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www.energie-wasser-praxis.de energie | wasser-praxis e 04 Klima | Schutz Transport von Kohlendioxid in Leitungen Digitalisierung | KI Einsatz von digitalen Technologien in der Wasserwirtscha Energie | Wende Auswirkungen der H -Einspeisung auf eine Verdichterstation 73. Jahrgang | April 2022 | ISSN 1436-6134 durch Digitalisierung Leitungsbau – Effizienz So einfach ist Digitalisierung! Lovion.de

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www.energie-wasser-praxis.de energie | wasser-praxis e 04 Klima | Schutz Transport von Kohlendioxid in Leitungen Digitalisierung | KI Einsatz von digitalen Technologien in der Wasserwirtscha Energie | Wende Auswirkungen der H -Einspeisung auf eine Verdichterstation 73. Jahrgang | April 2022 | ISSN 1436-6134 durch Digitalisierung Leitungsbau – Effizienz

l www.dvgw-veranstaltungen.de 18. Seminar für Führungskräfte aus der Bau- und Versorgungswirtschaft Am 27. – 28. Juni 2022 im Marina Bernried am Starnberger See Mit Sicherheit ein Gewinn Veranstalter Erfahrungsaustausch DVGW-Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg Weitere Informationen und Anmeldung www.dvgw-veranstaltungen.de/11111 In Kooperation mit: www.mosaik-management.de · Mathias Kolta

E D I T O R I A L Klimaneutrale Gase und die Gas- infrastruktur sind die Schlüssel- elemente für Versorgungssicherheit und Klimaschutz Liebe Leserinnen und Leser, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und das damit verbundene unermessliche menschliche Leid sowie die Zerstörung ganzer Städte erfüllen uns alle mit größter Sorge. UnsereGedanken sind zuallererst bei jenenMenschen, deren Angehörige, Freunde undNachbarn getötet wurden und die von den Auswirkungen des Krieges besonders betroffen sind und darunter zu leiden haben. In Deutschland stellen sich viele Menschen aus nachvollziehbaren Gründen nun die Frage, ob unsere Energieversorgung angesichts der dramatischen Ereignisse sicher ist und sicher bleibenwird.Wir sagenklar: Aktuell ist dieVersorgungmitGas nicht gefährdet.Mit Blickauf die grundsätzlicheAbhängigkeit Deutschlands durch hohe Importanteile hat Bundeswirtschaftsminister RobertHabeck jedochbetont, dass der Ausbau erneuerbarer Energiennunnoch schneller vorangehenmüsse. DieseEinschätzung teilt derDVGW.DaswirkungsvollsteMittel, um sich zeitnah von den Importen fossiler Energieträger unabhängiger zu machen, ist der beschleunigte Ausbau der erneuerbarenEnergienunddamit verbundender rascheAusbau einer Wasserstoffwirtschaft unter Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur. Und dies aus gutem Grund: Der schnelle Umstieg auf eine vollelektrische Lösung ist – auch langfristig – aufgrundder benötigtenEnergiemengeunrealistisch, dieEnergiewende unter Einhaltung der Klimaschutzziele ohne Wasserstoff nicht möglich. Die dafür notwendige Infrastruktur sowie das technische Know-how stellt die Gasbranche bereits heute bereit. Viele Anwendungen sind H2-ready und können zukünftig zu einhundert Prozent klimaneutralenWasserstoff aufnehmen. Die vorhandene Infrastruktur erhöht unsere Versorgungssicherheit und sollte per se nicht negiert werden. Doch woher kommen nun die immensen Mengen an klimaneutraler Energie? Die heimische Produktion klimaneutraler, erneuerbarer Gase ist ein wichtiger Baustein, um die Abhängigkeit von Importen zu senken. Das wirtschaftlich und technischdarstellbarePotenzial liegthierbei 300bis400TWh–was fast einemDrittel des gesamtenheutigenGasbedarfesDeutschlands entspricht. Damit wäre ein Großteil der aus Russland bezogenen Gasmenge substituierbar. Es ist daher zwingend notwendig, denAusbau der Erzeugungskapazitäten klimaneutraler Gase voranzutreiben. In Deutschlandmuss ein ambitionierterHochlauf vonBiomethanorganisiertwerden: Anzustreben ist ein Zielwert von rund 8 TWh/Jahr in den Startjahren. Dies bedeutet ein „Umswitchen“ der stromerzeugenden Biogasanlagen in Einspeiseanlagen. Hinzu kommt die heimische Produktion vonWasserstoff aus erneuerbaremStrom. Weiteres Standbein ist der Import klimaneutraler Gase. In Europa kann grüner Wasserstoff in großenMengen über die derzeit prognostizierten Bedarfe hinaus produziert werden. Zukünftigmuss bei der Struktur der Bezugs- und Erzeugungsländer aber stärker diversifiziert werden. In diesem Kontext ist es wichtig, neue Partnerschaften aufzubauen, etwa mit Spanien und den nordafrikanischen Staaten. Für Norddeutschland wird der Wind der Nordsee an Bedeutung gewinnen. DieNiederlande planenbereits Ausbau-Projekte, die keinen Strommehr an Land bringen, sondern mit Pipelines auf demMeer produziertenWasserstoff.Weiterhinbegrüßen wir denBau bzw. die Inbetriebnahme eigener LNG-Terminals auf deutschemStaatsgebiet, die in Zukunft auch für denUmschlag von klimafreundlichem Wasserstoff genutzt werden können. Wenngleich die Bundesrepublik mittelbar über bestehende LNG-Einspeisepunkte indenNiederlanden, Belgien und Nordfrankreich angebunden ist, wird hierdurch eine weitere Bezugsoption geschaffen. Auch eine hierzulande anzusiedelnde Pyrolysetechnik, die das in Deutschland angelandete LNGoder andere neue Erdgasimportmengen inWasserstoff umwandelt, ist mitzudenken, um unsere heimische Wertschöpfung zu stärken. All diesePotenzialegilt esnunzunutzenundschnellstmöglich verbindliche politischeVoraussetzungendafür zu entwickeln. Kontraproduktiv – auch im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland mit Blick auf die Sozialverträglichkeit und Versorgungssicherheit – wäre es, eine reine Elektrifizierung des Energiesektors anzustreben. Einemassive Reduktion von Gasanwendungen zugunsten von Strom ist technisch illusorisch und volkswirtschaftlich verfehlt – im Wärmemarkt und bei industriellen Prozessen wäre dies mit Blick auf die Systemstabilität auch ohnehin nicht umsetzbar. Die Dekarbonisierung der bestehenden Energieversorgung gelingt nur durch den prominenten Einsatz von klimaneutralen Gasen mit der Gasinfrastruktur als Schlüsselelement. Auf dieser Basis lassen sich die Klimaziele nicht nur zeitnah, sondernauchökologisch, ökonomisch, sozialverträglichund mit Berücksichtigung geostrategischer Aspekte erreichen. Ihr Gerald Linke 3 energie | wasser-praxis 04/2022

