themas angenommen und gemeinsammit den drei größten Netzbetreibern WodaPhone, Deutsche Handykomm und Telefón 2 ein Projekt gestartet, mit dem täglich bis zu 2,6 Gigawattstunden (GWh) Strom klimaneutral erzeugt, für den eigentlichen Verwendungszweck nicht genutzt und für systemrelevantere Einsatzformen in das Stromnetz eingespeist werden können. Dazu Prof. Jakob Baatsch, leitender Direktor des IERD: „In Deutschland existieren aktuell rund 62,6 Mio. Smartphones mit einer durchschnittlichen Akkukapazität von etwa 4.500mAh je Smartphone. Ein nicht unbedeutendes Potenzial, wenn es uns gelingt, die Energieversorgung dieser Geräte klimaneutral zu gestalten und die Nutzung der Geräte den energie- und klimapolitischen Anforderungen anzupassen.“ Entsprechend würden die drei Netzbetreiber nur nochMobiltelefone in ihren Netzen zulassen, die nicht über ein bisher handelsübliches Ladekabel aufgeladen werden können, sondern über ein besonders effizientes „Electricity generating Headgear Charging System“, kurz EHC (siehe Abbildung). Die dabei gewonnene Energie werde dann zentral gespeichert und zur Verwendung systemrelevanterer Bereiche ins Stromnetz eingespeist. „Gleichzeitig haben sich die drei Netzbetreiber dazu verpflichtet, das Telefonzellennetz bundesweit auszubauen und so eine weniger stromlastige Kommunikation via Fernsprecher zu ermöglichen“, so Baatsch. Damit die EHCs möglichst effizient arbeiten können, soll analog der Abstandsregelung bei Windkraftanlagen der während der Corona-Pandemie geltende 1,5-m-Abstand für EHC-Träger weiter gelten, womit zusätzlich auch den aktuellen Anforderungen des Datenschutzes in der Telekommunikation Rechnung getragen wird. „Geht man von täglich zwei Akkuladungen je Smartphone aus,“ so Prof. Baatsch, „dann können wir mit diesem innovativen Redesign jährlich rund 750 Zwei-Personen-Haushalte mit regenerativer Energie versorgen und sparen fast die gleiche Energiemenge, die zuvor fürs mobile Telefonieren genutzt wurde. Lediglich die Nutzung der deutlich weniger stromintensiven Telefonzellen fallen als ‚Energieverlust‘ an.“ P Quelle: Krakenimages.com/stock.adobe.com Das „Electricity generating Headgear Charging System“ kann einen wertvollen Beitrag zur Sicherung der deutschen Stromerzeugung leisten. 10 energie | wasser-praxis 04/2023 N A C H R I C H T E N

18. Pipeline Technology Conference mit Schwerpunkt Nachwuchsförderung F Vom 8. bis 11. Mai 2023 findet in Berlin die 18. Pipeline Technology Conference (ptc) statt. Europas führende Veranstaltung für Fachleute der Pipeline-Industrie bietet einen Blick in die Pipeline-Zukunft mit einem breiten Angebot an eintägigen Seminaren, Podiumsdiskussionen, technischen Sitzungen, Betreiber-Roundtables, Preisverleihungen und Rahmenprogramm. Nach Veranstalterangaben wird die ptc 2023 die Fachwelt – Pipelinebetreiber, Branchengrößen, Experten und Nachwuchskräfte – zusammenbringen, um die neuesten Entwicklungen und Fortschritte in der Pipelinebranche zu diskutieren. Zu den wichtigsten Themen für 2023 gehören Wasserstoff, Methanemissionen, Sicherheit, Klimaanpassung, Geo-Hazards, CO2-Transport und ein regionaler Fokus auf den boomenden afrikanischen Markt. Die Veranstaltung bietet eine Vielzahl von Fachvorträgen, darunter sechs gleichzeitig stattfindende Fachveranstaltungenmit mehr als 120 Rednern. Die Teilnehmenden haben die Möglichkeit, von Branchenexperten zu lernen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und sich aus erster Hand ein Bild von den neuesten Trends und Entwicklungen in der internationalen Pipeline-Industrie zumachen. Alle Beiträge werden imOpen-AccessVerfahren veröffentlicht. ImRahmen der Ausstellung werden zudem die neuesten Produkte und Dienstleistungen von führenden Pipelinebetreibern undDienstleistungsunternehmen vorgestellt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in diesem Jahr auf der Nachwuchsförderung: Die ptc 2023 bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten für junge Menschen, sich in die Organisation der Veranstaltung einzubringen. Darüber hinaus gibt es verschiedene Preisverleihungen für Studierende und junge Fachleute. Das EITEP Institute als Veranstalter setzt sich für die Förderung der nächsten Generation von Fachkräften ein und arbeitet mit verschiedenen Communitys junger PipelineFachleute aus der ganzen Welt zusammen. P +INFORMATIONS-PLUS Weitere Informationen über die 18. Pipeline Technology Conference finden Sie unter www.pipeline- conference.com. Publikationsreihe „Zeit für einen Stoffwech2el“ wird fortgesetzt Neue DVGW-Broschüre zum Thema Wasserstoff F Nachdem der DVGW bereits im Dezember des vergangenen Jahres im Rahmen der Publikationsreihe „Zeit für einen Stoffwech2el“ eine Broschüre zum Potenzial klimafreundlicher Gase veröffentlicht hatte, wird die Reihe nun fortgesetzt: Die kürzlich erschienene Broschüre „Das Gasnetz – Rückgrat der Wasserstoffwelt“ befasst sich mit der Ertüchtigung des deutschen Gasverteilnetzes für den Energieträger Wasserstoff. Die Kernbotschaft dabei: die Gasnetze sind da und „ready for H₂“. Auf insgesamt 16 Seiten geht die Publikation der Frage nach, warum die deutsche Gasinfrastruktur das Rückgrat einer zukünftigen und bundesweiten Versorgung mit Wasserstoff und anderen klimaneutralen Gasen bilden kann. Begleitet durch zahlreiche Infografiken, werden dabei u. a. die Aspekte „H2-Import“ und „Transformationskosten“ sowie die Rolle der Verteilnetzbetreiber thematisiert. Ein Blick auf den im Frühjahr 2022 veröffentlichten Gasnetzgebietstransformationsplan (GTP) rundet die Broschüre ab. Beide Broschüren können über die Webseite des DVGW (www.dvgw.de/leistungen/publikationen/publikationsliste) kostenlos heruntergeladen werden. Und auch in Zukunft wird die Reihe weiter fortgesetzt – entsprechende Titel zur kommunalenWärmeplanung sowie zumCarbonFootprint der verschiedenen Wasserstoffarten sind bereits in Vorbereitung! P 11 energie | wasser-praxis 04/2023

H₂ „made in Africa“: Großprojekt in Mauretanien geplant F In Mauretanien ist die größte Investition mit deutscher Beteiligung zur Produktion von grünemWasserstoff in Afrika geplant. Anfang März unterzeichnete ein internationales Konsortium eine Vereinbarung mit der Regierung des westafrikanischen Landes über den Bau eines Großprojekts, das bis zu 8 Mio. t Ammoniak oder andere auf Wasserstoff basierende Endprodukte im Jahr produzieren soll. Die Gesamtinvestition werde in der Endausbauphase voraussichtlich 34 Mrd. Dollar betragen. Der Investor in Mauretanien ist Infinity Power, ein Gemeinschaftsunternehmen, bestehend aus dem ägyptischen Unternehmen Infinity, Masdar aus Abu Dhabi, einemder größten Investoren in erneuerbare Energien international, und dem deutschen Projektentwickler Conjuncta mit Sitz in Hamburg. Die Anlage wäre bei der Fertigstellung mehr als dreimal so groß wie das in Namibia geplante Grüne-Wasserstoff-Projekt, das vomdeutschen Unternehmen Enertrag in einem Konsortium vorangetrieben wird. „Wir sind sehr stolz, dass wir dieses Projekt mit der Regierung vonMauretanien vereinbaren konnten. Es wird einen starken Bezug zu Deutschland haben sowohl als Technologielieferant als auch als potenzieller Abnehmer von grüner Energie“, sagte Conjuncta-Geschäftsführer Stefan Liebing. Es handele sich um das bei Weitem größte bilaterale Investitionsprojekt in Mauretanien, das denWeg zuweiterenGeschäftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern ebnen werde. Der mauretanische Ölminister AbdessalamMohamed Saleh sagte, sein Land wolle international eine führende Rolle bei der Produktion von grünem Wasserstoff spielen. „Wir sind fest überzeugt, dass die Entwicklung dieser Industrie ökologische, wirtschaftliche und soziale Vorteile für unser Land und die Welt bringen wird.