DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 8/2022

Abb. 2: Entwicklung des Trinkwasserbedarfs und der Bevölkerungsentwicklung in Frankfurt am Main von 1985 bis 2021 mit Prognose bis 2030 Quelle: Hessenwasser GmbH & Co. KG serversorgung der Region Südhessen auf der Grundlage entsprechender Landesplanungen zur Wasserversorgung in den 1960er- und 1970er-Jahren [1] konsequent weiterentwickelt. Exemplarisch dafür ist die Erschließung des ergiebigen Grundwasserdargebots im nördlichen Teil des Oberrheingrabens, demHessischen Ried, zu Beginn der 1960er-Jahre. Die gesamte Infrastruktur – zwei Wasserwerke, 35 km großdimensionierte Transportleitung (DN 1000) sowie eine Speicheranlagemit 40.000m3 Volumen – wurden in nur eineinhalb Jahren zwischen Januar 1963 und dem Sommer 1964 errichtet und in Betrieb genommen. Der Treiber für diesen aus heutiger Sicht unvorstellbar rasanten Prozess von Planung, Genehmigung und Umsetzung war ein struktureller Wassernotstand im Ballungsraum [2]. Steigender Trinkwasserbedarf von Bevölkerung, Industrie und Gewerbe fiele dabei zusammen mit einer Hitzeperiode Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre. Der Kombination von steigendem Wasserbedarf und heißen und trockenen Sommern wiederholte sich zu Beginn der 1970er-Jahre: Zwischen den Jahren 1970 und 1976 herrschte in Südhessen eine extreme Trockenperiode [3], die noch heute als wasserwirtschaftliches Worst-Case-Szenario für die Grundwasserstände imHessischen Ried dient. Die Wasserversorgung des Ballungsraumes Rhein-Main durchlief in den rund 20 Jahren ab dem Ende der 1950er-Jahre eine Phase des massiven Ausbaus der Infrastruktur durch die jeweiligen Träger (Kommunen, Gebietskörperschaften). Grund für diesen Ausbauschub war die Zunahme des Wasserbedarfs. Als Katalysator wirkten wiederkehrende Trockenperioden. Die Riedleitung ist das Herzstück des heute von Hessenwasser betriebenen Teils des „Regionalen Leitungsverbunds“ (Abb. 1). In seiner seitdem konsequent weiterentwickelten Struktur ist das Verbundsystem eine zentrale Grundlage für die klimafesteWasserbeschaffung und Trinkwasserversorgung der Metropolregion Rhein-Main [4]. Aktuelle Investitionsphase Der historisch gewachsene Anlagenbestand der vier Gesellschafter ging mit der Gründung des Unternehmens im Jahr 2001, ergänzt um die Anlagen der ESWE Versorgungs-AG im Jahr 2004, in die Hessenwasser GmbH & Co. KG über. Dies ist ein Grund für die komplexe Anlagenstruktur des Unternehmens. Für eine Eigengewinnung von rund 70 Mio. Kubikmetern pro Jahr werden insgesamt 21Wasserwerkemit 192Brunnen, Quellen und Stollen, verteilt im gesamten Versorgungsgebiet, betrieben. Der Transport des Trinkwassers erfolgt über ein Systemvon nahezu 350 kmTransportleitungen, rund 20 Prozent davon mit einem Durchmesser größer als 1.000 mm. Vor dem Hintergrund der Altersstruktur der Anlagen und der prospektiven Entwicklung des Wasserbedarfs in den kommenden Jahrzehnten steht Hessenwasser am Anfang der größten Investitionsperiode zur Erneuerung und Modernisierung der Infrastruktur der letzten fünfzig Jahre. Insgesamt befinden sich derzeit rund 80 Projekte auf der To-do-Liste der mittelfristi32 energie | wasser-praxis 08/2022

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