DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 8/2022

energie | wasser-praxis 08/2022 www energ e-wasser-prax s de energie | wasser-praxis e 08 Versorgungs | S cherhe t 1 Nachhaltige Wasserversorgung der Metropolregion Frankfurt/Main Versorgungs | S cherhe t 2 Gas- und H₂-Speicher als elementare Bestandteile der Energiewende Gr ne | Mob t t Der Teufel steckt im Detail 73 Jahrgang | August 2022 | ISSN 1436-6134 DRYFACTS Herausforderungen und Hand ungsopt onen der Wasserversorgung m Kontext des K mawande s www.primusline.com Verlegung als fliegende Leitung • zuverlässige und sichere Lösung • temporärer, oberirdischer Transport von Flüssigkeiten • mehrfach wiederverwendbar Wasser Öl Overland Piping

Erfahren Sie mehr zu einem Overland Piping Projekt in Norwegen! Primus Line® Overland Piping Primus Line® Overland Piping ist eine sichere und zuverlässige Lösung für den oberirdischen Transport – geeignet für verschiedene Flüssigkeiten wie Haushalts- oder Industrieabwässer, Sole, Meer- und Rohwasser. Der Hochdruck-Liner hat eine TPU-Innen- und -Außenbeschichtung sowie einen nahtlos gewebten Aramidkern. Leckagesichere Endverbinder vervollständigen das System und bilden so eine ideale Lösung für sensible Umgebungen. Primus Line® Overland Piping ist mit einer Lebensdauer von 20 Jahren für mehrfache Einsätze ausgelegt. Die umweltfreundliche Lösung überzeugt durch schnelle Verlegung, auch in schwierigem Gelände ohne große Zufahrtswege. Wie bei allen Primus Line Produkten sind Verlegelängen von 1.000 Metern und mehr sowie mehrfache Richtungsänderungen möglich. www.primusline.com Innenschicht verschleißfestes TPU Verstärkung nahtloses Aramidfasergewebe Außenschicht abriebfeste TPU-Umhüllung Rädlinger primus line GmbH Kammerdorfer Straße 16 93413 Cham Tel.: +49 9971 8088-0 info@primusline.com

energie | wasser-praxis 08/2022 www energ e-wasser-prax s de energie | wasser-praxis e 08 Versorgungs | S cherhe t 1 Nachhaltige Wasserversorgung der Metropolregion Frankfurt/Main Versorgungs | S cherhe t 2 Gas- und H₂-Speicher als elementare Bestandteile der Energiewende Gr ne | Mob t t Der Teufel steckt im Detail 73 Jahrgang | August 2022 | ISSN 1436-6134 DRYFACTS Herausforderungen und Hand ungsopt onen der Wasserversorgung m Kontext des K mawande s

Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. www.dvgw.de/shk-essen l Besuchen Sie uns. Wir freuen uns auf Sie! Fachforum „Wasserstoff-Praxis im Dialog“ l Am 06.09. stellen wir Ihnen vor, wie im SHK-Bereich die Zukunft mit H2 gelingt Forum Innenraumhygiene l Bietet Antworten zu allen Fragen rund um das technische Regelwerk im Bereich Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasser-Installationen Campus Bildung l Informieren Sie sich über Fort- und Weiter- bildungsangebote im SHK-Bereich Halle 2 D05 Halle 6 13L Halle 2 C05J Das Branchen-Hig hlight für Sanitär-, Heizu ng- und Klima

Seit über 160 Jahren ist der DVGW der anerkannte Regelsetzer für die Gas- undWasserwirtschaft in Deutschland und hat sich in dieser Zeit sowohl als technisch-wissenschaftlicher Know-how-Träger als auch als engagierter Förderer von branchenbezogenen Forschungsvorhaben und Innovationen hervorgetan. Das DVGW-Regelwerk Wasser ist die maßgebende Grundlage für die Sicherheit in der Wasserversorgung, d. h. von der Wasserressource über Wasseraufbereitung, -speicherung, -transport bis zur Entnahme des Trinkwassers durch die Verbraucherinnen und Verbraucher in der TrinkwasserInstallation. Dabei kommt der Hygiene und Sicherheit in der TrinkwasserInstallation – oft auch als „letzte Meile“ in der Wasserversorgung bezeichnet – eine zunehmend relevante Rolle zu. Das DVGW-Lenkungskomitee 3 „Wasserverwendung“ hat deshalb im Juni des vergangenen Jahres eine ganze Reihe von weitreichenden Beschlüssen für die zukünftige Arbeit gefasst und das Profil des Lenkungskomitees auf den Schwerpunkt „Hygiene und Sicherheit in der Trinkwasser-Installation“ geschärft. Diese wichtige Weichenstellung spiegelt sich auch im neuen Namen des Lenkungskomitees wider – es heißt nun „Hygiene und Sicherheit in der Trinkwasser-Installation“. Personell wird das Komitee zukünftig mit Expertinnen und Experten der Trinkwasserhygiene und des Verbraucherschutzes verstärkt werden. Parallel dazu sind die bislang zur Produktnormung eingerichteten Technischen Komitees aufgelöst und in die gemeinsame Arbeit mit dem DIN, d. h. im DIN-DVGWGemeinschaftsfachbereich, integriert worden. All diese Veränderungen sorgen dafür, dass sich das DVGW-Lenkungskomitee 3 zukünftig primär auf die Planung, Installation und den Betrieb der Trinkwasser-Installation einschließlich der metrologisch relevantenWassermessung konzentrieren kann. Ferner hat sich das W-LK-3 dafür ausgesprochen, die technischen Regeln zur Trinkwasserhygiene in einer speziellen DVGW-Reihe zu bündeln, die den Namen „DVGW-W-551-­ Reihe Hygiene in der Trinkwasser-Installation“ erhält. Diese Reihe wird, über das bekannte DVGW-Arbeitsblatt W 551 hinaus, alle technischen Regeln mit Aspekten zur Hygiene in der Trinkwasser-Installation beinhalten. Das DVGW-Arbeitsblatt W551 wird zumTeil 1 dieser Reihe. Weitere ausführliche Informationen zur neuen DVGW-W-551-Reihe finden Sie in einem Beitrag auf S. 75 dieser Heftausgabe. Darüber hinaus werden neben den technischen Regeln alle fachlich zum Themenkreis der Hygiene und Sicherheit in der Trinkwasser-Installation gehörenden DVGW-Publikationen und -Formate fortan mit dem Zusatz „TRWI+Hygiene“ gekennzeichnet. Äußerst positiv wurde auch das Online-Seminar „Hygiene in der Trinkwasser-Installation – Fachimpuls zu Problemen und Maßnahmen zur Problembeherrschung“, das im Januar 2022 stattgefunden hat, aufgenommen. Es zeigt gleichzeitig den großen Bedarf am Wissens- und Erfahrungstransfer bei Fragen der Trinkwasser-Installation. Wir sind überzeugt, dass mit der Fokussierung des DVGWW-LK 3 Wasserverwendung auf die Aspekte der Hygiene und die technische Sicherheit in der Trinkwasser-Installation der richtige zukunftsweisende Schritt für das Selbstverständnis des DVGW in seiner Rolle als anerkannter Regelsetzer vollzogen wird und die Initiative das Wasserfach im täglichen „Doing“ gut unterstützt. Dr. Wilhelm Erning ist Obmann des DVGW-Wasser-Lenkungskomitees 3. Hygiene und Sicherheit in der Trinkwasser-Installation stehen mehr denn je im Fokus Dr. Wilhelm Erning 3 energie | wasser-praxis 08/2022 E D I T O R I A L