“ Als Absatzmarkt habe man vor allemDeutschland im Blick. Infinity-Vorstandsmitglied Joachim Altpeter ergänzte, das Projekt werde nicht nur für den Nordwesten, sondern für den kompletten afrikanischen Kontinent eine Quelle sauberer, erneuerbarer Energien sein. Die Anlage, die sich nordöstlich von der an der Küste gelegenen Hauptstadt Nouakchott befinden soll, soll eine Elektrolyseur-Kapazität von bis zu 10 Gigawatt haben. In der ersten Phase, die bis zumJahr 2028 abgeschlossen sein soll, ist eine Kapazität von 400 Megawatt geplant. Mauretanien ist sehr dünn besiedelt – 4,6 Mio. Menschen leben auf einer fast dreimal so großen Fläche wie Deutschland – und gilt als politisch stabil. Energieberatungsgesellschaften zählen Mauretanien schon jetzt, gemessen an den angekündigten Kapazitäten für grünen Wasserstoff, zu den fünf wichtigsten Standorten auf der Welt neben Australien, Ägypten, den Vereinigten Staaten und Kanada. Insgesamt sind dort vier Projekte in dieser Größenordnung geplant. P ZAHL DES MONATS Sanddünenfeld mit Palme in Mauretanien Rund 3,5 Mrd. … Euro haben nach BDEW-Prognosen die deutschen Trinkwasserversorgungsunternehmen im Jahr 2022 in den Bau und die Instandhaltung ihrer Anlagen und in die Ausweitung und Erneuerung ihrer Infrastruktur investiert. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Investitionen damit um rund 4,5 Prozent an. 62 Prozent der Investitionen flossen in die Rohrnetze. Ein Anteil von 15 Prozent der Investitionssumme wurde für die Wassergewinnung und Wasseraufbereitung aufgebracht. Hier gibt es mit einem Plus von fast 16 Prozent eine weit überdurchschnittliche Zuwachsrate. Ursache hierfür sind vor allem Investitionen in den Bau neuer Brunnen beziehungsweise in die Wiederaufnahme alter Trinkwassergewinnungsanlagen. Sechs Prozent der Investitionen entfallen auf die Wasserspeicherung. Die restlichen 17 Prozent verteilen sich auf Zähler, Messgeräte, IT und sonstige Investitionen. Insgesamt sind seit 1990 mehr als 80 Mrd. Euro in die öffentliche Trinkwasserversorgung Deutschlands investiert worden. Mit deutlich mehr als 20 Mrd. Euro entfiel hiervon ein überproportionaler Anteil auf die ostdeutschen Bundesländer. 12 energie | wasser-praxis 04/2023 N A C H R I C H T E N

Forschungsprojekt Biogene CO₂-Konversion („BioKon“) gestartet F Die DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH in Freiberg hat gemeinsam mit weiteren Partnern im Februar 2023 das Forschungsprojekt „BioKon“ begonnen. BioKon steht für „Biogene CO2-Konversation“; im Fokus steht dabei die Optimierung des Verfahrens der biologischen Methanisierung in Blasensäulenreaktoren. Damit soll ein Verfahren zur Konversion von regenerativemKohlenstoffdioxid und (Elektrolyse-)Wasserstoff zu Methan mittels biologischer Methanisierung in der Blasensäule etabliert werden, das für die Nachrüstung auf Biogasanlagen geeignet ist. Durch den Einsatz eines neuartigen Gasinjektionssystems als effizienzbestimmendes Bauteil dieses Prozesses wird die Erzeugung von einspeisefähigem Methan (> 95 Vol.-%) angestrebt. Ein molekularbiologisches Monitoring der systemrelevanten Mikroorganismen und eine Optimierung der Bedingungen für die relevanten Leistungskulturen zielen auf einen stabilen und leistungsfähigen biologischen Prozess. Hinsichtlich der Volatilität vonWind- und Sonnenstrom soll mit BioKon im Rahmen der Bioökonomie der regenerative Energiespeicher Biomethan vorangetrieben werden (Sektorkopplung Strom und Gas). Schwerpunkte von BioKon sind: • die Entwicklung und Optimierung eines innovativen keramischen Gaseinbringsystems für die biologische Methanisierung in der Blasensäule • die Untersuchung des Einflusses verfahrenstechnischer Parameter auf die Entwicklung und Stabilität der Mikrobiologie mit dem Schwerpunkt Leistungskulturen • die Ableitung und Erprobung von Ansätzen zur mikrobiologischen und verfahrenstechnischen Optimierung der biologischen Methanisierung in der Blasensäule • die Erstellung eines Konzeptes für die Einbindung des