I N H A L T Titel Quelle: Igor Korchak/iStock.com, Bannafarsai/stock.adobe.com 16 Zur Digitalisierung administrativer Prozesse im Leitungsbau 30 Auswirkungen digitaler Technologien auf die Entscheidungsfindung in der Wasserwirtschaft 54 Vorgänge im Methanisierungsreaktor in der PtG-Prozesskette 80 Ich mach was mit … 3 | EDITORIAL 6 | NACHRICHTEN INITIATIVE „ZUKUNFT LEITUNGSBAU“ – DIE BESTEN LÖSUNGEN AUS DER PRAXIS 16 | Mehr Effizienz im Leitungsbau: Interaktion digitalisieren – Prozesse professionalisieren • Andreas Hüttemann ORGANISATION & MANAGEMENT 22 | CO ² -Transport in Leitungen – nach welchen Regeln? • Dr. Michael Neupert, Dr.-Ing. Achim Hilgenstock 26 | Vor- und Nachteile von Methanol für die Energiewende • Volker Harbusch 30 | Werden unsere wasserwirtschaftlichen Entscheidungen durch Digitalisierung und KI in Zukunft besser? • Prof. Dr. Christoph Donner, Hendrik Rösch, Gregor Johnen, Prof. Dr.-Ing André Niemann 36 | Entscheidungsunterstützung zur optimierten Betriebsweise von Geräuschpegelloggern • Martin Offermann, Dr. Angelika Becker, Volker Diekemper 44 | KRITIS oder nicht? Was für eine Frage! • Manfred Godek FORSCHUNG & ENTWICKLUNG 48 | Bewertungsmatrix zur Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen an KKS-geschützten Gas- und Wasserinfrastrukturen • Louisa-Marie Lahr 54 | Grundlagenforschung für die Dreiphasen-Methanisierung als Teil der Power-to-Gas-Prozesskette • Janina Leiblein, Friedemann Mörs, Dr. Frank Graf, Prof. Dr. Thomas Kolb 60 | Verfahrenstechnische Auswirkungen einer Einspeisung von Wasserstoff auf eine Verdichterstation • Johanna Göllner 16 30 54 80 Leitungsbau: Effizienz durch Digitalisierung Ab Seite 16 4 energie | wasser-praxis 04/2022

TECHNISCHE REGELN & NORMEN 64 | Gasinstallationen in Laborräumen und naturwissenschaftlichen Unterrichtsräumen – Planung, Erstellung, Änderung, Instandhaltung und Betrieb und DIN 30666: Prüfanforderungen an Gasleitungen in anschlussfertig vorgefertigten Laboreinrichtungen • Kai-Uwe Schuhmann 66 | Umsetzung der Homogenbereiche nach DIN 18300 im Erdbau für die Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen im Leitungstiefbau – Anwendungsbeispiel • Tonish Pattima 66 | Aufruf zur aktiven Mitarbeit: Erstellung einer technischen Regel des DVGW und der AfK zur Annäherung von GleichstromÜbertragungsanlagen und Rohrleitungen • Peter Frenz 68 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 68 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 70 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN 78 | DVGW-Veranstaltungsvorschau für April und Mai 2022 ARBEITS | welten 80 | Ich mach was mit Rohrleitungen BILDUNGS | welten 82 | Studie untersucht Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Energiewirtschaft 83 | PRAXIS & PRODUKTE SERVICE 85 | Grüne Gase 85 | Rohrleitungsbauunternehmen 86 | Bezugsquellen 90 | Impressum Beilagenhinweis: Einem Teil dieser Ausgabe liegt eine Beilage der MEORGA GmbH bei. 5 energie | wasser-praxis 04/2022 Trinkwasser Neu! Komplett-Messstation für Trinkwasser Permanente Kontrolle der Wassergüte mit den empfohlenen Indikatorparametern: Trübung, pH-Wert, Leitfähigkeit, Temperatur, Desinfektionsmittel (optional). Höchste Verfahrenssicherheit durch die bewährte Swan-Qualität. · Leichte Installation · Reduzierung der Betriebskosten · Minimierter Proben uss · Quali zierter Service · Stabiles Aluminiumgestell und Schrank mit Sichtfenster Swan Analytische Instrumente GmbH DE-98693 Ilmenau www.swaninstrumente.de info@swaninstrumente.de

N A C H R I C H T E N STANDPUNKT » Wir müssen die langwierigen Prozesse bei wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren durchbrechen! « Ein Kommentar von Berthold Niehues, Leiter Wasserversorgung im DVGW In Deutschland verfügen rund 4.300 Versorgungsunternehmen über eine eigene Wassergewinnung und mehr als 800Wasserbehörden sind für den Vollzug der wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren zuständig. Solche Genehmigungsverfahren für die öffentliche Wasserversorgung bedeuten für alle Beteiligten sehr lange – oftmals mehr als 10 Jahre währende – Diskussionen und Interpretationen der notwendigenFachinformationen. Daran schließen sich zudem noch weitere Verfahren gleicher Größenordnung für dieGenehmigung undAusweisung der entsprechenden Trinkwasserschutzgebiete an. Zieht man in Betracht, dass die Genehmigungen für 20 bis 30 Jahre vergeben werden, dann kann man theoretisch beim Erhalt einer solchen schon wieder direkt in das neue Genehmigungsverfahren einsteigen. Dieser ineffiziente „Kreislauf“, der enorme Personalkapazitäten bei Versorgern und Behörden gleichermaßen, benötigt,muss verschlanktwerden.Welche Ansätze und Hilfestellungen bieten sich dazu an? Wasserrechtliche Genehmigungen für die Entnahme werden künftig auf unbegrenzte Zeit vergeben Dieser Vorschlag entspricht einer Art Wiederbelebung des ehemaligen Preußischen Wasserrechts. Es gibt heute noch einige Gewinnungsgebiete inDeutschland, die über ein derartiges unbefristetes Recht verfügen, ohne dass es zu nennenswerten Schwierigkeiten im Vollzug kommt. In die heutige Zeit transferiert kannman sich solch ein Verfahren analog zur Ausweisung vonNaturschutzgebieten oder zu größerenPlanfeststellungsverfahren,z.B.demBauvonAutobahnen, vorstellen, deren Notwendigkeit nicht in regelmäßigen zeitlichenAbständen inZweifel gezogenwird.Warummuss dies bei der öffentlichenWasserversorgung imSinnederDaseinsvorsorge für dieGesellschaft anders gehandhabtwerden?Die Vergabe von Wasserrechten im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrenswürdezwarwasser-undverfahrensrechtliche Anpassungenerfordern, siehätte jedochdenVorteil, dass die Anfechtbarkeit einmal planfestgestellter Wasserrechte begrenzt und diese somit zeitlich entfristet würde. Weiterhin könntenBehördeundVersorger über ein„dynamisches“Monitoring Maßnahmen, z. B. bei Änderungen imWasserdargebot oder bei abnehmendenWasserbedarfen, auf denWeg bringen, umdieVersorgungs- undRechtssicherheit für beide Parteien zu gewährleisten. In Hessen etwa hat sich in manchen Regionen bei der Vergabe vonWasserrechten die Kombination aus definierten „Sockel“-Entnahmemengen und flexibel an die Einhaltung von Grenzflurabständen oder Mindestwasserführungen gekoppelte Entnahmen etabliert. Inder Folgekönntemandamit denvorhandenenVerfahrensstauauflösenunddieDauerderVerfahrendeutlichverkürzen: einGewinn für Behörden, Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbraucher gleichermaßen. Verfahren zur Entnahme von Wasser mit Verfahren zur Ausweisung eines Trinkwasserschutzgebietes koppeln Dieser Ansatz hat den entscheidenden Vorteil, dass bei vielen Fragestellungen auf gleiche Datengrundlagen zurückgegriffen werden muss. Auch die Beteiligung der Öffentlichkeit in nur noch einem Verfahren schafft mehr Klarheit und bringt die Zusammenhänge besser zum Ausdruck, gerade auch für Nicht-Fachleute.Mehr noch: Damit einher ginge auch eine spürbare Einsparung an Zeit und Personalkapazitäten auf Seiten von Behörden und Versorgern. Wenn die Entnahmen unbefristet gälten, könnte damit auch eine mögliche zeitliche Befristung für die zugehörigen Trinkwasserschutzgebiete auf Dauer entfallen. ImSinnedes vorsorgendenundgenerationsübergreifenden Schutzes der Trinkwasserressourcen sowie einer dauerhafQuelle: DVGW 6 energie | wasser-praxis 04/2022