I N H A LT 38 22 58 Titel Quelle: iStock.com/reni martiana (Schirm); iStock.com/Janis Abolins (Wolke) 22 Ergebnisse der Klimafolgenstudie des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) 38 Zum Stand der Notfallvorsorgeplanung in der Wasserversorgung in Rheinland-Pfalz 58 Vergleich von Systemvarianten zur Wasserstoffbereitstellung aus Offshore-­ Windkraft 94 Wir machen was mit … 3 | EDITORIAL 6 | NACHRICHTEN TECHNIK 46 | Technische Sicherheit und Regelwerk in Wasserstoffnetzen • Dr. Klaus Steiner FORSCHUNG & ENTWICKLUNG 52 | Ergebnisse der Studie „Wasserstoff speichern – so viel ist sicher“: Gas- und Wasserstoffspeicher sind elementarer Bestandteil der zukünftigen Energieversorgung • Sebastian Bleschke ORGANISATION & MANAGEMENT 58 | Vergleich von Systemvarianten zur Wasserstoffbereitstellung aus Offshore-Windkraft: Vorteil Pipeline • Helge Barlen, Torsten Lach 64 | Grüne Mobilität: Der Teufel steckt im Detail • Manfred Godek 94 – Handlungsoptionen und Anpassungsstrategien der Wasserver- sorgung im Kontext des Klimawandels 16 | Ergebnisse des Forschungsprojekts „UFZ-Klimafolgenstudie“ für das DVGW Zukunftsprogramm Wasser – Zur Entwicklung des Wasserdargebotes im Kontext des Klimawandels • Dr.-Ing. Andreas Marx, Friedrich Boeing und Prof. Luis Samaniego SOMMERINTERVIEW 22 | „In den meisten Regionen Deutschlands erwarten wir stabile Verhältnisse bei der Grundwasserneubildung“ • Die Redaktion im Gespräch mit Dr. Andreas Marx, Leiter des Deutschen Dürremonitors und Leiter des Mitteldeutschen Klima- büros am UFZ, und Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand Wasser 30 | Nachhaltige und zukunftssichere Wasserversorgung der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main – Rahmenbedingungen und Handlungskonzepte • Elisabeth Jreisat 38 | Stand der Notfallvorsorgeplanung in der Wasser- versorgung in Rheinland-Pfalz • Christoph Euringer, Dr. Lisa Broß, Roland Roepke, Daniel Zipperer DRYFACTS Ab Seite 16 4 energie | wasser-praxis 08/2022

INITIATIVE „ZUKUNFT LEITUNGSBAU“ – DIE BESTEN LÖSUNGEN AUS DER PRAXIS 68 | Building Information Modeling – ein Baustein für den Leitungsbau der Zukunft • Andreas Hüttemann TECHNISCHE REGELN & NORMEN 74 | DVGW-Arbeitsblatt G 620: Gasdruckerhöhungsanlagen mit einem Betriebsdruck bis zu 0,1 MPa (1 bar) und einer Antriebsleistung bis 100 kW • Kai-Uwe Schuhmann 75 | DVGW-W-551-Reihe: Hygiene in der Trinkwasser- Installation • Dr. Claudia Castell-Exner, Christoph Theelen 76 | DVGW-Information Wasser Nr. 111: Hinweise für die Funktions- und Eignungsprüfung von Grundwassermessstellen • Dr. Daniel Petry 77 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 77 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 78 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen ARBEITS | welten 94 | Wir machen was mit Klima- und Umweltschutz BILDUNGS | welten 96 | Schöne neue (Arbeits-)Welt – neue Arbeitsformen fordern angepasste DVGW-Bildungsangebote im nicht-technischen Bereich 98 | PRAXIS & PRODUKTE SERVICE 100 | Stellenanzeigen 101 | Grüne Gase 101 | Rohrleitungsbauunternehmen 102 | Bezugsquellen 106 | Impressum 5 energie | wasser-praxis 08/2022 www.dvgw-ebi.de l 63. Erfahrungsaustausch der Chemiker und Ingenieure des Gasfaches Der Erfahrungsaustausch dient den Experten des Gasfaches als Informationsveranstaltung zu aktuellen Themen der Gasversorgung und Gasanwendung. Auch in diesem Jahr widmen wir uns der Rolle von Gas bei der Energiewende und werden aktuelle Forschungs- und Entwicklungsprojekte vorstellen. Die Veranstaltung findet vom 28. - 30. September 2022 im Renthof in Kassel statt. Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie unter: www.dvgw-ebi.de

30 Jubiläum der DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH Jahre Austausch, Inspiration und Innovation 6 energie | wasser-praxis 08/2022 N A C H R I C H T E N

Nach mehr als einem Jahr Pandemie-bedingter Verspätung war es am 23. Juni 2022 endlich so weit: Die DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH feierte in Leipzig ihr dreißigjähriges Jubiläum. Bei bestemWetter hatten alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DBI für die zahlreichen Gäste im Leipziger „Täubchenthal“ ein abwechslungsreiches Programm entworfen. Dabei stand der Nachmittag ganz imZeichen des Know-hows: Alles Gäste hatten die Möglichkeit, bei Rundgängen die Räumlichkeiten der DBI-Gruppe am Standort Leipzig kennenzulernen. Dabei wurden die acht Fachbereiche von den Mitarbeitenden mit reichlich Energie und Enthusiasmus vorgestellt. Kompakt, individuell und vor allem spannend zeigte das DBI-Team seine standortübergreifende Vielseitigkeit zu Themen wie Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Die Gäste erhielten dabei u. a. Einblicke in das DVGW-Prüflaboratorium Energie und das Labor der Gaschemie/Gasaufbereitung. Hinzu kamen nicht nur anschauliche Kurzvorträge zu den Bereichen Gasanwendung, GasQuelle: DBI/Nick Putzmann Rundum gelungenes Jubiläumsfest 7 energie | wasser-praxis 08/2022

verfahrenstechnik und Gasspeicherung, sondern auch eine praxisnahe Einführung in das DVGW-Trainingszentrum. Am späteren Nachmittag ging es dann wieder ins Täubchenthal, wo die Geschäftsführer Dr. Jörg Nitzsche und Gert Müller-Syring die Feierlichkeiten offiziell eröffneten. Würdigende Grußworte von Prof. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW, und Uwe Ringel, Geschäftsführer der ONTRAS Gastransport GmbH, schlossen sich an. Es folgte eine spannende Zeitreise zu den Anfängen der DBI-Gruppe im Jahr 1956, die von den ehemaligen operativen Geschäftsführen Prof. HansJürgen Kretzschmar und Prof. Hartmut Krause, kurzweilig moderiert wurde. Anschließend stellte Dr. Jörg Nitzsche zusammen mit Udo Lubenau, demFachgebietsleiter Gaschemie, ausgewählte Schwerpunktthemen des Unternehmens vor, um zum Schluss einen kurzen Ausblick in die bevorstehende Zeit zu wagen. Nach demoffiziellen Teil folgte mit dem Mentalisten Nico Haupt und der Band Radionation der kommunikative und musikalisch untermalte Part des Festabends. Die ausgezeichnete Stimmung vieler Gäste zeigte sich im relaxten Networking und der Freude am persönlichen Austausch. Fazit: ein rundum gelungenes Jubiläumsfest! T VERANSTALTUNGSTIPPS 13.–15. September 2022, online Crashkurs: Wasserstoff-­ Expertise in 3 Tagen Experten sind sich einig: Ohne Wasserstoff hat die Energiewende keine Chance. Es ist also Eile geboten Zeit, um sich bei diesem Zukunftsthema zu positionieren. Der Crashkurs vermittelt Ihnen alles, was Sie dazu brauchen: Grundlagen, Praxisbeispiele, strategische und politische Perspektive und den Ausblick auf die weitere Entwicklung, inklusive Seminar zum Thema Recht. Lernen Sie bei den Wasserstoff-Experten Deutschlands und punkten Sie bei Partnern und Kunden mit kompaktem Wissen. www.dvgw-kongress.de/ crashkurs-wasserstoff 21. September 2022, Bonn DVGW-Arbeitsblatt GW 120 Im Rahmen der Informationsveranstaltung „Aktuelle Anforderungen an die digitale Netzdokumentation DVGWArbeitsblatt GW 120“ werden die neuen Rahmenbedingungen und Anforderungen anhand von Beispielen aus der Praxis erläutert und technische Lösungen vorgestellt, wie das neue DVGW-Arbeitsblatt GW 120 in die Praxis umgesetzt werden kann. www.dvgw-kongress.de/ digitale-netzdokumentation 23. November 2022, online H₂-Sicherheit Wasserstoff ist „zündfreudig“ und flößt Respekt ein – dabei ist sein Einsatz genauso sicher wie der von Öl oder Erdgas. Kenntnisse der sicherheitsrelevanten Faktoren rund um die Anwendung des gasförmigen Elementes helfen bei der Gefahrenvorbeugung. Das Seminar vermittelt die physikalischen Eigenschaften von Wasserstoff, das Materialverhalten bei seinemEinsatz und die damit einhergehenden Gefahrenquellen. www.dvgw-kongress.digital/h2-sicherheit … des Erdgasverbrauchs in Deutschland könnte durch eine Laufzeitverlängerung für die letzten drei deutschen Atomkraftwerke über 2022 hinaus eingespart werden. Das zeigen Berechnungen des Analyseinstituts Energy Brainpool im Auftrag der Energiegenossenschaft Green Planet Energy. Die Einsparpotenziale würden noch geringer ausfallen, sollten die Atomkraftwerke aus technischen Gründen zeitweise abgeschaltet oder gedrosselt werden müssen. „In der drohenden Gas-Krise auf längere Atomlaufzeiten als Gegenmittel zu setzen wäre nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagte Sönke Tangermann, Vorstand bei Green Planet Energy, im Juli 2022. „Aufwand, Kosten und Risiken einer Laufzeitverlängerung stehen in keinem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen.“ Den Berechnungen zufolge wurden 2020 in Deutschland insgesamt 875 Terawattstunden (TWh) Erdgas verbraucht. Ließe man alle drei AKWs im Jahr 2023 weiterlaufen, könnten sie zusammen maximal 8,7 TWh des Erdgasverbrauchs einsparen, was einem Prozent des angenommenen Jahresverbrauchs entspricht. Bei zwei AKWs wären es noch maximal knapp 5,5 TWh beziehungsweise 0,6 Prozent. Wenn nur eines der AKWs in Betrieb bliebe, reduziert sich der Effekt laut Energy Brainpool auf 3,1 TWh bzw. 0,4 Prozent der Verbrauchsmenge von 2020. ZAHL DES MONATS Nur rund 1 Prozent … 8 energie | wasser-praxis 08/2022 N A C H R I C H T E N