Verfahrens in eine Biogasanlage inkl. techno-ökonomischer Bewertung Im Resultat steht eine Technologie zur Verfügung, die neue Nutzungspfade der biobasierten Ressource CO₂ eröffnet. Für die ca. 9.500 bestehenden Biogasanlagen ergibt sich mit „BioKon“ ein potenzielles Geschäftsmodell nach dem Auslaufen des EEGs. Das Forschungsprojekt hat eine geplante Laufzeit von drei Jahren. Projektbeteiligte sind neben der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH (Freiberg) das Fraunhofer Institut für Keramische Technologien und Systeme (IKTS, Dresden), die MicroPro GmbH (Gommern) und die Ökotec Biogas Gesellschaft mbH & Co. KG (Thallwitz). Gefördert wird das Vorhaben „BioKon“ (FKZ: 031B1294A) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms KMU-innovativ. P Blasensäurenkaskade zur biologischen Methanisierung Besuchen Sie uns online: shop.wvgw.de Quelle: DBI-Gruppe 13 energie | wasser-praxis 04/2023

Für den Wasserstofftransport im deutschen Gasnetz ist eine klar definierte Bewertung der Stahlbauteile auf Wasserstofftauglichkeit sowie die entsprechende Implementierung imDVGW-Regelwerk erforderlich. Stichprobenhafte Überprüfung von Stahlwerkstoffen für Gasleitungen und Anlagen zur Bewertung auf Wasserstofftauglichkeit In dem DVGW-Forschungsvorhaben SyWeSt H2 (Förder-Nr.: G 20206) wurden an einem repräsentativen Querschnitt typischer in Deutschland (und teilweise auch in Europa) verwendeter Leitungs- und Rohrleitungsstähle bruchmechanische Prüfungen durchgeführt. Die Untersuchungen, die im Rahmen des DVGW-Innovationsprogramms Wasserstoff durchgeführt wurden, ergaben für alle geprüften Pipeline- und Rohrleitungsstähle die Tauglichkeit für den Transport von Wasserstoff, da sowohl die vorgegebene Mindestbruchzähigkeit eingehalten wurde als auch das Risswachstumsverhalten den Erwartungswerten entsprach. Der vorliegende Beitrag fasst die zentralen Erkenntnisse des F&E-Vorhabens zusammen. von: Dr. Ulrich Marewski & Dr. Michael Steiner (beide: Open Grid Europe GmbH) Abb. 1: Querschliff eines UP-geschweißten Stahlrohrs In diesem Zusammenhang wurden beispielsweise das DVGW-Merkblatt G 409 [1] (für die Umstellung von Leitungen auf Wasserstoff) und das DVGWArbeitsblatt G 463 [2] (für den Neubau von Leitungen) speziell auf das Medium Wasserstoff angepasst. Beide Regelwerke erfordern ggf. eine bruchmechanische Bewertung der Leitungen und Leitungsbauteile, wobei als Eingangsgrößen bruchmechanische Kennwerte erforderlich sind. Bisher sind diese Kennwerte in einem internationalen Regelwerk nur in dem amerikanischen Regelwerk ASME B31.12 [3] ausgewiesen. Konkret handelt es sich dabei um die Mindestbruchzähigkeit KIc und die Beschreibung des Rissfortschrittes (da/dN) unter dem Medium Wasserstoff. Grundlage der in dem amerikanischen Regelwerk ausgewiesenen Kenngrößen waren allerdings Untersuchungen an amerikanischen Werkstoffen – diese sind den in Europa bzw. auch in Deutschland verwendeten Werkstoffen zwar sehr ähnlich, aber nicht identisch. Zudem ist die Umstellung bereits vorhandener, älterer Erdgasleitungen (mit älterenWerkstoffen) insbesondere für den Anwendungsbe- Abb. 2b: Probenentnahme aus einem Rohr Abb. 2a: Bruchmechanische Proben Quelle: OGE Quelle: OGE Quelle: OGE 14 energie | wasser-praxis 04/2023 G R E E N H U B

reich des DVGW-Regelwerkes von sehr großem Interesse, wobei eine direkte Übertragbarkeit der Untersuchungen aus dem amerikanischen Raum als problematisch einzustufen war. Vor diesemHintergrund wurden im Rahmen des DVGW-Projektes SyWeSt H2 bruchmechanische Untersuchungen speziell für die im deutschen (und teilweise europäischen) Raum verwendeten Leitungsstähle unter dem Medium Wasserstoff durchgeführt. Die Zielsetzung des Programms bestand darin, die dabei ermittelten bruchmechanischen Kennwerte mit den der ASME B31.12 zugrunde liegenden Ergebnissen zu vergleichen, um die Anwendung auf die in Deutschland verwendeten Stähle zu validieren