ten Versorgungssicherheit für die Bevölkerung und die Industrie wäre dies ein wirklicher Meilenstein. Interessenkonflikte zwischen öffentlicher Wasserversorgung und Naturschutz auflösen Raumplanung und Raumordnung sollten künftig die InteressenkonfliktezwischenderöffentlichenWasserversorgung unddemNaturschutz stärker trennen. Esmuss inZeitendes Klimawandels sowohl Räume geben, umvorrangigdieNatur zu schützen, als auch solche, die vorrangig die Versorgungssicherheit der öffentlichen Wasserversorgung schützen. Diese Vorranggebiete müssen strikt getrennt werden. Geschieht dies nicht, läuft man Gefahr, genehmigte Entnahmen kontinuierlich wegen klimatisch sinkender Wasserstände im Grundwasser bzw. in oberirdischen Gewässern reduzieren zu müssen, um das „natürliche“ Absinken zu kompensieren. Damit wäre dann eine resiliente Wasserversorgung nicht mehr möglich. Anders gesagt: Der Wasserhahn würde langsam, aber sicher zugedreht. Untersuchungsmethoden und Bewertungsverfahren sollten sich an bundesweit einheitlichen Maßstäben ausrichten Mithilfe bundesweit einheitlicher Untersuchungsmethoden und Bewertungsverfahren könnteman schließlich auf fachlich fundierte Grundlagen zurückgreifen, die bereits in ihrer Genese auch Aspekte der Verhältnismäßigkeit in Betracht gezogen haben. Gerade die in den heutigen Genehmigungsverfahrenzubeobachtenden sehr heterogenen undweit ausuferndenDiskussionenumNaturschutzbelange führen dazu, dass Verfahren sehr in die Länge gezogen werden und der Ermessensspielraumder Behörde in vielen Fällen zu Ungunsten der öffentlichen Wasserversorgung ausgelegt wird. Das aktuelle Beispiel der jüngst veröffentlichen Hinweise zur Berücksichtigung europäisch geschützter Artenbei wasserrechtlichenVorhaben zeigt, dass gerade im Zusammenspiel zwischen öffentlicher Wasserversorgung undNaturschutz eine praxistauglicheMethodik und Bewertung vorliegt. Nun gilt es, weitere Methodiken und Verfahren auf denWeg zubringen, etwa zumHabitatschutz. Dies sollte von Beginn an als gemeinsames Projekt von DVGW, LANA und LAWA auf den Weg gebracht werden – mit dem Ziel, allen Beteiligten in den Genehmigungsverfahren eine fundierteHilfe andieHand zu gebenunddamit die Verfahrensdauern deutlich zu verkürzen. Denn eines ist unumstritten: Vor dem Hintergrund des fortschreitenden Klimawandels und der damit einhergehenden Herausforderungen ist Eile geboten. Dem damit verbundenen Tempo bei der Bewältigung der zukünftigen Aufgaben könnenwir nur entsprechen, wennwir die langwierigen Prozesse endlich durchbrechen. W Ideale Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik Egatec 2022 in Hamburg DiediesjährigeEgatec-Konferenz findet am14. und15. Juni 2022 imHamburger CCHstatt. Als Ausrichter fungierender DVGW, die europäischen Verbänden Marcogaz und GERG und das Forschungsnetzwerk ERIG. ImFokus der Veranstaltung steht die Vernetzung all jener, die mit Forschung und Innovation,mitmarktreifenTechnologienundmit der Ausgestaltung des Ordnungsrahmens Klimaneutralität und Nachhaltigkeit in der gasbasierten Energieversorgung vorantreiben. „Energieforschung ist von elementarer Bedeutung für die Transformation der Energiewirtschaft. Die Egatec 2022 ist die ideale Schnittstelle zwischen Wissenschaft,Wirtschaft undPolitik. Sie spielt bei derVerknüpfung vom Labor zu Praxisanwendungen eine wesentliche Rolle und ist damit ein Pflichttermin für die gesamte Branche“, soProf.Dr.GeraldLinke,DVGW-Vorstandsvorsitzender und ERIG-Präsident. Hintergrund ist, dass sich die Energiewirtschaft in Europa imSpannungsfeld zwischen signifikanten Reduzierungen vonCO2-Emissionen einerseits und der Aufrechterhaltung einer weiterhin sicheren und bezahlbaren Versorgung andererseits für die Bürgerinnen und Bürger in Europa neu ausrichten muss. Davon betroffen ist fast eine halbe Milliarde Menschen. Entscheidend für das Erreichen der ambitionierten Klimaschutzziele in der EU sind der intensive länderübergreifende Austausch und die enge Verzahnung der Handlungsfelder vonWissenschaft,Wirtschaft, Politik und Verbänden. Die Nutzung aktueller Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung ist unverzichtbar. „Die Expertise des DVGW bei innovativen Energieträgern und Technologien liefert wesentliche Beiträge zur Gestaltung der Energiewende“, so Linke weiter. IndiesemZusammenhangnutzen führendeUnternehmen, Forschungseinrichtungen undVerbände der europäischen Gaswirtschaft die Egatec als Plattform, um wichtige Impulse für den Klimaschutzmit Gasinnovationen zu gewinnen. Die Vorträge und Diskussionsforen in englischer Sprache werden ergänzt durch Exkursionen, die Einblicke in die zukünftige Wasserstoffwirtschaft bieten. Das umfangreiche ProgrammundMöglichkeiten zur Anmeldung gibt es unter www.egatec-conference.com. W Jetzt anmelden! Quelle: CCH 7 energie | wasser-praxis 04/2022

DVGW-Studie ermittelt Verfügbarkeit klimaneutraler Gase: Ausreichende Wasserstoffmengen für den Bedarf in Deutschland ab dem Jahr 2030 Die Bundesregierung hat im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine das Ziel formuliert, Deutschlands Abhängigkeit inder Energieversorgung schneller als ursprünglich geplant zu reduzieren. Dies kann gelingen, wenn jetzt alle relevanten TechnologienundOptionen eingesetzt werden. ImKontext einer umfassenden Transformation des Energiesystems in Deutschland kommt Wasserstoff eine unverzichtbare Bedeutung zu, um die Energieversorgung in Zukunft auf dem Weg indieKlimaneutralität abzusichern. Entgegen zahlreichenAnnahmenmuss Wasserstoff jedoch keine Mangelware bleiben. Bereits ab dem Jahr 2030 kann der Bedarf mehr als gedeckt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die politischen Rahmenbedingungen entsprechend geschaffen werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Auftrag des DVGW durchgeführte Studie von Frontier Economics. Die Untersuchung hat in verschiedenen Szenarien die mittel- und langfristige Verfügbarkeit klimaneutraler Gase ermittelt. Demnach stehen im Jahr 2030 rund 290Terawattstunden (TWh)CO2-armer bis klimaneutraler Wasserstoff zur Verfügung. Etwa 60 Prozent davon wären grünerWasserstoff aus heimischer Elektrolyse und anderen europäischen Ländern. Nach Meinung von Experten übertrifft diese Menge alle gängigen Nachfrageprognosen um ein Vielfaches: So geht der Nationale Wasserstoffrat für diesen Zeitraumvon einem Bedarf vonbis zu 110 TWh aus. Bis 2045 könnten Industrie, Fahrzeuge sowie Gebäude der Studie zufolge dann mit einer Energiemenge von 850 TWh versorgt werden. Durch den Import von grünemWasserstoff, beispielsweise aus Ländern Nordafrikas, wäre auf lange Sicht sogar ein Angebot von etwa 2.000 TWh denkbar. Dies entspricht aus Sicht des DVGW mindestens dem Doppelten der Energie, die im klimaneutralen Deutschland der Zukunft benötigt wird. „Das Argument, Wasserstoff sei der Champagner der Energiewende, ist widerlegt. Mit politischem Willen und den notwendigen Weichenstellungen können über die deutschen Verteilnetze ausreichende Mengen für alle Sektoren zur Verfügung stehen – für die Industrie und auch für die über 20 Mio. Haushalte, die heutemit Gas heizen. Es sollten also alle Sektoren für die Anwendung von Wasserstoff berücksichtigt werden“, so der DVGW-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Gerald Linke. Er unterstrich gleichzeitig erneut die zwingende Technologieoffenheit und die Chance der mit einer Diversifizierung verbundenen Stärkung der Versorgungssicherheit. Für eine solche Transformation sei Deutschland mit seiner Infrastruktur gut aufgestellt und wasserstofftaugliche Endgeräte bereits entwickelt. Der Umbau des Energiesystems ist aus Sicht des DVGHW nur zu schaffen, wenn alle Optionen ausgeschöpft werden – sowohl der Ausbau erneuerbarer Energien als auch der Hochlauf klimafreundlicher Gase. Nur so ließen sich die enormen Energiemengen decken, die heute nochmit fossilen Rohstoffen erzeugt werden. „Bei der Energiewende sollten neben der direkten Elektrifizierung auch die Importoptionen großer Mengen an erneuerbaren Energien durch Wasserstoff als Chance erkannt werden. ImZusammenspielmit grünen Elektronen bietet Wasserstoff eine zukunftsfähige und bezahlbare Lösung für alle Anwendungen. Nicht nur technische Ansätze sind wichtig, auch die Sozialverträglichkeit müssen wir im Blick behalten“, so Linke. Die Studie des DVGWentkräftet zudem die Aussage, klimafreundliche Gase seien zu teuer für den Gebäudesektor. So könnten die langfristigen Herstellungskosten von grünem Wasserstoff von aktuell 25 bis 30 Cent pro Kilowattstunde auf fünf bis sieben Cent im Durchschnitt im Jahr 2045 sinken. W Quelle: j-mel/Adobe Stock 8 energie | wasser-praxis 04/2022 N A C H R I C H T E N

