DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 03/2022

Etwa 600 Mrd. Kubikmeter Wasserstoff werden jährlich auf der Welt produziert. Und die Nachfrage steigt weiter – ob in der chemischen Produktion von Stickstoffdünger, imTransportsektor für Brennstoffzellenantriebe oder für Stadtwerke als Energiespeicher. Wenn Wasserstoff mithilfe regenerativer Energie erzeugt wurde, gilt er als nachhaltig bzw. „grün“. Dabei bleiben aber teilweise Schritte der Lieferkette unberücksichtigt: So werden häufig Emissionen ignoriert, die durch den Anlagenbetrieb oder denTransport entstehen. Auch ist nicht immer eindeutig festgelegt, wie groß die Emissionsreduzierung ausfallen muss. Gerade Transportemissionen können jedoch einen entscheidenden Einfluss auf die Umweltwirksamkeit des Wasserstoffs haben – vor allem, wenndie erzeugenden Regionen in großer Distanz zu den verbrauchenden Regionen liegen. Systeme und Standards für den Nachweis der Nachhaltigkeit von unabhängiger Seite gibt es bisher ausschließlich auf freiwilliger Basis. Erst dieser Nachweis macht jedoch die Nachhaltigkeit für den Endverbraucher über die gesamte Wertschöpfungskette transparent. Die EU als Vorreiter auf dem Markt In einemsich neu entwickelndenWasserstoffmarkt haben Herkunfts- und Nachhaltigkeitsnachweise mitunter entscheidenden Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit des Energieträgers. Produzenten und Händler, die schon mit den bestehenden Zertifizierungssystemen arbeiten, haben hier einen Vorsprung: Sie kennenund orientieren sich bereits an denAnforderungen des Absatzmarkts, die die Basis für viele Anforderungen von Audits sind. Auch sind sie mit dem komplexen Thema der Emissionsbilanzierung vertraut. Um Emissionen zu reduzieren und das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, hat die EU im Jahr 2020 ihre Wasserstoffstrategie [1] veröffentlicht, in welcher konkrete Schritte für den Aufbau einer sauberen Wasserstoffwirtschaft skizziert sind. Auf lange Sicht soll vor allem grüner Wasserstoff eingesetzt werden, der per Elektrolysemit Stromaus erneuerbaren Energiequellen produziert wird. Denn dieser hat nach Ansicht der EU das größte Potenzial zur Dekarbonisierung. Toleriert wird für eine Übergangszeit allerdings auch blauer oder türkiser Wasserstoff, da diese ebenfalls zu einem geringeren Ausstoß an klimaschädlichen Treibhausgasen beitragen können. Eine verbindliche gesetzliche Definition, was grüner nachhaltiger Wasserstoff ist, fehlt jedoch bislang. Die EU-Kommission ist dabei, einen gesetzlichen Rahmen für Grüner Wasserstoff: Auf verpflichtende Zertifizierung der Nachhaltigkeit vorbereitet? Damit Wasserstoff sein Potenzial als klimafreundlicher Energieträger weiter ausbauen kann, braucht es einheitliche Kriterien zur Beurteilung seiner Nachhaltigkeit. Auch müssen alle Emissionen entlang der Lieferkette einbezogen werden. TÜV SÜD empfiehlt Erzeugern und Händlern bereits heute freiwillige Zertifizierungen, um auf eine künftige Pflicht vorbereitet zu sein. von: Michael Landspersky (TÜV SÜD Industrie Service GmbH) T E C H N I K 32 energie | wasser-praxis 03/2022

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