und ggf. eine modifizierte Korrelation für den Rissfortschritt zu erarbeiten. Grundsätzliche Vorgehensweise bei der Durchführung bruchmechanischer Prüfungen Für die bruchmechanischen Prüfungen wurden typische Stahlsorten an unterschiedlichen Rohrbereichen (Grundwerkstoff, Schweißgut, Wärmeeinflusszone) betrachtet (Abb. 1). Zur Vergleichbarkeit der Prüfungen wurde eine Probenform ausgewählt, die der Kontur einer C(T)20Probe entspricht, wobei die Probendicke ggf. (aufgrund einer zu geringen Wanddicke) reduziert wurde (Abb. 2). Für die Prüfungen von Schweißnähten wurden die Stirnflächen angeätzt, damit die Schweißnaht sichtbar wird. Zur Erzeugung einen natürlichen, scharfen Ermüdungsanriss von etwa 2 mm wurden die Proben nach ASTM E 1820-20 [4] zyklisch angeschwungen. Die Prüfung wurde in einem servohydraulischen Prüfsystem der Materialprüfanstalt der Universität Stuttgart (MPA Abb. 3: Servohydraulisches Prüfsystem der MPA Stuttgart mit integriertem Wasserstoffautoklaven Stuttgart) mit integriertemWasserstoffautoklav unter einer trockenen, 100-prozentigen Wasserstoffatmosphärwe bei Raumtemperatur durchgeführt (Abb. 3). Abb. 4: Schematische Darstellung des Risswachstums in Abhängigkeit von der Spannungsintensität ∆K B Quelle: MPA Stuttgart Quelle: OGE 15 energie | wasser-praxis 04/2023 FIT FÜR WASSERSTOFFTECHNOLOGIEN MIT KLINGER DICHTUNGSMATERIALIEN Für alle Stufen des Power-to-X-Prozesses Germany KLINGER GmbH, 65510 Idstein Tel. +49 6126 40160, mail@klinger.de, www.klinger.de

Die statischen Versuche erfolgten nach ASTM E1820, die zyklischen Versuche dagegen entsprechend ASME E647-13a [5]. Als Ergebnis der bruchmechanischen Prüfungen sollte die Bruchzähigkeit (KIc) sowie das Rissfortschrittverhalten (da/dN) unter Wasserstoffatmosphäre ermittelt werden, sodass ein Risswachstum bis zu einem theoretischen Versagen modellhaft beschrieben werden kann (Abb. 4). Zielsetzung insbesondere der durchgeführten Rissfortschrittsversuche war es, die aus amerikanischen Prüfergebnissen abWerkstoff Prüfung da/dN & KIC H₂-Prüfdruck [bar] R-Wert L290 NE GW, SAWL Grade A GW, SAWL St35 GW Legende 15 k (St.35) GW, SAWL, RN da/dN Risswachstum X42 GW, ERW, RN, WEZ KIc Bruchzähigkeit RR St 43.7 GW GW Grundwerkstoff P355 NH GW WEZ Wärmeeinflusszone L360 NE GW SAWL UP-Längsschweißnaht StE 360.7 SAWL, GW SAWH UP-Spiralschweißnaht L360 NB SAWL GW ERW Electric Resistance Weld 14 HGS GW, LN, RN RN Rundschweißnaht TStE 355 N GW WSTE 420 GW St53.7 RN, GW X56.7 GW, SAWL, RN St60.7 GW, RN 100 0,5 P 460 NH SAWL, GW X70 GW, SAWH, WEZ X70 GW, RN, WEZ L485 GW, SAWH, WEZ GRS550/X80 GW, SAWL L485 (HV hoch/niedrig) GW, RN, WEZ L415 (Bogen) GW, SAWL P355 NL1 (Armatur) GW GJS 400 (Armatur) GW C22.3 (Armatur) GW GS C25 N (Armatur) GW P460 QL1 (Armatur) GW St35 GW 0 / 0,2 / 1 / 2 / 5 / 10 / 20 / 100 L485 GW L360 NB GW, SG 10 / 100 StE 320.7 GW, RN StE 480.7 TM GW, SAWL, RN L485 GW 100 0,1 / 0,5 / 0,7 L360 GW Tabelle 1: Versuchsmaterialien und durchgeführte Versuche im Überblick Quelle: OGE 16 energie | wasser-praxis 04/2023 G R E E N H U B

geleitete Grenzkurve entsprechend ASME B 31.12 mit den erhaltenen Ergebnissen zu vergleichen. Durchgeführte Versuche unter dem Medium Wasserstoff Die Tabelle 1 zeigt in einer zusammenfassenden Übersicht die untersuchten Materialien, die durchgeführten Untersuchungen sowie die wesentlichen Versuchsparameter. Hierfür wurden der MPA Stuttgart mehrere Pipelinestähle und einige auf Anlagen verwendete Leitungsstähle zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wurden auch einige bei den Druckkörpern von Armaturen übliche Stähle untersucht. Das Versuchsprogramm wurde für die überwiegende Anzahl der Proben unter einem konstanten Wasserstoffdruck pH2 = 100 bar durchgeführt. Um den Einfluss des Wasserstoffdruckes auf die resultierenden bruchmechanischen Eigenschaften zu überprüfen, wurden an ausgesuchten Werkstoffen zusätzlich auch Prüfungen mit