85 GWI Essen: vom Stadtgas bis zum Wasserstoff Jahre Das Gas- undWärme-Institut Essen e. V. (GWI) feiert in diesem Jahr sein 85-jähriges Jubiläum. Gegründet wurde es am20. Mai 1937 von einigen führende deutschen Gasunternehmen, um die Gasforschung voranzubringen und die Nutzung des zum damaligen Zeitpunkt „neuen“ Brennstoffs Gas für Unternehmen und Haushalte sicher zu machen. Während seiner langen Geschichte war es fortwährende GWI-Praxis, die jeweils aktuell wichtigen Themen des Gasfachs aufzugreifen und anwendungsnahe und praxisorientierte Lösungen zu erarbeiten „Als führendes Energie-Institut der Branche arbeitet das GWI nun an einer nachhaltigen Energieversorgung und an einer effizienten Energienutzung in allen Sektoren,“ erläutert Dr. Rolf Albus, Geschäftsführender Vorstand des GWI, die gegenwärtigen Aufgaben. „Durch die enge Verzahnung zwischen allen Abteilungen haben wir mit unserem Know-howweitreichende Möglichkeiten geschaffen, die Transformation des Energiesystems von der Erzeugung über den Transport bis zur Endanwendung auf verschiedenen Ebenen zu unterstützen.“ So habe sich das GWI mit der Energiewende zu einem technologieoffenen Energie-Institut weiterentwickelt, das im Rahmen seiner Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in zahlreichen Forschungsprojekten auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene sowie in der direkten Zusammenarbeit mit der Industrie involviert ist, so Albus. Neben der Forschung und Entwicklung in den Bereichen Brennstoff- und Gerätetechnik sowie Industrie- und Feuerungstechnik schult das Institut auch Mitarbeiter von Gasunternehmen. Zudem werden Gasgeräte, Gasfeuerstätten und Armaturen im eigenen, akkreditierten Prüf laboratorium geprüft. Darüber hinaus ist das GWI bei der Umstellung von L- auf H-Gas mit seiner Expertise unterstützend und beratend tätig, führt aber auch selbst Projektmanagement- und Qualitätssicherungsmaßnahmen durch. Zum Themenspektrum gehört auch der EnergieträgerWasserstoff, der als Brennstoff der Zukunft in aller Munde ist. Prof. Klaus Görner, wissenschaftlicher Vorstand des GWI, sieht die Integration vonWasserstoff in ein klimaneutrales Energiesystem als Herausforderung und Chance zugleich: „Wasserstoff kann als zentrales Element der Sektorenkopplung einen wesentlichen Beitrag zur Treibhausneutralität der Sektoren leisten. Und mit Know-how und Engagement tragen die über 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des GWI dazu bei.“ Eine ausführliche Historie des GWI erscheint in einer der kommenden Ausgaben dieser Fachzeitschrift. T Jubiläum des Gas- und Wärme-Instituts Essen e. V. Quelle: GWI Das Gas- und Wärme-Institut Essen aus der Vogelperspektive 9 energie | wasser-praxis 08/2022

3. HYDROGEN DIALOGUE am 21. und 22. September in Nürnberg Jetzt ist der Zeitpunkt, die richtigen Partner zur Beschleunigung des Marktes zusammenzubringen Weltweit steht dieWasserstoff-Technologie an der Schwelle zur Industrialisierung. Diese immense Bedeutung vonWasserstoff für Industrie und Klima, Energieversorgung und Politik spiegelt der 3. HYDROGENDIALOGUE inNürnberg wider. Am 21. bis 22. September bietet er mehr als 60 hochkarätige Vorträge, Keynotes und Podiumsdiskussionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der globalen Wasserstoffwirtschaft. Und nach zwei Online-Ausgaben mit jeweils mehr als 800 Teilnehmer:innen findet die 3. Ausgabe der Veranstaltung erstmals als hybride Edition live vor Ort und auf der bewährten digitalen Eventplattform statt. Von einer „Jahrhundert-Chance für KlimaschutzInvestitionen“ und einem „gigantischen Zukunftsmarkt“ sprach die damalige Forschungsministerin Anja Karliczek auf der Vorjahresveranstaltung über denWasserstoffmarkt. „Das trifft mehr denn je zu. Daher haben wir in diesem Jahr einen neuen Fokus auf die Finanzierungen gelegt“, sagt Jasmin Rutka, Leiterin Hydrogen Dialogue bei der NürnbergMesse. „Jetzt ist der Zeitpunkt, die richtigen Partner zur Skalierung und Beschleunigung des Marktes zusammenzubringen.“ Dafür trifft sich das Who is Who der Wasserstoffgemeinschaft aus Industrie und Finanzen, Quelle: NürnbergMesse/Heiko Stahl 10 energie | wasser-praxis 08/2022 N A C H R I C H T E N

