DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 5/2022

Clean-Tech- und Impact-Gründertrend, also Menschen, die keine Wasserstoffexperten sind, sich aber besonders für diesen Markt interessieren. Das sind erfolgreiche Gründerinnen undGründer, die vor allemetwas Sinnstiftendes umsetzen wollen. Und das Thema Digitalisierung ist entscheidend: Digital-Start-ups sind besonders wichtig für den Wasserstoffmarkt. Auf der anderenSeitegibt es immernoch viele Pilotprojekte, bei denennicht klar ist, ob sie alle in einenRegelbetriebüberführt werden können. Wie bereits erwähnt gibt es europaweit rund200 Startups, deren Ziel es sein sollte, möglichst schnell ein dauerhaftes Geschäftsmodell zu etablieren. Das heißt: Für ein reales, zusammenhängendes H2-Startup-Ökosystem braucht es noch etwas Zeit; das ist alles noch sehr inselartig, noch nicht sektorübergreifend, noch nicht überregional. Zu beantworten bleibt auch die Frage, woher die gewaltigen Mengen an grünem Wasserstoff letztlichherkommen sollenundwie die Kostenstruktur aussieht, damit das ganze Ökosystem auch bezahlbar wird. In Summe kannman festhalten:Wenn es nicht so gut läuft, wenn sich also der H2-Markthochlauf doch noch weiter verschiebt, wird es europaweit ausgehend von den genannten ca. 200 des Jahres 2022 perspektivisch auch nur insgesamt ca. 250 Start-ups geben. Im optimistischen Fall, bei einem schnellen und robusten Markthochlauf, können wahrscheinlich aber auch ca. 400 und viel mehr Start-ups entstehen. Redaktion: Sie haben Digital-Start-ups als besonders wichtig für den Wasserstoffmarkt bezeichnet. Warum? Dr. Gaida: Digital-Start-ups bzw. industrielle Tech-Start-ups, die nicht im Wasserstoffmarkt aktiv sind, können in der Wasserstoff-Wertschöpfungskette an verschiedenen Punkten ihre Innovationen einbringen. Beispiele dafür sind etwa Smart-Grid-Lösungen, die man vor allem auch im Wasserstoffmarkt benötigt, um die Grünstromüberschüsse der Windkraftanlagen direkt zu den Elektrolyseuren zu transportieren. Die Elektrolyseure selbst müssen ebenfalls optimiert werden. Hier kommen schon heute KITechnologien zum Einsatz, um die Ausbeute zu verbessern. Die gesamte Wasserstoff-Infrastruktur benötigt darüber hinaus intelligente Sensoren, damit beispielsweise auch Leckagen frühzeitig erkannt werden. Zusätzlich hat man die Möglichkeit, via Blockchain Zertifikathandel zu betreiben. Und mit sogenannten digitalen Zwillingen lässt sich die gesamte Infrastruktur in der digitalenWelt abbilden und so viel besser steuern und managen. Zu guter Letzt bauen Digital-Startups Marktplätze und Managementplattformen für ganze H2-Ökosysteme. Diese Entwicklungen sind absolut zentral und entscheidend. Digital- und Tech-Start-ups müssen für denWasserstoffmarkt begeistert werden. Wenn der H2-Markthochlauf vermehrt auch Digital- und Tech-Start-ups anzieht, dann kann sich das Start-up-Ökosystem schlagartig vergrößern. Redaktion: Ihr Fazit fällt also positiv aus? Dr. Gaida: Ja, in der Tat. Voraussetzung ist, dass die Start-ups gute Partner für ein robuste Entwicklung und Finanzierung haben. Diese Partner benötigen einen längeren Atemals beispielsweise in der Digitalwelt. H2-Start-ups sind definitiv keine Massenbewegung wie etwa imdigitalenBereich, sondern sind deutlich forschungs- und kapitalintensiver. Sie benötigen auch keine standardisieren Accelerator-Programme von der Stange, sondern ein individuelles Venture Building, in Kombination mit entsprechenden Partnern aus der Forschung, umihre Ideenbzw. Prototypen weiterzuentwickeln. Mit den aktuell knapp 200Wasserstoff-Start-ups in Europa ist zwar eine ausreichende kritischeMasse für ein Start-up-Ökosystem vorhanden, aber die Start-ups sind noch nicht vernetzt und in einem lebendigen Austausch untereinander undmit demÖkosysteminsgesamt. Ein solches lebendiges Netzwerkmuss sich noch entwickeln, ebenso eine gemeinsame, starke Stimme der Start-ups im Markt gegenüber Industrie, Forschung und Politik. Wenn wir es dann noch zusätzlich schaffen, die vielen bestehenden Digital-, Industrie- und Mobilitäts-Start-ups indenWasserstoffmarkt zu ziehen, dann kann das Start-upÖkosystem schlagartig vergrößert werden und einen ganz neuen Anschub erhalten. Redaktion: Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Gaida! Mit den aktuell knapp 200 Wasserstoff-Start-ups ist in Europa eine ausreichende kritische Masse für ein Start-up-Ökosystem vorhanden – diese müssen sich in Zukunft allerdings stärker vernetzen. » « 64 energie | wasser-praxis 05/2022 I N T E R V I E W

RkJQdWJsaXNoZXIy ODQwNjM=