DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 8/2022

Niedersachsen bis nach Nordrhein-Westfalen betroffen ist. Hier stellt sich die berechtigte Frage, ob dies nun „nur“ eine außergewöhnliche Dürresituation oder der Beginn eines dauerhaften Zustands ist. Die Klimafolgenstudie hat in jedem Fall gezeigt: Mehrjährige Dürreereignisse sind wahrscheinlicher, als sie es in der Vergangenheit waren. Das hat dazu geführt, dass die Wasserversorger und die örtlichen Behörden in einzelnen Regionen mit entsprechenden Maßnahmen wie etwa einem temporären GartenBeregnungsverbot reagiert haben. Entscheidendwird sein, Anpassungsmaßnahmen sowohl vor Ort als auch überregional vorzunehmen. Mit den Studienergebnissen haben wir die notwendigen Kenntnisse, die wasserwirtschaftlichen Systeme vor Ort und überregional zu bewerten und weiterzuentwickeln. Ich würde die Situation mit dem Ausbau der Fernversorgungssysteme in den 1950er-Jahren vergleichen. In der jetzigen Situation müssen wir über weitere Speichermöglichkeiten nachdenken, auch saisonale Speicher werden eine größere Rolle spielen. Wir müssen Transportsysteme analysieren und gegebenenfalls zusätzliche Ressourcen verfügbar machen, zum Beispiel im Bereich der Rückhaltung und Speicherung des Winterniederschlags zur Nutzung während der sommerlichen Trockenphasen. Auf dieser Basis können dann die notwendigen Maßnahmen getroffen werden. Aktuell leiten verschiedene Kommunen bereits Maßnahmen zur Bewältigung von zeitweiligen Trockenperioden ein, das ist gut und richtig. Perspektivisch benötigen wir jedoch eine langfristige Anpassung, beispielsweise Stadtquartiere so zu planen, dass das Regenwasser vor Ort gehalten wird. Leipzig hat kürzlich eine Planung in dieser Richtung veröffentlicht. Wir kennen aber auch Beispiele aus Berlin, Hamburg oder anderen Regionen. Redaktion: In Deutschland wird es in den nächsten 30 Jahren zu heftigerem Extremwetterer kommen, also mehr und längere Hitze- und Dürreperioden auf der einen und zunehmende Starkregenereignisse auf der anderen Seite. Was bedeutet dies für die Arbeit der Wasserversorgungsunternehmen und des DVGW? Merkel: Hier steht ganz klar eine Aufgabenteilung im Vordergrund, und diese müssen wir genau im Blick behalten. Maßnahmen vor Ort sind Sache der Wasserversorgungsunternehmen, aber diese können nur dann handeln, wenn sie alle handlungsrelevanten Informationen erhalten. Und hier sind die Bundesländer gefragt, zum Beispiel in Bezug auf Masterpläne und Versorgungskonzepte bis hin zur Gewährleistung der notwendigen Wassermengen über die Wasserentnahmerechte. Wir als DVGW sind ebenfalls gefragt. Die DVGW-Rolle beinhaltet typischerweise, die Kernanliegen vorzudenken und Umsetzungen anzustoßen. Dazu gehört die Frage der Klimaanpassung und wie wir die Klimaneutralität in unserem Bereich langfristig erreichen. Der DVGW ist hier nicht nur als Motor, Denkfabrik und Unterstützer durch Innovationen und Regelwerk gefragt, sondern auch in seiner Funktion als Sprachrohr in Öffentlichkeit und Politik, genau diese Themen und Erkenntnisse dorthin zu bringen und entsprechende Umsetzungen einzufordern. Aus meiner Sicht ist es für die Wasserversorger zudem unabdingbar, das Thema Resilienz ernsthaft anzugehen. Der DVGW hat dazu aktuell ein neues Arbeitsblatt – W 1003 – veröffentlicht. Kurz gesagt: Wir als DVGW müssen die Entscheidungs- und Handlungsgrundlagen klären, wir müssen Prognosen absichern, ein einheitliches Vorgehen der Länder einfordern und Maßnahmen auf eine belastbare und abgestimmte Basis bringen. Dazu gehört beispielsweise die Regelung der fairen Vergabe von WasserentnahWir haben mit zunehmenden Temperaturen in Deutschland auch zunehmende Jahresniederschläge zu erwarten, allerdings nicht gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt. Dr. Andreas Marx Quelle: Sebastian Wiedling – UFZ 26 energie | wasser-praxis 08/2022 S O M M E R I N T E R V I E W

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