DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 9/2022

sammenhang besteht das Risiko der Bildung von Schwefelwasserstoff (H₂S), einer Methanisierung sowie einer möglichen Versottung von Poren [7, 8]. Ebene der Verteilnetze Das deutsche Gasverteilnetz hat eine Leitungslänge von insgesamt 554.500 km [12]. Rund 96 Prozent der Verteilnetzleitungen bestehen aus den Werkstoffen Polyethylen (PE), Polyvinylchlorid (PVC) oder Stahl und können, bezogen auf die Materialbeständigkeit, als wasserstofftauglich (H₂-ready) eingestuft werden. Grauguss (GG), duktiles Gusseisen (GGG) sowie unbekanntes Leitungsmaterial hingegen gelten als potenziell problematisch gegenüberWasserstoff. Etwa 22.000 km Rohrleitungen im deutschen Gasverteilnetz bestehen aus diesenMaterialien, was ca. 4 Prozent der gesamten Länge des Verteilnetzes (1,5 Prozent GGG und 2,6 Prozent „unbekannt“) entspricht. Diese Rohrleitungen wären im Rahmen der Transformation hin zu 10 Vol.-%H₂-Tauglichkeit nachModellannahme zu erneuern. Weiterhin zu ersetzen sind ältere Prozessgaschromatografen, deren Wasserstoffeignung in der Regel auf 0,2 Vol.-% begrenzt ist [9]. Im Bereich Gasanwendungen sind insbesondere ältere Gasturbinenkraftwerke und KraftWärme-Kopplungsanlagen mit stationären Gasmotoren von einer Anpassung betroffen. Die über Erdgastankstellen versorgten Erdgasfahrzeuge begrenzen aufgrund der verbauten Stahltanks den zulässigenWasserstoffanteil imErdgas auf 2 Vol.-%. Höhere Wasserstoffkonzentrationen erfordern die Konzeption neuer wasserstoffkompatibler Fahrzeuge mit angepasstem TanksystemundMotor, umEinbußen hinsichtlich der Antriebsleistung und der Reichweite kompensieren zu können [10]. Ebenso sind Erdgastankstellen für die Bereitstellung von wasserstoffhaltigen Gasen bzw. Wasserstoff von einemUmbau betroffen (insbesondere Gaskompressoren und Gasspeichertank) [10]. Alternative Optionen zum Weiterbetrieb der Erdgastankstellen und zur Versorgung des Bestands an Erdgasfahrzeugen (u. a. Abscheidung vonWasserstoff aus dem Erdgasstrom mittels Membranen, Methanisierung der Wasserstoffanteile imErdgasstrom vor der Tankstelle, Trailerversorgung der Tankstellen mit Methan) wurden im Rahmen der Studie jedoch nicht untersucht. Eine Wasserstoffbeimischung in Höhe von 20 Vol.-% erfordert die zusätzliche Anpassung der Mess- und Regeltechnik im Gasverteilnetz. Betroffen sind insbesondere Gaszähler (u. a. ältere Drehkolben-, Turbinenrad- und Ultraschallgaszähler) sowie Mengenumwerter (Ausnahme: Zustands-Mengenumwerter mit der Funktionsgleichung GERG2004/08). Für die Komponenten im Bereich der Hausinstallation kann von einer Wasserstoffeignung vonmindestens 20 Vol.-% ausgegangen werden. ImTeilprojekt „Roadmap Gasanwendungen“ des DVGWProjektes „Roadmap Gas 2050“ konnte die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit ausgewählter häuslicher Gasgeräte bis 20 Vol.-%Wasserstoffkonzentration imGasgemisch im Rahmen eines Testprogramms nachgewiesen werden [11]. Die Geräteuntersuchungen ergaben, dass Wasserstoffanteile ab ca. 30 Vol.-% bei einzelnen Gerätetypen zu Einschränkungen deren Funktionsfähigkeit führen (u. a. Auftreten von akustischen Effekten und Flammenrückschlägen) [11]. Aus diesem Grund wurde für die Modellierung der Transformationspfade die Annahme getroffen, dass bei Wasserstoffkonzentrationen inHöhe von > 20 Vol.-% ein Ersatz durch wasserstoffkompatible Gasgeräte erforderlich wird. Die Ertüchtigung der Netzebene VNB hin zu 100 Vol.-% Wasserstoff erfordert, neben den bereits erwähnten Maßnahmen, zusätzliche Kosten im Rahmen der Umstellung von Verteilnetzleitungen sowie der Anpassung von Anlagenkomponenten zur Gasdruckregelung und Gasmessung (u. a. Filter, Vorwärmer, SAV, SBV, Gaszähler, Mengenumwerter). Im Bereich der Hausinstallation müssen Erfordernis und Methoden zur Anpassung der Gasgeräte an die veränderten Gasbeschaffenheiten und die Kompatibilität der Hausinneninstallationen inkl. der Balgengaszähler in Bezug auf strömungstechnische und kapazitive Aspekte geprüft werden. Transformationspfade – Ergebnisse Im Ergebnis der Transformationspfade-Modellierung wurde für den Betrachtungszeitraum von 2021 bis 2045 der in den Szenarien für die Anpassung der H₂-Tauglichkeit erforderliche Ertüchtigungsbedarf sowie die daraus resultierendenMehrinvestitionen gegenüber der regulären Erneuerung der deutschen Gasinfrastruktur sowie der Gasanwendungen ermittelt. Methodisch basiert die Kostenermittlung auf demVerfahren der statischen Kostenrechnung. Dabei werden die als Eingangsdaten für die Modellierung erfassten Investitionskosten für die Erneuerung von Assets (Stand: 2021) ohne Berücksichtigung ihrer zukünftigen EntstehungsGroße Teile des deutschen Gasverteil- netzes sind bereits heute dazu in der Lage, Wasserstoff und andere klimaneutrale Gase effizient zu verteilen. 49 energie | wasser-praxis 09/2022

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