Grünes Licht für LNG-Terminal Brunsbüttel Der Bund und Schleswig-Holstein wollen den Bau eines LNG-Terminals in Brunsbüttel für verflüssigtes Erdgas und Wasserstoff so schnell wie möglich vorantreiben. Darauf verständigten sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am 11. März 2022. Der Bau müsse maximal beschleunigt werden, sagte Günther. Normalerweise braucheman für ein solches Terminal fünf bis fünfeinhalb Jahre, sagte Habeck. „Es muss schneller gehen. Im Vorfeld hatten die Förderbank KfW, der niederländische GasnetzbetreiberGasunieundder deutscheEnergiekonzern RWE Anfang März eine Vereinbarung (Memorandum of Understanding) über Eckpunkte für das in Schleswig-Holstein geplante Terminal unterzeichnet. Demnachwird sich der Bund über die KfW mit 50 Prozent an dem Terminal beteiligen, Betreiberin wird Gasunie, die zu 100 Prozent dem niederländischen Staat gehören. RWE ist Projektpartnerin. Zunächst sei nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums geplant, dort jährlich8Mrd. Kubikmeter LNG zu regasifizieren – also das verflüssigte und so per Schiff transportierbare Gas wieder gasförmig zu machen. Frank Schnabel, Geschäftsführer der Brunsbüttel Ports GmbH und Sprecher der Werkleiterrunde des ChemCoast Park Brunsbüttel, fühlt sich in der langjährigen Forderung für den Aufbau einer alternativen Importinfrastruktur zur Diversifizierung der deutschen Erdgasbezugsquellen bestätigt: „Wir freuen uns sehr, dass Gasunie, mit denen wir bereits seit 2014 hinsichtlich der Entwicklung des LNGTerminalprojektes in einemengen Austausch stehen, nun das Projekt gemeinsammit dem Bund und RWE als weiterenProjektpartner umsetzenwill. Damit wurdendie Fakten geschaffen, mit denen der Bau des LNG-Terminals am Standort Brunsbüttel zeitnah realisiert werden kann, um u. a. dieAbhängigkeit vomrussischenErdgas zuverringern.“ Für den Industrie- und Hafenstandort Brunsbüttel seien das hervorragende Neuigkeiten und das Projekt, dass vor über 10 Jahren begonnen habe, biege nun auf die Zielgerade ein, so Schnabel. Das geplante Terminal soll in Zukunft nicht nur durch den Import von LNG die Versorgungssicherheit mit Erdgas in Deutschland erhöhen, sondern auchdieMöglichkeiten für den Import von grünen Energieträgern wie z. B. Wasserstoffderivaten schaffen. Daher sei die Realisierung des LNGTerminal Brunsbüttel auch für die Industrieunternehmen des ChemCoast Park Brunsbüttel ein wichtiges Signal für die Zukunft. Die energieintensiven Unternehmen aus der chemischen Industrie benötigen hohe Mengen an Erdgas, die zukünftig durch grüne Energieträger (wie z. B. Wasserstoff) ersetzt werden sollen. W Quelle: German LNG Terminal GmbH Schematische Darstellung des geplanten Terminals 9 energie | wasser-praxis 04/2022 Jetzt für unsere Onlineve ranstaltu ng anmelde n! DVGW Kongress GmbH www.dvgw-kongress.de/ technikforum-pyrolyse l Themen l Optionen und Notwendigkeit der Nutzung von Pyrolyse-Verfahren l Unternehmerische Perspektive: Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit lForschung und Praxis: Technologien im Vergleich l Carbon Cycling und klimaneutrale Energieversorgung lPraxiseinsatz und Geschäftsfelder Technikfo rum Pyrolyse 04. – 05. Mai 2022 , online © stock.adobe.com / Belish

1. Online-Diskurs Hochwasser des DVGW Das Momentum nutzen und Konzepte für eine resilientere Zukunft entwickeln Mit den umfangreichen Auswirkungen der Flut an Erft und Ahr im vergangenen Sommer und damit verbundenen Handlungsoptionen beschäftigte sich der 1. Online-Diskurs Hochwasser des DVGW im Februar 2022. Ziel war es, die „lessons learned“ zu sammelnund in ein Zukunftsprogramm umzusetzen. Fachleute aus Verbänden, Versorgungsunternehmen, Behörden, Hilfsorganisationen und NGOs waren zusammengekommen, um nicht nur Rückschlüsse für die künftige Bewältigung von Krisen, sondern auch für den Aufbau einer resilienteren Infrastruktur zu diskutieren. Angesichts der Entwicklungen imKlimawandel sei es angebracht, besser heute als morgen die Vorbereitungen für die nächste Katastrophe zu beginnen, machte Dr. Wolf Merkel, DVGWVorstandWasser, gleich zu Beginn der Online-Veranstaltung mit über 400 Teilnehmenden die Dringlichkeit der Situation deutlich. Man müsse nun ein gewisses Momentum nutzen, forderte Merkel mit Blick auf vorangegangene Hochwasserereignisse wie das Elbe-Hochwasser vor 20 Jahren. Auch damals sei intensiv über Maßnahmen diskutiert worden, allerdings ohne wirkliche Ergebnisse. Als wichtige Punkte einer auf Resilienz bauenden Strategie nannteMerkel die Verbindlichkeit der kommunalen Notfallplanung und eine klare Absprache zwischenBund, Bundesländern, Landkreisenund Kommunen. Mit Blick auf die Frühwarnsysteme zogHans-HartmutMunk vom Umweltministerium Rheinland-Pfalz keine negative Bilanz aus der Flutkatstrophe: Im Rahmen des technisch Möglichen sei man gut aufgestellt. So hätten etwa automatisierte Frühwarnungen an die Behörden weitestgehend funktioniert. Allerdings gehöre zum Thema Frühwarnung auch die Information der Bevölkerung, betonteMunk. Eine Erkenntnis aus den Ereignissen des vergangenen Sommers sei nach seiner Einschätzung auch, dieMenschen viel früher zu erreichen und viel stärker für Gefahrensituationen zu sensibilisieren. Es gilt, jetzt die richtigen Schlüsse zu ziehen Nach Meinung von Dr. Ina Wienand vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sei es jetzt wichtig, die richtigen Schlüsse zu ziehen, vor allem was die Bebauung in bestimmten gefährdeten Regionen betreffe. „Die Ahr war schon immer ein schwieriges Gewässer“, machte Wienand im Rahmen des Diskurses deutlich. Wichtig sei insbesondere, das Risikobewusstsein zu schärfen und zu evaluieren, was das für die einzelnen Bereiche heißt. Für den Wasser- und Abwasserbereich benannte die BBK-Expertin einige erste wichtige Erkenntnisse der Flutkatastrophe an Erft und Ahr: So seien je nach den örtlichen Gegebenheiten unterschiedliche Maßnahmen der Ersatz- und Notwasserversorgung erforderlich gewesen. Für die zwingend notwendige schnelle Wiederinbetriebnahme der leitungsgebundenen Wasserversorgung seien insbesondere geeignete Transportressourcen erforderlich. Wie viele andere auch, berichtete Wienand von einer breiten Unterstützung und einer Quelle: Eva Stetter 10 energie | wasser-praxis 04/2022 N A C H R I C H T E N

