DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 8/2022

13 Jahre nach Projektbeginn, die vollen 10 GWelektrischer Leistung übertragen und würde somit das Ausbauziel bis 2035 verfehlen. Ein ähnliches Ergebnis zeigt sich für die Variante „Offshore-Wasserstoffproduktion & Schifftransport“, bei der unsicher ist, ob sie bei der bis 2035 bereitstellbaren Tankschiff-Kapazität die erforderliche Transportkapazität erwartbar decken kann. Hintergrund ist, dass der weltweit erste bisher betriebene Flüssigwasserstofftanker als Versuchsschiff nur etwa ein Hundertstel des Flüssiggasvolumens eines üblichen LNG-Tankers transportieren kann. Der Bau von nach derzeitigemTechnikstand über 100 kleinen Flüssigwasserstoff-Tankern ab 2023 würde einen wesentlichen Teil der derzeit bestehenden internationalen Werftkapazitäten binden, während einWarten auf größere Tankschiffe mit starker Unsicherheit über den Verfügbarkeitszeitpunkt behaftet wäre. Zudemkann der in der Folge auf wenige Jahre vor 2035 konzentrierte Baubedarf werftseitig ebenfalls nicht sicher gedeckt werden. In beiden Fällen wäre somit das Ausbauziel im gegebenen Zeitrahmen gefährdet. Der Zeitvorteil der Pipeline-Variante ergibt sich maßgeblich aus der signifikant geringeren Verlegestrecke von insgesamt 610 km gegenüber 3.720 km Hochspannungs-Gleichstromleitungen. Bei der Pipeline-Variante liegt der Aufbau der Offshore-Elektrolyse auf dem kritischen Pfad, während bei der Variante „Seekabel & Onshore-Wasserstoffproduktion“ der Bau des Kabelsystems den Zeitbedarf bestimmt. Die parallele Errichtung von bis zu zehn Offshore-Elektrolyse-Plattformen pro Gebiet in den beiden Varianten mit Offshore-Elektrolyse birgt ein signifikantes Umsetzungsrisiko, das durch frühzeitige Einbindung von Lieferanten und die Sicherung von Fertigungs- und Installationskapazitäten minimiert werden muss. Investitionsausgaben und Betriebskosten Die in der Studie errechneten Gesamtsystemkosten und die daraus resultierenden Kosten sind für die Variante „Offshore-Wasserstoffproduktion & Pipelinetransport“ am geringsten. Die Gesamtsystemkosten sind um rund sechs Mrd. Euro (17 Prozent) geringer als die der Variante „Seekabel & Onshore-Wasserstoffproduktion“. Die spezifischen Systemkosten sindmit 2,7 Euro pro Kilogramm Wasserstoff (EUR/kg H2) um 0,50 EUR/kg H2 (15 Prozent) niedriger als bei der Variante „Seekabel &OnshoreWasserstoffproduktion“. Für die Kostenanalyse wurden aktuelle Preise für Elektrolyseure zugrunde gelegt. Wenn für diese Technologie stärkere Kostenreduktionen über den Betrachtungszeitraum angenommen werden, sinken sowohl die Gesamtsystemkosten als auch die spezifischen Systemkosten je kg Wasserstoff. Der Kostenabstand zwischen den Varianten bleibt jedoch unverändert, weil die Technologie in allen drei Varianten in gleichem Maße verwendet wird. Umweltwirkungen und Genehmigungsfähigkeit Aus Umwelt- und Genehmigungsperspektive ist die Variante „Offshore-Wasserstoffproduktion & Pipelinetransport“ den beiden anderen Varianten ebenfalls vorzuziehen. Für die Variante „Seekabel & Onshore-Wasserstoffproduktion“ besteht für das Genehmigungsverfahren das Risiko von Interessenkonfliktenmit der lokalen Bevölkerung und Verbänden. Diese Konf likte können das Vorhaben nicht nur verzögern, sondern den Umsetzungserfolg auch grundsätzlich gefährden. Längere Projektverzögerungen und kostenträchtige Klageverfahren werden hierbei als wahrscheinlich angesehen. Außerdem ist die Einleitung von Sole in das Wattenmeer voraussichtlich nicht genehmigungsfähig und die technischen Möglichkeiten zur WeiAbb. 3: Strukturdarstellung der drei betrachteten Varianten Quelle: AFRY Variante 1: Seekabel mit OnshoreWasserstoffproduktion Variante 2: Offshore-Wasserstoffproduktion mit Pipelinetransport Variante 3: Offshore-Wasserstoffproduktion mit Schiffstransport 61 energie | wasser-praxis 08/2022

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