Wissenschaft und Politik in Nürnberg. Das enorme Marktpotenzial und die wachsende Bedeutung der Wasserstofftechnologie macht diesen Branchentreff so wichtig. Die Vorträge, Podiumsdiskussionen und eine begleitende Ausstellung bilden einen Querschnitt an relevanten Themen der nationalen und internationalen Wasserstoffwirtschaft. Hier wird nicht nur die „JahrhundertChance H2: Deutschland als Wasserstoffland“ vorgestellt; auch die Möglichkeiten der Skalierung und Beschleunigung des Marktes und die Rahmenbedingungen für einen Auf bau der europäischenWasserstoffinfrastruktur sollen diskutiert werden. Den Dialog eröffnet die prominent besetzte Podiumsdiskussion „Wasserstoff – Hype oder Motor für eine nachhaltige Zukunft?“ mit Prof. Dr. Veronika Grimm, NationalerWasserstoffrat, Prof. Dr. Thomas Thiemann, Senior VP Energy Transition Technologies bei Siemens Energy, Dr. Thomas Hüwener, Mitglied der Geschäftsführung von Open Grid Europe, Ralf Großhauser, CEO Power Systems bei Zeppelin und Marcus Spickermann, Senior VP Sales & Market Development Project Solid Oxide Fuel Cell bei Bosch. In einer weiteren Diskussion geht es um: „Übergangsszenarien nach demKohle- und Atomausstieg und Bedeutung von Wasserstoff als Kohle der Zukunft – schaffen wir es, die Klimaziele in 2050 zu erreichen?“, unter anderemmit Dr. Gabriël Clemens, CEO Green Gas von E.ON SE. In einem englischsprachigen Themenstrang werden globale Projekte und Strategien vorgestellt, darunter aus Australien, Kanada, Norwegen, Schottland, Chile oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ergänzt wird dies durch die Präsentation von Anwendungen, etwa im Schwerlastverkehr, imWärmemarkt und imGebäudesektor. Auch die Papier-, Stahl- und Glasindustrie ist inNürnberg vertreten. European Hydrogen Transport Dialogue und Financial Forum Bereits am 20. September beginnt der European Hydrogen Transport Dialogue. Fokus ist der Einsatz vonWasserstoff im Mobilitätssektor. Zudem bündeln das renommierte European Hydrogen Financing Forum und der Hydrogen Dialogue in diesem Jahr ihre Kräfte, um Finanziers und Unternehmen zusammenzubringen. In Nürnberg pitchen die innovativsten 30 Unternehmen und Projekte vor 30 Großinvestoren aus ganz Europa. Der European Hydrogen Transport Dialogue ist somit einer der Etappen der Roadshow des European Hydrogen Financing Forums. Am zweiten Veranstaltungstag steht auf der Innovation Stage alles im Zeichen der Finanzierungen von Wasserstoffprojekten. Um erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln, sind nach Expertenmeinung nach demAuslaufen der zurzeit sehr zahlreichen Fördermaßnahmen eine frühzeitige Einbindung der Finanz und Versicherungswirtschaft, eine beschleunigte Entwicklung von Standards und eine enge Abstimmung mit Marktaufsichtsbehörden erforderlich. Der VDE Financial Dialogue widmet sich der Thematik etwa durch die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft mit Kennzahlen. Dieser Programmteil wird von VDE Renewables (VDE – Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V.) gestaltet. Hybrider Mix aus Vorträgen und Diskussionen, Get-Together und Ausstellung Die moderne, offene Architektur des NürnbergConvention Center Mitte bietet zahlreiche attraktive Räume für Kommunikation und Vernetzung. Zentrale Plattformen sind zwei Hauptbühnen mit Keynotes, Vorträgen und Podiumsdiskussionen. Die Socializing Area bietet Flächen für die wachsende Ausstellung, umgeben von Catering und der Innovation Stage. Ein abendliches Event am ersten Veranstaltungstag mit Referent:innen, Teilnehmenden und Ausstel ler:innen eröf fnet weitere Möglichkeiten der Vernetzung. Darüber hinaus ist der 3. Hydrogen Dialogue auch ein hybrides Event: Die Vorträge auf den Hauptbühnen werden im Live-Stream angeboten. Via Slido können die Teilnehmenden Fragen an die Vortragenden richten und bei den digitalen Roundtables der Startups mitdiskutieren. Veranstaltungsleiterin Jasmin Rutka freut sich auf die Fortsetzung: „Bereits die ersten beiden Veranstaltungen wurden hervorragend angenommen. In diesem Jahr beteiligen sich neben bekannten Partnern wie dem DVGW neue Partner und neue Aussteller. Auch die Expo gewinnt an Größe und Bedeutung.“ T INFORMATIONS-PLUS Weitere Informationen: www.hydrogendialogue.com/ www.hydrogendialogue.com/investoren/ 11 energie | wasser-praxis 08/2022

Sieben Wochen Online-Programm plus zwei Tage Live-Events in Berlin gat | wat 2022: Information und Austausch in Zeiten der Transformation Nach insgesamt vier Jahren ohne Stippvisite in der Hauptstadt ist es in diesem Jahr wieder so weit: Die gat | wat als wichtigste Branchenveranstaltung gastiert mit ihrem umfangreichen Präsenz- und Online-Programm erneut in Berlin. Während die Kongresstage am 18. und 19. Oktober 2022 im Vienna House Andel’s Berlin stattfinden, geht es bereits ab dem 26. September 2022 mit den ersten f lankierenden Online-Veranstaltungen los. Business as usual gilt dabei nur in einer Hinsicht: Ihrem Credo, die zentrale Informations- und Networking-Plattform von und für Branchenexpertinnen und -experten aus Politik, Wirtschaft undWissenschaft zu sein, ist der Leitkongress der Energie- und Wasserwirtschaft auch weiterhin verpflichtet. Zum Zeitpunkt des Kongresses im nahenden Oktober wird die neue Bundesregierung knapp ein Jahr im Amt sein. Kaum jemand der damals neu gewählten Politiker:innen hätte wohl damit gerechnet, bereits wenige Wochen nach Regierungsbildung mit dem Ausbruch eines Krieges konfrontiert zu werden. Die mit Krieg und Klimawandel einhergehenden signifikanten Umwälzungen in der Energie- und Wasserversorgung und stellen die Branche vor immense Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund werden auch in der Energiepolitik die Weichen neu gestellt. Es gilt, den Ausbau der Erneuerbaren Energien stärker und vor allem schneller voranzutreiben, den Energiebezug und die Energieerzeugung zu diversifizieren sowie BrückenQuelle: DVGW/Nicolas Det 12 energie | wasser-praxis 08/2022 N A C H R I C H T E N

technologien und -energieträger optimal einzusetzen. „Resilienz ist hier das Schlüsselwort, wenn es um die Sicherung der Versorgung geht. Mit Innovationskraft, Ingenieurs-Knowhow und technischen Lösungen werden wir es gemeinsam schaffen die Herausforderungen zu meistern“, betont der DVGW-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Gerald Linke. Im Rahmen der gat 2022 stehen all diese Aspekte im Mittelpunkt. In einem der Präsenz-Veranstaltung vorgeschalteten Online-Panel geht es z. B. um den Beitrag, den gasförmige Energieträger wie Wasserstoff, Biogas und SNG für eine klimaneutrale Energieversorgung leisten können. Erzeugung, Transport und Speicherung über bestehende Gasnetze bis hin zum Einsatz von Wasserstoff in den verschiedenen Anwendungssektoren werden zudem auf der Grundlage der Roadmap Gas 2050 diskutiert. Auch der Transfer der Roadmap in die Praxis und ein Ausblick auf künftige Forschungsschwerpunkte runden das Online-Format ab. gat-Schwerpunkt: Versorgungssicherheit Aktuell hat der Erhalt der Versorgungssicherheit für die Menschen im Land und die leistungsstarke Industrie oberste Priorität. Damit die Abkehr von russischemErdgas nicht zu Engpässen führt, werden Alternativen schnellstmöglich verfügbar gemacht. Damit verknüpft müssen alle Optionen zur Diversifizierung unseres Energiebezugs betrachtet werden. Am ersten gat-Tag geht es folgerichtig um Versorgungssicherheit – diskutiert werden Optionen für den Weg in die Unabhängigkeit. Wichtige Elemente der Infrastruktur wie LNG-Terminals werden ebenso beleuchtet wie die Potenziale für heimische und internationale Produktion grüner Gase und die Perspektiven für Biomethan. Darüber hinaus wird in verschiedenen Panels ausführlich eruiert, wie Wasserstoff vom Marathon zum Sprint gelangen kann, um den Hochlauf ausreichender Mengen sicherzustellen, wie marktfähig der auf verschiedene Arten erzeugte Wasserstoff sein wird und wie er am besten den Weg in Industrie und Wärmemarkt findet. Welchen Einf luss die neuen Rahmenbedingungen auf das Fernleitungs- und Verteilnetz haben werden ist ebenso Thema wie die Pläne des Gastransformationsplans und weitere Strategien für das Verteilnetz. Dazu Gerald Linke: „Zur Versorgungssicherheit Deutschlands gehört eine diversifizierte Importstrategie – heute mit Gas und LNG, morgen mit Wasserstoff.“ Quelle: DVGW Abb. 1: Intensiver Austausch: Networking auf der gat | wat 2021 13 energie | wasser-praxis 08/2022 V O R B E R I C H T

