ewp_042022

einfachenGrundwassermodellen geht eine bestimmte Wassermenge in eine idealisierte Zelle, eine Menge x tritt wieder aus und aus der Differenz kann dann der Inhalt bzw. die Menge der Zelle abgeleitet werden. Dies ist bei vielen Zellen zwar kompliziert – auch, wenn man noch den Stofftransport berücksichtigt –, aber durch Algorithmen abbildbar. Davon unterscheiden sich die komplexen Zusammenhänge. Diese oft nichtlinearenWirkzusammenhänge können nicht durch formale Regeln beschrieben werden, es gibt keine mathematische Formel, die diese beschreibt. Ein Beispiel ist hierfür die langfristige Vorhersage desWasserabnahmeverhaltens für die Gesamtkunden der Harzwasserwerke als Datengrundlage für das AssetManagement. In der Wissenschaftstheorie wird das Auftreten neuer, nicht voraussagbarer Qualitäten beim Zusammenwirken mehrerer Faktoren als Emergenz bezeichnet [3]. Das bedeutet, dass infolge der Wechselwirkungen verschiedener Einflussfaktoren neue Eigenschaften entwickelt werden. Die Chaostheorie befasst sich in den verschiedenen Wissenschaften mit komplexen, nicht-­ linearen und dynamischen Systemen und versucht, diesen Grenzbereich weiter zu erfassen. Dies wird eine sehr wichtige Erweiterung für unsere Entscheidungsprozesse sein. In der Praxis werdenwir uns auchdenkomplizierten Zusammenhängewidmenmüssen, um hier durchmaschinelle Unterstützung bessere Entscheidungen zu erzielen. Welchen Nutzen hat Augmented Intelligence? Vielleicht benötigen wir zu Beginn nicht mal eine „künstliche“, sondern vielmehr eine „erweiterte Intelligenz“ (sogenannte Augmented Intelligence). Diese hat dann eine unterstützende Rolle bei der Entscheidungsfindung [6]. Augmented Intelligence als assistive Technologie hilft dem Anwender aus der Wasserwirtschaft, „intelligentere“ Entscheidungen zu treffen. Damit könnte man auch sagen, dass der Bereich der wasserwirtschaftlichen Daseinsvorsorge weiter optimiert wird. Dazu muss man aber in der Organisation bereit sein, die Entscheidungsfindung weiter auszubauen. Der Faktor Mensch als Entscheider wird dahingehend positiv ausgerichtet, dass die Fehlerwahrscheinlichkeit reduziert wird. In vielen Organisationen haben wir in dem letzten Jahrzehnt eine FeedbackKultur eingeführt, bis zu 360-GradFeedback. Was spricht dagegen, wenn wir z. B. strategische Entscheidungen auf Fehler untersuchen lassen und damit schnell erkennen, ob und wie eine Entscheidung noch weiter verbessert werden kann? In bestimmten Problemsituationen kann damit ein besseres Verständnis über die Ziele, Rahmenbedingungen und Bedürfnisse erlangt werden, was dann in einer verbesserten Lösung resultiert. Fazit: Ist das nur Theorie und in der Praxis kaum anwendbar? KI-Technologien in der Wasserwirtschaft befinden sich im Entstehungsprozess und sind noch nicht in der wasserwirtschaftlichen Praxis angekommen. Die Optimierung der Anlagensteuerung und das Management von Anlagenwerten (Assets) sind hier die größten Herausforderungen für Wasserversorgungsunternehmen, bei der KI helfen kann. Der Umgang mit knapper werdendenWasserressourcen, verändertenWasserverbrauchsgewohnheiten oder die Steigerung der Betriebseffizienz werden diese Liste möglicher Anwendungen bald ergänzen. Es ist wichtig, dass sich die Branche auf diese evolutionäre Weiterentwicklung begibt, z. B. durch die Durchführung von entsprechenden Leuchtturmprojekten. Gleichzeitig zeigt die technologische Entwicklung, wie schnell in einemJahrzehnt dieEntwicklungvonder Theorie zur Praxisanwendung erfolgen kann. Die Harzwasserwerke arbeiten in diesem Zusammenhang mit der Universität Duisburg-Essen im Rahmen eines Promotionsverfahrens an dem Thema „Entwicklung und Einsatz datengetriebener Modelle zur Optimierung wasserwirtschaftlicher Modelle“. Gute Entscheidungsfindung ist anallen Stellen der Wasserwirtschaft relevant und hier gilt es, den Standard deutlich zu erhöhen. Entscheidungsprozesse stellen auf allen Ebenen in einem UnternehmeneinenwichtigenProzess dar, dermehr indenFokus rückensollte.Die Unternehmen der Branche verfügen über immer mehr Daten, die sehr effizient eingesetzt werden sollten. Die Digitalisierung, die Erzeugung von hohenDatenvolumenundderenNutzung sind zwar ein wichtiger Schlüssel – gleichzeitig gilt es aber auch, trotzdem noch klare Strukturen für die Entscheidungskette auszuarbeiten: „Ein Entscheidungsmodell besteht aus einem SystemvonGleichungen zur logischen Ableitung befriedigender oder optimaler Lösungen eines Entscheidungsproblems aus einer Anzahl von Alternativen. Die Gleichungen bestehen aus einer Zielfunktion undmehreren Restriktionen, die die Lösungsmöglichkeiten einschränken (Alternativmodell)“ [4, 5]. Die Entscheidungskette wird in verschiedenen Entscheidungsprozessmodellen in der Praxis grundsätzlich mit folgenden Elementen dargestellt: • Entscheidungsproblem erkennen und formulieren (Art und Tragweite, zeitliche Anforderungen) • Verständnis und Einigkeit über Ziel undFolgehandlungenherausarbeiten (Entscheidungskontext, Zielkonflikte) • Handlungsmöglichkeiten bzw. Entscheidungsoptionen ausarbeiten (Optionen-Varianz, Begrenzungsumfang herausarbeiten) • relevante Informationen sammeln, Optionen analysieren und bewerten, Risiken aufzeigen (Eintrittswahrscheinlichkeiten, Grad der Unsicherheit, Chance-Risiko) • konsequente Umsetzung der getroffenen Entscheidung Immer zu bewerten ist, wo und in welchem Umfang das interne oder gesellschaftlich aufgebaute „Datenvermö32 energie | wasser-praxis 04/2022 O R G A N I S A T I O N & M A N A G E M E N T

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