DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 9/2022

Einschlägig für eine Definition der geschützten Kunden ist hier § 53a EnWG, der den Begriff „geschützter Kunde“ jedoch nicht verwendet, sondern nur von Haushaltskunden spricht. Die Begriffe „geschützter Kunde“ und Haushaltskunde weichen inhaltlich voneinander ab. Der Begriffsinhalt von „geschützter Kunde“ umfasst die Haushaltskunden, geht aber darüber hinaus. In der Diktion der Mengenlehre lässt sich das wie folgt formulieren: Ein Haushaltskunde ist immer ein geschützter Kunde, ein geschützter Kunde kann ein Haushaltskunde sein, kann aber auch über den typischen Mengenbezug eines Haushaltskunden weit hinausgehen und z. B. ein Gewerbebetrieb sein (Abb. 1). Der Begriff des geschützten Kunden findet sich nicht in einer nationalen Norm, sondern nur in der in § 53a EnWG genannten EU-Verordnung [2]: „Geschützter Kunde bezeichnet einen Haushaltskunden, der an ein Erdgasverteilernetz angeschlossen ist; wenn der betreffende Mitgliedsstaat es so festlegt, kann darunter auch eine oder mehrere der folgenden Gestaltungen fallen, sofern die in Buchstaben a und b genannten Unternehmen oder Dienste zusammen nicht mehr als 20 Prozent des jährlichen Gesamtgasverbrauchs des betreffenden Mitgliedstaats ausmachen: a) ein kleines oder mittleres Unternehmen, sofern es an ein Erdgasverteilernetz angeschlossen ist, b) ein grundlegender sozialer Dienst, sofern er an ein Erdgasverteiler- oder Fernleitungsnetz angeschlossen ist, c) eine Fernwärmeanlage, soweit sie Wärme an Haushaltskunden, kleine oder mittlere Unternehmen oder grundlegende soziale Dienste liefert, wenn diese Anlage keinenWechsel auf einen anderen Brennstoff als Gas vornehmen kann.“ Haushaltskunden bezeichnet gemäß der vorgenannten EU-Verordnung Haushaltskunden gemäß Artikel 2Nummer 25 der Richtlinie 2009/73/ EG [3]. Haushaltskunden sind gemäß § 3 Nr. 22 EnWG Letztverbraucher mit einemüberwiegenden Eigenverbrauch imHaushalt oder mit einem Jahresverbrauch von 10.000 Kilowattstunden (kWh) für berufliche, landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke. Aufgrund der Größenordnung (10.000 kWh) kann hier aber vomGesetzgeber nur der Stromverbrauch gemeint sein.1 Im Gasbereich geht man bei einem Vier-Personen-Haushalt von einem Gasverbrauch von 10.000 kWh (Wohnung) bis 25.000 kWh (EinFamilien-Haus) pro Jahr aus [5]. Haushaltskunden und Kleingewerbetreibende zeigen in der Regel ein gruppenspezifisch gleiches Verbrauchsverhalten, welches mit Standardlastprofilen (SLP) näherungsweise eingeteilt [6] werden kann. Die Legaldefinition für SLP-Kunden findet sich in § 24 Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV). Danach haben SLPKunden eine Anschlussleistung von ≤ 500 Kilowatt (kW) und einen Jahresverbrauch von ≤ 1,5 Mio. kWh („Vermutungsfiktion“). Unter Anwendung dieser Vermutungsfiktion fallen folgende Letztverbraucher unter den hier genutzten Begriff der geschützten Kunden: • Haushalte, • Kleingewerbe- und landwirtschaftliche Betriebe, • Supermärkte und sonstige Verkaufseinrichtungen sowie • Kindergärten, Schulen, Alten- und Pflegeheime und sonstige „normal“ dimensionierte Sozialeinrichtungen (wie z. B. kleinere Krankenhäuser, Justizvollzugsanstalten (JVA) und Polizeistationen). Geschützte Kunden über die Gruppe der SLP-Kunden hinaus Über die oben kategorisierten geschützten Kunden hinaus mit einer Anschlussleistung von 500 kW und/oder einem Jahresverbrauch 1,5 Mio. kWh – also messtechnisch gesprochen Kunden mit registrierter Lastgangmessung (RLM) – können auch RLM-Kunden geschützte Kunden sein, wenn sie dem Bereich der „grundlegenden sozialen Dienste“ (Sozialdienstleistungen) zuzurechnen sind. Dabei ist der Begriff der grundlegenden sozialen Dienste weit zu fassen, da hierunter z. B. auch Institutionen und Organisationen der nationalen internen und externen Sicherung zu verstehen sind. Exemplarisch und illustrativ seien folgende Einrichtungen genannt: • Groß-Krankenhäuser wie z. B. das Großklinikum Aachen und die Universitätskliniken Bonn und Köln, Quelle: Bundesnetzagentur/Dr. Gerrit Volk Hoheitszeichen und Dienstsitz der Bundes- netzagentur am Behördensitz in Bonn 1 Bourwieg spricht zu Recht von „Sinnwidrigkeit des deutschen Haushaltskundenbegriffs“, vgl. [4] 41 energie | wasser-praxis 09/2022

RkJQdWJsaXNoZXIy ODQwNjM=