wat-Schwerpunkt: Resilienz der zukünftigen Wasserversorgung Auch die Wasserversorgung in Deutschland steht vor einer Zeitenwende. Eine der größten Herausforderungen ist der Klimawandel, der mittlerweile auch hierzulande immer deutlicher spürbar ist. Zwar gehen führende Klimaforscher derzeit im Mittel von zukünftig etwa gleichen Niederschlagsmengen in Deutschland aus, einzelne Regionen können aber durchaus von deutlichen Abweichungen der von Niederschlagsmengen, weniger Schnee und jahreszeitlichen Verschiebungen betroffen sein. Fest steht auch: Wasserversorger haben zunehmend mit wasserwirtschaftlichen Extremen zu kämpfen, z. B. hohe saisonale Abnahmespitzen durch Hitze, mehrjährige Trockenphasen, Unwetter und gleichzeitige Spitzenbedarfe der Landwirtschaft. Für die Wasserwirtschaft heißt das: Sie muss ihre Systeme resilient ausbauen. „Um auch in Zukunft eine sichere Versorgung mit hochwertigem Trinkwasser zu gewährleisten, benötigt die Branche hierzu aus der Politik klare Leitplanken zu geschützten Ressourcen, zu ausreichenden Wasserrechten und zu überregionaler Infrastrukturentwicklung“, sagt Dr. Wolf Merkel, DVGW-Vorstand Wasser. Die wat 2022 diskutiert die Zukunft des Wassers mit Versorgern und Vertreter:innen des BMUV und BMELmit besonderemFokus auf die Bedürfnisse verschiedener Nutzergruppen. Einen wichtigen Stellenwert für die Zukunft des Wassers haben auch beschleunigte wasserrechtliche Genehmigungsverfahren. Die wat bewertet die aktuelle Situation und diskutiert mit Versorgungsunternehmen und Vertretern des Landesministeriums Brandenburg mögliche Lösungsansätze für eine neue Vergabepraxis. Welchen Beitrag das imJahr 2021 gestartete ZukunftsprogrammWasser leisten kann, ist Thema eines weiteren Diskussionsformats. Ferner soll es im Rahmen der wat auch um die neuesten Entwicklungen zur Umsetzung der EU-Trinkwasserrichtlinie in die Abb. 2: Die Abendveranstaltung findet in diesem Jahr im KOSMOS Berlin statt. Das erwartet Sie → Der Treffpunkt der Energie- und Wasserwirtschaft seit über 70 Jahren → 2 Kongresstage in Berlin mit Livestream → Online-Fachforen und weitere Online-Partnerevents → Mehr als 700 Kongressbesucher:innen und über 100 Referent:innen → Networking Area und kommunikative Abendveranstaltung INFORMATIONEN 14 energie | wasser-praxis 08/2022 N A C H R I C H T E N

neue deutsche Trinkwasserverordnung. Expert:innen erörtern, was auf die öffentliche Wasserversorgung zukommen wird, wenn die Richtlinie Anfang 2023 in Deutschland in Kraft tritt. Ein Fokus liegt dabei auf demRisikomanagement in Einzugsgebieten von Wassergewinnungsanlagen. Am zweiten Veranstaltungstag runden Vorträge und Diskussionen zu „Infrastruktur und Assets“, „Digitalisierung und Sicherheit“ sowie „Klimaschutz in der Wasserversorgung“ das vielfältige Kongressprogramm ab. Der intensive Austausch auf der Präsenzveranstaltung am 18. und 19. Oktober 2022 in Berlin wird auf der Abendveranstaltung im KOSMOS Berlin fortgeführt. Fünf Online-Fachforen in der Zeit vom 26. September bis 13. November geben darüber hinaus vertiefende Einblicke in Themen der Branche. Und nicht zuletzt laden kostenfreie Online-Partnerevents zur „Roadmap Gas 2050“, zur „Wasserforschung“ und zu „Handlungsempfehlungen für den Fachkräftemangel“ auch Interessenten jenseits der etablierten Branchen zum Austausch ein. T INFORMATIONS-PLUS Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung finden Sie unter www.gat-wat.de! Quelle: KOSMOS Berlin 15 energie | wasser-praxis 08/2022 dvgw-kongress.de/ digitale-netzdokumentation l Veranstaltungstermine lAktuelle Anforderungen an die digitale Netzdokumentation · GW 120 21. September 2022, online lQualitätssicherung in der Netzdokumentation · GW130 13. Dezember 20222, online lErteilung von Netzauskünften · GW 118 14. Dezember 2022, online © iStockphoto.com / Rawpixel Digitale Netzdoku mentation Jetzt info rmieren! DVGW Kongress GmbH V O R B E R I C H T

Die globalen Temperaturen steigen an, Extremwetter nehmen zu, das Meereis geht dramatisch zurück – dies ist heute in der Wissenschaft unumstritten [1]. Folgen des Klimawandels in Deutschland sind die Zunahme von Starkregenereignissen, aber auch vor allem im Sommer die Zahl aufeinanderfolgender Trockentage sowie die Andauer von Hitzewellen. Diese Vorgänge haben zur Folge, dass hydroklimatische Gefahren wie Dürren [2] größer werden. Zahlreiche Wirtschaftsbranchen bekommen die Auswirkungen von Dürren zu spüren, etwa die Energieerzeugung, die Industrie oder die Wasserversorgung. Die trockenen Jahre 2018 bis 2020 haben zu einer extremen Dürre bis in tiefere Bodenschichten geführt. Eine Studie mit rekonstruierten Klimadaten zurück bis ins Jahr 1766 hat ergeben, dass im letzten Vierteljahrtausend mit großer Wahrscheinlichkeit kein größeres Dürreereignis über Mitteleuropa aufgetreten ist [3]. Daten des Deutschen Dürremonitors [4] weisen für den Gesamtboden einige Regionen mit einer mittlerweile vierjährig andauernden Dürre aus. Neben der möglichen klimabedingten Änderung von Extremereignissenmuss für dieWasserversorgung auch die mögliche Änderung der langfristigen mittleren Wasserverfügbarkeit geprüft werden. Dazu wurde die zukünftige Veränderung von mittleren jährlichen Abf lüssen sowie der mittleren jährlichen Grundwasserneubildung untersucht. Studiendesign ImRahmen der Helmholtz-Klimainitiative wurde ein Referenzklimafolgendatensatz mit einer horizontalen Auflösung von 1,2 × 1,2 km² entwickelt [5]. Dazu wurden 70 Klimasimulationen aus den Projekten EURO-CORDEX und ReKliES-DE [6] verwendet. Da die zukünftige Treibhausgaskonzentration der Atmosphäre nicht vorhergesagt werden kann, müssen Szenarien eingesetzt werden. Das optimistische Szenario „Klimaschutz“ (RCP2.6) und das pessimistische Szenario „Weiter-so“ (RCP8.5) bildet die Spannbreite dermöglichen Entwicklungen unter Klimawandel ab. Die damit verbundene Temperaturerhöhung in Deutschland reicht im Median über alle Simulationen von 1,2 °C (aus 21 verfügbaren Klimasimulationen unter RCP2.6) bis 3,6° C (49 Simulationen unter RCP8.5). Ein Vergleich der simulierten Daten der Vergangenheit mit Beobachtungsdaten ermöglicht die Einschätzung der Modellierungsgüte. Insbesondere hydrologische Klimafolgensimulationen sind schwellenwertsensitiv. Daher wurde der systematische Fehler der Klimasimulationen mit einem trenderhaltenden Verfahren adjustiert [7]. Im Zuge des fortschreitenden Klimawandels werden in Deutschland nicht nur Starkregenereignisse wahrscheinlicher, sondern auch Hitzewellen und die Zahl aufeinanderfolgender Trockentage. Mit Blick auf die Wasserversorgung und die mögliche Änderung der langfristigen mittleren Wasserverfügbarkeit wurde die zukünftige Veränderung von mittleren jährlichen Abflüssen und die Veränderung der mittleren jährlichen Grundwasserneubildung untersucht. von: Dr.-Ing. Andreas Marx, Friedrich Boeing & Prof. Luis Samaniego (alle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ) Ergebnisse des Forschungsprojekts „UFZ-Klimafolgenstudie“ für das DVGW Zukunftsprogramm Wasser Zur Entwicklung des Wasserdargebotes im Kontext des Klimawandels Änderung 2069–98 gegen 1971–2000 RCP2.6 [mm/a] RCP8.5 [mm/a] Jahresniederschlag P +41 +108 Potenzielle Verdunstung PET +24 +61 Tatsächliche Verdunstung aET +18 +51 Bilanz P-aET +23 +57 * Es wird jeweils der Median der Änderung über alle Klima-Hydrologie-Simulationen unter Klimaschutz (21‑Simulationen RCP2.6) und Weiter-so (49 Simulationen RCP8.5) gezeigt. Tabelle 1: Mittlere jährliche Änderung unterschiedlicher Wasserhaushaltskomponenten [mm/a] am Beispiel des Elbe-Einzugsgebietes* Quelle: UFZ 16 energie | wasser-praxis 08/2022