großen Hilfsbereitschaft, etwa durch Feuerwehr, THW, DRK, Bundeswehr und von Unternehmen und Fachberatern der Wasserver- und Abwasserentsorgung sowie von Verbänden. Allerdings habe der Überblick über vorhandene, geeignete und benötigte Ressourcen gefehlt. Potenziale eines Netzwerks Wasser Die BBK-Expertin schlug deshalb vor, ein erweitertesNetzwerk zur effizienten Bewältigung und Vorsorge proaktiv einzurichten, um Kenntnisse zu verstaatlichen, private Ressourcen zu teilen und in solchen, sich zuspitzenden Situationen schneller agieren zu können. DieAufgabenundPotenziale eines sogenannten „Netzwerks Wasser" zur Krisenvorsorge und Krisenbewältigung sind laut Wienand: • BeantwortungvonFachfragenzuden Themen Wasserver- und Abwasserentsorgung; • Vermittlungsfunktionzubetroffenen Infrastrukturbetreibern; • an die Lage angepasste Entsendung vonFachexpertennachAnforderung; • Erkundung, Situationsanalyse und Erstellung eines Lagebilds; • Situationsbewertung und Prognose der Lageüentwicklung; • Beratung der Einsatzleitung hinsichtlich notwendiger und geeigneter Maßnahmen; • Vermittlung von Unterstützungsangeboten (staatlich, privat), wie etwa Ressourcen zur Maßnahmendurchführung oder weiterführenden Experten durch umfangreiches Netzwerk; • Konzeptionierung von geeigneten Maßnahmen zur Vorlage bei der Einsatzleitung; • Übungen und Trainings von Krisenmanagement und Reallagen. Dabei gelte es, die besondere Situation von kleineren Versorgungsunternehmen zu bedenken. Diese seien häufig aufgrund ihrer Personalsituation gar nicht in der Lage, Verbindung zu übergeordneten Krisenstäben zu halten. Deshalb sei es sinnvoller, dass ein Vertreter des Krisenstabs beim Versorger vor Ort ist und so die Informationsflüsse aufrechterhält, so Winand. Nationale und internationale Resilienzstrategien im Aufbau Neben diesen lokalen Strategien erläuterte die BBK-Expertin auch die aktuellen nationalen und internationalen Bestrebungen bei der Bewältigung von Krisen und Katastrophen. So soll auf europäischer Ebene Ende des Jahres eine Richtlinie für resiliente, kritische Infrastrukturen final abgestimmt sein. Auf Bundesebene befinde sich derzeit ebenfalls eine entsprechende Resilienzstrategie in Abstimmung. Zudem verwies Wienand auf ein schon heute verfügbares BBK-Programm mit vielfältigen Schulungen und weiteren Veranstaltungen für Kommunen und politische Entscheidungsträger. Allerdings gab Wienand zu bedenken, dass man sich bei diesen Initiativen im Bereichder Freiwilligkeit befinde. Umhier schneller voranzukommen, sei wohl ein Nachlegen auf regulatorischer Ebene erforderlich. Auch beim DVGW will man jetzt alle Erkenntnisse und die daraus abgeleiteten, zukunftsgerichteten Strategien hinsichtlich einer resilienten Infrastruktur sammeln. Aus Sicht von Dr. Wolf Merkel müsse es nun Ziel sein, aus den Erfahrungen der Katastrophe von Juli 2021 eine bundesweite Plattformaufzubauen und zu betreiben, die dann im Bedarfsfall von betroffenen Regionen genutzt werden kann. Ein Element dieser Plattform könnte beispielsweise die Expertenplattformsein, die die wasserwirtschaftlichen Verbände eigens für dasHochwasser ander Ahr und der Erft eingerichtet hatten. Diese wurde von den Betroffenen während der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer als hilfreich erachtet, so der Tenor derDiskursteilnehmerinnenund -teilnehmer. 15-Punkte-Plan des Landes NRW Übergeordnete Bestrebungen für einen wirkungsvolleren Katastrophenschutz und eine resilientere Infrastruktur hat auch das betroffene Bundesland Nordrhein-Westfalen kürzlich in Formeines 15-Punkte-Plans zum Katastrophenschutz der Zukunft vorgelegt: Der vom Kompetenzteam Katastrophenschutz erarbeitete Abschlussbericht formuliert Empfehlungen, wie sich der nordrheinwestfälische Katastrophenschutz neu aufstellen könnte. Spätestens dieses historische Ereignis habe allen vor Augen geführt, dass der Katastrophenschutz einen hohen Reformbedarf in Strukturen, Prozessenund gesetzlichen Regelungen aufweiset, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul bei der Vorstellung des Berichtes. „Das Bewusstsein für Katastrophen und damit auch für die Notwendigkeit, einen leistungsfähigen Katastrophenschutz zu unterhalten, muss wieder Teil der gesellschaftlichen DNA werden.“ Als Fazit formuliert das Kompetenzteam, dem insgesamt 13 Experten aus verschiedenen Organisationen und Verbänden angehörten, insbesondere drei übergeordnete Problembereiche: Katastrophen verlässlicher vorhersagen, Warnungen verbessern und die Kräfteverteilung optimieren. W Quelle: Schmidt/DVGW CERT GmbH 11 energie | wasser-praxis 04/2022

