DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 9/2022

auch der Entnahme – mit geeigneter stationärer oder mobiler Sensorik überwacht werden. Letztendlich kommt es darauf an, Wasserstoff vomErzeuger bis zum Verbraucher mit entsprechenden Technologien beherrschbar zu machen, um die Akzeptanz der Stakeholder zu erhalten“, erläutert Thomas Plocher, Leiter des kaufmännischen Bereiches bei der RMA Rheinau GmbH & Co. KG und zuständiger Projektkoordinator, die wesentlichen Inhalte des Projektes. Auch Druckgasspeicher dienen zur Speicherung und zum Transport von gasförmigem Wasserstoff. Das TransHyDE-Projekt Mukran erprobt in diesem Zusammenhang eine neu entwickelte Druckgasspeicherform, die eines Hochdruck-Kugelspeichers. Aufgrund seiner Materialzusammensetzung und einem innovativen Fertigungsverfahren bietet der Speicher ökonomische und ökologische Vorteile gegenüber aktuell am Markt verfügbaren Optionen. Die Integration der H2-Speicher in ein standardisiertes Containerformat ermöglicht eine dezentrale Versorgung von Verbrauchern fernab des Pipelinenetzes. Janina Senner, Koordinatorin des TransHyDE-Projekts Mukran vomGas- und Wärme-Institut Essen e. V. (gwi), führt dies näher aus: „Um die zukünftige Versorgungslage zu sichern ist es wichtig, weitere Transportwege von gasförmigemWasserstoff außerhalb des Pipelinenetzes zu testen. Das gelingt am besten dezentral über ein trimodales Transportkonzept, also per Schiff, Zug und Lkw.“ Darüber hinaus ist der Bau einer Wasserstofftankstelle imHafen Mukran auf Rügen angedacht, die die Abnehmer direkt vor Ort versorgen könnte. Ziel ist es, die gesamte Wertschöpfungskette von der Wasserstoffbereitstellung über den Transport, die Speicherung bis zum Endanwender in der Praxis zu erproben. Flüssiger Wasserstoff in Kryotanks Beim H2-Import per Schiff bietet sich die Verwendung von flüssigemWasserstoff an, Grund hierfür ist seine höhere volumetrische Energiedichte verglichen mit komprimiertem, gasförmigemWasserstoff. So kann bei begrenztem Volumen mehr H2 transportiert werden. Zudem profitieren schwer zu elektrifizierende Mobilitätsanwendungen mit relevanten Nutzlasten, insbesondere Flugzeuge, von der hohen volumetrischen und gravimetrischen Energiedichte des flüssigen Wasserstoffs, der Reinheit und der Ungiftigkeit dieses Energievektors. Zur Verflüssigung bedarf es eines initialen Energieaufwandes, um denWasserstoff auf seinen Siedepunkt von -253 °C abzukühlen und zu verflüssigen. Wird grüner Wasserstoff bereits in flüssiger Form importiert, fällt dieser Energiebedarf am Standort der Wasserstoff-­ Erzeugung (Elektrolyse) an. Als Produktionsstandorte bieten sich Regionen mit einem großen Potenzial an erneuerbaren Energiequellen an. Das TransHyDE-Projekt AppLHy! entwickelt in diesem Kontext Technologien zur Verflüssigung von Wasserstoff sowie zu dessen Transport und Speicherung (Abb. 3). Die Herausforderungen bestehen dabei auch in Sicherheits- und Materialfragen. Der tiefkalte flüssige Wasserstoff muss in speziell isolierten (meist vakuumisolierten) Leitungen und Kryotanks transportiert sowie gespeichert werden. „Wenn tiefkalter Flüssigwasserstoff durch ein Leck in der Transferleitung bzw. dem Tank oder durch mangelnde Isolierung freigesetzt werden sollte, gelangt dieser zunächst in den schützenden Isolierraum. Umgebungssauerstoff kann ggf. kondensieren, was eine Verbrennungsgefahr birgt. Allerdings ist tiefkalter Wasserstoff etwas weniger reaktiv als gasförmiger. Die Isolation ist abhängig vom Transport- und Speicherkonzept (hoher Durchsatz versus Langfristspeicherung) eine beherrschbare Herausforderung. Unser Projekt entwickelt u. a. Sicherheitsstrategien für Handhabung und Materialien der LH2-Infrastruktur“, erklärt die Leiterin des TransHyDE-Projekts Tabea Arndt, Professorin am Karlsruher Institut für Technische Physik (KIT-ITEP). Außerdem forscht das TransHyDE-Projekt an energetischen Effizienzsteigerungen entlang der LH2-Prozesskette. So sollen die Wirkungsgrade der Kühlanlagen verbessert und die Kälteenergie nutzbar gemacht werden, die bei der Regasifizierung durch Verdampfung wieder frei wird. „Am KIT vereinen wir die Energie und die Kälte des flüssigen Wasserstoffs mit elektrotechnischen Anwendungen, wie etwa dem Energietransport mit Hochtemperatur-Supraleitern oder in den Antriebssträngen von Fahrzeugen zur Kühlung“, erklärt Arndt. Der Bereich ist zugleich ein sehr junges Anwendungsfeld von Flüssigwasserstoff. Der Einsatz von HochtemperaturSupraleitern in Kombination mit flüssigemWasserstoff ermöglicht es, energieeffizient elektrische Energie und parallel chemische Energie zu transportieren. Abb. 3: Schematische Darstellung einer hybriden Pipeline, in der flüssiger Wasserstoff und elektrische Energie gleichzeitig transportiert werden. Quelle: AppLHy!/Michael Wolf/KIT 61 energie | wasser-praxis 09/2022

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