Die Klimasimulationen mit täglichen Daten zwischen 1971 und 2098 decken das Gebiet Deutschlands sowie die Ursprungsgebiete von Rhein, Elbe, Oder und Donau ab. Mit dem hydrologischen Modellsystem mHM ([8], [9]) wurden Klimafolgen für den Wasserhaushalt auf dem mit den Klimasimulationen identischen Modellgitter abgeschätzt. Das Umweltsystemmodell berechnet neben den täglichen Oberflächenabflüssen z. B. auch Schneespeicher, Bodenwasserkomponenten, Grundwasserneubildung, Interzeption oder aktuelle Verdunstung. Das Modell wurde durch alle Klimasimulationen angetrieben, so dass insgesamt 70 Klima-Hydrologie-Simulationen auf der Ein-Kilometer-Skala mit täglichen Daten zwischen 1971 und 2098 für Deutschland vorliegen. Die hier eingesetzte Ensemble-Strategie erlaubt eine umfassende Auswertung sowohl der imRahmen der Modellunsicherheiten wahrscheinlichsten Entwicklung (Median der Änderungen über alle Klimasimulationen in einemKlimaszenario) und der Gesamtspannbreite der möglichen Veränderungen (Best-case-/Worst-case Betrachtungen) als auch der Robustheit der Änderungen unter verschiedenen Szenarien des Klimawandels. Mittlere langjährige Veränderungen Die Ergebnisse zeigen für Deutschland allgemein, dass die klimabedingten Veränderungen auch unter demKlimaschutzszenario ungefähr bis zur Mitte des Jahrhunderts voranschreiten und sich danach stabilisieren, während die Änderungen unter dem Szenario „Weiter-so“ bis zum Ende des Jahrhunderts fortschreiten. Neben den mittleren Temperaturen ändern sich auch Hitzeperioden. Bis zum Ende des Jahrhunderts werden bei den Hitzetagen mit Tageshöchsttemperaturen über 30° C unter RCP 2.6 Zunahmen um 3,5 Tage/Jahr undunterRCP8.5um15,5 Tage/Jahr erwartet. Verglichen wird immer gegen die Vergangenheitszeitscheibe 1971 bis 2000, in der im Mittel in Deutschland 5,8 Hitzetage/Jahr aufgetreten sind. Inwieweit damit Änderungen des Wasserbedarfes verbunden sind, wird aktuell im Rahmen des DVGW-ZukunftsprogrammsWasser im Projekt „WatDemand“ untersucht. Zukünftige Änderungen des Wasserdargebots werden wesentlich durch den Niederschlag bestimmt, da sich Klimawandel auf die Menge und Verteilung des Niederschlags auswirkt. Vor diesemHintergrund wurden saisonale und jährliche Änderungen des Niederschlags ausgewertet. Saisonale Änderungen beziehen sich auf die meteorologischen Jahreszeiten, die ganze Monate umfassen (z. B. Winter: Dezember–Februar). Generell steigt die Jahresniederschlagssumme mit zunehmender Erwärmung leicht an. Im Ensemblemedian unter RCP 2.6 wird regional bis 2050 eine Zunahme zwischen +4,5 Prozent (Donau, Rhein) und +6,8 Prozent (Oder) erwartet, danach treten uneinheitliche und nur leichte Änderungen auf. Demgegenüber wird für das Szenario RCP 8.5 eine Zunahme der mittleren Jahresniederschlagssummen um ungef ähr 11 Prozent (Maas) bis knapp 20 Prozent imOder- und Warnow-Peene-EZG in der Zukunftszeitscheibe 2069 bis 2098 ersichtlich. Die Niederschlagsänderungen fallen saisonal sehr unterschiedlich aus. Im Sommer zeigen sich die stärksten mittleren Niederschlagsabnahmen unter dem RCP 8.5 Szenario von ca. -7 Prozent (Rhein) bis -9 Prozent (Maas) und leichte Zunahmen imOder Gebiet (+7 Prozent). ImWinter werden im Median über alle Simulationen Niederschlagszunahmen erwartet. Diese fallen unter RCP 8.5 an Maas (+27 Prozent) undWarnowPeene (+33 Prozent) am stärksten aus. Die prozentualen Änderungen weisen den Median über das Klimaensemble aus und stellen damit im Rahmen der Modellunsicherheiten die wahrscheinlichste Entwicklung dar. Unter beiden Szenarien finden sich jedoch auch Simulationen sowohl mit stärkeren Niederschlagszunahmen als auch mit Niederschlagsabnahmen. Diese sind möglich, aber weniger wahrscheinlich. In den letzten Jahren wurde in Deutschland der Anstieg der Verdunstung als maßgeblicher Treiber der Wasserhaushaltsänderung diskutiert. So hat sich die klimatische Wasserbilanz als IndiZukünftige Änderungen des Wasserdargebots werden wesentlich durch den Niederschlag bestimmt b , da sich der Klimawandel auf die Menge und Verteilung des Niederschlags auswirkt. Lesen Sie hierzu auch unser SOMMER- INTERVIEW ab Seite 22 17 energie | wasser-praxis 08/2022

