DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 03/2022

Die Europäische Union hat im Rahmen des Green Deals das Ziel formuliert, bis 2030 den Anteil von erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch auf 40 Prozent anzuheben und die Treibhausgasemission um 55 Prozent imVergleich zumReferenzwert 1990 zu senken. Umdieses Ziel zu erreichen, bedarf es einer umfassenden Neuausrichtung der bisherigen Rahmenbedingungen: Neben der Erhöhung sektoraler Ziele ist auch die Einführung neuer Instrumente notwendig, um das formulierte Gesamtziel erreichen zu können. Die systemische Optimierung muss dabei stärker im Vordergrund stehen als bisher, um bestehende Potenziale bestmöglich nutzen zu können. Damit der Gasmarkt zur Erfüllung dieser Ziele einen signifikanten Beitrag leisten kann, bedarf es einer Transformation des Sektors, welcher u. a. mit einem stärkeren Einsatz von erneuerbaren Gasen einhergehenmuss – denn bisher spielendiese in Anbetracht des gesamten Marktvolumens nur eine untergeordnete Rolle. Zu den erneuerbarenGasen zählt man aus Biomasse hergestellte Biogase und aus diesen aufbereitetes Biomethan mit Erdgasqualität, sowie die mittels der Power-to-Gas-Technologie produzierten strombasierten Gase Wasserstoff oder synthetisches Methan. Bereits heute werden erneuerbare Gase teilweise innerhalb der Erdgas-Infrastruktur genutzt. So wurden im Jahr 2021 aus fast 230 Biomethananlagen in Deutschland etwa 10 Terawattstunden (TWh) Biomethan in das Gasnetz eingespeist. Darüber hinaus kommen etwa 8 Prozent des deutschen Ökostroms aus Biogasanlagen mit einer Vor-Ort-Verstromung und versorgen etwa acht Mio. Haushalte mit Strom und Wärme. Auch in Elektrolyseuren erzeugter Wasserstoff wirdmittlerweile an verschiedenen Stellen inDeutschland in das Gasnetz eingespeist, dies bislang jedoch nur in einem geringen Umfang. Zudem ist deren Einspeisekapazität auch begrenzt, da in einem gewöhnlichen Gasnetz derzeit maximal 10 Prozent Wasserstoff beigemischt werden dürfen. Angesichts begrenzter inländischer Potenziale für erneuerbare Gasemüssen diese zukünftig importiert werden können. Hier hat sich in den letzten Jahren bereits ein kleiner Markt für den Import von Biomethan entwickelt. Die bisher gesammelten Erkenntnisse zeigen, dass es für einen liquiden Markt klarer regulatorischer Vorgaben bedarf, um einen stabilen und liquidenMarkt für den Import von EE-Gasen zu erreichen. Darüber hinaus besteht beimEinsatz vonEE-Gasen die Herausforderung, die drei Zielkriterien Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit undVersorgungssicherheit in Einklang zu bringen. Die Praxis hat immer wieder gezeigt, dass diese Kriterien durchaus mit Zielkonflikten einhergehen, welche sich bisher nur bedingt auflösen lassen. Welche Lösungsansätze hierzu aktuell diskutiert werden, soll im Folgenden näher erörtert werden. CO ² -Bepreisung als Kernelement eines technologieoffenen Marktes Die getroffenenund derzeit vorgeschlagenen Änderungen hinsichtlich des regulatorischen Rahmens für den zukünftigenEnergiemarkt habendie stärkere Ausrichtung auf eine CO2-Bepreisunggemein.Dabei dient derCO2-Preis meist allerdings nicht als alleiniges Instrument, sondern wird von anderen Regelungen und Instrumenten begleitet. Die Stoßrichtung der CO2-Bepreisung ist dabei indenSektorendurchaus unterschiedlich ausgeprägt (Tab. 1): Während sich der CO2-Preis im Rahmender Treibhausgas-Minderungsquote im Verkehrssektor an der vermiedenen Tonne CO2 ausrichtet, verfolgt der CO2-Preis imEU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) den Ansatz, maximal gedeckelte Emissionsrechte für den Ausstoß zu erhalten. Dieser Emissionsdeckel wird über künftige Handelsperioden immer weiter abgesenkt. Beiden Ansätzen ist gemein, dass diesen ein technologieoffener Ansatz innewohnt, indemder Verpflichteter verschiedene Erfüllungsoptionen an Technologien undEnergieträger zur Auswahl hat. Ein weiterer Ansatz für die Berücksichtigung von CO2-Emissionen ist das Setzen von THG-Mindesteinsparungen für Energieträger. Solche Vorgaben dienen vielmehr zur Qualifizierung des Marktzutritts und ergänzen sich entsprechend mit der CO2-Bepreisung beim Endverbrauch. Einen weiteren Ansatz für die CO2-Bepreisung bietet der aktuell vorliegende Entwurf zur Energiesteuerrichtlinie: Nebender Festsetzung vonMindeststeuersätzen sieht diese eine Unterscheidung zwischen Umweltmerkmalen der jeweiligen Energieträger in der Besteuerung vor. Durch die CO2-Bepreisung soll die Wirtschaftlichkeit der erneuerbaren Gase im jeweiligen Markt erhöht werden, da diese im Normalfall höhere Kosten gegenüber fossilen Energieträgern aufweisen. In den einzelnen Gesetz/Verordnung Art der CO ² -Bepreisung BImSchG (Treibhausgasminderungsquote Verkehr) Preis für vermiedene t/CO ² eq BEHG CO ² -Preis für die Inverkehrbringung von fossilem Gas und Öl EU ETS (nationale Umsetzung: TEHG) CO ² -Preis als Verschmutzungsrecht BioStrom/BioKraft-NachV Nachweis einer THG-Mindesteinsparung ggü. Komperatoren Energiesteuerrichtlinie Besteuerung nach Umweltmerkmalen EU-Gasmarktrichtlinie THG-Mindesteinsparung von 70 Prozent ggü. Komperator Tabelle 1: Unterschiedliche regulatorische Ansätze für eine CO ² -Bepreisung Quelle: dena 43 energie | wasser-praxis 03/2022

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