DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 9/2022

anwendungsbereich (vgl. VNB-Szenario 1). Da im Rahmen der statischen Kostenrechnung Investitionskosten ohne Berücksichtigung ihres Entstehungszeitpunktes erfasst werden, lässt sich der kostenseitige Einfluss des Transformationszeitpunktes für die Ergebnisse nicht vollständig ableiten. Die Ergebnisse der statischen Kostenrechnung zeigen allerdings auf, dass bei einer frühzeitigen Transformation der gesamten Netzebene VNB auf 100 Vol.-% bis zumJahr 2035 (VNB-Szenario 4) neben den hohen außerplanmäßigen Investitionen die Umsetzbarkeit der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen eine große Herausforderung darstellen würde. Bei einer später erfolgenden Transformation der gesamten Netzebene VNB auf 100 Vol.-%H₂-Tauglichkeit bis zum Jahr 2045 (VNB-Szenario 3) können zur Erhöhung der H₂-Tauglichkeit vermehrt reguläre Erneuerungsmaßnahmen und somit die komplette technische Nutzungsdauer von bestehenden Assets der Gasinfrastruktur sowie der Gasanwendungstechnologien genutzt werden. Allerdings resultiert dies ebenfalls in einem Kostenanstieg im Zeitraum von 2040 bis 2045, da in den Jahren zuvor keine zusätzlichen Investitionen für die Ertüchtigung der Netzebene VNB getätigt wurden. Die Modellierungsergebnisse zeigen auf, dass sich infolge einer kontinuierlichen Teilnetzspezifischen Ertüchtigung der Netzebene VNB hin zu 20 bzw. 100 Vol.-% H₂-Tauglichkeit (VNB-Szenario 5) ein relativ gleichmäßiger jährlicher Investitionsbedarf über den gesamten Modellierungszeitraum ergibt. VNB-Szenario 5 stellt demnach vermutlich einen realistischen Transformationspfad in Bezug auf die Umsetzbarkeit und Finanzierung der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen dar. Fazit und Handlungsempfehlungen Die deutsche Gasinfrastruktur steht mit ihrem fast 600.000 km langen Leitungsnetz [12] sowie den 45 Untergrundgasspeichern [13] für eine hohe Leistungsfähigkeit und Versorgungssicherheit. Schon heute sind große Teile des Netzes in der Lage, Wasserstoff und weitere klimaneutrale Gase effizient zu verteilen. Die beschriebenenModellierungsergebnisse haben vor diesemHintergrund aufgezeigt, welche technischen Anpassungsmaßnahmen und Kosten mit einer Erhöhung der Wasserstoffkonzentration imGasnetz einhergehen. Für die zukünftige Verteilung vonWasserstoff kann das deutscheGassystemmit überschaubarem Aufwand kosteneffizient ertüchtigt und erweitert werden. Um die für die Transformation erforderlichen Mehrinvestitionen auf ein Minimum zu begrenzen, sollten im Rahmen der zustands- und alterungsbedingten Erneuerungen ab sofort nur noch wasserstoffkompatible Assets eingesetzt werden. Andernfalls entstehen Mehrinvestitionen durch zusätzliche Ersatzmaßnahmen zur Erhöhung der H₂-Tauglichkeit. Der Gesetzgeber und die Regulierungsbehörden sollten denEinsatz von zukunftsrobusten Umstellungsinvestitionen der Gasinfrastruktur durch regulatorische Anrechenbarkeit und Kapitalausstattung unterstützen. Zudem sollte der Gesetzgeber einen Bonus für die Endgeräteumrüstung auf Wasserstoff gewähren, um die Umstellung auf eine klimaneutrale Energieversorgung zu beschleunigen. P Literatur [1] FNB Gas e. V. (Hrsg.): Wasserstoffnetz 2030: Aufbruch in ein klimaneutrales Deutschland, online unter