DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 4/2023

Diese Gebiete der Biomethanerzeugung stimmen nicht zwangsläufig mit den Orten eines zukünftigen Biomethanbedarfes überein, sodass eine Infrastruktur zum Transport des Methans benötigt wird. Aktuell besteht die Möglichkeit, Biomethan in das Erdgasnetz einzuspeisen und bilanziell deutschlandweit zu entnehmen und zu vermarkten. Da selbst die Umstellung aller bestehenden Biogasanlagen auf die Erzeugung von Biomethan den aktuellen Gasbedarf nur zu einem geringen Teil decken könnte, wäre das aktuelle Gasnetz deutlich überdimensioniert. Darüber hinaus sieht der Netzentwicklungsplan eine sukzessive Umstellung der Gasinfrastruktur auf die Verteilung von Wasserstoff in der Zukunft vor. Verschiedene Studien prognostizieren auch in der Zukunft einen Bedarf an gasbasierten Energieträgern, um insbesondere solche Bedarfe zu decken, die sich nicht oder nur schwer elektrifizieren lassen. Es wird jedoch erwartet, dass die Deckung dieser Bedarfe langfristig durch grünenWasserstoff erfolgen wird. Somit ist es zielführend, für Wasserstoff als wesentliches erneuerbares Gas der Zukunft eine flächendeckende Verteilinfrastruktur zu schaffen. Hierbei ist die Umwidmung der bestehenden Erdgasinfrastruktur mit geringeren Kosten verbunden als die Errichtung einer neuen Verteilinfrastruktur. Eine gleichzeitige Nutzung des Gasnetzes zur Verteilung vonWasserstoff und Biomethan in der Zukunft ist jedoch nicht sinnvoll, es kommt zur Nutzungskonkurrenz. Durch die Umwidmung der Gasinfrastruktur wird sich langfristig die Möglichkeit verschlechtern, Biomethan über eine vorhandene Infrastruktur zu verteilen. Folglich wird eine neue Möglichkeit der Distribution benötigt. Hier gibt es verschiedene Optionen, die unterschiedliche Ziele verfolgen: So ist es denkbar, eine zusätzliche Gasinfrastruktur zumTransport von Biomethan zu betreiben. Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn auch zukünftig ein relevanter Methanbedarf erwartet wird und die Biomethanmengen über weite Distanzen transportiert werden sollen. Falls die Methanbedarfe jedoch regional gedeckt werden können, könnte der Weiterbetrieb von Niederdrucknetzen zur Deckung dieser Bedarfe möglich sein. So kann die Etablierung regionaler Geschäftsmodelle eine Option darstellen. Die dritte Möglichkeit wäre die Aufbereitung von Biogas zu biogenemWasserstoff statt Biomethan. Dies hätte den Vorteil, dass die Wasserstoffinfrastruktur zur Verteilung des Produktes genutzt werden könnte. Jedoch ist die Erzeugung von biogenem Wasserstoff aktuell nicht gefördert und stellt damit aktuell keinen relevanten Nutzungspfad für Biogas dar. Fazit Verschiedene Studien zu einem klimaneutralen Energiesystem zeigen, dass es zukünftig Energiebedarfe geben wird, für die erneuerbare Gase benötigt werden. Es gibt zwei wesentliche Möglichkeiten, diese Bedarfe zu decken: erneuerbarer Wasserstoff und Biomethan. Biogas bietet vielfältige Nutzungspfade, was es zu einer interessanten Option zur Deckung zukünftiger Energiebedarfe in den verschiedenen Sektoren macht. Basierend auf den aktuellen Bestrebungen, die Abhängigkeiten von Importen fossiler Energieträger zu reduzieren, könnte Biogas als Erdgassubstitut bereits mittelfristig eine zunehmend wichtige Rolle auf europäischer Ebene spielen. Das Potenzial aus Bestandsanlagen unterscheidet sich regional jedoch sehr stark und ist in Deutschland imWesentlichen in den Regionen NordWest, Nord-Ost und Süd lokalisiert. Eine wesentliche Randbedingung für die zukünftige Nutzung von Biogas ist die sukzessive Umstellung der Gasinfrastruktur auf die Verteilung von Wasserstoff als dominierenden Energieträger. Dies führt dazu, dass Biogas, in aufbereiteter Form von Biomethan, vergleichsweise schlechtere Möglichkeiten der überregionalen Verteilung hat. Eine gleichzeitige Nutzung des Gasnetzes stellt keine sinnvolle Option dar. Eine parallele Infrastruktur für die Verteilung und angepasste Geschäftsmodelle werden zukünftig notwendig. So kann es sinnvoll sein, schon frühzeitig regionale Geschäftsmodelle anzustreben, um auf die Umstellung des Gasnetzes vorbereitet zu sein. Biomethan bietet langfristig die Chance, es für methanbasierte Bedarfe einzusetzen, die nicht elektrifiziert werden können. Deswegen sollte Biomethan genau für diese Anwendungen genutzt werden. P Literatur [1] Thrän, D., Schindler, H., Kornatz, P., Dotzauer, M., Nelles, M.: Die Rolle von Biogas für eine sichere Gasversorgung in Deutschland, 2022. [2] Fachverband Biogas: Branchenzahlen 2021 und Prognose der Branchenentwicklung 2022. [3] Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) (Hrsg.): Leitfaden Biogas. Von der Gewinnung zur Nutzung. 7. Aufl., Rostock 2016. [4] Daniel-Gromke, J., Rensberg, N., Denysenko, V., Barchmann, T., Oehmichen, K., Beil, M. et al.: Optionen für Biogas-Bestandsanlagen bis 2030 aus ökonomischer und energiewirtschaftlicher Sicht, 2019. [5] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): BMEL-Statistik: Tabellen Kapitel C, H.II und H.III des Statistischen Jahrbuchs, 2022. [6] Dotzauer, M., Schering, K., Barchmann, T., Oehmichen, K., Schmieder, U., Steubing, M. et al.: Bioenergie – Potentiale, Langfristperspektiven und Strategien für Anlagen zur Stromerzeugung nach 2020 (BE20plus) – Schlussbericht, 2021. Anica Mertins und Mathias Heiker sind wissenschaftliche Mitarbeiter an der Hochschule Osnabrück. Prof. Dr. Tim Wawer ist Professor für Energiewirtschaft und wissenschaftlicher Leiter des Forschungszentrums Energiewirtschaft Energierecht an der Hochschule Osnabrück. Prof. Dr. Sandra Rosenberger ist Professorin für nachhaltige Energietechnik an der Hochschule Osnabrück. Kontakt: Anica Mertins Hochschule Osnabrück Albrechtstr. 30 49076 Osnabrück Tel.: 0541 969-2333 E-Mail: anica.mertins@hs-osnabrueck.de Internet: www.hs-osnabrueck.de Die Autoren 34 energie | wasser-praxis 04/2023 G R E E N H U B

RkJQdWJsaXNoZXIy ODQwNjM=