kator etabliert, bei der die potenzielle Verdunstung (PET) eingesetzt wird. Die PETwird jedoch maßgeblich durch die Änderungen der maximalen Temperaturen beeinflusst, so dass diese steigen muss und damit für terrestrische Klimafolgenaussagen die tatsächliche Verdunstung (aET) genutzt werden sollte. Tabelle 1 zeigt amBeispiel des Elbe-Einzugsgebietes, dass die mit mHM simulierte Zunahme der tatsächlichen Verdunstung weniger stark ausfällt als die PET (nach Hargreaves-Samani). Die aET war bisher in Deutschland im Wesentlichen energielimitiert. Bei abnehmenden Sommerniederschlägen und regelmäßig unter Klimawandel stärker austrocknenden Böden in der Vegetationsperiode II (Juli bis September) tritt zukünftig jedoch vermehrt eine Wasserlimitation der Verdunstung auf. Es bleibt zu berücksichtigen, dass das eingesetzte hydrologische Modell mHM kein dynamisches Pflanzenwachstumsmodul enthält. Damit kann eine erwartete leichte weitere Verfrühung des phänologischen Frühjahres und damit eine Verlängerung der Vegetationsperiode nicht vollständig abgebildet werden, was zu einer aET-Unterschätzung führt. Gleichzeitig findet aber auch eine Pflanzenanpassung hin zu höherer Wassereffektivität in der Landwirtschaft und in Wäldern [z. B. 10] statt (Modell-aET-Überschätzung). Inwieweit diese Effekte sich gegenseitig aufheben, ist wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand. Weiterhin ist in Tab. 1 ersichtlich, dass die zukünftige atmosphärische Bilanz P-aET positiv ist und somit terrestrisch zukünftig ein leichter Wasserüberschuss entsteht. Die Auswertung der Änderung der mittleren jährlichen Abflüsse (Abb. 1) ergibt insgesamt über Deutschland zunehmende jährliche Abflussmengen. Die Zunahmen nehmen von Südwesten nach Nordosten sowie mit zunehmender Erwärmung zu. Jährliche Abnahmen finden sich vereinzelt z. B. in der Weser oder im Schwarzwald. Im Rahmen des Projektes wurden zudem die jährlichen Zuflüsse für 96 Trinkwasser-Talsperren untersucht. Die Einzugsgebiete (EZG) im hydrologischen mHM-Modellsetup wurden anhand hochaufgelöster digitaler Geländemodelle bestimmt. Technische Infrastruktur wird dabei nicht berücksichtigt. Von den 27 Talsperren mit einem Einzugsgebiet größer als 50 km² zeigen bis zum Ende des Jahrhunderts alle Talsperren einen steigenden mittleren jährlichen Zuf luss unter demWeiter-so Szenario RCP8.5; unter dem Klimaschutzszenario weist lediglich eine der Talsperren einen zukünftigen leichten Rückgang des mittleren jährlichen Zuflusses aus. Die Grundwasserneubildung (GWN) ist unter anderem abhängig von der Niederschlagsart, Abb. 1: Relative Änderung der mittleren jährlichen Abflüsse [%] in drei Zukunftszeitscheiben verglichen mit 1971–2000. Oben ist der Median über das Klimaschutzszenario RCP2.6, unten über das Weiter-SoSzenario RCP8.5 dargestellt. Zur besseren Übersichtlichkeit werden nur Flussabschnitte mit mindestens 100 km² Ein- zugsgebietsgröße dargestellt. Quelle: UFZ 18 energie | wasser-praxis 08/2022

-menge und -intensität. Niederschläge im Sommerhalbjahr spielen wegen der Vegetationsaktivität und höheren aktuellen Verdunstung im Vergleich zum hydrologischen Winterhalbjahr eine untergeordnete Rolle. Aufgrund großer naturräumlicher und klimatischer Unterschiede schwankt die langjährige GWN in Deutschland zwischen unter 25mm/a (z. B. imMitteldeutschen Trockengebiet) und deutlich über 350 mm/a im Mittelgebirgsraum sowie im Alpenvorland und den Alpen [11]. Die jährliche GWNwurde aus den täglichen vertikalenWasserflüssen imBoden des hydrologischen Modells mHM abgeschätzt. Wie schon beim Jahres- undWinterniederschlag nimmt der Median der jährlichen GWN mit zuAbb. 2: Median der absoluten Änderung der jährlichen Grundwasserneubildung [mm/a] in drei Zukunftszeitscheiben verglichen mit 1971 bis 2000. Oben ist das Klimaschutzszenario RCP2.6, unten das Weiter-So-Szenario RCP8.5 dargestellt. Die Schraffuren kennzeichnen die Robustheit. Unschraffierte Bereiche zeigen dabei robuste Änderungen, gekreuzte Schraffur bedeutet, dass keine Änderung im Vergleich zur Vergangenheit festgestellt wird. Quelle: UFZ Abb. 3: Mittlere absolute Änderung der jährlichen Grundwasserneubildung [mm/a] in drei Zukunftszeitscheiben verglichen mit 1971 bis 2000 über die Fläche der zehn Haupteinzugsgebiete. Links ist das Klimaschutzszenario RCP2.6, rechts das Weiter-So-Szenario RCP8.5 dargestellt. Gezeigt sind Minimum, 25-Perzentil, Median, 75-Perzentil und Maximum der Änderung aus allen Simulationen eines Szenarios. Quelle: UFZ 19 energie | wasser-praxis 08/2022

nehmender Erwärmung über alle zukünftigen 30-jährigen Zeiträume zu. Neben dem insgesamt im Winterhalbjahr zunehmenden Niederschlag nehmen auch Frosttage ab. Bis zum Ende des Jahrhunderts nehmen die Tage mit Minimumtemperaturen unter 0° C im Median zwischen -20 d/a (RCP2.6) bis -58 d/a (RCP 8.5) ab [12]. Ein Rückgang von Tagen mit Bodenfrost begünstigt wiederum die Inf iltration des Niederschlagswassers in den Boden. Die absoluten Änderungen der GWN sind insgesamt klein, regional sind diese prozentual aber teilweise hoch. Dies betrifft vor allem den Nordosten Deutschlands (Abb. 2). Neben der wahrscheinlichsten Entwicklung (Median über das Modellensemble) wird auch die Robustheit der Änderung dargestellt. Dazu werden die Übereinstimmung der Änderungsrichtung sowie die Signifikanz der Änderung verwendet. Wenn weniger als zwei Drittel der Simulationen dieselbe Änderungsrichtung zeigen, wurden die entsprechenden Flächen in Abb. 2 nach rechtsoben [//] schraffiert. Die Signifikanz der Änderung beinhaltet den Test, ob zukünftige Änderungen innerhalb oder außerhalb der natürlichen Variabilität liegen. Nach [12] ist eine Klimaänderung signifikant, wenn sie gemäß eines sogenannten U-Tests (hier: Wilcoxon Rangsummentest) mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 5 Prozent mit zufälligen Schwankungen erklärbar ist. Wenn weniger als 50 Prozent der Simulationen eine signifikante Änderung zeigen, wurde die Flächen in Abb. 2 nach rechtsunten schraffiert [\\]. Schraffierungen in beide Richtungen liefern ebenfalls eine klare Aussage, da keine Änderung zwischen Vergangenheits- und Zukunftszeitscheibe zu erwarten ist. Die gesamte Spannbreite der Simulationen über die zehn großen Einzugsgebiete Deutschlands ist zusätzlich in Abb. 3 dargestellt. Entwicklung von Dürreereignissen Dürren sind Extremereignisse mit einer Trockenheit, die statistisch nur in 20 Prozent der Fälle erreicht wird. Sie können über mehrere Jahre andauern. Die Entwicklung der oben gezeigten langjährigen zukünftigen Änderungen des Niederschlages und der GWN zeigen deutlich, dass die aktuelle Bodenfeuchtedürre seit 2018 kein neuer Normalzustand ist. Innerjährlich nehmen zukünftig Dürren in der Bodenschicht bis 30 cm Tiefe durch die Stagnation oder Abnahme des Sommerniederschlages im Südwesten Deutschlands am stärksten zu. Dies betrifft vor allem die Vegetationsperiode II von Juli bis September. Darüber hinaus wurden zweijährige Dürreintensitäten für die gesamte Fläche Deutschlands und der Ursprungsgebiete der großen EZG berechnet. Das Ergebnis ist in Abb. 4 dargestellt. Die Dürreintensität ist ein dimensionsloses Maß, um die Stärke einer Dürre abzuschätzen. In die Berechnung fließen die Länge der Dürreperiode in zweijährigen Zeiträumen und die absolute Trockenheit im zeitlichen Verlauf ein. Zusätzlich wird eine Normierung über Zeit und Raum vorgenommen, so dass ein Maximalwert von 0.2 erreicht werden kann. Dieser würde bedeuten, dass jeder Tag innerhalb von zwei Jahren in der gesamten betrachteten Fläche trockener war als alle Tage im Vergleichszeitraum 1971 bis 2000. Die zweijährigen Dürreintensitäten wurden für jede Klima-Hydrologie-Simulation berechnet. Abb. 4 zeigt, dass unter beiden Klimaszenarien zukünftig größere Intensitäten auftreten und dass diese unter demWeiter-so Szenario stärker ausgeprägt sind. Insgesamt steigt also in Deutschland dieWahrscheinlichkeit zweijähriger Ereignisse mit größeren Intensitäten als in der Vergangenheitszeitscheibe. Zusammenfassung Die Anpassung an den Klimawandel erfordert eine robuste Entscheidungsbasis. Dazu wurden alle verfügbaren Klimasimulationen, die Deutschland und die Ursprungsgebiete unserer EZG abdecken, genutzt, um zukünftige Änderungenmit Abb. 4: Zweijährige Boden- feuchtedürren bis 30 cm Bodentiefe über die Fläche Deutschlands und den Ursprungsgebieten unserer Flüsse. Oben ist das Klima- schutzszenario RCP2.6 (21 Simulationen), unten das Weiter-So-Szenario RCP8.5 (49 Simulationen) dargestellt. In den Quadranten links unten sind die zweijährigen Dürre- intensitäten der Vergangenheit gezeigt, rechts oben finden sich jeweils zukünftig auftretende größere Dürre- intensitäten als in der Vergan- genheit. Eine jahresscharfe Zuordnung ist nicht möglich, da Klimasimulationen nicht das tatsächliche Wetter abbilden. Quelle: UFZ 20 energie | wasser-praxis 08/2022

