INTERVIEW » Zeitdruck vermeiden « Im Gespräch mit Majk Strika (Holman)6 Wie schnell kann die Umrüstung auf elektrische Antriebe gelingen? Maik Strika: Es handelt sich um eine strategische Herausforderung, bei der sehr viele Punkte ins Kalkül zu ziehen sind. Neben den Anschaffungs-, Betriebs- und Regiekosten sind ist dies auch die spätere Wiedervermarktung und, nicht zu vergessen, der Ressourcenverbrauch vor Inbetriebnahme. Man muss zudem wissen, was die Hersteller im Köcher haben, und gegebenenfalls auch technische Entwicklungen abwarten. All dies sollte nicht unter Zeitdruck geschehen, sondern in einem langfristig angelegten Nachhaltigkeitsplan einfließen, der Schritt für Schritt zu den richtigen Zeitpunkten abgearbeitet wird. Wer sollte im Unternehmen für die Transformation zuständig sein? Strika: Die Zuständigkeiten für den Fuhrpark sind sehr unterschiedlich geregelt, und dies nicht immer optimal. Zwischen Einkauf, Fuhrpark und Bedarfsträgern fehlt oft die nötige Abstimmung und der Austausch. Beim Thema E-Mobilität gehören Marktwissen, operative Kompetenz und Praxiserfahrung, gepaart mit validen Analysen, auf den Tisch. Das Fuhrparkmanagement verfügt idealerweise über alle Daten. Es hat die operativen Hebel in der Hand und deshalb eine Schlüsselfunktion. Dies ist für Fuhrparkmanager eine gute Gelegenheit, sich im Unternehmen strategisch zu positionieren. Inwieweit haben die gegenwärtigen Lieferprobleme Auswirkungen auf den Prozess? Strika: Ursprüngliche Zeitpläne sind in vielen Unternehmen passé. Dies allein wäre kein Beinbruch. Aber daraus resultiert ein noch viel größeres Problem. Aus der Not geboren, müssen auslaufende Leasingverträge verlängert werden – zu mitunter sehr ungünstigen Bedingungen. In Abhängigkeit davon, wann diese Verträge scheibchenweise auslaufen, verzögert sich der Umstellungsprozess erneut. Insofern führt die Transformation zu einer Rückbesinnung auf Finanzierungsmodelle, die eine größtmögliche Flexibilität gewährleisten, wie etwa dem Fahrzeugkauf oder einem kaufähnlichen Open-End-Leasing. modell für nachhaltige Unternehmensmobilität (ECSM) entwickelt und im Frühjahr 2021 veröffentlicht (www.fmfe.eu). Basis ist eine umfassende Erhebung mobilitätsbezogener Daten. In vielen Unternehmen seien solche aber nicht verfügbar, weil das Thema Digitalisierung eine lange Zeit vernachlässigt worden sei, konstatiert Majk Strika, Deutschland-Geschäftsführer von Holman, dem Fuhrparkmanagement- und Leasingarm eines weltweit führenden Spezialisten für gemischte Flotten.5 Digitalisierung ist der Hebel Beispiel Reifen versus Kraftstoff: Jedes eingesparte Kilogramm Diesel reduziert die CO2-Emissionen umdrei Kilogramm. Reifen beeinflussen den Verbrauch bis zu 30 Prozent. Seit 2021 gibt es eine neue, erweiterte EU-Reifenkennzeichnung. Sie beantwortet aber nicht die Frage, welcher Reifen im Einzelfall der richtige ist. Denn dieser muss auf das Fahrzeug und seine Einsatzzwecke optimal abgestimmt sein. Dafür bedarf es einer validen Datenlage über den Zusammenhang zwischen Reifenqualität, Beladung und Spritverbrauch. VielenUnternehmen fehlen Erkenntnisse darüber, wie sich der Kraftstoff- oder Energieverbrauch auf Nutzungen in bestimmten Einsatzszenarien aufteilt. Mit herkömmlichen Excel-Tabellen würden solche Auswertung mehrere Tage dauern. Leistungsfähige EDV-Programme liefern dagegen in Sekundenschnelle Auswertungen über Bedarfe, Verbräuche, Verschleiße oder Emissionen. Digitalisierung ist in Anbetracht der Vielfalt und der Dynamik von Prozessen imFuhrpark der wichtigste Effizienzhebel. Aus der ganzheitlichen Betrachtung aller Funktionen und Prozesse sowie ihrer Abhängigkeit voneinander lassen sich die entscheidenden Fragen beantworten, für welche Mobilitätsprozesse sich welche neue Antriebsarten eignen, welchemessbaren Auswirkungen eine Umstellung auf die CO2-Bilanz hat und welche Beschaffungsalternativen es gibt. Was beim Betrieb eines Fahrzeugs verbraucht und emittiert wird, ist aber nur ein Teil der Ressourcen- und Schadstoffbilanzen von Fahrzeugen, betont Experte Strika. Wer wirklich am 5 mündliches Interview 6 mündliches Interview Quelle: Holman 66 energie | wasser-praxis 08/2022 O R G A N I S AT I O N & M A N A G E M E N T
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