Wasserstoffdrücken pH2 < 100 bar durchgeführt. In der derzeitig gültigen ASME B 31.12 ist der Gültigkeitsbereich der beschriebenen Rissfortschrittsgleichungen auf R-Werte ≤ 0,5 beschränkt. Aus diesem Grunde wurden darüber hinaus auch für zwei ausgewählte Werkstoffe (L360 und L485) Rissfortschrittsversuche bei R-Werten von R = 0,1 und R = 0,7 durchgeführt. Die Bandbreite der geprüften Werkstoffe reicht vom St35 – mit relativ geringer Festigkeit – aus dem Herstellungsjahr 1930 bis zum Werkstoff GRS550 (X80). Im Rahmen der Verfügbarkeit des Versuchsmaterials wurde darauf geachtet, dass möglichst auch hinsichtlich der Festigkeitsstufe vergleichbare Werkstoffe neuer und älterer Fertigung untersucht wurden. So sind z. B. die Festigkeiten der Streck-/Dehngrenze und der Zugfestigkeit der beiden Werkstoffe X70 und L485 nahezu identisch, wohingegen die Duktilitätseigenschaften und insbesondere die Kerbschlagarbeiten sich erheblich unterscheiden. Ergebnisse der zyklischen Bruchmechanikversuche Die zyklischen bruchmechanischen Versuche wurden an der Mehrzahl der Proben bei einem konstanten Wasserstoffdruck von pH2 = 100 bar durchgeführt. In Übereinstimmung mit den zugrundeliegenden Prüfparametern nach [3] und [6] wurde die Prüffrequenz auf f = 1 Hz und das Spannungsverhältnis R = 0,5 festgelegt. Die Abbildung 5 zeigt beispielhaft die Ergebnisse der zyklischen Risswachstumsversuche amWerkstoff L485 für den Grundwerkstoff, die Schweißnaht und die Wärmeeinflusszone der Schweißnaht. Bei den Versuchen wurden die Risswachstumsraten im Bereich der zyklischen Spannungsintensitäten ∆K von ca. 10 bis 50 MPa m1/2 ermittelt. Bei den durchgeführten Versuchen wurde jedoch nicht der untere Schwellenwert (∆Kth) ermittelt. Die Kenntnis dieses Wertes ist im Zusammenhang mit Prognosen für die Lebensdauer einer Gaspipe- B Abb. 5: Ermitteltes Risswachstum für das Material L485 (pH2 = 100 bar) Quelle: OGE 17 energie | wasser-praxis 04/2023

line eher von untergeordneter Bedeutung, da geringe Spannungsintensitäten praktisch keinen Einfluss auf die Ergebnisse dieser Prognosen haben. Unabhängig davon deuten die ermittelten Risswachstumskurven darauf hin, dass der Schwellenwert (∆Kth) etwas unterhalb der festgelegten minimalen zyklischen Spannungsintensität ∆K < 10 MPa m1/2 liegt, da das gemessene Risswachstum in diesem Bereich deutlich abnimmt. In der Abbildung 6 finden sich die Ergebnisse der zyklischen Rissfortschrittsversuche für das Grundmaterial, die Schweißnaht und die Wärmeeinflusszone der Schweißnaht der untersuchten Werkstoffe. ZumVergleich ist die Rissfortschrittbeziehung entsprechend ASME B31.12 als rote Linie eingezeichnet. In Übereinstimmung mit den im amerikanischen Raum durchgeführten Untersuchungen bilden die gemessenen Risswachstumskurven im Wesentlichen ein relativ homogenes Streuband unterhalb der Risswachstumsbeziehung entsprechend ASME B31.12, obwohl sehr unterschiedliche Materialien hinsichtlich der Festigkeit, der Gefügeausbildung und der Duktilität geprüft worden sind. Abb. 7: Konservative Beschreibung des ermittelten Risswachstums unter Wasserstoff für unterschiedliche Wasserstoffdrücke und der Vergleich mit den durchgeführten Messungen (Werkstoff St35 bei R = 0,5) Abb. 6: Konservative Beschreibung des ermittelten Risswachtums unter Wasserstoff für pH2 = 100 bar und R = 0,5 Quelle: OGE Quelle: OGE 18 energie | wasser-praxis 04/2023 G R E E N H U B

