DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 8/2022

Redaktion: Die Vergabe von Wasserentnahmerechten ist in den vergangenen Jahren – auch mit Blick auf die sinkenden Grundwasserstände, die in den letzten 10 Jahren zu verzeichnen waren – mitunter restriktiv gehandhabt worden. Hat die Studie in diesen Kontext das Potenzial, eine Abkehr von dieser Entwicklung einzuläuten? Marx: Ob sie das Potenzial hat, werden wir in einigen Jahren wissen. Entscheidend ist, dass wir auch mithilfe der Studie in einen Diskussionsprozess mit allen relevanten Akteuren gekommen sind. Dabei hat sich gezeigt, dass der Umgang mit den Ergebnissen in den Bundesländern doch sehr unterschiedlich ist. Ich unterstütze die Herangehensweise, die sich am Median, also an der wahrscheinlichsten Art der Veränderung, orientiert. Es gibt aber eben auch die vorsichtige Herangehensweise, die die trockensten Simulationen als Zukunftssimulation zugrunde legt und andere Handlungsweisen evoziert. Das ist dann aber letztlich keine wissenschaftliche Entscheidung mehr, sondern eine politische. Merkel: Das möchte ich unterstreichen: Ja, wir haben mit dieser Studie das Potenzial, eine Veränderung einzuläuten. Warum? Erstens haben wir ein klares Bild der absehbaren Entwicklung. Und zweitens arbeiten wir an einer bundesweiten Harmonisierung, indem wir die verschiedenen Akteure ins Gespräch bringen. Wenn wir hier konsistent handeln, dann entwickeln wir für alle Interessengruppen –Wasserversorger, Landwirtschaft, Industrie – eine eindeutige Handlungsgrundlage, die nicht von übertriebener Vorsicht, sondern von Fakten und abgesicherten Prognosen bestimmt wird. Daran arbeiten wir und sind zuversichtlich, dies auch zu schaffen. Redaktion: Abschließend eine sehr weit in die Zukunft gerichtete Frage, mit Spielraum für Spekulationen: Werden wir auch im Jahr 2100 sagen können, dass die Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft in Deutschland mit unseremwichtigsten Lebensmittel jederzeit und überall gesichert ist? Marx: Das ist eine ganz schön schwierige Frage. Ich würde imGegenzug die Frage stellen, ob die Wasserversorgung in den vergangenen Jahren tatsächlich uneingeschränkt, jederzeit und überall gesichert war. Ja, es ist richtig, dass dies überwiegend sehr gut funktioniert hat. Aber es gab auch Brunnendörfer, die zeitweise mit Tanklastwagen versorgt worden sind. Jedoch betone ich nochmal: Deutschland ist ein wasserreiches Land und wird zukünftig auch ein wasserreiches Land sein. Wir sind mit Resilienz gesegnet, weil wir strukturell sehr gut aufgestellt sind und es nicht zu erwarten ist, dass wir es nicht schaffen, uns an die Herausforderungen anzupassen, vor die der Klimawandel uns stellt. Meine Antwort lautet also: Ja, wir werden im Jahr 2100 ähnlich gut aufgestellt sein. Merkel: Ich schließe mich an und möchte direkt einen Bezug zu den Brunnendörfern herstellen. Wir haben in Deutschland einen Anschlussgrad an die zentrale Wasserversorgung von über 99 Prozent und insofern kann man an dieser Stelle festhalten, dass es in der Vergangenheit gelungen ist, die zentrale Versorgung konstant aufrechtzuerhalten. Das werden wir auch in Zukunft hinbekommen. Wir haben uns diese Zukunftsfrage im ZukunftsprogrammWasser gestellt und erarbeiten derzeit die Vision 2100 für die Wasserwirtschaft in Deutschland. Die Basis dazu bildet das verfügbare Wissen, dazu gehört unter anderem die Klimafolgenstudie des UFZ. Daraus leiten wir die Erwartung ab, dass genügendWasser für alle Interessengruppen zur Verfügung stehen wird. Meine Antwort ist also ebenfalls ein klares Ja: Wir werden unsere Bevölkerung, unsere Landwirte und unsere Industrie auch zukünftig gut mit Wasser versorgen können. Redaktion: Herzlichen Dank für das Gespräch! Behörden beschneiden bestehende Wasserentnahmerechte mit dem e Hinweis auf erforderliche Klimawandel- H abschläge und eine transparente p Zuteilung und Vorausplanung von Z Wassermangelphasen ist noch nicht W in Sicht. Dr. Wolf Merkel 29 energie | wasser-praxis 08/2022

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