demhydrologischenModell mHM abzuschätzen. Neben den Informationen zur wahrscheinlichsten Entwicklung sind auch Informationen zu Trendstabilität, Signifikanz von Änderungen und deren Spannbreiten abgeleitet worden. Während Temperatur- und Hitzeindikatoren einen eindeutig zunehmendenTrend zeigen, finden sich unter den Klimasimulationen in der Gesamtspannbreite sowohl zukünftige Zu- als auch Abnahmen des Jahresniederschlages. Die wahrscheinlichste Entwicklung (Median über die Szenarienensembles) über die Fläche Deutschlands ist eine leichte Jahresniederschlagszunahme, die mit zunehmender Erwärmung stärker ausfällt. Damit verbunden sind sowohl leichte Zunahmen des mittleren jährlichen Abf lusses – und damit der Zuflüsse zu Talsperren – als auch der GWN. Es konnte gezeigt werden, dass trotz der Zunahme des langjährigen zukünftigenWasserdargebotes innerjährlich mit einem stärkeren Austrocknen der Böden von Juli bis September zu rechnen ist. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit zweijähriger Dürreereignisse mit zunehmender Erwärmung. Danksagung Teile dieser Arbeit wurdenmitMitteln des Impuls- und Vernetzungsfonds der Helmholtz-Gemeinschaft (IVF) in der Helmholtz-Klimainitiative (www.helmholtz-klima.de) gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. Wir danken insbesondere Oldrich Rakovec und Rohini Kumar (UFZ) sowie Thomas Remke und Kevin Sieck (HelmholtzZentrumHereon, Climate Service Center Germany GERICS) für die wissenschaftliche Unterstützung. Wir danken der EURO-CORDEX-Gemeinschaft (https://euro-cordex.net) sowie dem vom BMBF geförderten Projekt ReKliEs-De (http:// reklies.hlnug.de) für die Veröffentlichung der Ergebnisse regionaler Klimasimulationen. Sebastian Müller, Özge Can und Chaitanya Malla danken wir für die technische Unterstützung. T Literatur [1] IPCC (2012). Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation. A Special Report of Working Groups I and II of the Intergovernmental Panel on Climate Change. [2] Samaniego, L. S. Thober, R. Kumar, N. Wanders, O. Rakovec, M. Pan, M. Zink, J. Sheffield, E. F. Wood, and A. Marx (2018). Anthropogenic warming exacerbates European soil moisture droughts. Nature Climate Change. http://dx.doi.org/10.1038/ s41558-018-0138-5 [3] Rakovec, O., Samaniego, L., Hari, V., Markonis, Y., Vojtech Moravec, Stephan Thober, Martin Hanel, Rohini Kumar: The 2018–2020 Multi-Year Drought Sets a New Benchmark in Europe. Earth’s Future, https://doi.org/10.1029/2021EF002394 [4] Zink, M., Samaniego L., Kumar R., Thober S., Mai J., Schaefer D. and Marx A. (2016). The German drought monitor, Environmental Research Letters, Enviro n. Res. Lett. 11, doi:10.1088/1748-9326/11/7/074002 [5] Marx, A., Rakovec, O., Boeing, F., Kelbling M., Thober S., Müller S., Samaniego, L. (2022). Towards high-resolution multi-model climate-hydrology indicators for Germany. In: Helmholtz Climate Initiative. Final report. https://www.helmholtz-klima.de/projekte/veroeffentlichungen [6] Hübener, Heike; Bülow, Katharina; Fooken, Cornelia; Früh, Barbara; Hoffmann, Peter; Höpp, Simona; Keuler, Klaus; Menz, Christoph; Mohr, Victoria; Radtke, Kai; Ramthun, Hans; Spekat, Arne; Steger, Christian; Toussaint, Frank; Warrach- Sagi, Kirsten; Woldt, Michael (2017). ReKliEs-De Ergebnisbericht. World Data Center for Climate (WDCC) at DKRZ. https://doi.org/10.2312/WDCC/ReKliEsDe_Ergebnisbericht [7] Samaniego, L., Remke, T., Kevin S., Boeing, F., Rakovec, O., Marx, A., Thober. S. Müller, S. (2022). High-resolution bias-adjusted and disaggregated climate simulation ensemble. In: Helmholtz Climate Initiative. Final report. https://www.helmholtz-klima.de/projekte/veroeffentlichungen [8] Kumar, R., Samaniego, L., and Attinger, S. (2013). Implica- tions of distributed hydrologic model parameterization on water fluxes at multiple scales and locations: DISTRIBUTED HYDROLOGIC MODEL PARAMETERIZATIONS, Water Resources Research, 49, 360–379, https://doi.org/10.1029/ 2012WR012195, http://doi.wiley.com/10.1029/2012WR012195 [9] Samaniego, L., Kumar, R., and Attinger, S. (2010): Multiscale parameter regionalization of a grid-based hydrologic model at the mesoscale: MULTISCALE PARAMETER REGIONALIZATION, Water Resources Research, 46, https://doi.org/10.1029/ 2008WR007327, http://doi.wiley.com/10.1029/ 2008WR007327 [10] Urban J, Ingwers M, McGuire MA, Teskey RO (2017). Stomatal conductance increases with rising temperature. Plant Signal Behav. 12(8):e1356534. doi: 10.1080/15592324.2017.1356534. [11] von Jankiewicz, P., Neumann, J., Duijnisveld, W. H. M., Wessolek, G., Wycisk, P., & Hennings, V. (2005). Abflusshöhe – Sickerwasserrate – Grundwasserneubildung – Drei Themen im Hdrologischen Atlas von Deutschland. Hydrologie Und Wasserbewirtschaftung, 49(1), 2–13. [12] Pfeifer S, Rechid D, Bathiany S: Klimaausblick Deutschland v1.2. (2021). Climate Service Center Germany (GERICS) https://gerics.de/products_and_publications/fact_sheets/ index.php.de Andreas Marx leitet den Deutschen Dürremonitor am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Friedrich Boeing ist Doktorand am HelmholtzZentrum für Umweltforschung und der Universität Potsdam. Luis Samaniego ist Professor an der Universität Potsdam und stellvertretender Leiter des Departments Hydrosystemmodellierung am UFZ Kontakt: Dr. Andreas Marx Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Permoserstraße 15 04318 Leipzig Tel: 0341 235 1074 E-Mail: andreas.marx@ufz.de www.ufz.de Die Autoren 21 energie | wasser-praxis 08/2022

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