N A C H R I C H T E N Gasverteilnetze starten in die Klimaneutralität: H2vorOrt initiiert bundesweiten Transformationsprozess Mit der Änderung des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung die Klimaschutzvorgaben verschärft und das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verbindlich vorgegeben. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Transformation der Gasverteilnetze notwendig. Für die Transformation vor Ort haben die 45 Partnerunternehmen der Initiative H2vorOrt gemeinsam mit ihren Verbändepartnern DVGW und VKU mit der imMärz 2022 erfolgten Initiierung des Gasnetzgebietstransformationsplans (GTP) denGrundstein gelegt. Im Rahmen des GTP ermitteln die deutschen Gasverteilnetzbetreiber in enger Abstimmung mit den Fernleitungsnetzbetreibern die Transformationsbedarfe auf lokaler Ebene, um die regionale und sichere Versorgung mit klimaneutralen Gasen konkret auszugestalten. Dies geschieht in Abstimmung mit den Kommunen und den ansässigen Industrie- und Gewerbekunden. Der GTP bildet dabei das zentrale und standardisierte Planungsinstrument für die Dekarbonisierung der Gasverteilnetze. Der GTP wird jährlich erstellt und wird dabei in der Analysetiefe gesteigert und fortentwickelt. Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender des DVGW, Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des VKU, und Florian Feller, Vorsitzender von H2vorOrt, betonen die Wichtigkeit des Vorhabens: „Wir freuen uns, dass mit dem GTP der Startschuss für die Entwicklung eines deutschlandweiten klimaneutralen Gasnetzes erfolgt ist. Über die nächsten Jahre werden mit den Kommunen und Betrieben vor Ort konkret die Dekarbonisierungspfade entwickelt. Gleichzeitig werden die über 550.000 kmGasverteilnetze technisch überprüft und der Ertüchtigungsbedarf für die Durchleitung von Wasserstoff festgestellt. So entstehen lokale und deutschlandweit koordinierte Pläne, auf deren Basis dann die konkrete Umstellung auf Wasserstoff und andere klimaneutrale Gase bedarfsgerecht durchgeführt werden kann. Die Gasverteilnetze stehen bereit, auch zukünftig eine tragende Säule der Versorgungssicherheit zu sein. Sie helfen Deutschland, seine Klimaziele zu erreichen, die durch eine reine Elektrifizierung des Energiesektors nicht erreicht werden können.“ Nach Angaben von H2vorOrt werden die Gasverteilnetzbetreiber die eigene Transformation nun ambitioniert angehen, um Deutschlands Weg zur Klimaneutralität bestmöglich zu unterstützen. Der GTP sei dabei das verbindende Element zwischen Kunden, lokalen Erzeugern und dem sich entwickelnden Wasserstoffnetz der Fernleitungsnetzbetreiber. Das Vorgehen zur Erstellung regionaler Gasnetzgebietstransformationspläne ist eng mit der Erstellung des Netzentwicklungsplans Gas (NEP) verbunden. W Dr. Thomas Hüwener, Geschäftsführer des Fernleitungsnetzbetreibers OGE und DVGW-Vizepräsident: » Die Gasverteilnetze sind bereit für die Transformation « „Energieinfrastrukturen sind ein entscheidender Baustein für das Erreichen der Klimaziele, weil sie Quellen und Senken in unserem Energiesystem verbinden. In einer klimaneutralen Welt werden sie große Mengen grüner Elektronen und Moleküle zur Verfügung stellen. Der Umbau unserer Energienetze für die Klimaneutralität ist ein gigantisches Projekt. Es ist unerlässlich, dass wir sie von Anfang an gemeinsam denken und planen. Mehr noch: Es muss auf der globaler, europäischer, nationaler und regionaler Ebene sichergestellt sein, dass Energienetze die notwendige Transformation ermöglichen. Neben dem Ausbau unserer Stromnetze ist auch die Transformation der Gasnetze für das Gelingen der Energiewende entscheidend. Hier können wir bereits bestehende Infrastruktur für die Zukunft nutzen und über den Einsatz grüner Gase einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Der GTP ist eine Basis dafür, dass die Gasverteilnetze in Deutschland bereit sind für die Transformation. Darüber hinaus sorgt die Koordination zwischen der Fernleitungs- und der Verteilnetzebene dafür, dass sich das deutsche Gasnetz ausgerichtet auf die Klimaneutralität gemeinsam umstellen kann. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit in diesem wichtigen Projekt.“ Quelle: OGE 12 energie | wasser-praxis 04/2022

Mit der Transformation der Gasnetze bieten wir Deutschland eine leistungsstarke, klimaneutrale Energieversorgung « » Redaktion: Herr Feller, der Begriff „Gasnetzgebietstransformationsplan“ ist ein ziemliches Wortungetüm – welche konkreten Maßnahmen verbergen sich hinter diesem doch recht unhandlichen Begriff? Florian Feller: Mit demGasnetzgebietstransformationsplan – oder etwas handlicher formuliert: GTP – initiieren wir die deutschlandweite Planung der Netzbetreiber zurDekarbonisierungder Gasverteilnetze mit klimaneutralen GasenwieWasserstoff und Biomethan. Umzu einemkohärenten deutschlandweiten Gesamtbild für die Gasinfrastruktur der Zukunft zu kommen, ist es notwendig, dass wir die lokalen Bedarfe undGegebenheitenmit den Planungen der Fernleitungsnetzbetreiber zu einemGanzenzusammenführen. Dazu werden in den nächsten Jahren mit zunehmender Tiefe und Präzision AnalysenundPlanungenvorgenommen. Ziel ist es, in wenigen Jahren einen fundierten Plan vorliegen zu haben, der als Leitbild für die konkrete Transformation der deutschen Gasinfrastruktur zur klimaneutralenGasversorgung dienen kann. Hierzuwerdennicht nur jährlich durch die Einzelunternehmen Planungen zu ihren Versorgungsgebieten erstellt, sondern auch auf Basis einer strukturierten Rückmeldung Kernaussagen in einem Gesamtdokument für Deutschland konsolidiert. Redaktion: Inwiefern spielen die lokalen Einspeisesituationen und die individuellen Anforderungen der Gaskunden eine Rolle bei der Transformation? Feller: Dies ist neben der technischen Analyse der Hauptfokus der Analyse im GTP. Eine Dekarbonisierung der Gasversorgung und die entsprechende Umstellung der Netze kann nur im Schulterschluss mit den Kunden funktionieren. In einemersten Schritt wird dies eine interne Voranalyse der Kunden sein. Es ist jedochwichtig, zeitnah in den direkten Dialog mit den Großkundenund denKommunen zu gehen. Da in vielen Fällen entsprechende Pläne noch nicht vorliegen, werden sie sich im Dialog entwickeln. In jedem Fall ist es wichtig, einen möglichst guten Überblick über die zukünftige Anforderungslage zu bekommen, um diese optimal bedienen zu könnenund letztlich auch mit der eigenen Anforderung an den GTP und der gemeinsamen Planung mit dem vorgelagerten Netzbetreiber in Einklang zu bringen. Die deutschen Verteilnetze beliefern gegenwärtig 50 Prozent der deutschen Haushalte und rund 1,8 Mio. Industrie- und Gewerbekunden. Eingedenk dieser Verantwortungmüssenwir unsereTransformation im besten Interesse unserer Kunden planen und letztlich in der gewohnten Verlässlichkeit umsetzen. Zu Ihrem anderen Punkt, der lokalen Einspeisesituation: Dies ist natürlich ein ebensowichtiger Aspekt. Vor allem das Thema Biomethaneinspeisung, aber auch zunehmend dezentrale H2Elektrolyseure, wollen gut in ein solches Transformationskonzept eingebunden sein und können auch erste klimaneutrale Inseln imNetz schaffen. Es ist aus Klimaschutzgründen und auch angesichts der katastrophalen außenpolitischen Lage sehr sinnvoll, lokale Einspeisung nicht nur weiter zu nutzen, sondern möglichst auch zusätzliche Potenziale zu heben, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Redaktion: Wie sehen die Umstellzonen der Verteilnetzbetreiber konkret aus? Und nach welchen Kriterien wurden diese Zonen definiert? Feller: Diese Zonen sind nicht vordefiniert. Es handelt sich um eine strategiDie Redaktion der DVGW energie | wasser-praxis im Gespräch mit Florian Feller, Projektleiter von H2vorOrt und Leiter Klimastrategie und Politische Arbeit der erdgas schwaben GmbH Quelle: privat 13 energie | wasser-praxis 04/2022

