ewp_042022

O R G A N I S A T I O N & M A N A G E M E N T Der Einfluss vonKohlendioxid auf die Umwelt ist seit vielen Jahren bekannt unddie Reduktionder CO2-Emissionen zur Einhaltungdes 1,5-Grad-Ziels ist notwendig.Wodies nicht durchdieVermeidung von z. B. Flugverkehr, Verbrennungsmotorenoder Kohleverstromung möglich ist, können unterschiedliche Wege genutzt werden, die verhindern, dass CO2 aus technischen Prozessen in die Atmosphäre gelangt. Dazu zählen: • Das CCS-Verfahren (CarbonCapture and Storage), bei dem das CO2 am Ort der Entstehung abgeschieden, zu einem geologischen Speicher transportiert und dort dauerhaft gespeichert wird. • Das CCU-Verfahren (CarbonCapture andUtilization), bei demdas CO2 am Ort der Entstehungabgeschiedenund zu einem Ort transportiert wird, an dem es genutzt werden kann. Bereits vor 2010 haben sich zunächst die großen Energieversorger mit dem Thema CCS befasst. Neue Kraftwerke wurden CCS-ready geplant, und bei bereits bestehenden Anlagen wurde die technische Machbarkeit einer CO2Abscheidung einschließlich Transportoptionen geprüft. Heute ist der Kohleausstieg beschlossen. Allerdings verbleiben zahlreiche industrielle Prozessemit erheblichen und nicht vermeidbaren CO2-Emissionen. Daher sind CCS und CCU auch weiterhin erforderlich. Beiden Verfahren ist gemeinsam, dass das CO2 nachder Abscheidung zumOrt der Speicherung bzw. Nutzung transportiert werden muss. Dazu bieten sich zwar grundsätzlich viele Transportoptionen an, wie z. B. die Nutzung von Eisenbahnen, Binnenschiffenoder Lkw. Bei großen zu transportierenden Mengen ist allerdings der leitungsgebundene Transport am sinnvollsten. Regelwerke für Kohlendioxidleitungen – aktueller Stand In Deutschland wurde 2012 das Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) beschlossen [1]. Es dient „der Gewährleistung einer dauerhaftenSpeicherung von Kohlendioxid in unterirdischen Gesteinsschichten zum Schutz des Menschen und der Umwelt, auch in Verantwortung für künftige Generationen […]“ und regelt „[…] zunächst die Erforschung, Erprobung und Demonstration von Technologien zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid in unterirdischenGesteinsschichten […]“ (§ 1 KSpG). Größere Projekte sind allerdings seither nicht inGang gekommen. CCU war im Jahr 2012 noch nicht angedacht, da das Verfahren technologisch noch in den Kinderschuhen steckte. Die Entwicklung der letzten Jahre hat jedoch insbesondere auf diesemGebiet große Fortschritte gemacht und sowerden aktuell großindustrielle Projekte entwickelt, die eine Nutzung von CO2 möglich machen [2, 3]. Regelungen im KSpG Bislang wenig Beachtung hat der Umstand gefunden, dass das Gesetz auch Kohlendioxidleitungen behandelt. Für dieseermöglicht §4KSpGZugriff auf das Planfeststellungsverfahren und damit einen juristischenWeg, die Vielzahl der Einzelfragen in einem einzigen – umfangreichen–Genehmigungsverfahren konzentriert abzuarbeiten. Die Alternative für nicht planfeststellungsfähige Vorhaben wäre, überspitzt gesagt, in jedemLandkreis entlangder Leitung eine eigene Genehmigung zu beantragen. Außerdem ermöglicht § 4 Abs. 5 KSpG unter gewissen weiteren Voraussetzungen, fürKohlendioxidleitungenfremden Grund und Boden zu enteignen. Wenn keine Einigung mit den GrundeigenCO ² -Transport in Leitungen – nach welchen Regeln? Der Transport von Kohlendioxid vom Ort seiner Entstehung zur weiteren Speicherung bzw. Nutzung wird mit Blick auf die anspruchsvollen Klimaschutzziele in den nächsten Jahren in Deutschland weiter an Bedeutung gewinnen. Je größer die Menge dabei wird, desto sinnvoller und rentabler wird der leitungsgebundene CO 2 -Transport werden. Die ersten Regelwerke des DVGW für Kohlendioxidleitungen liegen vor, und weitere sind in der Erarbeitung. Allerdings bestehen aktuell noch juristische Schwachstellen auf Gesetzes- und Verordnungsebene, die einen zukünftigen Einsatz der Regelwerke und damit letztlich der notwendigen Leitungen erschweren oder verhindern könnten. Vor diesem Hintergrund gibt der vorliegende Beitrag einen Überblick über die relevanten (inter-)nationalen Regelwerke, erläutert deren juristische Schwachstellen und formuliert abschließend einen Lösungsansatz. von: Dr. Michael Neupert (Kümmerlein, Simon & Partner Rechtsanwälte mbB) & Dr.-Ing. Achim Hilgenstock (Dr. Hilgenstock Consulting) Der vorliegende Fachbeitrag ist erstmals in der Ausgabe 1/2022 der 3R – Fachzeitschrift für sichere und effiziente Rohrleitungssysteme erschienen. 22 energie | wasser-praxis 04/2022

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