https://fnb-gas.de/wasserstoffnetz/ h2-netz-2030/, abgerufen am 12. Juli 2022. [2] FNB Gas e. V. (Hrsg.): Wasserstoffnetz 2050: für ein klimaneutrales Deutschland, online unter https://fnb-gas.de/wasserstoffnetz/ h2-netz-2050/, abgerufen am 12. Juli 2022. [3] Müller-Syring, G. et al.: Transformationspfade zur Treibhausgasneutralität der Gasnetze und Gasspeicher nach COP 21: Abschlussbericht DVGW-Förderkennzeichen G 201624, 2018. [4] Hydrogen Piping and Pipelines: ASME Code for Pressure Piping, B31.12, online unter www.asme.org/codes-standards/find-codesstandards/b31-12-hydrogen-piping-pipelines, abgerufen am 28. Juli 2022. [5] Hydrogen Pipeline Systems - IGC Doc 121/14, European Industrial Gases Association (EIGA), online unter www.eiga.eu/publications/?_sft_ct_ years=2014&_sf_s=Hydrogen, abgerufen am 28. Juli 2022. [6] Poltrum, M. et al.: Kompendium Wasserstoff in Gastransportnetzen: Nachschlagewerk über das abgesicherte Wissen zur Tauglichkeit der Gastransportnetze mit Wasserstoffzumischung und reinem Wasserstoff, 2021. [7] Bültemeier, H. et al.: Wasserstoff speichern – soviel ist sicher: Transformationspfade für Gas- speicher, online unter https://erdgasspeicher.de/ wp-content/uploads/2022/06/20220610_DBIStudie_H2-speichern-soviel-ist-sicher.pdf, abgerufen am 15. Juni 2022. [8] Nationaler Wasserstoffrat (Hrsg.): Die Rolle der Untergrund-Gasspeicher zur Entwicklung eines Wasserstoffmarktes in Deutschland: Entwicklungspotenziale und regulatorische Rahmenbedingungen“, 2022. [9] Technische Richtlinien G 14: Messgeräte für Gas, Einspeisung von Biogas in das Erdgasnetz, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, 2007. [10] DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e. V/Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen (FVV) e. V. (Hrsg.): H₂ in the Gas Network: H₂ in the gas network and interaction with gas engines, online unter www.fvv-net.de/forschung/projekte/h2-im-gasnetz, abgerufen am 12. Juli 2022. [11] Burmeister, F. et al.: Roadmap Gas 2050: Kompensationsstrategien und Anpassungsmaßnahmen für Gasanwendungen und Gasinstallationen bei H₂-Zumischung, Deliverable D3.4. DVGW-Förderkennzeichen G 201824, 2022. [12] Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen und Bundeskartellamt (Hrsg.): Monitoringbericht 2021, online unter www.bundesnetzagentur.de/ SharedDocs/Mediathek/Monitoringberichte/ Monitoringbericht_Energie2021.pdf?__blob=publicationFile&v=2, abgerufen am 12. Juli 2022. [13] LBEG Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (Hrsg.): Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland 2021, Hannover 2022. Der ausführl iche Ergebnisber icht „Transformationspfade der deutschen Gasinfrastruktur inkl. Gasanwender – Del iverable 2.3“ ist onl ine unter www.dvgw.de/themen/forschungund-innovation/energieforschung/ roadmap-gas-2050 einsehbar. INFORMATIONEN Jonas Sperlich ist Projektingenieur für Netzprojekte und Transformationspfade bei der DBI-Gruppe. Jens Hüttenrauch ist Teamleiter für Netzprojekte bei der DBI-Gruppe. Kontakt: Jonas Sperlich DBI-Gruppe Karl-Heine-Str. 109/111 04229 Leipzig Tel.: 0341 2457-156 E-Mail: jonas.sperlich@dbi-gruppe.de Internet: www.dbi-gruppe.de Die Autoren 51 energie | wasser-praxis 09/2022

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