N A C H R I C H T E N scheUnterteilung des Netzgebiets eines Verteilnetzbetreibers, kurz: VNB – in Zonen, die zu unterschiedlichen Zeiten oder aus unterschiedlichenQuellen auf Wasserstoff oder eine andere klimaneutrale Versorgung umgestellt werden sollen. Diese Definition liegt jeweils im Hoheitsbereich der einzelnen VNBs in Abstimmung mit den jeweiligen vorgelagerten Netzbetreibern. Die meisten Umstellzonenwerdenauf Basis derNetztopologie und der Anbindung an den vorgelagerten Netzbetreiber entworfen und sich damit in vielen Fällen an den heutigen Ausspeisezonen orientieren. Dies ist insbesondere inFällen, indenen eine Doppelversorgung durch beispielsweise parallel verlaufende Leitungen seitens des Fernnetzbetreiber nichtmöglich ist, sehrwahrscheinlich. Durch strategische Sektionierung der Netze können jedochauchhier andereKonstrukte entstehen, wenn diese einer schnellen Dekarbonisierungdienlicher sind. Letztlich initiiert der GTP einen iterativen Prozess zwischen den Verteilnetz und denFernnetzbetreibern, umaufBasisder Anforderungen indenVerteilnetzendie überregionale Versorgungsplanungmit klimaneutralenGasensoauszugestalten, dass die progressiveUmstellung vonVerteilnetzabschnittenunddieVersorgung der dort ansässigen Kunden mit klimaneutralenGasenzielorientiertumgesetzt werden kann. Redaktion: Wie sieht der weitere Zeitplan zur Umsetzung des GTP aus? Was sind die nächsten kurz- bzw. mittelfristigen Umsetzungsschritte? Feller: Der GTP im Jahr 2022 ist der Auftakt für eine umfassende Transformationsplanung, die in den Folgejahren fortentwickelt wird. In einer ersten Phasewird nun bis Ende Juni 2022 eine indikative Ersteinschätzung erstellt, auf deren Basis eine Rückmeldung an den DVGW erfolgt. Gleichzeitig werden in den Einzelunternehmen tiefgreifendere Prozesse initiiert –wie der Dialogmit Kunden und Kommunen und die technische Analyse der eigenen Netze hinsichtlich der H2-Readiness. Auf Basis dieser Analysen kann dann in den Folgejahren eine zunehmend fundiertere Planung erstellt werden. Im Zusammenspiel mit den Fernleitungsnetzbetreibern soll sich so in den nächsten Jahren ein von Hochdruck- bis Niederdruckebene kohärentes und erhärtetes Zielbild für die Netztransformation ergeben, auf dem dann die konkrete Umstellung fußen kann. Wir gehennungemeinsamdie konkrete Umsetzung der Transformation zur Klimaneutralität anundnehmenproaktiv das Heft des Handelns in die Hand. Denn: Die Klimaneutralität nicht zu erreichen, ist keineOption für Deutschland. Die Gasnetzbetreiber werden entscheidend dafür sein, dieses wichtige Ziel nicht nur grundsätzlich und rechtzeitig zu realisieren, sondern dies auch mit der notwendigen Versorgungssicherheit und zu volkswirtschaftlich optimalen Kosten umzusetzen. Mit der Transformationder Gasnetze bietenwir Deutschlandeine leistungsstarke, klimaneutrale Energieversorgung, die gemeinsammit den anderenEnergieinfrastrukturen Deutschland für die Bedarfe der Zukunft bestens rüstet. Redaktion: Herr Feller, vielen Dank für das Gespräch! VERANSTALTUNGSTIPPS! 27.–28. April 2022, online 26. Kolloquium Gas- und Wassermessung DerDVGWlädt inKooperationmit dem Forum Netztechnik/Netzbetrieb (FNN) alle Prüfstellenleitendenund Fachleute der Gas- und Wassermengenmessung zum 26. Kolloquium ein. Die Agenda umfasst gas- undwasserspezifische Themen, die sich neben der H2-Readiness von Geräten und den Entwicklungen zumSmartMetering auchden Inhalten rund um die Flexibilisierung der Eichfristen und die Reflektion des Stichprobenverfahrens im praktischen Anwendungsvollzug einschließlich des neuen Qualifikationsverfahrens widmen. www.dvgw-kongress.de/kolloquium 24.–25. Mai 2022, online Technikforum Wasserstoff Das Technikforum Wasserstoff gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Entwicklung entlang der gesamten Prozesskette. An zwei Tagen geht es umdie vielfältigenMöglichkeiten der H2-Erzeugung und -Speicherung. Außerdem stehen Transport und Verteilung, die Umstellung der Netze und das weite Feld der Anwendungstechnik im Fokus. Interessierte erfahren aus erster Hand, welche Erfahrungen aktuell im Rahmen ausgewählter Leitprojekte gemacht werden. www.dvgw-kongress.de/ wasserstoff-technikforum 06.–07. Juli 2022, Stock’s – Phantasialand bei Köln VERSORGER22 – Stadtwerke weitergedacht ImRahmendes Branchentreff kommen sowohl Entscheidungsträger:innen als auch Expert:innen vonmorgen zusammen, um sich gemeinsamüber Herausforderungen auszutauschen. Ziel ist es, nicht nur Lösungen zu finden, sondern auch Technik, Geschäftsmodelle, Image und den internen Betrieb der Stadtwerke in die Zukunft zu führen. Denkanstöße und Diskussionsstoff liefern Futuristen, Personal-Profis, Marketing-Insider, Wissenschaftsvertreter und erfolgreiche Start-ups. www.versorger-stadtwerkekonferenz.de 14 energie | wasser-praxis 04/2022

15 energie | wasser-praxis 04/2022 22 WWW.ENERGIETAGE.DE digital und in Präsenz in Berlin vom 02. bis 06. Mai 2022 * Energieffizienz in Gebäuden und Quartieren steigern, zukunftsorientierte Energie- und Klimapolitik verabschieden, Netzausbau und Sektorenkopplung vorantreiben, Sicherung der Energieversorgung in Industrie und Gewerbe organisieren, Dekarbonisierung und Wärmewende umsetzen, eine sozial gerechte Energieversorgung realisieren, Forschung zu Zukunftstechnologien unterstützen, Ausbau von Erzeugungs- und Speicherkapazitäten veranlassen, Lösungen für den Fachkräftemangel entwickeln, Auf Recycling und Nachhaltigkeit beim Ressourcenverbrauch achten, Gestaltung von rechtlichen Rahmenbedingungen im Blick haben, auf die Verabschiedung von europaweiten Standards hinwirken, mehr Partizipation und Teilhabe in Kommunnen und Gemeinden ermöglichen, Kommunikation von Energiewende und Klimaschutz mal ganz neu aufziehen, Digitalisierung der Energiewende ausrollen und Vorsorge für kommende Generationen treffen – und vieles mehr. Energiewende machen!* gemeinsam.

