DVGW energie | wasser-praxis, Ausgabe 4/2023

Die Havel ist eine Bundeswasserstraße und verbindet Berlin mit der Elbe. Die europäische Harmonisierung (standardisiertes sogenanntes Euroschiff) und die gewünschte Verlagerung von Massen- und insbesondere Schüttguttransporten auf die Gewässer machten eine Wasserstraßenvertiefung notwendig. Im Zuge der Planung wurde auf Basis von Peilungen festgestellt, dass der hier beschriebene Düker in der Fahrrinne teilweise nur 1 m Deckung aufwies; nach der Ausbaggerung würde die Überdeckung auf minimal 60 cm sinken. Daraufhin forderte das zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt (WSA) den Betreiber des Dükers auf, diesen tiefer zu legen. Die technische Begutachtung des im Jahr 1974 in der Dimension DN 600 DP 63 errichteten Bauwerkes ergab, dass durch die Molchung keinerlei Auffälligkeiten registriert wurden und auch der kathodische Korrosionsschutz (KKS) durchgehend wirksam war. Ohne die Forderung der Tieferlegung wäre der Neubau des Dükers folglich nicht angezeigt. Der Neubau lag auch deshalb nicht im Betreiberinteresse, weil die damalige Genehmigung dem Betreiber bei möglichen Anpassungsmaßnahmen die alleinige Kostentragung auferlegt. Doch selbst ohne das Problem der Kostentragung wäre eine Neuverlegung aus genehmigungstechnischer Sicht ein äußerst anspruchsvolles Unterfangen geworden: Das Luftbild (Abb. 1) zeigt, dass auf der Nordseite des Dükers durch dieWohnbebauung kein Vorbaumöglich war. Auch das Ausweichen auf die Südseite des Dükers wäre nicht weniger schwierig geworden, da es sich um ein Naturschutzgebiet mit Feuchtwiesen handelt. Neben dem Platz für den Vorbau müsste der in Abbildung 1 ca. 100 m vom Flussufer entfernt liegende Vorfluter temporär in Anspruch genommen werden. Auch der Platz zumVorstrecken des Dükers ist gekennzeichnet durch einen hohen Grundwasserflurstand (in der Regel 10 bis 30 cm) und fließfähige Sande. Diese mit sensiblen und streng geschützten Pflanzen bewachsene Fläche müsste für den Bauzeitraum trockengelegt werden, zudem wären aufwendige Tragfähigkeitsverbesserungen für Baustraßen und Baustelleneinrichtung erforderlich geworden. Der Zeitplan und damit auch die Neubauvariante wurde endgültig verworfen, als bekannt wurde, dass für die naturschutzrechtlichen Belange des Planfeststellungsverfahrens nur der Fluss mit seinen Ufern geprüft wurde. Die Sekundärmaßnahmen der Fahrrinnenanpassung, die – wie im vorliegenden Fall – weit ins Hinterland reichen können, wurden nicht berücksichtigt. Diese Ausgangslage kann so zusammengefasst werden, dass Betreiber und die Genehmigungsbehörde gleichermaßen in der Zwickmühle waren: Der Betreiber hätte einen in gutem Zustand befindlichen Düker für mehrere Millionen Euro erneuern müssen. Die Behörde wiederum hätte ggf. ihr Planfeststellungsverfahren abbrechen und neu beginnen müssen, wobei Förderprogramme möglicherweise nicht mehr gegriffen hätten. Um den gordischen Knoten zu durchschlagen, beauftragte der Betreiber schließlich eine Sicherheitsstudie [1], um (sicherheits-)technische Randbedingungen zu klären. Technische und sicherheitstechnische Vorgaben Ein Düker ist zwar im Zuge einer Gashochdruckleitung ein Sonderbauwerk, unterliegt aber selbstverständlich auch dem DVGW-Regelwerk. Für alle Lastfälle, die bestimmungsgemäß auftreten können, ist folglich der Spannungsnachweis nach dem DVGW-Arbeitsblatt G 463 zu führen. Als besondere Einwirkung in diesem Fall ist auch der Fremdeingriff durch einen geworfenen oder Zur Sicherung von Minderdeckungen von Rohrleitungen in Gewässern Durch die Unterhaltung von Fahrrinnen, die Ausbaggerung von schiffbaren Gewässern oder schlicht durch die Änderung sicherheitstechnischer Vorgaben kann es dazu kommen, dass Rohrleitungen in Gewässern tiefer gelegt werden müssen. Besonders bedauerlich ist es in diesem Fall, wenn der betroffene Düker sicherheitstechnisch in einem guten Zustand ist und nur wegen der Minderdeckung neu gebaut werden müsste. Der Artikel beschreibt vor diesem Hintergrund die Sicherung eines Dükers mit einem innovativen Verfahren mit Spezialmatten, welche durch Unterwasserbeton verstärkt wurden. Mit dem Konzept konnte die Zeitvorgabe eingehalten, die Umwelt geschont und ca. 75 Prozent der Kosten gegenüber einem Neubau eingespart werden. Aufgrund einer positiven Machbarkeitseinschätzung kann das Projekt als Standardverfahren in der Zukunft gesehen werden. von: Dr.-Ing. habil. Steffen Päßler (Ketzin) 46 energie | wasser-praxis 04/2023 T E C H N I K

RkJQdWJsaXNoZXIy ODQwNjM=