Abb. 8: Bilineares Risswachstumsgesetz für R = 0,1, R = 0,5 und R = 0,7 (pH2 = 100 bar) Bei einemgenaueren Vergleichmit der Risswachstumsbeziehung nach ASME B31.12 zeigt sich in der Tendenz eine leichte Überschreitung des im Rahmen dieses Projektes gemessenen Risswachstums fürmittlere Spannungsintensitäten und eine Unterschreitung der Risswachstumsbeziehung für kleinere bzw. größere Spannungsintensitäten. Daher ergibt sich die Möglichkeit, eine genauere und konservative Annäherung an die Messdaten durchzuführen, indem das Risswachstumsgesetz in zwei bilineare Bereiche aufgeteilt wird. Diese übliche Vorgehensweise wurde z. B. bereits in [7] vorgeschlagen. Die Abbildung 7 zeigt exemplarisch die Ergebnisse der Risswachstumsmessungen für den Werkstoff St35, die bei Wasserstoffdrücken von pH2 = 0,2 bar bis pH2 = 100 bar durchgeführt worden sind. Es zeigte sich, dass sich das Risswachstum – insbesondere für kleinere Spannungsintensitäten und Wasserstoffdrücke – zunächst ähnlich dem Risswachstum unter dem Medium Luft verhält. Bei einer Steigerung der zyklischen Spannungsintensität nähert sich das Risswachstum dem typischen Risswachstum für höhere Drücke bzw. für pH2 ≈ 100 bar an. Bei der Verwendung des – wie in Abbildung 6 gezeigten – bilinearen Risswachstumsgesetzes kann man dieses Verhalten näherungsweise beschreiben, indem in die Risswachstumsbeziehung für kleinere Spannungsintensitäten eineDruckabhängigkeit berücksichtigt wird. Für größere Spannungsintensitäten wird angenommen, dass die Risswachstumsbeziehung unabhängig vom Wasserstoffdruck ist und damit dem Verhalten bei pH2 = 100 bar entspricht. Diese Vorgehensweise wurde ebenfalls bereits in [7] vorgeschlagen und hinsichtlich der Anwendbarkeit auf die hier vorliegenden Daten überprüft. In dem amerikanischen Code [8] ist ein Vorschlag zur Umrechnung des Risswachstumsverhaltens auf beliebige R-Werte enthalten, soweit die entsprechenden Versuche bei einem konstanten R-Wert durchgeführt worden sind. Zur Illustration des Einflusses des R-Wertes auf das in Abbildung 6 gezeigte bilineare, modifizierte Risswachstumsgesetz ist dieser in der Abbildung 8 für die R-Werte R = 0,1 und R = 0,7 eingetragen. Aus den ermittelten Versuchsdaten wurde das nachfolgende Risswachstumsgesetz abgeleitet: für ∆K ≤ für ∆K ≥ mit pH2 [bar]; ∆K [MPa m0.5]; da/dN [mm/Lastwechsel] Ausgewählte Ergebnisse für die Bruchzähigkeit Die Abbildung 9 zeigt eine Auswahl der Ergebnisse für die Bruchzähigkeit KIc bei einem Prüfdruck von pH2 = 100 bar. Bei den in der Farbe Blau gekennzeichneten Daten handelt es sich um B Quelle: OGE 19 energie | wasser-praxis 04/2023

Prüfungen, die an den Grundwerkstoffen durchgeführt wurden; die in Grau gekennzeichneten Daten stehen in Zusammenhang mit Prüfungen an Schweißnähten bzw. Wärmeeinflusszonen. In den Darstellungen ist zusätzlich der von den Regelwerken geforderte Mindestwert KIc von 55 MPa m1/2 gekennzeichnet. Alle untersuchten Proben erfüllten die Mindestforderung für die Bruchzähigkeit KIc ≥ 55 MPa m1/2 entsprechend ASME B31.12. Für einige Werkstoffe wurde außerdem der Einfluss des Wasserstoffdruckes auf die resultierende Bruchzähigkeit überprüft. Exemplarisch sind die Ergebnisse für den Werkstoff St35 in Abbildung 10 dargestellt. Die Variation des Wasserstoffdruckes wurde dabei ausschließlich am Grundwerkstoff durchgeführt. Dabei wurden unter dem Medium Luft (0 bar H2) die größten Bruchzähigkeitswerte KIc 170 MPa m1/2 ermittelt. Bereits bei dem geringen Wasserstoffdruck von pH2 = 0,2 bar wurde eine reproduzierbare Verringerung der Bruchzähigkeit festgestellt. Diese verringerte sich bei Wasserstoffdrücken pH2 ≥ 10 auf Bruchzähigkeitswerte um KIc ≈ 100 MPa m1/2. Abb. 9: Auswahl ermittelter Bruchzähigkeiten (KIc) für die geprüften Leitungswerkstoffe Abb. 10: Bruchzähigkeit in Abhängigkeit vom Wasserstoffdruck (Werkstoff: St35) Quelle: OGE Quelle: OGE 20 energie | wasser-praxis 04/2023 G R E E N H U B