Laut der im Auftrag der Deutschen Telekom von techconsult erstellten Benchmark-Studie „Digitalisierungsindex Mittelstand 2020/2021“ haben Bauunternehmen im Branchenvergleich beimEinsatz digitaler Lösungen immer noch viel Luft nach oben. Nach Angaben der Studie haben durchschnittlich 53 Prozent der Mittelständler die Digitalisierung fest in ihrer Geschäftsstrategie verankert, in der Baubranche sind es hingegen erst 38 Prozent. Dennoch statten auch Bauunternehmen – nicht zuletzt infolge der Corona-Pandemie – ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunehmend mit mobilen Lösungen aus und investierten in branchenspezifische Anwendungen, beispielsweise in ein digitales Baustellen- und Flottenmanagement und besonders in softwaregestützte Tools rundumdieAuftragsabwicklung – und das, so das Fazit der Studie, auch mit unternehmerisch messbarem Erfolg. Denn Betriebe mit durchgehend digitalen Prozessen würden eindeutig von ihremhohenDigitalisierungsgrad profitieren: Sie bindenKundinnenund Kunden enger an sich, erwirtschaften höhere Umsätze und erweisen sich als krisenresistenter. Das zeigt die Pandemie besonders eindrücklich: So konnten 95 Prozent der digitalen Vorreiter inder Bauindustrie schnell und flexibel auf die Corona-Krise reagieren, weil sie ihre Geschäftsprozesse bereits lange zuvor digitalisiert hatten. Von den übrigen Betrieben bestätigten dies nur 39 Prozent [1]. Digitalisierung: aktive rbv-Mitglieder sind gut aufgestellt Auch der rbv hat im Kreis seiner insgesamt 550 Mitgliedsunternehmen eine Zentrale Handlungsfelder der Initiative „Zukunft Leitungsbau“ zielen darauf ab, Bürokratie abzubauen, die Kommunikation zwischen Auftraggebern und -nehmern zu verbessern, administrative Prozesse zu verschlanken und mehr Transparenz im Miteinander herzustellen. Hier bietet gerade auch die Digitalisierung konkreter Interaktionsbereiche für beide Baupartner ein hohes Potenzial für mehr Effizienz und Zeitersparnis. Der vorliegende Teil der Beitragsserie wirft einen Blick in die diesbezügliche Praxis von zwei Leitungsbauunternehmen und zeigt, dass die Ansätze ebenso vielfältig wie zielführend sind. von: Andreas Hüttemann (Rohrleitungsbauverband e. V.) Mehr Effizienz im Leitungsbau: Interaktion digitalisieren – Prozesse professionalisieren Abb. 1: Die Arbeit mit analogen Dokumenten gehört nach Einführung einer digitalen Bauakte weitestgehend der Vergangenheit an. Quelle: Jana Schneider/pixabay.com 16 energie | wasser-praxis 04/2022 I N I T I AT I V E „ Z U K U N F T L E I T U N G S B A U “ – D I E B E S T E N L Ö S U N G E N A U S D E R P R A X I S

Umfrage zum Thema Digitalisierung durchgeführt. Die hohe Beteiligung von 98 Unternehmen an der Befragung hat dabei die Bedeutung des Themas für denLeitungsbau signifikant zum Ausdruckgebracht. 67Prozent der antwortenden Unternehmen (und 56 Prozent der antwortendenUnternehmenmit bis zu25Mitarbeitenden) gaben an, eine Digitalisierungsstrategie zu verfolgen. Ein Blick in die Details des aktuellen Status quo ist auchhier hoch interessant: 66Prozent der Unternehmen, die auf die Umfrage reagiert haben, handeln Aufträge bereits digital ab bzw. nutzen hierzu entsprechende Auftragsportale, 8 Prozent planen einen solchen Schritt. 47 Prozent der beteiligten Leitungsbau-Unternehmen arbeitenschonmit Projektplattformen,während 19Prozent beabsichtigen, dies demnächst zu tun. Auch bei der Ortung von Baumaschinen und GerätensinddieAntwortendenbereits sehr aktiv: 47 Prozent nutzen solche Tools erfolgreich, 17 Prozent bereiten hier ihre ersten Schritte vor. Auch beim digitalen Baustellenmanagement – laut der rbv-Studie ist dies für 35 Prozent der antwortenden Unternehmen ein Thema – kann der Leitungsbau bereits eine deutliche Progression vorweisen. Lediglich beim Thema Building Information Modeling (BIM) hat die Branche noch Luft nach oben: Nur 7 Prozent der in derUmfrage erfasstenUnternehmennutzenBIM derzeit aktiv imBaualltag, 21Prozent planendies. Leitungsbau digital – die papierlose Baustelle Die digitalen Möglichkeiten im Umfeld des Leitungsbauswerden alsonicht nur bereits vielfach eingesetzt, sie sind auch durchaus heterogen – angefangen bei einer barrierefreien Kommunikationüber elektronischeSysteme,worüber alle relevanten Dokumente und Informationen eines Bauvorhabens ausgetauscht werden, bis hin zu einer komplettenDigitalisierung des Auftrags- und Abrechnungsmanagements. Auch bei der Gerald Peters Rohrleitungsbau GmbH (GPR) hat man die umfänglichen Vorteile einer nahezu papierlosen Baustelle für sich entdeckt. Das imniedersächsischen Bad Bodenteich ansässige, seit 40 Jahren im Leitungsbau tätige Familienunternehmen führt vom Hausanschluss bis zur Pipeline Leitungsbauprojekte jeder Größenordnung aus. Den ersten Gedanken in Richtung eines papierlosen Baustellenmanagements, das gemeinsam mit einem großen Auftraggeber des Unternehmens adressiert wurde, lag die gemeinsame Erkenntnis zugrunde, dass mit einer stetigen Zunahme des Dokumentationsaufwands die Kosten sowohl auf Auftragnehmer- als auch auf Auftraggeberseite kontinuierlich steigen. Zudembot eine digitale Lösung gerade auch in Zeiten von Corona eine Möglichkeit, den Austausch kontaktlos zu gestalten. „Im Rahmen eines Kick-off-Meetings habenwir initial wesentliche To-dos gemeinsam definiert“, erklärt Silco Bredehöft, Prokurist bei GPR. „Hierzu zählte zunächst die Einrichtung einer cloudbasiertenDatenaustauschplattform. Diese sollte über eine übersichtliche Ordnerstruktur verfügen, die von allen Beteiligten leicht zu bedienen ist“, so Bredehöft weiter. Mit der Installation der Cloudlösung wurden alle im Umfeld einer konkreten Baumaßnahme relevanten Planauskünfte, die Foto-Baustellendokumentation, Besprechungsprotokolle und ein digitaler Tagesbericht hier abgelegt. Umden größtmöglichen Nutzen im Zusammenhang mit der netzbasierten neuen Kommunikationsschnittstelle zu generieren, wurden alle beteiligtenMitarbeitenden sowohl im Bau- als auch im Versorgungsunternehmen geschult. Kein Informationsverlust mehr Ein wesentlicher Vorteil des digitalen Informationsaustauschs besteht nachEinschätzung von GPR darin, dass alle beteiligten Projektpartner stets über den gleichen Wissensstand verfügen. Im Rahmen eines wöchentlich stattfindenden Web-Meetingswerden alle baurelevantenPraxisaspekte genauso wie auch alle übergeordneten Themen, etwa beiModifikationender Bauablaufpläne oder Bauvolumina, besprochen. „Wir haben extrem kurze Wege“, erläutert Silco Bredehöft einen wesentlichen Nutzen dieses Vorgehens. „Unsere Interaktion ist an dieser Stelle quasi barrierefrei. Sowohl die Baubesprechung vorOrt auf der Baustelle, daswöchentliche TeamMeetingals auchdiemit digitalenUnterschriften abgezeichneten Tagesberichte oder DokumenDie Initiative „Zukunft Leitungsbau“ – eine Initiative des DVGW, des Rohrleitungsbauverbandes e. V. (rbv) sowie der Bundesfachabteilung Leitungsbau (BFA LTB) im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. (HDB) – wurde gegründet, weil man übereinstimmend die Überzeugung vertritt, dass die vielen komplexen Aufgaben des Leitungsbaus nur von allen Akteuren gemeinsam zu bewältigen sind. An dieser Stelle werden regelmäßig ausgewählte Best-Practice-Projekte aus dem Umfeld der Initiative präsentiert, in denen Versorgungs- und Leitungsbauunternehmen ihre Zusammenarbeit bereits in besonderer Weise verändert und verbessert haben. INFORMATIONEN 17 energie | wasser-praxis 04/2022

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