ewp_042022

als allgemeinen Energieträger für diverse Anwendungen wie z. B. Brennstoffzellen oder Motoren ideal einsetzbar machen. Denn Wasserstoff zum Vergleichmuss für Transport und Speicherung aufwendig und energieintensiv komprimiert werden – ein entscheidender Grund, warum es in Deutschland bislang nicht mehr als 100WasserstoffTankstellen gibt. Die Ablehnung von reinem Wasserstoff als quasi alleinigem und alles dominierendem Energieträger nach dem fossilen Zeitalter hat mit George Andrew Olah ein Chemie-Nobelpreisträger auf den Punkt gebracht: Olah sprach in seinemBuch von der Wasserstoff-Wirtschaft als einer „Schnapsidee“ – und plädierte stattdessen für eine Methanol-Wirtschaft. Ganz so radikal sollte man dann doch nicht sein, aber es wird zunehmend deutlich, dass Wasserstoff, Methanol und Ammoniak gleichermaßen eine bedeutsame Rolle auf demWeg zur Klimaneutralität spielen werden. Methanol als Wasserstoffträger Methanol ist der einfachste Wasserstoffträger, den es gibt. Bei Raumtemperatur sind pro KubikmeterMethanol ungefähr 99,6 kgWasserstoff chemisch gebunden. Den Wasserstoff freizusetzen, ist vergleichsweise einfach: Das funktioniert in technologisch etablierten Reformern, z. B. in einer MethanolWasserdampfreformierung bei Umgebungsdruck unter Zugabe von Energie bei einer Temperatur zwischen 160 bis 320GradCelsius. Für die Reformierung andererWasserstoffträger, wieMethan aus Erdgas bzw. Biogas, oder die Konversion von Ammoniak zuWasserstoff sind das nötige Temperaturniveau und der Energieaufwand deutlichhöher als für die Reformierung von Methanol. Dazu kommt beim Methanol-SteamReforming-Verfahren ein weiterer Vorteil: Auch der Wasserstoffanteil im Wasser wird für die Gaserzeugung genutzt. In diesemFall spricht man auch von reformiertem Wasserstoff. Dieser aus dem Wasser erzeugte Wasserstoff kann dann zusätzlich zu dem aus dem Methanol erzeugten Wasserstoff verwendet werden. Das eingesetzteWasser kann beispielsweise aus dem Produktwasser einer Brennstoffzellenreaktion stammen oder bereits vorgemischt zusammen mit Methanol – als sogenannter Pre-Mix – demReformer zugeführt werden. Stammt erneuerbares Methanol nicht aus Biomasse bzw. Hausmüll, so ist auch für die Produktion vonMethanol eine nennenswerte Menge an Energie notwendig, beispielsweise in der Form von erneuerbarem Strom. Von der Entstehung bis zur Nutzung (beispielsweise in einemFahrzeug) ist derWirkungsgrad in diesem Fall etwa identisch mit der Nutzung von grünem Wasserstoff, was laut einer Studie vonWissenschaftlern der Uni Aalborg (Araya et al.) unter anderem auf die energetischen Verluste bei der Komprimierung des Wasserstoffs undhöhere energetische Verluste bei derWasserstoffdistribution zurückzuführen ist. Der Wirkungsgrad von der Erzeugung bis zur Nutzung ist für Methanol sowie für den aus Methanol erzeugten Wasserstoff zudemsignifikant höher als bei der Verwendung von anderen synthetischen Kraftstoffenwie beispielsweise synthetischem Benzin oder synthetischemDiesel, welche üblicherweise aus Methanol synthetisiert werden. Methanol als Wasserstoffspeicher Aufgrund seiner Eigenschaften eignet sich Methanol besonders gut als Wasserstoffspeicher. Das zeigt sich auchbei den Kosten pro kg Wasserstoff von der Brennstoff-Erzeugung bis zur Wasserstoff-Abgabe inklusive der Transport- und Tankstellenkosten (Analyse von Webber Research & Advisory). • grünes Methanol: 11 Dollar pro kg Wasserstoff • fossiles Methanol: 7 Dollar pro kg Wasserstoff • blaues Methanol (aus Erdgas mit CO2-Abscheidung): 8 Dollar pro kg Wasserstoff • grüner Ammoniak: 14,5 Dollar pro kg Wasserstoff • fossiles Erdgas: 11–12 Dollar pro kg Wasserstoff • kryogenerWasserstoff: 13 Dollar pro kg Wasserstoff • komprimierterWasserstoff: 16Dollar pro kg Wasserstoff Methanol kann hierbei hocheffizient on-board im Fahrzeug zu Wasserstoff reformiert oder dezentral vor Ort ander Tankstelle umgewandelt, aufbereitet und als komprimierter Wasserstoff Brennstoffzellen-Fahrzeugen direkt zugeführt werden. Die bei der Umwandlung zu erreichenden Reinheitsgrade werden dabei in der Norm J2600 der SAE International beschrieben. Während also die direkte Speicherung von Wasserstoff vergleichsweise teuer ist, ist der Umweg über Methanol nur mit geringenKosten verbunden. Bedeutet also, dass z. B. grünerWasserstoff in Nordafrika produziert und anschließend per Schiff als flüssiges Methanol nach Europa transportiert werden kann. Auch das Schiff selbst kann mit Methanol als Treibstoff angetrieben werden. UmdemKlimawandel wirkungsvoll zu begegnen, muss insbesondere auch in Schwellenländern weltweit eine entsprechende Energiedistribution kostengünstig möglich sein. Dies ist mit Methanol als Kraftstoff bzw. alsWasserstoffträger Standheute kostengünstiger erreichbar als etwa durch eine Wasserstoffinfrastruktur (in Bezug auf die Kosten pro Kilogramm H2). Methanolbedarf wächst rasant Methanol ist eine der am meisten produzierten Grundchemikalien. Die internationale Organisation IRENA hat errechnet, dass sich der Methanolbedarf von heute 98 Mio. t bis 2050 verfünffachen wird. In dem Jahr, in dem Klimaneutralität global erreicht sein soll, rechnen die IRENA-Experten also mit einer Methanol-Nachfrage von 500 Mio. t. Ähnlich wie beim Wasserstoff wird der heutige Methanolbedarf 27 energie | wasser-praxis 04/2022

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