Zusammenfassung Im Zusammenhang mit dem Neubau oder der Umstellung von Gashochdruckleitungen ist entsprechend dem DVGW-Regelwerk – und abhängig von der Auslegung und den verwendeten Werkstoffen – der Nachweis der Tauglichkeit der verwendetenWerkstoffe im Rahmen von aufwendigen, bruchmechanischen Untersuchungen zu erbringen. Um diesen bisher erforderlichen Prozess zu vereinfachen, hat der DVGW das Forschungsprojekt SyWeSt H2 initiiert, dessen Ziel es war, das bruchmechanische Werkstoffverhalten der verwendeten Stähle zu untersuchen. Diese Untersuchungen ergaben für alle geprüften Leitungs- und Rohrleitungsstähle die Tauglichkeit für den Transport von Wasserstoff, da sowohl die vorgegebene Mindestbruchzähigkeit eingehalten wurde als auch das Risswachstumsverhalten den Erwartungswerten entsprach. Sämtliche Ergebnisse des DVGW-Forschungsprojekts sind in [9] zusammengefasst. Hinsichtlich der Beschreibung des Risswachstums konnte – im Vergleich zum amerikanischen Standard ASME B31.12 – eine Erweiterung des Gültigkeitsbereiches abgeleitet werden. Dies betrifft insbesondere die zusätzliche Einführung des Einflusses der Mittelspannung und des Einflusses des Wasserstoffdruckes auf das Risswachstum. Aufgrund der festgestellten (und verhältnismäßig geringen) Streubreite für das Risswachstum von Materialien verschiedener Festigkeit und unterschiedlichsten Alters lässt sich die Folgerung ableiten, dass auch vergleichbare Werkstoffe, die in diesem Programm nicht geprüft wurden, durch die Versuchsergebnisse abgedeckt werden. Somit konnte das angestrebte Ziel des Forschungsprojektes SyWeSt H2 für die Gruppe der Pipelinestähle und der auf Anlagenverwendeten Rohrleitungsstähle erreicht werden. Mittels der Durchführung bruchmechanischer Berechnungen nach dem DVGW-Merkblatt G 464 [10] kann unter Zugrundelegung der Ergebnisse Dr. Ulrich Marewski ist DVGW-Sachverständiger und zuständig für die Integrität des Leitungssystems bei der Open Grid Europe GmbH in Essen. Dr. Michael Steiner ist Leiter der Abteilung Integrität bei der Open Grid Europe GmbH in Essen. Kontakt: Dr. Michael Steiner Open Grid Europe GmbH Gladbecker Str. 404 45326 Essen Tel.: 0201 3642-18290 E-Mail: michael.steiner@oge.net Internet: www.oge.net Die Autoren der bruchmechanischen Versuche des DVGW-Forschungsprojektes SyWeSt H2 die Wasserstofftauglichkeit von Gashochdruckleitungen nachgewiesen werden. P Literatur [1] DVGW-Merkblatt G 409: Umstellung von Gashochdruckleitungen aus Stahlrohren für einen Auslegungsdruck von mehr als 16 bar für den Transport von Wasserstoff, Bonn 2020. [2] DVGW-Arbeitsblatt G 463: Gashochdruckleitungen aus Stahlrohren für einen Auslegungsdruck von mehr als 16 bar; Planung und Errichtung, Bonn 2021. [3] ASME B31.12.-2019: Hydrogen Piping and Pipelines [4] ASTM E1820-20: Standard Test Method for Measurement of Fracture Toughness [5] ASTM E647-13a: Standard Test Method for Measurement of Fatigue Crack Growth Rates [6] Amaro, R. L., White, R. M., Looney, C. P., Drexler, E. S., Slifka, A. J.: Development of a Model for Hydrogen-Assisted Fatigue Crack Growth of Pipeline Steel, in: Journal of Pressure Vessel Technology, April 2018, Vol. 140. [7] San Marchi, C., Ronevich, J. A.: Fatigue and Fracture of Pipeline Steels in High-Pressure Hydrogen Gas. Proceedings of the ASME 2022 Pressure Vessels & Piping Conference, July 17–22, 2022, Las Vegas, Nevada, USA. [8] ASME Boiler & Pressure Vessel Code 2010: VIII Division 3; Alternative Rules for Construction of High-Pressure Vessels; Rules for Construction of Pressure Vessels. [9] DVGW Forschungsprojekt G 202006: SyWeSt H2 – Stichprobenhafte Überprüfung von Stahlwerkstoffen für Gasleitungen und Anlagen zur Bewertung auf Wasserstofftauglichkeit, Januar 2023. [10] DVGW-Merkblatt G 464: Bruchmechanisches Bewertungskonzept für Gasleitungen aus Stahl mit einem Auslegungsdruck von mehr als 16 bar für den Transport von Wasserstoff, Bonn 2023. 21 energie | wasser-praxis 04/2023 • Höhere Rissbeständigkeit im Vergleich zu PE 100 • Sandbettfreie, wirtschaftliche Verlegung • Sichere Schweißverbindungen • Komplettes Rohrleitungssystem für Gas, Wasserstoff, Wasser, Abwasser und chemische Medien AGRULINE PE 100-RC Rohrsystem für höchste Betriebssicherheit Wir beraten Sie gerne info@frank-gmbh.de T. +49 6105 4085-0 www.frank-gmbh.de www. agru . at @ a g r u w o r l d ®

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