DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 4/2023

Geringe Durchsetzungsfähigkeit im Unternehmen Eine steuernde und gestaltende Funktion der Personalabteilung setzt voraus, dass sie entsprechende Standards und Prozesse auch im Unternehmen durchsetzen kann. Hierzu benötigt sie den konsequenten Rückhalt der Unternehmensleitung. Werden z. B. bestimmte Maßnahmen oder Prozesse als erfolgskritisch für eine strategisch erforderliche Entwicklung erkannt, ist es für das gesamte Unternehmen schädlich, wenn diese in Teilen des Unternehmens bzw. gegenüber einzelnen Führungskräften (die sich dagegen sperren) nicht durchgesetzt werden. Dies trifft vor allem zu, wenn diese Ausnahmen ohne eine Abstimmung mit der federführenden Personalabteilung entschieden werden. Digitalisierung und KI als Chance und Herausforderung Die Corona-Pandemie hat einen Schub zu stärker digital ausgerichteten Arbeitsformen gebracht. Es reicht aber nicht, die gleichen Arbeiten im Homeoffice abzuwickeln, wenn die Prozesse selbst weiterhin unzureichend vernetzt sind. Schon in ein paar Jahren wird sich mit der sogennanten Babyboomer-Generation ein großer Teil der Fachkräfte in den Altersruhestand verabschieden. Spätestens dann werden Digitalisierung und KI unverzichtbar sein, weil die Demografie eine 1:1-Wiederbesetzung dieser Stellen ausschließt. Der massive Wandel der Arbeitswelten umfasst für alle Unternehmen derart große Herausforderungen in allen Bereichen der Zusammenarbeit und Organisation, dass bereits heute ein intensives und gezieltes Handeln erforderlich ist. Einige Versorgungsunternehmen sind hier bereits aktiv, z. B. die Stadtwerke Rastatt GmbH. Praxisbeispiel: Robotic Process Automation bei den Stadtwerken Rastatt GmbH Die Betriebsvereinbarung zur Robotic Process Automation (kurz: RPA) ist bei den Stadtwerken Rastatt inzwischen unter Dach und Fach. Das Unternehmen mit seinen rund 150 Beschäftigten hat zwar auch im Bereich der Personalabteilung nur begrenzte Kapazitäten – aber die Investition von Zeit und Energie in die Sicherung der Zukunft hat hier einen äußerst hohen Stellenwert. Bereits in der Ausbildung der Nachwuchskräfte bauen die Stadtwerke Rastatt gezielt Kompetenzen auf; für Auszubildende und Beschäftigte gibt es ein Pflichtprogramm im E-Learning-Tool, dem Stadtwerke Rastatt Campus, das auch den Aufbau digitaler Kompetenzen sowie neue Arbeitsmethoden und -instrumente umfasst. Denn die Kapazitäten der internen IT-Fachkräfte sind begrenzt und auch Dienstleister können nur dann zielgerichtet eingesetzt werden, wenn das interne Personal die Neuerungen unterstützt. Im Zuge von Planungen für den zukünftigen Einsatz der Robotic Process Automation, welche zur Automatisierung von Unternehmensprozessen eingesetzt werden soll, haben die Personalabteilung und die Stabsstelle Controlling und Digitalisierung gemeinsam beschlossen, frühzeitig auf den Betriebsrat zuzugehen. In Form einer „Betriebsvereinbarung RPA“ sind nun nicht nur für die ersten Schritte, sondern auch für den weiteren Ausbau von RPA verbindliche Regelungen geschaffen worden. Dieses Vorgehen schafft zwar zunächst einen gewissen Aufwand, schafft auf lange Sicht aber Vertrauen in der Belegschaft. Die Beschäftigten werden schon seit vielen Jahren immer wieder durch die Veränderung von Prozessen, Arbeitsmethoden und Arbeitsinstrumenten an neue Herausforderungen herangeführt. Die Entwicklung der für die Digitalisierung erforderlichen Flexibilität und Offenheit des Personals ist ein wichtiger Teil der Unternehmensstrategie und die Personalabteilung ein zentraler Akteur in der Umsetzung und Steuerung dieser Planungen. Am Beispiel der Stadtwerke Rastatt GmbH wird deutlich, dass die Offenheit gegenüber Neuerungen das Ergebnis langjähriger Entwicklungen in vielen kleinen Schritten ist. Natürlich können größere Unternehmen mehr Ressourcen als Unterstützung der Veränderungen einsetzen. Aber auch in kleineren Unternehmen gibt es entsprechende Möglichkeiten – zumal ein Vorgehen in kleinen Schritten auch in personalstärkeren Unternehmen deutlich einfacher umzusetzen ist als ein großer Umbruch. Wie wandlungsfähig ein Unternehmen ist, wird wesentlich durch die Kompetenzentwicklung in der Breite der Belegschaft sowie durch beständige Veränderungsimpulse bestimmt. Diese Entwicklungen können durch das Personalmanagement wesentlich unterstützt werden. Die dafür erforderliche Kompetenz und Qualität gibt es nicht zum Nulltarif. Hier sind Entscheidungen des Managements gefragt – einschließlich der Bereitschaft, Aufgaben und Verantwortung in qualifizierte Hände abzugeben. P Literatur [1] Kienbaum/Stepstone (Hrsg.): Future Skills – Future Learning. Eine Kooperationsstudie von Kienbaum mit StepStone. Online unter https:// media.kienbaum.com/wp-content/uploads/ sites/13/2021/06/Kienbaum-StepStone-Studie_2021_WEB.pdf, abgerufen am 28. Februar 2023. [2] Kaufffeld, S., Paulsen, H.: Kompetenzmanagement in Unternehmen, Stuttgart 2018. [3] DGB-Index Gute Arbeit: Report 2022 – Digitale Transformation, Berlin 2022. [4] Wahrheiten und Mythen über Einstellungsverfahren – Interview mit Prof. Uwe Kanning. Online unter www.wirtschaftspsychologie-rhein-ruhr. de/2019/09/09/wahrheiten-und-mythen-ueber-einstellungsverfahren-interview-mit-uwe-kanning/, abgerufen am 28. Februar 2023. Astrid Helzel berät als Personalexpertin seit über fünfzehn Jahren insbesondere kleine und mittlere Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung. Kontakt: Astrid Helzel hellezelle.net Breite Str. 9 23552 Lübeck E-Mail: beratung@helzel.net Internet: www.helzel.net Die Autorin 53 energie | wasser-praxis 04/2023

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